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Samstag, 9. April 2016

Trevi Brunnen


Bei Viktor von Scheffel, der heute vor 130 Jahren starb, fällt mir zuerst immer der Trompeter von Säckingen (➱hier im Volltext) ein, aber das hat seinen Grund darin, dass ich meine erste literarische ➱Bildung aus den Büchern meines Opas bezog. Und darunter war wohl kein Buch, das ein Druckdatum nach dem Jahre 1900 hatte. Scheffel kann, vor allem in den Liedern, die sich in Gaudeamus finden, sehr witzig sein. Der kleine Seitenhieb auf ➱Hegel in dem Gedicht Guano gefällt mir gut:

Gott segn’ euch, ihr trefflichen Vögel,
An der fernen Guanoküst’, –
Trotz meinem Landsmann, dem Hegel,
Schafft ihr den gediegensten Mist!

Die Anwesenheit von Anita Ekberg in diesem Post verlangt nach einer Erklärung. Das Photo stammt natürlich aus Fellinis Film La Dolce Vita. Ein anderes Photo aus diesem Film findet sich schon in dem Post ➱Cinecittà und die Mode, auf beiden Photos steht die Ekberg in der Fontana di Trevi, dem größten Brunnen von Rom. Touristen werfen Geldstücke hinein, die später von Bediensteten der Stadt herausgefischt und einem guten Zweck zugeführt werden. Der amerikanische Film Three Coins in the Fountain hat diesen Brauch bekannt gemacht.

Als Viktor von Scheffel in Italien weilte (das Goethezeitportal hat dazu ➱hier eine Seite), gab es diesen Brauch noch nicht. Den Trevi Brunnen gab es schon. Nach Rom, das ihn trotz der schmutzigen Straßen und des uncomfortablen Aeußeren in den Bann zog, war Scheffel gekommen, um sich im Zeichnen und Malen zu üben. Hier entdeckt er, dass er eigentlich ein Dichter sein sollte. Und schreibt, zurückgekehrt nach Deutschland, ein Gedicht auf den Trevi Brunnen:

Fontana Trevi 

O Zeit der römischen Wonnen.
Die Mainacht wehte mild,
Hell plätscherte der Bronnen,
Der allen Durst gestillt.

Und seit in jener Stunde
Sein Labtrank mich erquickt,
Hält mich im Herzensgrunde
Ein Zauber süß umstrickt.

Ein Urbild ew'ger Schöne
Schwebt lockend um mich her,
Ich bannt' es gern in Töne,
Es glückt mir nimmermehr.

Und doch kann ich's nicht lassen,
Ob auch das Haupt mir glüht —
Ich summ' durch alle Gasten
Ein unverstanden Lied.

O Braut meiner Seele, Italia,
Wie schlimm ist mir's ergangen,
Seit mich, den wonnetrunknen Mann,
Dein liebender Arm umfangen!

Der Zauber — tot, zertreten, zerstampft,
Im Nebel erstorben die Lieder...
Der Bierkrug schäumt, die Pfeife dampft,
Alldeutschland hat mich wieder!


Vielleicht hätte er in Italien bleiben sollen, auch wenn damals noch keine Anita Ekberg im Trevi Brunnen badete. In Rom hatte der Amtsrichter von Scheffel keine Sorgen: In Rom itzt leb’ ich ohne Amt und Würde, Vergessen ist der Heimat süße Bürde, Die Seele schwebt im Reich des ewig Schönen, Es jauchzt mein Sang in ungewohnten Tönen. Wenn er wieder in Deutschland ist, wird er ein Dichter sein. Aber immer dem italienischen Erlebnis nachtrauern: Schmerzbelastet schweifen die Gedanken Nach Hesperiens kunstbeglückten Auen, Ach, noch einmal möchten meine kranken Blicke dich, mein einzig Rom, erschauen. Und er wird ein Gedicht schreiben, das Resignation heißt:

Im sonnigen Land Italia,
Von Jugend und Glück umfangen,
Da ist auch mir der goldene Stern
Der Dichtung aufgegangen.

Da hob ich stolz das Haupt und sang
Und schrieb das Beste nicht nieder –
Jetzt bringt mir kaum ein leiser Klang
Das Echo jener Lieder.

Es gibt auch Schattenseiten im sonnigen Land Italia. Das antike Rom sei nur ein Gräberfrieden schreibt er, als er auf ➱Capri angelangt ist. Und eigentlich sei in Italien alles schon so ausgeschaut, ausgeschrieben, ausbewundert. Zu einem Satz wie Dieses Arkadien ist die reinste Lumpenschau kann er sich noch nicht verstehen, den wird ein Jahrhundert später Rolf Dieter Brinkmann bringen. Der böse Satz steht auch schon in dem Post ➱Drachenfels, in dem eine Menge über die deutsche Italiensehnsucht gesagt wird. Einschließlich ➱Carl Borgwards in Bremen Automodellen Isabella und Arabella und Liedern wie ➱Caprifischer oder ➱Komm' ein bisschen mit nach Italien.


Noch mehr Anita Ekberg in den Posts: Cinecittà und die ModeSergei BondartschukIngmar BergmanBibi Andersson

1 Kommentar:

  1. Letztens, am Brunnen da in Rom, war keiner da, der mir hätte erzählen können, woher der Brauch kommt, Geld rein zu werfen. Gesehen aber habe ich, dass Füße kühlen strikt unterbunden wird. Daraus folgt? Man kann auch nicht klauen.
    Letztens war allerdings vor drei Jahren.

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