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Montag, 11. April 2011

Frater Ave atque Vale


Multas per gentes et multa per aequora vectus
advenio has miseras, frater, ad inferias,
ut te postremo donarem munere mortiset
mutam nequiquam alloquerer cinerem.
quandoquidem fortuna mihi tete abstulit ipsum.
heu miser indigne frater adempte mihi,
nunc tamen interea haec, prisco quae more parentum
tradita sunt tristi munere ad inferias,
accipe fraterno multum manantia fletu,
atque in perpetuum, frater, ave atque vale
.

Ja, das ist Catull, klar doch, kennen wir alle. Oder? Das frater, ave atque vale wird ständig zitiert. Auch in der englischen Literatur. Zum Beispiel von Swinburne, über den ich gestern schon Böses gesagt habe. In seinem Gedicht auf den Tod von Charles Baudelaire (der sich nicht mehr dagegen wehren konnte, von Swinburne bedichtet zu werden), hat Swinburne das Ave atque Vale schon im Titel:

SHALL I strew on thee rose or rue or laurel,
Brother, on this that was the veil of thee?
Or quiet sea-flower moulded by the sea,
Or simplest growth of meadow-sweet or sorrel,
Such as the summer-sleepy Dryads weave,
Waked up by snow-soft sudden rains at eve?
Or wilt thou rather, as on earth before,
Half-faded fiery blossoms, pale with heat
And full of bitter summer, but more sweet
To thee than gleanings of a northern shore I
Trod by no tropic feet?

Das geht jetzt noch 180 Verse lang so weiter, aber das erspare ich uns, ich mag nun mal Swinburne nicht. Bei Alfred Lord Tennyson bin ich immer etwas hin- und her gerissen. Er hat große Momente, aber vieles ist auch schlichtweg unlesbar. Gegen sein schönes Gedicht Frater Ave atque Vale will ich nix sagen.

‘Frater Ave atque Vale'

Row us out from Desenzano, to your Sirmione row!
So they row'd, and there we landed–‘O venusta Sirmio!'
There to me thro' all the groves of olive in the summer glow,
There beneath the Roman ruin where the purple flowers grow,
Came that ‘Ave atque Vale' of the Poet's hopeless woe,
Tenderest of Roman poets nineteen-hundred years ago,
‘Frater Ave atque Vale'–as we wander'd to and fro
Gazing at the Lydian laughter of the Garda Lake below
Sweet Catullus's all-but-island, olive-silvery Sirmio!


Ich habe das als Kommentar vor Tagen auf die Seite eines Blogger-Bruders geschrieben, weil ich weiß, dass er Tennyson mag. Und die Sache hatte einen traurigen Anlass: ➱Morgenländer klappt den Deckel von seinem Web-Log, dem berühmten Morgenländers Notizbuch, zu. Ich kenne Morgenländer nicht persönlich, aber ich verdanke ihm viel. Als ich in den ersten Januartagen des Jahres 2010 auf seine Website gelangte, habe ich staunend davor gesessen. Und ich war neidisch auf das, was ich da sah. Eine Stunde lang neidisch. Und dann habe ich mir gesagt: warum machst du nicht auch so etwas? Ich hatte keine Ahnung von dieser Welt, ich wußte nicht einmal, was ein Blog ist. Aber er war einer meiner ersten Leser, und er hat meine ersten tapsigen Schritte in der blogosphere wohlwollend kommentierend begleitet. Dafür bin ich ihm ewig dankbar.

Ich werde ihn vermissen. Das wird vielen seiner Leser so gehen. Vielleicht überlegt er sich das ja noch mal und fängt irgendwann wieder an zu schreiben. Bis dahin hoffe ich, dass er sich nicht völlig von der Welt des Web=Logs abwendet und wenigstens von Zeit zu Zeit hier hineinschaut.

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