Das ist schon ein repräsentatives Gebäude, das sich Robert Walpole da in Norfolk von den Architekten Colen Campbell und James Gibbs hat bauen lassen. Ein stately home muss man im 18. Jahrhundert einfach haben. Und es sollte auch, wie es Mode ist, ein klein wenig palladianisch sein. Für die Innenausstattung war William Kent zuständig, der erste Stock (das, was die Italiener piano nobile nennen) war for taste, expense, State and parade, wie Lord Hervey schreibt.
Im Erdgeschoss dagegen trifft man foxhunters, hospitality, noise, dirt and business an, hier lebt man. Und Besucher finden sich beim Dinner up to the chin in beef, venison, geese, turkeys, etc; and generally over the chin in claret, strong beer and punch. Im Gegensatz zu seinem Sohn Horace Walpole, der in diesem Blog ständig erwähnt wird, ist Robert Walpole so gut wie nie in diesem Blog vorgekommen. Er wird lediglich einmal in dem Post Number 10 erwähnt. Robert Walpole wurde heute vor 340 Jahren geboren, das soll uns einige Zeilen wert sein. Zumal Houghton Hall heute immer noch steht und da immer noch Nachkommen von Walpole wohnen. Wir können auf diesem Photo auch sehen, was der englische Adel auf dem Land trägt. Keinesfalls das, was dieser Alexander Gauland trägt.
Horace Walpole hat Houghton Hall (über das Mark Girouard natürlich auch schreibt) eines Tages geerbt, da war aber Englands größte Kunstsammlung schon nicht mehr im Haus. Die hatte der verschwenderische dritte Earl of Orford 1779 an Katharina die Große für £40.500 verkauft (dies Konzert der Vögel von Frans Snyders war auch dabei). Heute gehört das Anwesen einem Filmemacher, der einmal in einem Film von Eric Rohmer mitgespielt hat und der Truman Capotes Other Voices, Other Rooms verfilmt hat.
Der von Zeit zu Zeit auch mal ein Gemälde verkauft, um die Steuern zu bezahlen. Der aber auch von Zeit zu Zeit solch illustre Gäste empfängt. Die kennen ihren Gastgeber übrigens, denn der Filmemacher kommt aus dem englischen Hochadel. Es ist David Cholmondeley, der siebte Marquess of Cholmondeley. Er ist ein direkter Nachkomme von Horace Walpoles Schwester Lady Cholmondeley. Und die Kunstsammlung von Robert Walpole hat der Marquis auch aus Rußland zurückgeholt. Allerdings nur leihweise. Falls Sie Schwierigkeiten mit dem Namen des Lords haben sollten, er spricht sich Schamli aus. Ich habe hier ein wunderbares kleines gadget für die richtige Aussprache für englische Wörter und Namen.
Ich weiß nicht, ob es dieses Bild (wo er seinen Hosenbandorden so stolz trägt) gewesen ist, das Lady Mary Wortley Montagu bewogen hat, ein Gedicht über Walpole zu schreiben. Lady Montague, eine wirklich erstaunliche Frau, war mit Walpoles zweiter Frau Molly Skerritt befreundet. Die übrigens in John Gays Beggar's Opera als Polly Peachum vorkommt (ich hätte das vielleicht erwähnen sollen, als ich über John Gay schrieb). Und Walpole ist da, Sie ahnen das jetzt schon, Captain Macheath.
Die Kritik von der Bühne gefällt dem Politiker ganz und gar nicht, er versucht seine Kritiker durch den Licencing Act mundtot zu machen. Und finanziert drittklassige Schreiberlinge, damit sie nette Dinge über ihn sagen. Das kann man in Tone Sundt Urstads Buch Sir Robert Walpole's Poets: The Use of Literature As Pro-Government Propaganda, 1721-1742 nachlesen. Dagegen, dass ihn Henry Fielding in seiner Geschichte des Verbrechers Jonathan Wild mit Englands berühmtesten Kriminellen vergleicht, konnte er nichts machen. Jonathan Wildes (der natürlich auch eine Vorlage für Captain Macheath ist) Verbrecherkarriere ähnelt ein wenig der Karriere von Robert Walpole, ein stately home besitzt er neben seinem Stadthaus in London auch.
Das Gedicht von Lady Montague hat den Titel: On Seeing A Portrait Of Sir Robert Walpole:
Such were the lively eyes and rosy hue
Of Robin's face, when Robin first I knew;
The gay companion and the fav'rite guest;
Lov'd without awe, and without views caress'd;
His cheerful smile, and open honest look,
Added new graces to the truth he spoke.
Then ev'ry man found something to commend,
The pleasant neighbour and the worthy friend;
The gen'rous master of a private house,
The tender father and indulgent spouse.
