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Dienstag, 17. April 2012

Water-American


I now began to think of getting a little money beforehand, and, expecting better work, I left Palmer's to work at Watts's, near Lincoln's Inn Fields, a still greater printing-house. Here I continued all the rest of my stay in London. At my first admission into this printing-house I took to working at press, imagining I felt a want of the bodily exercise I had been us'd to in America, where presswork is mix'd with composing. I drank only water; the other workmen, near fifty in number, were great guzzlers of beer. On occasion, I carried up and down stairs a large form of types in each hand, when others carried but one in both hands. They wondered to see, from this and several instances, that the Water-American, as they called me, was stronger than themselves, who drank strong beer!

Der hier von seinen Londoner Arbeitskollegen als Water-American bezeichnete junge Mann ist natürlich niemand anderer als Benjamin Franklin. Es sind nicht seine Schwimmkünste in der Themse, denen er seinen Spitznamen Water-American verdankt, sondern seine Abstinenz gegenüber dem englischen Bier. Er ist an seinem Todestag vor einem Jahr schon einmal in diesem Blog vorgekommen, aber ein bisschen Benjamin Franklin (oder ➱Thomas Jefferson) von Zeit zu Zeit kann ja nicht schaden. Die Gründerväter Amerikas sind so herrlich unaufgeregt vernünftig. Falls Sie vor einem Jahr die wunderbare kleine Anekdote mit dem Fischgericht verpasst haben, sollten Sie sie ➱hier noch einmal lesen. Franklin hat auch Gedichte geschrieben. Was liegt näher, als ihn heute mit einem Gedicht zu zitieren? Es ist ein Gedicht, das On the Freedom of the Press heißt und das zwei Jahrzehnte vor der amerikanischen Revolution geschrieben wurde.

WHILE free from Force the Press remains,
Virtue and Freedom chear our Plains,
And Learning Largesses bestows,
And keeps unlicens'd open House.
We to the Nation's publick Mart
Our Works of Wit, and Schemes of Art,
And philosophic Goods, this Way,
Like Water carriage, cheap convey.
This Tree which Knowledge so affords,
Inquisitors with flaming swords
From Lay-Approach with Zeal defend,
Lest their own Paradise should end.
The Press from her fecundous Womb
Brought forth the Arts of Greece and Rome;
Her offspring, skill'd in Logic War,
Truth's Banner wav'd in open Air;
The Monster Superstition fled,
And hid in Shades in Gorgon Head;
And awless Pow'r, the long kept Field,
By Reason quell'd, was forc'd to yield.
This Nurse of Arts, and Freedom's Fence,
To chain, is Treason against Sense:
And Liberty, thy thousand Tongues
None silence who design no Wrongs;
For those who use the Gag's Restraint,
First Rob, before they stop Complaint.

Was Pressefreiheit ist, das weiß der Drucker und Herausgeber Benjamin Franklin nur zu gut. Schon 1722 war er zusammen mit seinem Bruder James (der die gerade begründete Zeitung New England Courant herausgab) vor die Massachusetts Assembly vorgeladen. Sie sollten die Autoren verschiedener Artikel benennen, die nach Ansicht der Behörden verleumderisch waren. Franklin und sein Bruder blieben standhaft. James Franklin wanderte für einen Monat ins Gefängnis. Benjamin kam angesichts seines jungen Alters (er war erst sechzehn) mit einer Verwarnung davon.

Dieses vergilbte Blatt ist für Amerikas Pressefreiheit von größerer Bedeutung als das Verfahren im Jahre 1722 in Boston. Dies ist die Liste der Geschworenen aus einem spektakulären Gerichtsverfahren in New York im Jahre 1735. Angeklagt war ein Kollege von Franklin, ein Drucker und Zeitungsherausgeber namens John (oder Johann) Peter Zenger. Ein Deutscher aus der Pfalz, der als Dreizehnjähriger mit seiner Mutter 1710 nach Amerika gekommen war (sein Vater war auf der Überfahrt gestorben). Jetzt sitzt er erst einmal für Monate im Gefängnis, bevor er ein Gerichtsverfahren bekommt. Die Exemplare seiner Zeitschrift New York Weekly Journal, die kritisch über die Amtsführung des neuen englischen Gouverneurs berichtet hatten, werden öffentlich verbrannt. Zenger hatte seine Zeitschrift als Konkurrenz des regierungstreuen Blattes New-York Gazette zusammen mit dem Juristen James Alexander erst vor kurzem gegründet. Eigentlich war es ein Kampfblatt gegen den von den New Yorkern nicht geliebten Gouverneur William Cosby. Wenn Sie wollen, können Sie ➱hier alles in einer historischen Quelle lesen.

Der Prozess ist die Sternstunde des Anwalts Andrew Hamilton, der trotz der Behinderung der Justiz durch Gouverneur Cosby einen Freispruch von Zenger erreicht. The trial of Zenger in 1735 was the germ of American freedom, the morning star of that liberty which subsequently revolutionized America, hat Gouverneur Morris geschrieben. Morris ist kein Gouverneur, er hat nur diesen Vornamen. Er ist mit George Washington befreundet, und hat einmal für ihn in Paris eine Taschenuhr gekauft (kann man ➱hier lesen). Und da ich gerade bei amerikanischen Taschenuhren bin: auch Andrew Hamilton hat etwas damit zu tun. Die Hamilton Watch Company in Lancaster hat sich nach ihm benannt. Natürlich habe ich auch gerade eine Hamilton am Arm, während ich dies hier schreibe, das muss sein.

Andrew Hamilton hat auf alle Anwaltsgebühren verzichtet, die Stadt New York macht ihn zum Ehrenbürger und präsentiert ihm eine gravierte goldene Dose (Bild). Die eingravierten Inschriften lauten Demersae leges — timefacta libertas — haec tandem emergunt, eine Variation von Ciceros Satz Quamvis enim sint demersae leges alicuius opibus, quamvis timefacta libertas, emergunt tamen haec aliquando (For let the laws be never so much overborne by some one individual's power, let the spirit of freedom be never so intimidated, still sooner or later they assert themselves). Weiterhin steht da noch: Non nummis, virtute paratur (Acquired not by money but by virtue) und Ita cuique eveniat ut de republica meruit (Thus let each receive what he has deserved of the republic). Man ist noch keine Republik, aber man besinnt sich auf die Werte der römischen res publica.

The germ of American freedom, the morning star of that liberty which subsequently revolutionized America, und wem verdenken die Amerikaner das? Einem Deutschen, den die amerikanische Presse noch zu seinen Lebzeiten Patron Saint of Freedom of the Press titulierte. Vergessen wir ihn nicht.

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