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Mittwoch, 9. März 2011

Jean-Baptiste Kléber


Heute vor 258 Jahren wurde Jean-Baptiste Kléber geboren. Die Avenue Kléber in Paris heißt nach ihm, ebenso eine Métro Station, und in seiner Heimatstadt Straßburg gibt es ein Denkmal für ihn. Viele der Generäle Napoleons haben mehr Ruhm davongetragen. Kléber hat Napoleon nicht so richtig gemocht. Da geht er hin, der kleine Schurke. Er reicht mir nicht mal bis zu den Stiefelstulpen, soll er gesagt haben, als sich Napoleon nach der Niederlage von St. Jean d'Acre (dem heutigen Akkon) davonmachte.

Kléber hat Napoleon von dem ganzen ägyptischen Abenteuer abgeraten, aber der wollte ja nicht auf ihn hören. Kaum sind sie in Ägypten, da kommt Nelson und vernichtet bei Abukir die ganze französische Flotte. Dann will Napoléon nach Syrien, aber er kommt nur bis St. Jean d'Acre. Wird aufgehalten von einem englischen Kommodore namens Sir Sidney Smith. Das hat der Korse ihm nie verziehen, cet homme m'a fait manquer ma fortune, hat er immer wieder gesagt. Napoleon schmeißt seinen Hut ins Meer und verschwindet. Soll Kléber doch den Rückzug organisieren.

Wenig später schleicht er sich heimlich ganz davon und überlässt Kléber den Oberbefehl über die angeschlagene Armée du Orient. Er sagt ihm das nicht etwa selbst, Kléber findet an dem Treffpunkt, zu dem er befohlen wurde, nur einen unpersönlichen Brief Napoleons: Sie finden dem beigeschlossen, Bürger General, einen Befehl, das Kommando über die Ägyptenarmee zu übernehmen. Die Furcht, dass der englische Kreuzer jeden Augenblick wieder auftauchen könne, hat mich meine Abreise zwei oder drei Tage früher antreten lassen. (...) Wenn, durch unvorhergesehene Ereignisse, alle Versuche scheitern sollten und wenn Sie bis Mai weder Hilfe noch Nachrichten aus Frankreich erhalten haben, und wenn ferner in diesem Jahr, trotz aller Vorkehrungen, die Pest wieder in Ägypten wütet und Sie mehr als 1.500 Menschenleben kostet, was einen bedeutenden Verlust darstellte, der höher liegen dürfte, als die Ausfälle, die Sie durch kriegerische Konflikte jeden Tag erleben werden, in diesem Fall, so meine ich, dürfen Sie nicht länger das Wagnis einer neuerlichen Kampagne verfolgen, vielmehr sind Sie für diesen Fall bevollmächtigt, mit der Ottomanischen Pforte Frieden zu schließen, selbst unter der Voraussetzung, dass die vollständige Evakuierung Ägyptens die Hauptbedingung dafür wäre.

Zu der Evakuierung nach einer bedingungslosen Kapitulation der Franzosen wird es kommen, nachdem ein Attentäter Jean-Baptiste Kléber mit vier Dolchstichen ermordet hat. Da können die Franzosen glücklich sein, dass sie da überhaupt noch aus dem Land der Beulenpest kommen. Sie werden auf Schiffen der Royal Navy nach Frankreich zurückgebracht. Vor seinem Tode hatte Kléber in Verhandlung mit Sir Sidney Smith (der Kléber sehr gentlemanlike behandelte) noch ein für die Franzosen vorteilhafteres Abkommen ausgehandelt. Was Napoleon zu verhindern versucht. Der Gedanke daran, dass die ganze zerlumpte französische Armee in Paris auftaucht und man Geschichten über sein schmähliches Verhalten erzählt, lässt ihn nicht mehr schlafen. Die Engländer retten Napoleons guten Ruf (falls man bei ihm überhaupt von einem guten Ruf reden kann), indem sie den Vertrag nicht anerkennen. Sir Sidney sei nicht autorisiert gewesen, diesen Vertrag abzuschließen.

Sidney Smith hat sich sein ganzes Leben lang nicht darum gekümmert, was die Admiralität ihm sagt. Das enfant terrible der Royal Navy ist in vielem dem Admiral Thomas Cochchrane ähnlich. Und für seine Expedition ins Mittelmeer, die ihn zum Helden von St. Jean d'Acre werden lässt, hat er einen sehr ungenauen Befehl der Admiralität. Aus dem er auch einmal ableitet, dass Horatio Nelson sein Untergebener ist, aber das ist eine andere Geschichte. Nelson wird übrigens Smith bei St. Jean d'Acre nicht unterstützen, obgleich er es leicht gekonnt hätte. Er hasst diesen Kerl, der sechs Jahre zuvor, offiziell im Urlaub, die halbe französische Flotte im Hafen von Toulon zerstört hat (150 Jahre später wird sich dort die französische Flotte selbst versenken). Und er behindert erfolgreich die militärische Karriere von Smith, der erst Admiral wird, als Nelson tot ist.

