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Sonntag, 20. Januar 2013
Amtszeit
Heute endet die Amtszeit des amerikanischen Präsidenten. Dass der bis zum 20. Januar regiert, ist im 20. Zusatzartikel zur Verfassung festgelegt worden. Roosevelt war der erste, für den diese neue Regelung galt. Dass amerikanische Präsidenten zu ihrer Amtseinführung einen Dichter mitbringen, steht nicht im 20. Zusatzartikel. Plato hatte die Dichter aus seiner idealen Republik verbannt, für Shelley waren die Dichter the unacknowledged legislators of the world. Die amerikanischen Präsidenten holen die Dichter nach Washington, John F. Kennedy war der erste, der einen Dichter aufs Podium bat (er war auch einer der letzten, der formvollendet einen ➱morning coat trug). Robert Frosts Auftritt ist inzwischen Geschichte (lesen Sie ➱hier mehr dazu).
Summoning artists to participate
In the august occasions of the state
Seems something artists ought to celebrate.
Today is for my cause a day of days.
And his be poetry's old-fashioned praise
Who was the first to think of such a thing.
This verse that in acknowledgement I bring
Goes back to the beginning of the end
Of what had been for centuries the trend;
A turning point in modern history.
Dies schöne ironische Gedicht hat er aber leider nicht vorgetragen. Für Lyndon B. Johnson waren Dichter kein Thema (I don't want anything to do with poets), was wohl auch daran lag, dass damals beinahe alle Dichter Gedichte gegen den Vietnamkrieg schrieben. Jimmy Carter hatte zwar keinen Dichter dabei, aber bei der Gala im Weißen Haus durfte am Abend James Dickey (der wie Carter au Georgia kam) sein ➱The Strength of Fields vorlesen. Die Familie Bush mochte die Dichter nicht so sehr, und so sind es erst wieder Präsidenten aus der Demokratischen Partei, bei denen die Dichter zur Amtseinführung dichten dürfen. Die Gedichte von ➱Maya Angelou (1993), ➱Miller Williams (1997) und ➱Elizabeth Alexander (2009) sind weithin beachtet worden. Und was gibt es in diesem Jahr?
Nicht den Doyen der amerikanischen Lyrik John Ashberry. Dem hat Obama gerade die National Humanities Medal verliehen, aber morgen darf er nicht aufs Podium. Die Feier am Montag verschönt ein Dichter, den niemand kennt. Er heißt Richard Blanco. Dazu wird der Pop Star Beyoncé The Star-Spangled Banner singen. There's no business like show business. Eigentlich müsste der Präsident ja am 20. Januar seinen Amtseid ablegen, aber das ist ein Sonntag, da gibt es keine öffentliche Show. Aber ganz still wird der Präsident schon heute in einer kleinen, nichtöffentlichen Zeremonie einen Amtseid ablegen. Natürlich auf eine Bibel. Eine Bibel muss sein, obgleich das Wort Gott an keiner Stelle der Verfassung steht, das einzige Mal, dass Gott da drin erwähnt wird, ist beim Datum: Seventeenth Day of September in the Year of our Lord one thousand seven hundred and Eighty seven. Viele Präsidenten haben zu der Zeremonie ihre ➱Familienbibel mitgebracht. Dwight D. Eisenhower hatte die Bibel von George Washington in der Hand, Barack Obama die von Abraham Lincoln.
Den Ablauf der Zeremonie regelt seit 1901 ein Joint Congressional Committee on Inaugural Ceremonies. Was man nicht zur Amtseinführung mitbringen darf, steht auf dieser ➱Liste. Keine ➱Waffen. Hat die NRA noch nicht protestiert?
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