Samstag, 20. April 2024
Forget Me Not
Freitag, 19. April 2024
Friederike
Gab es Sex? Nein, sagt der Psychoanalytiker Kurt Eisler in seiner 1.538 Seiten langen Studie Goethe: Eine psycholanalytische Studie zu dem Thema: Wenn Goethe in späteren Jahren absichtlich oder unabsichtlich den Mythos seiner ausgiebigen genitalen Erfahrungen kultivierte, muß er über etwas in seinem Sexualleben tief beschämt gewesen sein. Erst im Alter von neununddreißig Jahren hätte Goethe in Italien richtigen Sex gehabt. Wie immer die Liebesaffaire in der Wirklichkeit war, Friedrike hat ihn zum Dichten gebracht: Unter diesen Umgebungen trat unversehens die Lust, zu dichten, die ich lange nicht gefühlt hatte, wieder hervor. Ich legte für Friederiken manche Lieder bekannten Melodien unter. Sie hätten ein artiges Bändchen gegeben; wenige davon sind übriggeblieben, man wird sie leicht aus meinen übrigen herausfinden. Das sind die Gedichte, die man heute die Sesenheimer Lieder nennt. Und eins davon, Willkommen und Abschied, gibt es heute hier:
Es war getan fast eh gedacht.
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht;
Schon stand im Nebelkleid die Eiche,
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer,
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude
Floß von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosenfarbnes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,
Und Zärtlichkeit für mich – ihr Götter!
Ich hofft es, ich verdient es nicht!
Doch ach, schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz:
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Ich ging, du standst und sahst zur Erden,
Und sahst mir nach mit nassem Blick:
Und doch, welch Glück! geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück!
Donnerstag, 18. April 2024
Daniel JeanRichard
The Watch
At night, my husband takes it off
puts it on the dresser beside his wallet and keys
laying down, for a moment, the accoutrements of manhood.
Sometimes, when he’s not looking, I pick it up
savor the weight, the dark face, ticked with silver
the brown, ostrich leather band with its little goosebumps
raised as the flesh is raised in pleasure.
He had wanted a watch and was pleased when I gave it to him.
And since we’ve been together ten years
it seemed like the occasion for the gift of a watch
a recognition of the intricate achievements
of marriage, its many negotiations and nameless triumphs.
But tonight, when I saw it lying there among
his crumpled receipts and scattered pennies
I thought of my brother’s wife coming home
from the coroner carrying his rings, his watch
in a clear, ziplock bag, and how we sat at the table
and emptied them into our palms
their slight pressure all that remained of him.
How odd the way a watch keeps going
even after the heart has stopped. My grandfather
was a watchmaker and spent his life in Holland
leaning over a clean, well-lit table, a surgeon of time
attending to the inner workings: spring,
escapement, balance wheel. I can’t take it back,
the way the man I love is already disappearing
into this mechanism of metal and hide,
this accountant of hours
that holds, with such precise indifference,
all the minutes of his life.
Mittwoch, 17. April 2024
der siebzehnte April
Ich hatte das eigentlich nicht vor, im Poetry Month April jeden Tag zu schreiben, aber irgendwie hat es sich ergeben. Es war auch schön, dass ich so hohe Leserzahlen habe, kein Tag ohne tausend Leser. Als ich damit begann, den ganzen Monat April mit Gedichten zu füllen, blieben die Leser weg. Das hat sich aber mit den Jahren geändert. Vor einigen Tagen überlegte ich, erstmal überhaupt nicht mehr zu schreiben, weil meine Seite bei Googles Bloggersystem defekt war. Auf dieser Seite, die für niemanden außer mir zugänglich ist, schreibe ich. Kann alle Statistiken einsehen, weiß, welche Posts gerade gelesen werden. Aber plötzlich funktionierte nichts mehr, ich kam nicht mehr in meine anderen Blogs. Und konnte keine neuen Posts mehr erstellen. Die Bedienungsanleitung bei Blogger sieht so aus:
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Ich konnte auf Neuer Post klicken, soviel ich wollte, es passierte nichts. Ich nahm alte, unveröffentlichte Posts, bei denen ich den Text löschte und schrieb den neuen Text hinein. Das war alles sehr lästig, aber nach vier Tagen ist es Google gelungen, alles wiederherzustellen. Als ich zu bloggen begann, gab es mal eine ganze Woche, in der Googles Bloggersystem weltweit vom Netz war, und kein Blogger etwas ins Netz stellen konnte. Mein Gedicht heute ist von Ringelnatz. Es heißt Der Leu und ist speziell für den 17. April geschrieben:
Dienstag, 16. April 2024
Frauen nachschauen
Her head was high, her step was free
At fifty feet I watched her stop,
This happens every bloody day:
Look, if they knew me, well and good,
Love at first sight---by this we mean
All right: things work the opposite
Montag, 15. April 2024
Impressionisten
Les proues d´acier et d´argent –
Battent l´écume, –
Soulèvent les souches des ronces.
Les courants de la lande,
Et les ornières immenses du reflux,
Filent circulairement vers l´est,
Vers le piliers de la forêt,
Vers le fûts de la jetée,
Dont l´angle est heurté par des tourbillons de lumière.
Hafen
Schiffsschnäbel aus Silber und Stahl
Peitschen den Schaum,
Pflügen der Brombeere Ranken.
Die Ströme der Steppe,
Die unendlichen Spuren der Flut
Kreisen nach Osten hin ab,
Zu den Säulen des Walds
Zu den Bohlen der Dämme,
Im Winkel getroffen vom Wirbeln des Lichts.
Diese Übersetzung ist von Gerhard Haug, einem Übersetzer, der seit den 1920er Jahren Verlaine und Rimbaud übersetzt hat,
Wagen aus Silber und Kupfer –
Aus Stahl und Silber der Bug –
Durchpflügen den Schaum, –
Entwurzeln die Brombeerstrünke.
Die Ströme der Heide
Und die unendlichen Spuren der Ebbe,
Ziehen in Wirbeln gen Osten,
Zu den Pfeilern des Waldes –
Zum Holzwerk der Mole,
Gegen deren Balken andrängen Strudel von Licht.
Diese Übersetzung aus dem Jahre 1989 ist von dem Schriftsteller Uwe Grüning.
Seestück
Die Wagen von Silber und von Kupfer –
Die Buge von Stahl und von Silber –
Schlagen den Schaum, –
Heben hoch die Strünke der Dornen.
Die Ströme der Heide
Und die Spuren, unermeßlichen, der Ebbe,
Ziehen kreisend gen Osten,
Zu den Pfeilern des Walds,
Zu den Stämmen des Damms,
Dessen Kante gepeitscht wird von Wirbeln von Licht.
Und diese Übersetzung aus dem Jahr 2000 hat Michael Gratz selbst beigesteuert. Es gibt auf seiner Seite eine hervorragende Suchfunktion, mit der man unglaublich viel über Arthur Rimbaud finden kann.
Sonntag, 14. April 2024
Mayence
Edler Forscher, was fandest du dort? Die Kinder der Erde
All’ an Schwachheit sich gleich, alle dem Tode geweiht.
Sohn der Freiheit! du öffnetest ihr die männliche Seele,
Ihr, die vom Himmel herab sandte der Vater zum Heil.
Ach! es wandte die Göttinn sich schnell von der blutigen Erde;
Forster! du schwebtest mit ihr hin, wo dein Glaube sich lohnt.