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Mittwoch, 11. Juli 2012

Charles Macklin


Kirkman. Are you not pleased when your friends come and converse with you?
Macklin. I am always very happy to see my friends, and I should be very happy to hold a—a—a—see there now 
Kirkman. A conversation you mean, sir?
Macklin. Ay, a conversation. Alas, sir! you see the wretched state of my memory; see there now, I could not recollect that common word—but I cannot converse. I used to go to a house very near this, where my friends assemble. . . . It was a—a—a a company; no that 's not the word, a—a—club, mean. I was the father of it, but I could not hear all; and what I did hear, I did not a—aunder—under—understand; they were all very attentive to me, but I could not be one of them. Indeed, I found, sir, that I was not fit to keep company, so I stay away.
Kirkman. But I perceive with satisfaction, sir, that your sight is good. 
Macklin. Oh, sir! my sight like everything else begins to fail too; about two days ago, I felt a—aa—there now— I have lost it; a pain just above my left eye.
Kirkman. I think you appear at present free from pain.
Macklin. Yes, sir, I am pretty comfortable now; but I find my, my—a—a—my strength is all gone. I feel myself going gradually.
Kirkman. But you are not afraid to die?
Macklin. Not in the least, sir. I never did any person any serious mischief in my life; even when I gambled, I never cheated: I know that a—a—a —see there now— death, I mean, must come, and I am ready to give it up.
Kirkman. I understand you were at Drury Lane Theatre last night.
Macklin. Yes, sir, I was there.
Kirkman. Yes, sir, the newspapers of this morning take notice of it.
Macklin. Do they?
Kirkman. Yes, sir;—the paragraph runs thus: 'Among the numerous visitors at Drury Lane Theatre last night, we observed the Duke of Queensberry and the veteran Macklin, whose ages together amount to one hundred and ninety-six'
Macklin. The Duke of who?
Kirkman. The Duke of Queensberry, sir.
Macklin. I don't know that man. The Duke of Queensberry! The Duke of Queensberry! Oh! ay, I remember him now very well. The Duke of Queensberry old! Why, sir, I might be his father. Ha, ha, ha!
Kirkman. Well, sir, I understand that you went to the Haymarket Theatre to see the 'Merchant of Venice'.
Macklin. I did, sir.
Kirkman. What is your opinion of Mr. Palmer's Shylock?
Macklin. Why, sir, my opinion is, that Mr. Palmer played the character of Shylock in one style. In this scene there was a sameness, in that scene a sameness, and in every scene a sameness: it was all same, same, same!—no variation. He did not look the character, nor laugh the character, nor speak the character of Shakspeare's Jew. In the trial-scene, where he comes to cut the pound of flesh, he was no Jew. Indeed, sir, he did not hit the part, nor did the paint hit him.'

Das Gespräch, das ein gewisser James Thomas Kirkman hier mit Mr Macklin führt, ist bemerkenswert. Denn Macklin, der sich am Abend zuvor den berühmten Schauspieler ➱John Palmer als Shylock in Shakespeares Merchant of Venice angeschaut hat (und nichts von dessen Schauspielkunst hält), geht gerade auf die hundert zu. Mit neunzig hat er sich von der Bühne verabschiedet. Charles Macklin ist viel berühmter als John Palmer, was wir schon der Tatsache entnehmen können, dass die Zeitungen darüber berichten, wenn er das Drury Lane Theater besucht.

Dass die Zeitungen über den Duke of Queensberry berichten, gehört zu ihrem Tagesgeschäft. Queensberry (den man Old Q nennt) ist ein berühmter Lebemann (hier von ➱Gillray karikiert), ein Freund des Prinzen von Wales. Er ist Mitglied im Hellfire Club, der das Motto hat Do what you please; dare to despise convention. Das nimmt Queensberry wörtlich, wir können sein Leben mit wenigen Worten beschreiben: Pferdezucht, Wetten, Alkohol, Frauen. Das sind wahrscheinlich auch heute noch keywords für die englische Aristokratie. Queensberry wird nicht ganz so alt werden wie Charles Macklin, wird aber seinen Nachkommen (er hat keine Erben aber eine Vielzahl illegitimer Kinder) die stolze Summe von einer Million Pfund Sterling hinterlassen. Was damals sehr, sehr viel Geld ist. Seine Tochter Maria Emilia Fagnani wird Francis Charles Seymour-Conway, den dritten Marquess of Hertford heiraten, der das Vermögen seiner Frau in Kunst anlegt. Aus diesem Kunstbesitz wird eines Tages die berühmte ➱Wallace Collection entstehen.

