Das wird ja nun um die Welt getwittert und per E-Mail verschickt. Der indische Ministerpräsident Narendra Damodardas Modi hat, als Präsident Obama Indien besuchte, einen Anzug getragen, in dessen pinstripes sein Name eingewebt war. Mit Goldfäden. Das ist schon in Ordnung, wenn man Präsident eines so reichen Landes wie Indien ist, dann kann man sich solchen Luxus leisten. Nur wer in Wohlstand schwelgt, lebt angenehm, wie schon François Villon sang. Nein, es ist natürlich nicht in Ordnung, es ist eher pervers. In seinem wunderbaren Buch Voltaire's Coconuts, or Anglomania in Europe schreibt Ian Buruma an einer Stelle: And I noticed something odd: the poorer the country the fatter and more expensively dressed its representatives were.
Dass Namen auf Kleidungsstücken stehen, ist nichts Neues. Kiddies kriegen Namensschilder in die Kleidung genäht, bevor man sie aufs Internat oder ins Schullandheim schickt. Bundesligatrainer haben seltsame Botschaften auf ihren Hemdkragen. Und im England von König Arthur trugen schon die Ritter Werbebotschaften auf ihrem Blech. Auf jeden Fall steht das so bei dem immer zuverlässigen Historiker Mark Twain in A Connecticut Yankee in King Arthur's Court. Aber mit dem Kleidungsstück von Modi wird kein Konfektionshersteller beworben (der Schneider des guten Stücks möchte auch anonym bleiben), dies ist sozusagen ein advertisement for myself.
Das geht ja mit diesen ganzen Beschriftungen und Initialen zu weit. Das einzige Kleidungsstück mit Initialen, das ich besitze, ist ein dunkelblauer ➱Schlips mit rosa Schweinchen drauf. Die kleinen Schweinchen stehen mit ihren Füßen auf den Initialen MCP, was in diesem Fall kein exklusiver englischer Klub ist, sondern schlicht und einfach male chauvinist pig heißt. Verkaufte sich in England wie geschnitten Brot. An Touristen, an wen sonst? So etwas würden echte Engländer nicht kaufen.
Der Stoff war ein Gastgeschenk für den amerikanischen Präsidenten. Man kennt in diesem Fall sogar die Tuchfabrik, die den Stoff gewebt hat (angeblich waren da auch Goldfäden eingewebt). Es ist BH Moxon and Son in Kirkburton bei Huddersfield. Die hatten damals wohl auch den Stoff für Prince Philip gewebt. Die Firma mit dem Motto Semper Optimum existiert übrigens heute noch, während so viele Firmen dort haben schließen müssen (lesen Sie an dieser Stelle vielleicht noch den Post ➱Ermenegildo Zegna).
Der Premierminister James Callaghan hat sich von dem Stoff für Jimmy Carter noch ein paar Meter abgeschnitten, denn das JC passte ja auch für ihn. Carter durfte den schönen Stoff natürlich nicht behalten, der wanderte zum Schatzamt oder sonst wohin. Weil kein amerikanischer Präsident Geschenke behalten darf. Das gilt für deutsche Beamte ebenso. Und wenn Sie im öffentlichen Dienst sind und eine kleine Plastik von Herrn Müller-Lüdenscheidt und Herrn Dr. Klöbner geschenkt bekommen, nehmen Sie sie um Himmelswillen nicht an. Mit oder ohne Quietscheente. Ist völlig egal. Kostet viertausend Euro. Hat eine ➱Berliner Lehrerin, die das von ihrer Klasse geschenkt kriegte, zahlen müssen.
Mir hat niemand je einen pinstripe suit mit Initialen geschenkt. Nicht einmal mit meinen Initialen im Futter. Ich habe auch niemals Geschenke erhalten, die man als Bestechung interpretieren konnte. Ich kann meinem ehemaligen Arbeitgeber aber gerne mitteilen, dass ich in fünfunddreißig Jahren fünf herrenlose Dosen meines Lieblingstabaks Gold Block, die unbeaufsichtigt in meinem Postfach im Geschäftszimmer lagen, an mich genommen habe.
In seiner ➱Rede bei dem Staatsempfang sagte Präsident Obama, der seinen schlichten blauen Anzug von HartMarx trug (lesen Sie ➱hier alles zu den Anzügen der amerikanischen Präsidenten): What I didn’t know until now is that he once survived an attack by a crocodile. So he’s tough. And he also has style. One of our newspapers back home wrote, “Move aside, Michelle Obama. The world has a new fashion icon.” (Laughter.) Tonight, I was thinking about wearing a Modi Kurta myself. Es gab einmal Zeiten, da waren indische Politiker einfacher gekleidet.
Es ist nur Eitelkeit unter den Menschen. Das haben schon die Barockdichter beklagt, die das Motiv der vanitas vanitatum strapaziert haben. Oder Johannes Daniel Falk (dem wir Oh du fröhliche verdanken) in seinem satirischen Gedicht Die Eitelkeit:
Wie fröhnt doch Alt und Jung der schnöden Eitelkeit!
Sie trägt den Purpurrock, sie trägt das Derwischkleid,
Gibt Mönchen Kutt' und Gurt, den Weiheschleyer Nonnen,
Styliten Säulen hier, dort Diogenen Tonnen.
Selbst noch im Tod' ist sie mit ihrer Gunst nicht karg.
Selbst noch im Tod' ist sie mit ihrer Gunst nicht karg.
Sie stellt die Gueridons; lauscht am
Paradesarg;
Trägt Fackeln vor der Bahr, und schnitzt auf Marmorsteinen
Verhüllte Engel aus — will uns kein Mensch beweinen.
Das geht jetzt noch ➱endlos weiter, das erspare ich uns einmal.
Das geht jetzt noch ➱endlos weiter, das erspare ich uns einmal.
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