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Freitag, 31. August 2012

September


Man möchte dem Sommer ein Verweile doch, du bist so schön zurufen, denn die Sommertage haben schon etwas Herbstliches an sich, einsamer nie als im August. Und ein Blick auf den Kalender belehrt uns, dass der 1. September der meteorologische Herbstanfang ist. Was immer das bedeutet. Ich kann mich allerdings an sehr schönes Septemberwetter erinnern, einen Indian Summer ohne Indianer; und ich hoffe mal, dass der September uns für die völlig misslungenen Monate Juli und August entschädigt. Wenn ich erst anfange, ich höre so schnell nicht auf, diese Gedichtzeile aus dem Gedicht Wer im Sommer ich bin von Jürgen Becker stimmt in diesem Jahr nicht. Und die martialische Bildlichkeit von Benns Tag, der den Sommer endet lasse ich auch mal weg. Lieber lege ich Frank Sinatras ➱September Song auf den Plattenteller. Ich scheine jedes Jahr im September so etwas leicht Elegisches zu bekommen. Was den Post kennzeichnete, den ich im letzten Jahr zum ➱Herbstanfang geschrieben habe. Denken wir ruhig an das schöne Gedicht von Wilhelm Lehmann Fahrt über den Plöner See, das da zitiert wurde. Und das hat er an einem Augusttag geschrieben. Der Sommer ist noch nicht zu Ende.

Denn noch sieht man junge Frauen in geblümten Baumwollkleidern auf der Straße, ein Klassiker, der glücklicherweise nicht ausstirbt. Was ruhig aussterben könnte, sind Leggings und Radlerhosen, die vorzugsweise in schwarz von übergewichtigen Damen getragen werden. Das, was die übergewichtigen Herren in der Hitze der wenigen Sommertage trugen, das lassen wir besser unerwähnt. Wir können offensichtlich den wenigen Sonnentagen nicht mit Stil begegnen. Es sei denn, man lebt in Südfrankreich und heißt ➱Dirk Bogarde.

Aber das Schlimmste im Sommer ist etwas ganz anderes. Ich stand letztens bei über dreißig Grad in meiner leichten Leinenjacke vor einem Schaufenster, das die neue Wintermode zeigte. Und die Plastikmodepuppen hatten alle dicke Daunenjacken an, mit einem Waschbärpelz oben an der Kapuze. Da dachte ich mir, wer ist so bescheuert, im August in solch einen Laden zu gehen und eine dicke Daunenjacke mit Waschbärpelz zu kaufen? Ich glaube langsam, dass der Waschbär an der Kapuze so etwas Ähnliches ist wie der Fuchsschwanz an der Antenne der Manta-Fahrer.

Ich hatte auch eine Art déjà-vu, waren dicke Daunenjacken mit Waschbärfell am Kapuzenkragen nicht schon mal Mode? Letztes Jahr? Und im Jahr davor? Der Mode fällt nicht mehr ein. Und diesen ganzen Klamottenläden auch nicht, jedes Jahr ist es das gleiche Spiel. H&M soll seinen Herbstkatalog schon im Juli verschickt haben. Und bei Burberry in London konnten Händler angeblich ausgewählte Looks für die Herbst-/Wintermode 2012/13 bereits im Januar 2012 direkt nach der Fashion Show bestellen. Und bekamen sie dann Ende Februar geliefert - ist aber erst im nächsten Jahr Mode. Normalerweise hat der Engländer dafür ja einen Spruch, der how daft can you get? heißt. Oder wie Oscar Wilde sagte Fashion is a form of ugliness so intolerable that we have to alter it every six months.

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