Die Schauspielkunst seines Kollegen John Palmer schätzt Charles Macklin nicht so sehr. Denn schließlich war er es, dem im 18. Jahrhundert Shakespeares Shylock ein Gesicht gegeben hatte. So hat ihn Zoffany hier gemalt. Vor allem hatte er wieder Shakespeare auf die Bühne gebracht. Denn der war beinahe einhundert Jahre nicht auf englischen Bühnen gespielt worden, war schon bald nach seinem Tod unmodern, dann kam Cromwell und schloss die Theater. Und in der Zeit der Restoration mochte man lieber etwas frivole Komödien.

Doch selbst wenn Shakespeare auf die Bühne gelangt, ist es nicht wirklich Shakespeare. Nicht die Dramen, die wir aus den Quarto- und Folioausgaben kennen - wobei die Quartos sich durch Raubdrucke und fehlerhafte Abschriften schon voneinander unterscheiden, ich hätte ➱hier ein kleines philologisches Spielzeug für Sie. Während heute Philologen um den originalen Shakespearetext kämpfen und die ➱Arden Edition schon manchmal weniger Text als Fußnoten auf einer Seite hat, kümmert die Frage nach dem Originaltext damals niemanden, der Shakespeare auf die Bühne bringt. Es ist das Verdienst zweier Schauspieler, des berühmten David Garrick (hier ein Portrait von Hogarth) und seines Freundes Charles Macklin, dass sich das ändert.

Gut, es ist immer noch nicht der Shakespeare der Folioausgabe, Schauspieler schreiben sich ihre Rollen gerne um. Auch Garrick (hier als Richard III, wiederum von Hogarth gemalt), kann es nicht ganz lassen, Shakespeare zu verschlimmbessern. Doch Macklin ist jetzt schon ziemlich nah am Original, sein Shylock bedeutete auf der Londoner Bühne eine kleine Revolution. Die damaligen Bearbeitungen hatten den Shylock beinahe aus dem Stück herausgeschrieben, ihn zu einer komischen Figur, einem Clown gemacht. Macklin holt ihn wieder in die Literatur zurück, sodass bei der Premiere jemand sagen kann This is the Jew / That Shakespeare drew. Das soll Alexander Pope gewesen sein, aber genau weiß man es nicht. Charles Macklin, der (ebenso wie David Garrick) das natürliche, ungekünstelte Spiel auf der Bühne eingeführt hat, hat sich große Gedanken um die Rolle des Shylock gemacht. Ist auf die Märkte gegangen und hat die jüdischen Händler bei ihrem Treiben beobachtet. Das erinnert doch schon an das ➱Method Acting! Die erste Aufführung des Merchant of Venice wird ein riesiger Erfolg, On my return to the green-room, after the play was over, it was crowded with nobility and critics, who all complimented me in the warmest and most unbounded manner, wird Macklin schreiben. George II, der bei der Premiere war, wird die ganze Nacht nicht schlafen können. Und Charles Macklin wird seine Paraderolle beinahe ein halbes Jahrhundert lang spielen.

David Garricks Bewunderer werden später sagen, dass allein er Shakespeare vor dem Vergessen bewahrt hat. Ganz ohne Charles Macklin und andere, mit denen Garrick zusammenarbeitete, wäre es wohl nicht gegangen. Garricks Beschäftigung mit Shakespeare wird seltsame Blüten schlagen, deren Höhepunkt wohl der kleine Shakespeare Tempel ist, den er sich bauen lässt. Auf dem Bild von Johann Zoffany steht der Schauspieler mit seiner Gattin vor seinem Tempel. Der steht übrigens immer noch, man kann ihn sogar für kleine ➱Feste mieten.

Man könnte da natürlich auch schön den ➱Prolog deklamieren, den Samuel Johnson für die Neueröffnung (natürlich mit The Merchant of Vernice) des Drury Lane Theaters geschrieben hat:

When Learning’s triumph o’er her barb’rous foes
First rear’d the stage, immortal Shakespear rose;
Each change of many-colour’d life he drew,
Exhausted worlds, and then imagin’d new:
Existence saw him spurn her bounded reign,
And panting Time toil’d after him in vain:
His pow’rful strokes presiding Truth impress’d,
And unresisted Passion storm’d the breast.

Der Theaterrevolutionär Charles Macklin ist heute vor 215 Jahren gestorben. James Thomas Kirkman hat ihn in den ➱Memoirs of the life of Charles Macklin, Esq. verewigt. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, wie das Theater des 18. Jahrhunderts (und das der folgenden Jahrhunderte) Shakespeare wieder entdeckt hat, lesen Sie Gary Taylors amüsantes Buch Shakespeare - Wie er euch gefällt: Die Geschichte einer Plünderung durch vier Jahrhunderte. Ein Muß für jeden Theaterprofi und Theaterliebhaber, schrieb Peter Zadek auf dem Buchdeckel. Der muss es wissen, hat er sich doch schlimm an Shakespeare vergangen. War zwar amüsant, war aber weniger Shakespeare als ➱Zadek.

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