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Donnerstag, 9. Dezember 2021

Jürgen Ovens


Der Maler Jürgen Ovens ist am 9. Dezember 1678 in Friedrichstadt gestorben; als er 1623 geboren wurde, war diese Stadt gerade entstanden. Der Herzog Friedrich III von Schleswig-Holstein-Gottorf hatte hier eine Musterstadt mit Hilfe von holländischen Remonstranten bauen lassen, denen er Religionsfreiheit gewährte. Wenn man will, war das hier ein kleines Holland, die Amtssprache war bis ins 18. Jahrhundert Holländisch. Wenn man sich die niederländische Backsteinrenaissance der Stadt und die kleinen Grachten anschaut, merkt man das heute immer noch. 

Der Maler Jürgen Ovens ist am 9. Dezember 1678 in Friedrichstadt gestorben; als er 1623 geboren wurde, war diese Stadt gerade entstanden. Der Herzog Friedrich III von Schleswig-Holstein-Gottorf hatte hier eine Musterstadt mit Hilfe von holländischen Remonstranten bauen lassen, denen er Religionsfreiheit gewährte. Wenn man will, war das hier ein kleines Holland, die Amtssprache war bis ins 18. Jahrhundert Holländisch. Wenn man sich die niederländische Backsteinrenaissance der Stadt und die kleinen Grachten anschaut, merkt man das heute immer noch. Dies Bild hier ist nicht von Ovens, es ist von einem Maler, den ich nicht kenne. Es ist ein Portrait von Frau Gertrud Schlüter-Göttsche, einer Ärztin und Kunsthistorikerin, die ein kleines Buch über den schleswig-holsteinischen Barockmaler Jürgen Ovens geschrieben hat. Das im Wikipedia Artikel zu Ovens erstaunlicherweise nicht erwähnt wird. Ihre Doktorarbeit im Fach Kunstgeschichte hatte sie 1935 über den Oldenburger Maler Wolfgang Heimbach geschrieben, einem Maler, der hier schon einen Post hat. Mit dem 17. Jahrhundert kennt sie sich bestens aus. Gertrud Schlüter-Göttsche war eine erstaunliche Frau, sie hat eine Stiftung ins Leben gerufen und ihr großes Wohnhaus in Kiel an ihrem Lebensende zu einem Studentenwohnheim gemacht, non mihi sed posteris.

Jürgen Ovens, hier ein Selbstbildnis von 1650, das die Hamburger Kunsthalle besitzt (die Bremer Kunsthalle hat ein Dutzend Zeichnungen von ihm), ist nicht zum erstenmal in diesem Blog. In dem Post Abschiedsgeschenk steht sehr viel über ihn. Auch in dem Post über den holländischen Maler Govaert Flinckmit dem er befreundet ist. Ovens ist mit siebzehn nach Amsterdam gegangen und zehn Jahre geblieben. Aber auch, wenn er in das von den Holländern geprägte Friedrichstadt gezogen ist, wird er immer wieder den Kontakt mit Holland suchen. Er bringt die holländische Kunst an den Hof des Herzogs Friedrich III, der ihm immer wieder Aufträge erteilt und ihn gut bezahlt.

Den Titel eines Hofmalers wird er allerdings von Friedrich nicht bekommen, den hat ein gewisser Johann (oder Hans) Müller, über den man nicht sehr viel weiß. Ovens ist stolz darauf, ein freier Maler zu sein. Sein Herzog wird ihm immerhin die Steuern erlassen. In Amsterdam halten sie den Jurriaen Ovens für einen Hofmaler, was ihm viele Aufträge als Portraitist verschafft. In Amsterdam malt er das reiche Bürgertum (wie hier die Regenten des Oudezijds Huiszittenhuis), in Gottorf und Stockholm malt er Herzöge und Könige.

