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Freitag, 2. Februar 2018

Fritz Busch


Am 2. Februar 1878 wurde das von Gottfried Semper konzipierte Neue Hoftheater in Dresden eingeweiht. Heute heißt das Gebäude nach seinem Architekten ➱Semperoper. Bei allem strahlenden Glanz des restaurierten Gebäudes dürfen wir nicht vergessen, dass hier neues Leben aus den Ruinen erblüht ist. Und es nicht immer so schön war. Von der Kuppel der Frauenkirche sah ich diese leidigen Trümmer zwischen die schöne städtische Ordnung hineingesät; da rühmte mir der Küster die Kunst des Baumeisters, welcher Kirche und Kuppel auf einen so unerwünschten Fall schon eingerichtet und bombenfest erbaut hatte. Der gute Sakristan deutete mir alsdann auf Ruinen nach allen Seiten und sagte bedenklich lakonisch: Das hat der Feind Gethan!

Sie werden etwas überrascht sein, dass diese ➱Zeilen aus dem Jahre 1768 stammen. Tod und Vernichtung gibt es in Dresden nicht erst seit ➱Bomber Harris. Gottfried Semper musste seine Oper aus der Ferne bauen, der Revolutionär des Maiaufstandes 1849 darf nicht nach Dresden zurückkehren. Er war damals geflohen, wie Richard Wagner und Samuel Erdmann Tzschirner. An den erinnert heute noch der Tzschirnerplatz, an dem das Albertinum liegt. Tzschirnerplatz ist für Nicht-Dresdener wegen der Schreibweise etwas gewöhnungsbedürftig, ist aber ein besserer Name als Adolf Hitler Platz. So hieß nämlich im Mai 1933 plötzlich der Theaterplatz vor der Oper.

Da war der Dirigent Fritz Busch schon nicht mehr da, den SA Leute schon am ➱7. März 1933 aus der Oper gebrüllt hatten. Busch guckte sich die geifernden Horden ruhig an, legte dann still seinen Dirigentenstab zur Seite und verließ das Pult. Der Film, den man 1932 über die ➱Tannhäuser Ouvertüre gedreht hatte, wird 1933 sofort verboten. Fritz Busch wird nie wieder in Sempers Opernhaus zurückkehren. Er geht nach Glyndebourne und inszeniert da den schönsten Mozart (das habe ich schon in den Posts ➱Cosi fan Tutte, ➱Hochzeitsvorbereitungen und ➱Die Liebesschule gesagt).

Seit dem letzten Jahr gibt es die Tätigkeit von Fritz Busch in Glyndebourne, die es zuvor als CDs von den unterschiedlichsten Anbietern (unter anderem Naxos) gab, kompakt und remastered in einem dicken Packen als Fritz Busch at Glyndebourne bei Warner. Als der Emigrant Fritz Busch den Engländer John Christie trifft, träumte der davon, seinen ➱Landsitz zu einem zweiten ➱Bayreuth zu machen. Dazu ist es glücklicherweise nicht gekommen. Es waren keine ideologischen Gründe, die gegen Wagner in Glyndebourne sprachen. Es lag daran, dass John Christies Gattin Audrey Mildmay eine gute Stimme für Mozart, aber keine Stimme für Wagner hatte.

Im Mai 1933 treffen sich Toscanini und Busch. Busch schreibt darüber in seiner Autobiographie: Was Toscanini – seit seiner Jugend der Kunst Richard Wagners engstens verbunden und ihr größter Interpret – jetzt bedrängte, war die Sorge um die Zukunft des Bayreuther Festspielgedankens. Aus diesem Empfinden fragte er sich: ,Was wird Bayreuth tun, wenn ich absage?’ ,Dann wird man mich einladen, Maestro’, sagte ich. Toscanini war sprachlos. ,Das heißt, man hat mich bereits eingeladen. Tietjen, der Ihre Absage erwartet, hat schon vorgesorgt.’ Ich weidete mich an seinem Erstaunen, und lachend setzte ich hinzu: ,Natürlich werde ich ebenso absagen wie Sie!’ Toscanini machte den Mund zu, der ihm vor Staunen offen geblieben war, und knurrte: ,Eh, caro amico!’. Wir schwiegen beide in einem Gefühl großer Traurigkeit.

Die Universität Bonn hat, zehn Jahre nachdem sie Thomas Mann den Ehrendoktor aberkannte hatte, ihm diesen wieder neu verliehen. In Dresden hat man sehr lange gebraucht, um in einer symbolischen Feier Fritz Busch zu ehren. Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde er posthum zum Ehrenmitglied der Staatskapelle Dresden ernannt, das kostete nix. Aber 1998, 65 Jahre nach der Vertreibung aus dem Amt als Dresdner Generalmusikdirektor durch die Nazis, hat der Dirigent Giuseppe Sinopoli (Sie können seine Rede ➱hier hören) Fritz Busch ein ➱Willkommen daheim! Fritz Busch! zugerufen.

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für diesen Post. Ein sehr schöner Hinweis für einen Dresdner, hab mich durch allerlei Informationen und Musikbeispiele gegoogelt. Auch über Sinopoli, der viel zu früh verstorben ist.
    Viele Grüße an Sie.

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