Seiten

Donnerstag, 21. März 2013

Georg Forster


Am 21. März 1793 beschloss man in der gerade ausgerufenen Republik Mainz, einen Antrag beim Pariser Nationalkonvent zu stellen, um ein Teil Frankreichs zu werden. Nicht nur in Paris ist jetzt Revolution. Georg Forster hatte zuvor noch eine flammende Rede gehalten (➱hier im Volltext). Der Mainzer Konvent sendet Georg Forster, Dr Adam Lux und den Kaufmann Georg Patoki nach Paris, die Herren sind die Hauptvertreter des Mainzer Jakobinerclubs. Dr Lux hatte mit neunzehn Jahren über den Enthusiasmus promoviert. Sein Enthusiasmus wird ihm zum Verhängnis werden. Die Abordnung bricht am 25. März auf. Der Antrag des Mainzer Freistaates auf Eingliederung wird vom Pariser Nationalkonvent begeistert angenommen.

Forster und Lux werden in Paris bleiben, der eine stirbt in seiner Dachkammer in der Rue des Moulins, der andere endet unter der Guillotine. Bevor Georg Forster im Januar 1794, noch keine vierzig Jahre alt, an einer Lungenentzündung stirbt, hatte er die Schreckensherrschaft der Revolution erlebt. Die Revolution ist ein Orkan. Wer kann ihn hemmen? Ein Mensch, durch sie in Tätigkeit gesetzt, kann Dinge tun, die man in der Nachwelt nicht vor Entsetzlichkeit begreift, hat er kurz vor seinem Tod geschrieben. Er hatte sich das Ganze anders gedacht, als er in Mainz seine Rede zum Anschluss an Frankreich hielt.

Vielleicht hätte er in Kassel bleiben sollen und nicht 1788 als Oberbibliothekar der Universität nach Mainz gehen sollen. In Kassel gab es keine Revolution, da herrschte der Kurfürst, der seine Untertanen nach England verkaufte. Damals hatte ihn Johann Heinrich Wilhelm Tischbein gemalt, zu dem es ➱hier einen langen Artikel gibt. Das Bild oben, das Forster mit seinem Vater zeigt, ist von dem Engländer John Francis Rigaud gemalt. Da war der junge Forster schon ein berühmter Mann, hatte gerade seinen Bericht über seine Reise mit Captain Cook um die Welt veröffentlicht.

Mit seinem Buch A Voyage Round The World gilt er als Begründer der Reiseliteratur, es ist ein Buch, das man auch nach über zweihundert Jahren noch gut lesen kann. Es ist ein ganz anderes Buch als das des Matrosen Heinrich Zimmermann, das Reise um die Welt, mit Capitain Cook heißt. Ein Buch, das er eigentlich gar nicht hätte schreiben dürfen. Berichte über die Reise waren Captain Cook und den Wissenschaftlern wie Forster und seinem Vater vorbehalten. Heinrich Zimmermanns Buch habe ich vor zwanzig Jahren in der von Hans Bender herausgegeben Ausgabe des Insel Verlags gefunden.

Forsters Reise um die Welt ist auch bei Insel erschienen, ist aber mit über tausend Seiten etwas dicker als Zimmermanns 161-seitiges Buch. Aber da ich gerade einmal dabei war, las ich auch noch Louis-Antoine de Bougainvilles Reise um die Welt: Durch die Inselwelt des Pazifik 1766-1769. Dann bekam ich noch die Briefe von Robert James Fletcher (Isles of Illusion. Letters from the South Seas) geschenkt und fand durch Zufall den kuriosen kleinen Roman von Friedrich Wilhelm IV, Die Königin von Borneo. Ich war die ganzen Semesterferien mit dem Lesen beschäftigt, weil ich im nächsten Semester ein Seminar über die Südsee in der amerikanischen Literatur angeboten hatte. Damals bereitete man sich noch umfassend vor. Ich betone diese Selbstverständlichkeit deshalb, weil irgendwelche Dünnbrettbohrer vor nicht allzu langer Zeit zur Exkulpierung von Frau Schavan behauptet haben, damals seien die wissenschaftlichen Standards niedriger gewesen. Waren sie nicht.

Eigentlich hätte Forster den Bericht schreiben sollen, aber der alte Querulant (der sich schon mit ➱Captain Cook selten verstand) hatte sich gerade mit dem Earl of Sandwich überworfen. Wahrscheinlich war er diesmal sogar im Recht, denn angeblich hatte ihn Sandwich vor der Reise offiziell mit dem Bericht über die Entdeckungsreise betraut. Doch der Mann, der das belegte Brot erfunden hat, hat als Erster Lord der Admiralität den schlechtesten Ruf in der Geschichte der Royal Navy. Er war überhaupt nicht an dem Buch interessiert. Dass die beiden Forsters statt des Wissenschaftlers Sir Joseph Banks an Bord waren, ist nur sein gezielter Affront gegen Banks. Hier auf dem Bild von John Hamilton Mortimer sind noch alle nett beieinander (von links): Dr Daniel Solander, Sir Joseph Banks, Captain James Cook, Dr John Hawkesworth und John Montagu, der vierte Earl of Sandwich.

Wie dem auch sei, jetzt beginnt Forsters Sohn zu schreiben. In englischer Sprache, zwei Quartbände voll, und das in nur acht Monaten. Mit welchem Geist, mit welcher Laune sich an der Reisebeschreibung fortarbeiten lässt, wenn alles traurig, öde und leer um uns steht, können Sie rathen. Und doch muss geschrieben werden wenn nicht noch die einzige Hofnung einige monathe länger von dem Gewinn zu leben, wie Wasser zerrinnen soll, schreibt Forster im Jahre 1776 an den Berliner Verleger Johann Karl Philipp Spener, der gerade in England weilt. Die deutsche Ausgabe wird Forster übrigens Friedrich II von Preußen widmen. Falls Ihnen die Reise um die Welt zu lang ist, hätte ich ➱hier noch einen schönen Essay über Captain Cook aus Forsters Feder, der von den englischen James Cook Spezialisten immer noch als einer der besten Essays über den Weltumsegler herausgestellt wird.

Meine Lesetips für heute wären Forsters Beschreibungen von England, die sich im Anhang zu dem Reisebuch Ansichten vom Niederrhein finden (➱hier bei Zeno im Voltext). Und natürlich das Buch von Ludwig Uhlig Georg Forster: Lebensabenteuer eines gelehrten Weltbürgers. Weshalb ich hier noch nie über ➱Captain Cook geschrieben habe, weiß ich nicht, aber das kommt vielleicht noch einmal.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen