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Montag, 12. März 2018

Uisce Beatha


So seltsame Wörter im Titel sind immer für hohe Leserzahlen gut, das altenglische Wort ➱ythlaf in einem Post über ➱Edward Hopper hat mir viele tausend Leser beschert. Das Wort ➱Stierfortz auch. Das mit dem Uisce Beatha ist eigentlich ganz einfach, aus diesem gälischen Wort wird im Englischen der Whisky, der im Irischen und Amerikanischen Whiskey (mit einem zusätzlichen e) heißt. Uisce Beatha heißt Lebenswasser, es ist ein schöner Name. Das Ganze ist natürlich noch schöner, wenn das Getränk wie hier mit unbekleideten Damen beworben wird. Die amerikanische Whiskymarke Old Sunny Brook, die im 19. Jahrhundert mit drei Grazien warb, gibt es heute immer noch.

Die Werbung mit nackten Frauen für Whisky ist ein wenig aus der Mode gekommen (lesen Sie ➱hier mehr dazu). Bei Parfüms und ➱Jeans finden wir sie noch, bei ➱Automobilen eher weniger. Eine deutsche Firma, bei der der Whisky 139€ kostet, bewirbt ihr Produkt mit: Jeder Tropfen eines G Spirits läuft vor seiner Abfüllung über den Busen eines ausgewählten Topmodels, die bereits auf zahlreichen Covern internationaler Männermagazine wie dem Playboy, posierten. Das Ergebnis ist eine in Flaschen abgefüllte, teuflisch gute Mischung Lifestyle! Cheers! Ich nehme an, tiefer kann man nicht fallen.

Wir müssen einmal kurz über das Lebenswasser schreiben, weil Jean-Claude Juncker in der Diskussion um Strafzölle letztens gesagt hat: Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Massnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden. Und dann sprach er von Einfuhrzöllen auf Bourbon Whiskey, Levi's Jeans und Harley-Davidson Motorräder. Da wird Donald Trump bestimmt große Angst bekommen. Christian Ehring kommentierte das in Extra 3 mit den Sätzen: Die EU will nun reagieren. Sie will auch Strafzölle auf amerikanische Produkte verhängen. Jeans, Bourbon und Harley Davidson werden teurer. Der arme Peter Maffay. Mehr braucht man dazu wohl nicht zu sagen.

Trägt noch jemand Levi's Jeans? 1959 eine ➱Levi's 501 zu haben war etwas Besonderes, aber heute? Da trägt man doch lieber die italienischen ➱Jacob Cohen Jeans als dies schrottige Zeug, das irgendwo in Asien zusammengenäht wird (in den USA werden keine Levi's Jeans mehr produziert). Und was ist mit dem Bourbon? Jethro Gibbs trinkt den in der Serie NCIS. Wenn ihn sein Freund Fornell fragt: Who still drinks THIS stuff? antwortet Gibbs mit: I do! Es handelt sich um Bourbon der Marke Rare Breed. Muss man mögen. Die Produktion und die Exporte von Bourbon haben zugenommen, aber eine wirkliche Wirtschaftsmacht ist der Bourbon wohl nicht.

Whiskey gibt es schon lange in den USA. George Washington besaß selbst eine ➱Brennerei, und er erließ 1791 eine Steuer auf Whiskey. Die von den vielen Schwarzbrennern nicht hingenommen wurde, es kommt zu der sogenannten Whiskey Rebellion. Das kann der Staat nicht durchgehen lassen, die Rebellion von Daniel Shays lag erst wenige Jahre zurück. Jefferson fand die Rebellion nicht so schlimm: I hold it that a little rebellion now and then is a good thing. 

Die Whiskey Rebellion wird niedergeschlagen, George Washington zieht wieder seine Generalsuniform an. Es ist das letzte Mal, dass ein amerikanischer Präsident eine kleine Armee anführt. Und es ist das erste Mal, dass das Militär gegen die eigenen Bürger vorgeht. Das sind ja immer klägliche Sachen, wenn wir an die unrühmliche Geschichte mit der ➱Bonus Army denken. Zehn Jahre nach der Einführung der Whiskey Steuer wird sie wieder wegfallen. Heute gibt es natürlich eine Steuer auf den Bourbon, und es gibt auch noch viele Schwarzbrennereien in Kentucky und Tennessee. Um die sich Legenden und eine ganze Folklore ranken. ➱Tom Wolfe hat mit The Last American Hero (hier im ➱Volltext) einen der moonshiners berühmt gemacht. Und für die Bourbon Freunde habe ich hier noch Harry Dean Stanton, wie er den ➱Tennessee Whiskey besingt. Wenn Sie den ganzen tollen Film mit Harry Dean Stanton (er in diesem Blog einmal in ➱Two-Lane Blacktop vorkommt) sehen wollen, klicken Sie ➱hier. Ist noch vier Tage im Netz.