Jürgen Ovens hat die ganzen Gottorfer, sowohl Friedrich III als auch seine Familie, mehrfach gemalt. Das größte dieser Bilder zeigt Friedrichs Sohn Christian Albrecht als Schirmherr der Künste und der Wissenschaften. Das Bild (3,50 x 3,38) hängt heute im Landesmuseum Schleswig. Ovens übertreibt es mit seiner Huldigung. Der Herzog Christian Albrecht, nach dem die Kieler Uni heißt, ist im Gegensatz zu seinem Vater kein Förderer von Kunst und Wissenschaft gewesen. Sie können etwas mehr dazu in dem Post Abschiedsgeschenk lesen, in dem auch viel über Adam Olearius steht. 

Und natürlich noch viel mehr in dem vierbändigen Katalog Gottorf im Glanz des Barock: Kunst und Kultur am Schleswiger Hof 1544-1713. Auf dem von Putti gehaltenen Schild des Huldigungsbildes
kann man lesen: Die Sonne geht unter, entzieht uns den schein / ein ander Licht gehet gewünschet herein, / Die Pallas reist ab das schwarze gewandt. / Die Musen die stellen sich wieder zur handt / Der Schlangenkopff weichet wen Hercules komt / und seinen Sitz auff dem Olivenstuhl nimt / Der Himmel dem David das Regiment giebt / Des frewen sich jung und alt, die er auch liebt. Ovens hat das Bild ohne Auftrag und ohne Bezahlung gemalt, aber das Geschenk hat seine Wirkung: Christian Albrecht ruft ihn aus Amsterdam zurück nach Schleswig und ernennt ihn zum Hofmaler.

Ovens' Portrait von Friedrich III ist nur 17x16 cm groß, wahrscheinlich hat es eine größere Version dieser Miniatur auf der Kupferplatte gegeben. Dieses große Portrait Friedrichs ist von einem Konkurrenten von Ovens, einem Mann namens David Klöcker Ehrenstrahl. Bevor der schwedische Hofmaler geadelt wurde und den Adelsnamen Ehrenstrahl annahm, war er ein schlichter David Klöcker aus Hamburg. Er wird auch Friedrichs Tochter, die Königin Hedvig Eleonora malen, die ihn immer gefördert hat. Es ist ein eher stilles Bild, das ganz im Gegensatz zu der pathetischen barocken Allegorie der schwedischen Königin auf dem Bild von Ovens steht: Prinzessin Hedwig Eleonora von Schleswig-Holstein-Gottorf wird von Minerva gekrönt.

Kunsthistoriker streiten sich darüber, ob Ovens wirklich ein Schüler Rembrandts gewesen ist. Er hat wohl in der Werkstatt Rembrandts gearbeitet, aber das haben viele getan. Er bewundert Anthonis van Dyck, das kann man an diesem Bild eines unbekannten Mannes sehen (wenn das Bild überhaupt von Ovens ist). Eine Anzahl von seinen Bildern ist lange anderen Malern zugeschrieben worden, Ovens orientiert sich an der Kunst seiner Zeit, legt sich aber nicht auf einen klar erkennbaren Stil fest. Seine Werke sind heute weit verstreut. Das hat etwas mit den verwandschaftlichen Beziehungen der Gottorfer Herzöge zu tun und noch mehr mit dem Krieg. Denn zu Ovens' Lebzeiten ist immer Krieg, erst der Dreißigjährige Krieg und dann der Torstenssonkrieg. Das ist der Krieg, in dem die Schweden den Garten von Johann Rist zerstören. Zweimal.

Dieses schöne Portrait, das den Maler beim Portraitieren seiner Ehefrau zeigt, mit der er jetzt zwei Jahre verheiratet ist, ist im Besitz der Eremitage. Die meisten Bilder von Ovens kann man heute nicht im Museum Gottorf sehen, das vierzehn Gemälde besitzt, die meisten Bilder hängen in Dänemark oder Schweden. Den beiden Nationen, mit denen sich der Gottorfer Herzog verbündete oder sie bekämpfte. Er stirbt in der Festung Tönning, in die sich sein Hof während des zweiten Nordischen Kriegs zurückgezogen hatte. Sein Sohn Christian Albrecht wird Herrscher über ein besetztes, hochverschuldetes Land. Wenn Sie alles über die politischen Verwerfungen im Land wissen wollen, dann lesen Sie den hervorragenden Artikel Gottorfer Herzöge von Dieter Lohmeier, dem ehemaligen Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek.

