Zum neunzigsten Geburtstag ihrer Mutter im Jahre 1901 hat die Herzogin von Arenberg die Gedichte ihrer Mutter herausgegeben. Eine stattliche Zahl, die da in einem langen Leben geschrieben wurde, 1.353 Seiten umfasst das Werk. Die Prinzessin von Arenberg war als Prinzessin Sophie von Auersperg geboren worden. Sie besaß ein Schloss in Salzburg und heiratete den Prinzen Ernst von Arenberg. Den sie lange überlebte. Und sie schrieb Gedichte. Auch eins für ihre Tochter Eleonora:
Was dieses Buches Blätter hier enthalten,
Draus wähle Dir nach Deinem eig‘nen Sinn,
Doch daß sich Herz und Geist bei Dir entfalten,
So nimm die Mutter Dir zur Führerin.
Was Deine junge Seele kann erheben,
Was Deinen Blick hinauf zum Himmel zieht,
Nach dem allein lass Deine Wünsche streben,
Der Zauber bleibt, auch wenn die Jugend flieht.
Stösst Du im Blättern auf der Mutter Zeilen,
Gedichtet in der reichen Jugendzeit, —
So lass Dein Herz mit Liebe drauf verweilen;
Das Beste drin sei meinem Kind geweiht.
Das Haus Arenberg ist uns in diesem Blog schon einmal begegnet, der Post heißt ➱Der Fürst von Recklinghausen. Denn das sind die Arenbergs auch noch: Fürsten von Recklinghausen. Sie sind am Ende des Jahrhunderts überall zu finden. In Brüssel, wo sie ein Schloss haben, im Kohlenpott, wo sie eine Zeche haben. Sie werden Offiziere und Diplomaten. Sie machen auch Schlagzeilen. Ein Prinz von Arenberg wird 1870 in St Petersburg ermordet, ein anderer Prinz von Arenberg begeht 1899 in Deutsch-Südwestafrika einen schrecklichen Mord.
Damit hat unsere Prinzessin von Arenberg nichts zu tun. Sie schreibt Gedichte, zumeist religiöse, viele ➱Feiertagsgedichte. Ihr Gedicht auf den Gründonnerstag aus dem Jahre 1894 ist auch ein solches Feiertagsgedicht. Aber es ist auch das Gedicht einer blinden 83-jährigen Frau, der Anreden wie Durchlaucht ziemlich gleichgültig geworden sind. Es ist ein sehr persönliches Gedicht, das wenig mit der Rhetorik des gleichzeitig entstandenen ➱Karfreitag Gedichts gemein hat:
Wo könnt‘ es Laute oder Worte geben,
Wer hätt‘ zur Schild‘rung dieses Tags ein Recht,
Wo schlägt ein Herz, wo atmet Menschenleben,
Das solche Worte auf zum Himmel trägt!
Des grossen Tages feierliche Stunde
Durchschauert uns‘re Seele und Gebein,
Nicht darf das Wort aus unberuf‘nem Munde
Sich heut‘ dem Dienst des heil‘gen Tages weih‘n.
Wohl sind viel fromme Lieder schon erklungen,
Die würdig dieser grossen Aufgab‘ sind,
Daß man oft meint, ein Engel hat‘s gesungen;
Denn nichts genügt, was Menschengeist ersinnt.
Wie soll dann ich, so blind, so alt und matt, es wagen,
Ich, die am Ende meiner Tage bin,
Gedanken würdig über diesen Tag zu sagen,
Nicht Herr bin ich mehr über Wort und Sinn.
Vereinsamt sitz‘ ich da, entbehre Licht und Luft,
Seit lange kann mein Aug‘ die Sonne nicht mehr schauen,
Verharre in Geduld, bis Gott mich gnädig ruft,
Was ich nicht sagen kann, will Gott ich anvertrauen.
Daß ich nichts bin, nur mühsam mehr kann beten,
Nicht finden Worte aus der vollen Brust,
Nur ängstlich hin vor Christi Kreuz kann treten,
Dess bin ich demutsvoll mir ganz bewusst.
Erwartend knieen wir beim ersten Morgenscheine,
Die Schöpfung ruht, und alle Pulse stocken,
Gründonnerstag beginnet — Worte find‘ ich keine,
Verstummt sind heut‘ die heil‘gen Kirchenglocken.
Wollt‘ ich mein Fühlen und Empfinden schildern,
Dazu gehörte Licht und Kraft und Mut,
Nur zagend wählt die Seele in den Bildern,
Möcht‘ gerne zeichnen sie mit voller Glut.
Gründonnerstag beginnt die Opferwege,
Die Gottes Sohn für uns gewandelt hat.
O, daß mein Wort in alle Herzen lege
Verständnis für des Heilands Kreuzespfad!
Das Recht, zu schildern, hat der Priester nur erworben,
Dem Gottes Finger selbst die Worte zeigte
Seit jenem Tag, an dem der Herr für uns gestorben,
Seit jener Stunde, als Sein Haupt sich neigte.
Wer hätt‘ zur Schild‘rung dieses Tags ein Recht,
Wo schlägt ein Herz, wo atmet Menschenleben,
Das solche Worte auf zum Himmel trägt!
Des grossen Tages feierliche Stunde
Durchschauert uns‘re Seele und Gebein,
Nicht darf das Wort aus unberuf‘nem Munde
Sich heut‘ dem Dienst des heil‘gen Tages weih‘n.
Wohl sind viel fromme Lieder schon erklungen,
Die würdig dieser grossen Aufgab‘ sind,
Daß man oft meint, ein Engel hat‘s gesungen;
Denn nichts genügt, was Menschengeist ersinnt.
Wie soll dann ich, so blind, so alt und matt, es wagen,
Ich, die am Ende meiner Tage bin,
Gedanken würdig über diesen Tag zu sagen,
Nicht Herr bin ich mehr über Wort und Sinn.
Vereinsamt sitz‘ ich da, entbehre Licht und Luft,
Seit lange kann mein Aug‘ die Sonne nicht mehr schauen,
Verharre in Geduld, bis Gott mich gnädig ruft,
Was ich nicht sagen kann, will Gott ich anvertrauen.
Daß ich nichts bin, nur mühsam mehr kann beten,
Nicht finden Worte aus der vollen Brust,
Nur ängstlich hin vor Christi Kreuz kann treten,
Dess bin ich demutsvoll mir ganz bewusst.
Erwartend knieen wir beim ersten Morgenscheine,
Die Schöpfung ruht, und alle Pulse stocken,
Gründonnerstag beginnet — Worte find‘ ich keine,
Verstummt sind heut‘ die heil‘gen Kirchenglocken.
Wollt‘ ich mein Fühlen und Empfinden schildern,
Dazu gehörte Licht und Kraft und Mut,
Nur zagend wählt die Seele in den Bildern,
Möcht‘ gerne zeichnen sie mit voller Glut.
Gründonnerstag beginnt die Opferwege,
Die Gottes Sohn für uns gewandelt hat.
O, daß mein Wort in alle Herzen lege
Verständnis für des Heilands Kreuzespfad!
Das Recht, zu schildern, hat der Priester nur erworben,
Dem Gottes Finger selbst die Worte zeigte
Seit jenem Tag, an dem der Herr für uns gestorben,
Seit jener Stunde, als Sein Haupt sich neigte.
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