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Dienstag, 16. April 2013

Rolf Dieter Brinkmann


Heute wäre er dreiundsiebzig geworden. Würde er noch diese Anzüge tragen, die aus den fünfziger Jahren zu stammen schienen? It would be nice to know how he looked when he came on stage. Whether he was wearing his notorious confirmation suit, tie and white shirt with the cuffs that always poked out of his jacket sleeves. Or the trench coat he wore years before in the streets of his hated Rome, every bit the ice-cold angel from old gangster films. But we don't know, because only the soundtrack remains. 'Ladies and gentlemen, Rolf Dieter Brinkmann,' someone says nonchalantly as the crowd cheers. That's how rock stars are announced, not writers. Das habe ich auf einer interessanten ➱Seite gefunden. Ist eigentlich ein Artikel in der Zeit gewesen, klingt aber auch auf Englisch nicht schlecht. Das Ganze ist eine Besprechung der CDs ➱The Last One und ➱Wörter Sex Schnitt.

Der Dichter als rock star. Irgendwie ist er das ja. Selbst wenn er keine einzige Gedichtzeile geschrieben hätte, wäre sein Einfluss auf eine ganze Generation doch erheblich. Er ist derjenige, der die gesamte moderne amerikanische Lyrik (und natürlich auch die Underground- und Pop Lyrik) nach Deutschland gebracht hat. Mit Büchern wie Acid: Neue amerikanische Szene (1969), Silver Screen: Neue amerikanische Lyrik (1969) oder Ted Berrigans Guillaume Apollinaire ist tot: Gedichte, Prosa, Kollaborationen (1970). Das ist kein kleines Verdienst. Aber er ist auch wahrscheinlich Deutschlands originellster Dichter in dieser Zeit. Wir mögen unsere Dichter ja nicht so gerne rotzfrech und ordinär daherkommend, wir mögen lieber Paul Celan und Ingeborg Bachmann in Deutschland. Oder Goethe. Mit denen hat Brinkmann nun wenig gemein. Glücklicherweise.

Ich wollte heute mal Pause machen, aber dann sah ich auf dem immerwährenden Geburtstagskalender des Arche Verlags, dass Rolf Dieter Brinkmann heute Geburtstag hat. Ich habe ihn schon so häufig in diesem Blog erwähnt (zum Beispiel in ➱Piccadilly Circus, ➱Februar, ➱Uli Becker und ➱Lady Day), dass ich es mir heute mal erspare, über ihn zu schreiben. Vielleicht ein anderes Mal. Aber dann ganz lang.

Wenn ich eingangs schon auf Brinkmann CDs hingewiesen habe, hätte ich auch noch einen DVD Tip, er heißt Brinkmanns Zorn. Diese drei DVDs von ➱Harald Bergmann sind für Brinkmann Kenner ein Muss. Aber sie bieten auch denjenigen, die nicht den ganzen Brinkmann in den Erstausgaben besitzen, einen (wenn auch etwas sperrigen) Zugang zu dem Genie. Neben der ➱Kinofassung, die den Innovationspreis der deutschen Filmkritik 2007 und den Grimme Preis bekam, sind hier noch Brinkmanns eigene Experimente mit anderen Medien als Feder und Papier wiedergegeben. Der Kinofilm (der streckenweise dank der hervorragenden Schauspieler sehr ergreifend ist) bietet von allen drei DVDs noch den leichtesten Zugang. Es ist ein Erlebnis, das manchen bewegen wird, Brinkmann zu lesen. Was sich immer lohnt. Ein Gedicht gibt es heute natürlich auch, natürlich von Rolf Dieter Brinkmann. Ladies and gentlemen, Rolf Dieter Brinkmann:

Zerstörte Landschaft mit
Konservendosen, die Hauseingänge
leer, was ist darin? Hier kam ich

mit dem Zug nachmittags an,
zwei Töpfe an der Reisetasche
festgebunden, Jetzt bin ich aus

den Träumen raus, die über eine
Kreuzung wehn. Und Staub,
zerstückelte Pavane, aus totem

Neon, Zeitungen und Schienen
dieser Tag, was krieg ich jetzt,
einen Tag älter, tiefer und tot?

Wer hat gesagt, dass sowas Leben
ist? Ich gehe in ein
anderes Blau.



Lesen Sie auch: Piccadilly CircusFebruarGerhard Neumann (Dichter)Poet des Kinos.

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