Das Werk von Jürgen Ovens (hier die sogenannte Blaue Madonna aus dem Schleswiger Dom, die Theodor Storm in Aquis submersis erwähnt) interessiert die Kunsthistoriker erst am Ende des 19. Jahrhunderts. Einer der ersten Aufsätze, der von der Malerin Doris Schnittger, findet sich 1885 im Repertorium für Kunstwissenschaft (S. 138-152). 1922 wird der 1883 in Port au Prince geborene Kaufmannssohn Dr Harry Schmidt ein Buch vorlegen, in dem alles gesammelt ist, was man damals über Jürgen Ovens weiß. Es ist eine ungeheure Fleißarbeit, an der Schmidt mehr als zehn Jahre gearbeitet hat. Sein im Selbstverlag erschienenes Buch Jürgen Ovens: Sein Leben und seine Werke. Ein Beitrag zur Geschichte der niederländischen Malerei im 17. Jahrhundert ist als Volltext im Internet. 1962 hatte Schmidt den Plan, zusammen mit Gertrud Schlüter-Göttsche sein Werk nach vierzig Jahren auf den neuesten Stand zu bringen, dazu ist es aber leider nicht mehr gekommen. 

1922 schrieb Schmidt in seinem Vorwort: Das Werk über Jürgen Ovens soll eine seit Jahrzehnten schwer empfundene Lücke unserer Kenntnis der heimischen Malerei endlich ausfüllen. Die Bedeutung des hervorragendsten Malers, den das Land zwischen Elbe und Königsau in alter Zeit hervorgebracht hat, geht freilich über die einer lokalen Größe weit hinaus. Auch im Rahmen der niederländischen Kunst betrachtet, nimmt Ovens eine wichtige Stellung ein. Zweifellos ist der Meister die bedeutendste Persönlichkeit, die im 17. Jahrhundert den künstlerischen Zusammenhang zwischen den Niederlanden und Schleswig-Holstein hergestellt hat. Das Buch verdankt der Liebe zur Heimat, dem Interesse an ihrer reichen Vergangenheit seine Entstehung. Es hat dem Verfasser alle Arbeit und Mühe, und, es soll nicht verschwiegen werden, auch zeitweilig drückende Sorgen, belohnt. Denn es hat in langen, vielfach trüben, von des Vaterlandes Not umdüsterten Jahren in ihm das Glücksgefühl lebendig erhalten, das die wissenschaftliche Forschung denen schenkt, die sich um die Erkenntnis mühen. 

Diese junge Dame vor dem Familienportrait vor einer Landschaft von Ovens, das im Museum Gottorf hängt, heißt Constanze Köster. Ihre Dissertation über Ovens erschien vor vier Jahren im Michael Imhof Verlag, das ist jetzt the state of the art der Ovens Forschung. Hat 432 Seiten und kostet 99€. Preiswerter ist das schöne kleine Buch von Gertrud Schlüter-Göttsche, das es bei booklooker für 4,40€ gibt. Ganz kostenfrei ist das immer noch beeindruckende Buch von Harry Schmidt im Internet. Wo sich auch, ein klein wenig verborgen, die interessante Magisterarbeit von Harry Viehl (Marburg 2000) findet.

Auf einem verschollenen Epitaph im Schleswiger Dom befand sich eine lange lateinische Inschrift, aus der ich einmal einen Satz in der Übersetzung wiedergebe: Der hier gebettet wird, Georg Ovens, war seiner Kunst der Vornehmste - des Zeuxis Farben - des Apelles Bilder - - Raphaels liebliche Feinheit, bis hin zu Rembrandts Schattentiefe und kühnem Farbenauftrag - das Alles findet sich hier. Das hat im 18. Jahrhundert ein Pastor geschrieben, aber die schöne Lobpreisung des Malers, deren Text sich bei Harry Schmidt findet, stimmt nicht ganz. Ovens ist nicht in Schleswig begraben, sein Grab ist in der Sankt Christopherus Kirche in Friedrichstadt, der er auch 1675 diesen Altar geschenkt hat.

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