The hardest censors at the worst believ'd,
His temper was too easily deceiv'd
(A consequential ill good-nature draws,
A bad effect, but from a noble cause).
Whence, then, these clamours of a judging crowd?
Suspicious, griping, insolent, and proud --
Rapacious, cruel, violent, unjust;
False to his friend, and traitor to his trust?
Lady Mary Wortley Montagu wendet sich mit dem Gedicht gegen diejenigen, die schlecht über Walpole reden. Korruption ist ein Wort, das da immer fällt. Wogegen sich Edmund Burke nach dem Tode Walpoles energisch wendet: He was an honorable man and a sound Whig. He was not, as the Jacobites and discontented Whigs of his time have represented him, and as ill-informed people still represent him, a prodigal and corrupt minister. They charged him in their libels and seditious conversations as having first reduced corruption to a system. Such was their cant. But he was far from governing by corruption. He governed by party attachments. The charge of systematic corruption is less applicable to him, perhaps, than to any minister who ever served the crown for so great a length of time.
Als ich im Wikipedia Kalenderblatt las, dass Robert Walpole heute Geburtstag hat, war ich durch einen Zufall gut vorbereitet. Ich hatte nämlich gerade Simon Schamas Britannia Incorporated, einen Teil seiner History of Britain gesehen. Wird auf der DVD Packung (einem Bestseller der BBC) beschrieben als: As the new century dawned, relations between Scotland and England had never been worse. Yet half a century later the two countries would be making a future together based on profit and interest. The new Britain was based on money, not God. Schama hätte besser die Finger von der Sendung gelassen. Gegen seine dreibändige Geschichte Englands in Buchform ist nichts zu sagen, aber die TV Serie kann nicht überzeugen. The video prioritizes nice shots, the narration prioritizes bons mots, schreibt ein Rezensent bei Amazon. Und ein anderer wird noch schärfer:
I generally like Simon Schama's work, but what has always been the weak link in his work is his propensity to try to shock the reader/viewer with "new takes" on his old subjects, whether or not these are really called for. His usual gift for words and phrase occasionally shines forth here, but often it seems forced, or just falls flat. I really expected to learn a lot more than I did, and was very disappointed at how deriviative and rehashed much of this "history" was. Schama's presentation, both voice and physical presence, are almost a caricature of himself. The melodramatic snideness and leering at the camera tends to devalue the seriousness of the work. I regret to say it, but I can't recommend this series at all.
Was Kenneth Clark in Civilisation einst konnte - und was John Betjeman in kleinen Filmen wie John Betjeman Goes By Train oder ➱Metro-Land konnte - das kann Simon Schama nicht: einen kulturgeschichtlichen Stoff elegant präsentieren. Kenneth Clark trug elegante Anzüge aus der Savile Row, Schama sieht eher nach Marks & Spencer oder einem billigen Schneider aus Soho aus.
Warum hat ihm niemand erzählt, dass man nicht alle drei Knöpfe an einem Jackett zuknöpft? Er trägt Jackett ohne Schlitze und steckt die Hände in die Hosentaschen. Dann schiebt sich das Jackett nach oben, und die Kamera hält da von hinten drauf, während er durch einen Park wandert. Was ist der Erkenntnisgewinn von solchen Bildern?
Manchmal trägt er eine schwarze Lederjacke, aber er ist nun wirklich kein Typ für Lederjacken. Schama hat in seiner History of Britain eine Menge zu Walpole zu sagen, in der Fernsehserie wird das auf Bonmots wie: It was a conscious decision by Walpole and others to replace religion with making money oder: Elections replaced battles, and the fights were over party politics reduziert. Manchmal sind die Bonmots auch nur Platitüden. Aber die Millionen von der BBC haben den Professor Schama offensichtlich gelockt, vielleicht weil er noch kein Schloss besaß wie Robert Walpole. Kenneth Clark hatte sich 1955 Saltwood Castle gekauft. Schama lebt heute in Amerika, wahrscheinlich trägt man da solche Klamotten.
Ich habe zum Schluss noch eine hübsche kleine Anekdote zu Robert Walpole, die sich in Mrs Thrales Thranalia findet: When Sir Robert Walpole was dismissed from all his Employments he retired to Houghton & walked into the Library; when pulling down a Book & holding it some Minutes to his Eyes, he suddenly & seeming sullenly exchanged it for another; he held that about half as long, & looking out a Third return'd it instantly to its Shelf & burst out into Tears; .I have led a life of business so long,' said he, `that I have lost my taste for reading, and now—what shall I do?'
Wenn Sie noch mehr vom 18. Jahrhundert wissen wollen, dann lesen Sie doch auch: 18th Century, 18th century: Georgian Era, 18th century: Architecture, 18th century: Grand Tour, 18th century: Fashion, 18th century: America
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