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Dienstag, 25. Februar 2020

Gesten


Der Trompeter weiß nicht, was er tun soll. Die deutschen Offiziere singen Lieb Vaterland magst ruhig sein, und da kommt dieser Mann im weißen Anzug und sagt, dass sie die Marseillaise spielen sollen.
Der Trompeter blickt etwas verzweifelt zu seinem Chef, aber der Besitzer von Rick's Café nickt zustimmend. Es ist eine kleine Geste, aber sie bewirkt viel. Wir sind in dem Film Casablanca und das Singen der französischen Nationalhymne ist ein Höhepunkt des Films. Wir wollen die Wasserflasche, auf der Vichy steht, die in der letzten Szene im Mülleimer landet, nicht vergessen.

Filme sind voll von kleinen Gesten, manchmal standen die gar nicht im Drehbuch, aber gute Schauspieler machen so etwas en passant. So Maurice Ronet in Louis Malles Film Le feu follett. Er hat gerade ein Schäferstündchen mit seiner Geliebten gehabt und will beim Verlassen des Stundenhotels dem Zimmermädchen ein Trinkgeld geben. Da merkt er, dass er kein Bargeld in den Taschen hat. Er gibt dem Zimmermädchen so ganz im Vorbeigehen seine Armbanduhr. Er trennt sich von der Zeit, er braucht die Uhr nicht mehr, er wird Selbstmord begehen.

Dieser Motorradfahrer schaut noch einmal auf die Uhr an seinem Handgelenk, dann wirft er sie weg. Aber das ist keine kleine Geste mehr, das ist schon Hollywoods Holzhammersymbolik. In dem Post Easy Rider hatte ich geschrieben: Wenn Peter Fonda als Captain America in dem Film auch irgendwann seine Uhr wegwirft und sich so symbolisch von der Zeit trennt, wußte er immer, wie spät es war. Weil er die ganze Zeit unter der der Biker Jacke seine goldene Rolex getragen hat. Wenn er wirklich cool gewesen wäre, hätte er die Rolex weggeworfen.

Nicht nur Filme sind voller Gesten, die Geschichte ist voll davon. Ob dass der Mantel ist, den Walter Raleigh über die Pfütze wirft, damit die Königin trockenen Fußes darüber schreiten kann, ob dass die weißen Handschuhe sind, die der Graf von Brockdorff-Rantzau nach der Unterschrift von Versailles auszieht und liegenläßt, alles schöne kleine Geschichten. Aber wir wissen selten, ob die Geschichten wirklich wahr sind. Seit wir Photographie, Film und Fernsehen haben, können natürlich kleine und große politische Gesten festgehalten werden.

Ob das der Kniefall von Willy Brandt ist, die Ohrfeige, die Beate Klarsfeld dem Kiesinger gibt, jetzt gibt es alle politischen Gesten auf YouTube, es ist mit diesen Gesten wie mit den politischen Cartoons: Bilder sagen mehr als tausend Worte. Eine kleine Geste ist letztens hinzugekommen. Da wirft eine Abgeordnete dem frisch gewählten Ministerpräsidenten, desssen Name sich auf jämmerlich reimt, den Blumenstrauß vor die Cowboystiefel. Fand ich cool.

1 Kommentar:

  1. Wenn ich mir so Ihre Meinung über die Vorgänge ich Thüringen anschaue, so denke liegt tatsächlich ein Hauch von Weimar (Gerhart Baum) über diesem Land, aber dieses Mal unter verkehrtem Vorzeichen

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