Das Lebenswasser ist in diesem Blog schon aufgetaucht, immer, wenn ich eine symbolische Leserzahl (letztens wurde die 3,8 Millionen Marke geknackt) erreichte, gönnte ich mir am Abend einen kleinen Whisky. So zum Beispiel 2012, als es eine ➱halbe Million Leser waren. Damals schrieb ich: Ich habe mir gestern einen kleinen schottischen Whisky gegönnt. Nicht so etwas Billiges wie ➱Cutty Sark (falls Sie den Post vor zwei Jahren verpasst haben, sollten Sie ihn unbedingt lesen). Als ich den in der letzten Woche kaufte, hatte ich vor mir einen jüngeren Mann, einen schrecklichen nerd, der vor der Verkäuferin den ganz großen Whiskykenner spielte. Man kennt solche Typen. Um das Verkaufsgespräch etwas abzukürzen, sagte ich zu dem Herrn: Nehmen Sie doch einfach den, den man am schwierigsten aussprechen kann. Das sind meistens die besten. Da sagte die nette Verkäuferin: Ich kann all die Namen aussprechen. Oh, sagte ich, dann fangen Sie doch mal oben links an. Oben links standen Bunnahabhain, Laphroaig, Auchentoshan und Lagavulin. Und wie sie alle heißen. Die Verkäuferin sagte, dass sie allerdings erst einmal einige Gläser Whisky trinken müsste, dann könnte sie die Namen perfekt aussprechen. Das fand ich sehr witzig.

Im letzten Jahr gab es bei mir immer irischen Whiskey von der Firma Green Spot. Den hatte ich zuerst von ➱Hans Fander geschenkt bekommen, ich nehme an, er hatte ihn bei ➱Tiemann gekauft, da war er Stammkunde. Ich bin da auch schon seit einem halben Jahrhundert, kaufe da immer nur Wein für die Gäste, den Whisky bekomme ich zum Geburtstag und zu Weihnachten geschenkt. Den brauche ich nicht zu kaufen. Das letzte Mal, das ich da eine Flasche Whisky kaufte, war, als mein ➱Onkel Karl neunzig wurde. Der bekam eine Flasche vom 16 Jahre alten Lagavulin.

Ich hatte letztens Geburtstag, ahnte schon, dass es Whisky geben würde. Mein Freund Volker rief an und fragte: Ist eine Flasche Green Spot recht? Ich sagte ihm, er möge sich einen Augenblick gedulden, ich müsse mal in Küche und Speisekammer nachsehen. Nimm' mal was anderes, sagte ich. Es waren noch anderthalb Flaschen Green Spot da. Es wurde wieder ein irischer Whiskey. Den hatte Volker bei diesem Herrn hier in der Mitte gekauft. Das ist Martin Sauer, der früher den Laden ➱Martins Weindepot in der Holtenauer hatte, jetzt hat er einen shop in shop beim ➱Schlemmer-Markt Freund. Ich nehme an, dass ihm seine Stammkunden dahin folgen werden. Zumal es hier immer Parkplätze gibt, was in der Holtenauer ein Glücksspiel ist. Dank der Auswahl von Martin Sauer gibt es hier jetzt über 400 verschiedene Whiskys, bei Tiemann haben sie immerhin 140 im Angebot. Braucht man da noch amerikanischen Bourbon, wenn es genügend schottische und irische Marken gibt?

Das Tüpfelchen auf dem i sind natürlich die Single Malt Whiskys. Deren Absatz hat von Jahr zu Jahr zugenommen, wie man auf dieser Graphik sehen kann. Die Nachfrage nach Single Malt stellt die Brennereien vor Probleme. Der Whisky wird weniger. Zum einen deshalb, weil ein Teil in den Fässern während der Lagerung verdunstet.

Angels' Share, den Anteil der Engel, nennen das die Brenner. Ken Loach hat einen schönen kleinen Film gedreht, der The Angels' Share heißt, ich habe hier den ➱Trailer. Von der Verdunstung abgesehen, ist einfach nicht soviel alter Whisky da, manche Brennereien sind schon dazu übergegangen, das Produkt zu verdünnen. Da gibt es dann sttt 43 oder 46 Prozent nur noch 40% Whisky. Destillieren und Brennen könnte man schon, aber das Lebenswasser muss lange lagern. In alten Sherry- oder Bourbonfässern, damit der Alkohol einen Geschmack hat. Leider bekommt der Whisky dabei auch Fuselöle, die beim Bourbon (und beim Gin) besonders hoch sind, beim Wodka dagegen niedrig.

Whisky gibt es überall auf der Welt. Es gibt mittlerweile japanischen Whisky, preußischen Whisky aus der Uckermarck und bayrischen Whisky. Wer braucht da Bourbon? Handelskrieg wegen Bourbon? Wohl kaum. Amerika den Amerikanern. Wir lassen ihnen ihren Bourbon. Amerikanische Schriftsteller brauchen ihn. My own experience has been that the tools I need for my trade are paper, tobacco, food, and a little whisky, hat Faulkner gesagt. Hier ist er mal ohne die Flasche, die er manchmal am Tag trank. Es gibt schon Bücher zu dem Thema wie The Thirsty Muse: Alcohol and the American Writer. Und viele Schriftsteller haben etwas zum Thema Whisky gesagt, das Internet ist voll davon. Mein liebstes Zitat stammt von George Bernard Shaw: Whisky is liquid sunshine.

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