Das Bild, im Besitz der National Portrait Gallery, ist von John Eckstein (Junior) gemalt. Dieser Eckstein ist der Sohn eines Malers und Bildhauers namens Johannes Eckstein. Der kommt wahrscheinlich aus Mecklenburg, er ist ab 1772 am Hofe Friedrich des Großen zu finden. Die Totenmaske Friedrichs ist ein Werk von ihm. 1794 geht er nach Philadelphia und ist da sehr aktiv (und heißt fortan John Eckstein); sein Entwurf für ein Reiterbildnis George Washingtons ist wohl nicht realisiert worden, aber das Portrait der Liberty auf dem ersten Silberdollar ist von ihm.

Als der Vater nach Amerika geht, ist John Eckstein junior schon seit zwanzig Jahren in London ganz erfolgreich, er stellt auch in der Royal Academy aus. Er scheint gute Verbindungen zur Marine gehabt zu haben, denn er darf den Admiral Sir Samuel Hood zu den West Indies begleiten. Seinem Album Picturesque Views of the Diamond Rock kann man alles über das Seegefecht vom Diamond Rock entnehmen. Das Blatt oben zeigt, wie man eine Kanone von der HMS Centaur auf den Felsen hievt. Eckstein ist kein großer Maler, aber er ist bei Marineoffizieren beliebt, von daher verwundert es nicht, dass er für Smith die erste Adresse ist.

In den Tagen der Napoleonischen Kriege können junge Marineoffiziere schnell zum Helden werden. Wenn sie nach London zurückkehren, haben sie nur zwei Ziele. Sie besuchen ihren Schneider, damit der ihnen eine neue Uniform schneidert; und sie suchen einen Maler auf, damit er sie heroisch in einem swagger portrait verewigt. Sie haben meistens noch ein drittes Ziel, das eher amouröser Natur ist, das lassen wir jetzt mal weg. Obgleich wir das im Falle von Sir Sidney doch erwähnen müssen. Der Held von St. Jean d'Acre, dem das Parlament gerade offiziell gedankt hat (und ihm eine schöne Pension gewährt hat), soll eine Liebesaffäre mit der Prinzessin Caroline gehabt haben. Auf jeden Fall taucht sein Name (wie auch der von Thomas Lawrence) in der delicate investigation auf.

Sidney Smith ist immer ein Dandy gewesen. Selbst in einem französischen Gefängnis ist er elegant gekleidet, wie dieser Stich zeigt. Die Uniform, die er auf dem Bild von Eckstein trägt, entspricht nicht so ganz den Marinevorschriften. Seine Stiefel, tasselled Hessian boots, schon gar nicht. Es ist die gleiche Sorte Stiefel, die Beau Brummell auf seinem Portrait trägt. Es ist auch die Sorte Stiefel, die Lord Wellington bevorzugt. Die Admiralität hasst sie wie die Pest, aber ist doch machtlos dagegen. Die jungen Seehelden verändern zusammen mit ihren Londoner Schneidern die offizielle Uniform der Royal Navy immer ein wenig. Zivile und militärische Herrenmode gehen in dieser Zeit eine interessante Symbiose ein, wie Amy Miller in ihrem Buch Dressed to Kill: British Naval Uniform, Masculinity and Contemporary Fashion 1748-1857 gezeigt hat.

Der Orden, den Sidney Smith auf Ecksteins Portrait (und dem von Loutherbourg hier) trägt, ist kein englischer Orden. Es ist das Großkreuz des schwedischen Svärdsorden. Das hat ihm der schwedisch König verliehen, weil Smith als inoffizieller Militärberater mal eben im Dienste Schwedens die russische Flotte vernichtet hat. Der englische König hat ihm zwar erlaubt, den schwedischen Rittertitel anzunehmen, aber in der Admiralität spricht man etwas verächtlich von The Swedish Knight. Den Orden Knight Commander of the Order of the Bath bekommt er erst 1815. Er wird ihn auf dem Schlachtfeld von Waterloo tragen, wenn er einer der ersten ist, der Wellington zu seinem Sieg gratuliert. Da sind dann der Mann, über den Napoleon gesagt hatte cet homme m'a fait manquer ma fortune und derjenige, der Napoleons fortune endgültig beendete, zusammen. Sir Sidney hat schon ein Gespür für den großen historischen Augenblick. Die englische Geschichte hat Admiral Smith ein wenig stiefmütterlich behandelt, ebenso wie die französische Geschichtsschreibung seinen Gegner Jean-Baptiste Kléber vernachlässigt hat. Immerhin heißt nach dem heute noch eine Rosensorte Général Kléber.













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