Mittwoch, 12. August 2015

Utta Danella


Die deutsche Schriftstellerin Utta Danella ist im Juli im Alter von 95 Jahren gestorben. Das meldeten gestern Spiegel Online und das Fernsehen. Ich habe nie einen Roman von ihr gelesen, aber die Autorin hat in meinem Leben einmal eine Rolle gespielt. Das war vor fünfzig Jahren, ich war im Bundeswehrlazarett Hamburg-Wandsbek und hatte die Halswirbelsäule in Gips. Manöverunfall bei einer Wehrübung, das Semester an der Uni konnte ich abschreiben. Ich hatte ein Erster Klasse Zimmer, weil ich Leutnant der Reserve war, und zum Weihnachtsfest durfte mir die Schwester einen Piccolo Sekt einflößen. Hatte der Generalarzt generös angeordnet. Ich langweilte mich, also besuchte ich die Leihbücherei des Lazaretts, wo ich auf eine reizende ältere Dame stieß, die am Wochenanfang dabei war, einen riesigen Stapel von Büchern zurückzustellen. Ich nahm das oberste Buch vom Stapel, es war ein Roman von Utta Danella. Ich hatte noch nie im Leben von dieser Frau gehört. Wollen Sie es ausleihen, das wird sehr gern gelesen? fragte mich die Bibliothekarin. Ich hatte unterdessen die erste Seite des Romans gelesen (das mache ich bei unbekannten Büchern immer) und verneinte energisch. Aber wir kamen ins Gespräch, wir verstanden uns prächtig. Ich erfuhr von ihr, was die Qualitäten von Utta Danella waren und weshalb sie beim Leser so beliebt war. Auch außerhalb von Krankenhäusern. Mich interessierte allerdings viel mehr, nach welchem System die Bücher hier katalogisiert wurden. Die hatten da natürlich keine Ecke in den Räumen, die ein Schild Trivialliteratur hatte. Das war alles streng wissenschaftlich geordnet. Preußische Instruktionen, sagte Rosemarie Funke, alle Bibliotheken verwenden das System. Nur für die Titelaufnahme, nicht für die Aufstellung, das hatte ich in wenigen Semestern an zwei Unis schon gemerkt. Die Anglisten in Kiel ordneten die Bücher nach dem Dewey System, ein System, mit dem alle amerikanischen Bibliotheken arbeiten. Die Germanisten stellten nach dem Geburtsdatum des Autor auf, was sehr unpraktisch ist. Ich lieh mir bei Rosemarie Funke ihr Exemplar der Preußischen Instruktionen aus, ich hatte ja sonst nichts zu tun. Es ist ein Riesenwerk, die Bibel der Bibliothekare. Inzwischen ist es veraltet und durch RAK und anderes ersetzt worden. Ich las nur das Wichtigste. Und dann wurde ich Hilfsarbeiter in der Bücherei des Lazaretts. Und lernte schnell, die Werke von Utta Danella an den richtigen Platz zurückzustellen. Ich habe Alle Sterne vom HimmelRegina auf den StufenDie Frauen der TalliensAlles Töchter aus guter Familie und Stella Termogen in der Hand gehabt, aber keinen der Romane gelesen. Das Zurückstellen von Büchern ist eine Sache für sich. Manche Bibliotheken, die eine Freihandaufstellung haben, lassen das von der Bibliothekarin oder von Hilfskräften erledigen, weil sie nicht glauben, dass ein Student das Buch an die richtige Systemstelle zurückstellen kann. Kann der Student auch meistens nicht, das weiß ich aus Erfahrung. Ich bin jahrzehntelang einer der Wissenschaftlichen Leiter der Institutsbibliothek meines Seminars gewesen. Ich kenne alle Probleme einer Bibliothek. Dank Utta Danella.

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