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Freitag, 23. April 2021

Hofanzug

Als der Dichter Robert Southey gestorben war, ein Dichter, den Lord Byron hasste, war der Posten des Poet Laureate wieder vakant. Man wählte Englands berühmtesten Dichter William Wordsworth, der hier vor einem Jahr zu seinem 250. Geburtstag einen Post hatte. Wordsworth wollte nicht, er fand, dass er zu alt sei. Und er dichtete auch kaum noch etwas Neues. Er schrieb aber immer noch an dem autobiographischen Monstergedicht The Prelude, das er im Winter 1798 in Goslar begonnen hatte. Der Premierminister Sir Robert Peel versicherte ihm, dass er in seiner neuen Funktion überhaupt nichts tun müsse: Do not be deterred by the fear of any obligation which the appointment may be supposed to imply. I will undertake that you shall have nothing required from you. Wordsworth wird der einzige Hofdichter sein, der in seiner offiziellen Funktion kein einziges Gedicht schreibt.

Das hier ist nicht William Wordsworth, aber was der Archäologe Charles Dawson hier trägt, musste Wordsworth auch einmal bei einem Lever der Königin anziehen. Zuhause trägt er das, was ihm seine Schwester Dorothy näht, jetzt muss er der Form genügen. Er besitzt keinen Hofanzug, den muss er sich (wie auch die Seidenstrümpfe) von seinem Freund Samuel Rogers leihen, den Degen leiht er sich von einem anderen Freund. Der Anzug ist ihm viel zu klein, aber Samuel Rogers und Edward Moxon (der Verleger von Wordsworth) kriegen ihn da irgendwie rein. Der Maler Benjamin Haydon wird ihm später schreiben: I wish you had not gone to court ... I think of you as Nature's high priest. I can't bear to associate a bag-wig and sword, ruffles and buckles, with Helvellyn and the mountain solitudes. This is my feeling, and I regret if I have rubbed yours the wrong way ... I have not been able to suppress my feelings. Believe me ever your old friend. Es ist eine Kuriosität der Geschichte, dass sich Wordsworths Nachfolger Tennyson (der der Lieblingsdichter von Queen Victoria war) bei seinem Antrittsbesuch in genau denselben Anzug quält, den Wordsworth getragen hat.

Ich war versucht, als Gedicht heute etwas aus The Prelude zu nehmen, habe mich dann aber eines Besseren besonnen. Die Gedichte, die schon in den Posts Ostern und Touristen vorkommen, konnte ich nicht mehr nehmen. Viele Gedichte von Wordsworth kann ich immer noch auswendig, aber es gibt auch viele Gedichte von Wordsworth, die ich nicht ausstehen kann. The Solitary Reaper gehört unbedingt dazu, mein Englischlehrer mochte es, ich nicht. Aber dies hier, das mag ich:

My heart leaps up when I behold
A rainbow in the sky:
So was it when my life began;
So is it now I am a man;
So be it when I shall grow old,
Or let me die!
The Child is father of the Man;
And I could wish my days to be
Bound each to each by natural piety.

Wordsworth hat die letzten drei Zeilen des Gedichts noch einmal verwendet, als Motto für die Ode Intimations of Immortality from Recollections of Early Childhood. Ein Gedicht, das er 1804 schrieb und immer wieder umschrieb, Teile davon sind auch in The Prelude hineingewandert. Damals dichtete er schon beim Frühstück: He ate not a morsel, nor put on his stockings, but sat with his shirt neck unbuttoned and his waistcoat open while he did it, schreibt seine Schwester in ihr Tagebuch. Mit bloßen Füßen und nur halb bekleidet, ist mir der Dichter lieber als in dem geliehenen Hofanzug und den geliehenen Seidenstrümpfen.

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