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Dienstag, 28. Oktober 2014

Mundharmonika


Douglas Tate, der heute vor achtzig Jahren geboren wurde, war ein britischer Mundharmonikavirtuose, Hersteller von Mundharmonikas und der Präsident der englischen Society for the Preservation and Advancement of the Harmonica. Sie können ihn hier einmal hören. Mit dem Instrument habe ich nicht viel im Sinn, ich hatte als Kind mal eine, aber ein Virtuose bin ich nie geworden. Ich besitze auch keine CD von Douglas Tate, aber eine CD mit Musik für Mundharmonika habe ich doch (Toots Thielemans habe ich bestimmt auch auf einer Jazz CD). Und das ist die da oben von Larry Adler (den habe ich hier schon einmal erwähnt), der zu Recht sehr berühmt geworden ist.

Die Komponisten Ralph Vaughan Williams, Malcolm Arnold, Darius Milhaud und Arthur Benjamin haben Stücke für ihn komponiert, aber wir lieben ihn wegen einer Komposition, die er selbst geschrieben hat: die Filmmusik zu dem bezaubernden englischen Film Genevieve. Mit der schönen Kay Kendall, die leider so früh gestorben ist. In einer der Szene spielt Kay Kendall Trompete, aber in Wirklichkeit kam der Sound von Kenny Baker. Dabei konnte sie Trompete spielen, nur nicht so gut wie Kenny Baker. Die Drehkosten des Films betrugen nur 100.000 Pfund Sterling, die Hauptdarsteller bekamen jeder 1.500 Pfund. Larry Adler wollte für die Filmmusik gerne 750 haben, ging dann dann mit dem Preis herunter. Forget it, Larry. This is a small time outfit. Let it go, and we'll find another picture for you later in the year, sagte sein Agent. Larry Adler akzeptierte eine prozentuale Basis von zweieinhalb Prozent. Es machte ihn reich: As for me, I happily put my children through college on the proceeds.

Die Musik bekam eine Oscar Nominierung, Larry Adlers Name war aber nicht im Film zu finden (auf jeden Fall nicht in den amerikanischen Kopien): der Komponist stand auf McCarthys schwarzer Liste. Der Walzer aus Genevieve (Sie können ihn hier hören) ist beschwingt und leicht, ein wenig so wie Dave Brubecks Wonderful Copenhagen, das ja auch aus dieser Zeit stammt.

Die Musik zu Genevieve blieb nicht seine einzige Filmmusik, auch die Musik für den Gangsterfilm Touchez pas au Grisbi (Wenn es Nacht wird in Paris) mit Jean Gabin und Lino Ventura (und, wie man hier sehen kann, der jungen Jeanne Moreau) wurde berühmt. Den Film können Sie hier in ganzer Länge sehen. Genevieve leider nicht (von dem gibt es hier ein Schnipsel), aber den kann man jederzeit als DVD kaufen. Ab 3,94 bei Amazon Marketplace. Lohnt sich auf jeden Fall.

Larry Adler, der in diesem Jahr hundert geworden wäre, war ein lebenslanger Freund von George und Ira Gershwin. Und ein Freund von Prince Philip. Die Queen Mum mochte ihn. Seine Liebesaffäre mit Ingrid Bergman lassen wir hier mal aus. Mit achtzig hatte er noch einen Top Hit in den British Charts (klicken Sie dies doch mal an). Im Who is Who gab er als seine obsession an, dass er Leserbriefe schreibe. Er bombardierte das Satiremagazin Private Eye mit witzigen Briefen. Die alle gedruckt wurden. Daneben schrieb er für den Spectator, für den New Statesman und schrieb Filmkritiken für The Oldie. Eine Zeit lang war auch der Restaurantkritiker von Harpers & Queen.

Er liebte Tennis, er spielte einmal ein Doppel mit Charlie Chaplin und zwei ihm unbekannten Gästen. Charlie Chaplin hatte ihn eingeladen, weil sein Doppelpartner Bill Tilden nicht gekommen war. Erst später erfuhr Larry Adler, dass die schlecht gekleidete Frau und der Mann mit dem grotesken Schnurrbart auf der anderen Seite des Netzes Greta Garbo und Salvador Dali waren. Das Spiel hätte ich gern sehen mögen. Kann man aber leider nicht, aber hören kann man Larry Adler noch immer. Viele seiner Aufnahmen sind heute noch lieferbar.

Eine von Douglas Tate gebaute Mundharmonika hat er nie gespielt, er hat immer Instrumente von Hohner bevorzugt. Die Firma brachte 1935 zwei Larry Adler Modelle auf den Markt, was den Umsatz von Hohner in England um zweitausend Prozent steigerte. Jeder wollte wie Larry Adler sein. Aber nicht jeder erreichte seinen berühmten singing tone:  If you can get a singing tone in your playing, that’s as far as you can go. Miles Davis does it on the trumpet; Johnny Hodges did it on the saxophone. That’s what I loved about Rachmaninoff when I heard him play the piano when I was a kid in Baltimore... Years ago I played 'Sophisticated Lady' with Duke Ellington and his band at the club. Billie Holiday was there and afterwards Duke introduced me to her at the table. She said, “You don’t play that thing, Man, you sing it.” Now I cannot think of a better epitaph than that. Einen besseren Satz für den Schluss kann ich auch nicht finden.

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