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Samstag, 25. März 2017

Wunderteam


Nein, es geht heute nicht um unsere deutsche Nationalmannschaft. Obgleich es schön war, dass Podolski in seinem letzten Spiel ein so wunderbares Tor gelang. Aber die Jungs von Jogi Löw sind natürlich kein Wunderteam. Die Herren auf diesem Bild hier schon, das ist die österreichische Nationalmannschaft der dreißiger Jahre, die man das Wunderteam nannte.

Eine Fußballmannschaft, die es nicht nur auf die Leinwand, sondern auch in das Opernhaus geschafft hatte. Heute vor achtzig Jahren wurde im Theater an der Wien der musikalische Fußballschwank, die Operette Roxy und ihr Wunderteam, von Paul Abraham aufgeführt. Die gesamte österreichische Nationalmannschaft saß im Zuschauerraum, obgleich es in der Operette keine österreichischen sondern ungarische Kicker sind. Aber man wusste, wer gemeint war. Anmerkung für den Regisseur: Die ungarische Fußballmannschaft kann natürlich leicht in jede andere, eines anderen Landes, umgewandelt werden! stand im Textbuch der Operette. Und da wir gerade dabei sind: in der ersten Version der Operette ging es gar nicht um eine Fußballmannschaft, sondern um eine Wasserballmannschaft.

Die Vaudeville Operette wurde in Wien und Budapest ein Riesenerfolg. Man kennt Paul Abraham mit Operetten wie Viktoria und ihr Husar (gab es natürlich auch als Film), Die Blume von Hawaii oder Ball im Savoy, aber die Operette mit den Fußballspielern ist leider in Vergessenheit geraten. Zumal auch die Originalpartitur verloren war. Doch man hat alles liebevoll rekonstruiert und 2014 in Dortmund wieder aufgeführt. Der WDR schrieb über die Aufführung: Die Dortmunder Aufführung hat genau das Maß an hinreißender Beklopptheit, das dieses Stück braucht… Die vielen Schauplätze wechseln elegant im prachtvollen Bühnenbild… Fast drei Stunden dauert die Aufführung, sie vergeht wie ein Rausch. Ohne Kater danach. Wenn Borussia in der Bundesliga auch wieder so spielen würde, wäre Dortmund glücklich. Vielleicht muss die Mannschaft auch mal ins Erotik-Trainingslager an den Plattensee. Da sollte Thomas Tuchel mal drüber nachdenken.

Wenn die Nazis kommen, ist alles vorbei mit der Wunderelf. Die jüdischen Fußballvereine werden aufgelöst, Matthias Sindelar, den man auch den Mozart des Fußballs nannte, hört auf zu spielen. Der österreichische Trainer des Wunderteams Hugo Meisl, der den österreichischen Fußbal groß gemacht hatte, stirbt 1937. Das Bild oben im ersten Absatz von Paul Meissner ist reine Nostalgie, es wurde erst 1948 gemalt. Sechzehn Jahre nach dem Spiel im Stamford Bridge Stadion gegen die Engländer. Da lagen die Österreicher in der Pause mit 0:2 zurück, und da hat Meisl (immer korrekt gekleidet mit Anzug, Hut und Spazierstock) seine Spieler mit den Worten Spüts euer Spüü! zurück auf den Rasen geschickt. Die Engländer gewannen das Freundschaftsspiel mit 4:3, und die Times feierte den österreichischen Star Matthias Sindelar als einen der besten Spieler der Welt.

Er war ein Kind aus Favoriten
und hieß Mathias Sindelar.
Er stand auf grünem Plan inmitten,
weil er ein Mittelstürmer war.
 Un dich Er spielte Fußball, und er wußte
vom Leben außerdem nicht viel.
Er lebte, weil er leben mußte,
vom Fußballspiel fürs Fußballspiel.

Er spielte Fußball wie kein zweiter,
er stak voll Witz und Phantasie.
Er spielte lässig, leicht und heiter.
Er spielte stets. Er kämpfte nie.

Das dichtete Friedrich Torberg nach dem frühen Tod von Matthias Sindelar. Wenn Sie das ganze Gedicht lesen wollen (und das wollen Sie natürlich), dann klicken Sie doch den Post ➱Neo Rauch an. Und wenn Sie einmal in die Dortmunder Aufführung von Roxy und ihr Wunderteam hineinschauen wollen (und das wollen Sie unbedingt), dann klicken Sie ➱hier. Es gibt heute sowieso keine Bundesliga, da können wir uns ebensogut die blonde Roxy im ➱Westfalenstadion anschauen.

P.S. Wenn Sie den Kommentar unten anklicken, dann können Sie lesen, dass Roxy und ihr Wunderteam in Augsburg im Programm für 2017/2018 steht. ➱Klaus Waller, der mir schrieb, ist nicht irgendjemand, er hat eine gefeierte Biographie über den Komponisten Paul Abraham geschrieben. Und ich bin glücklich, dass in meinem Blog noch keine gehässigen Bemerkungen über seinen Bruder stehen.

Noch mehr Fußball in diesem Blog: ➱Fußballmannschaft, ➱Hannover 96, ➱Goalies, ➱Uns Uwe, Uwe Seeler, ➱Fußballpoesie, ➱WM, ➱Bert Trautmann, ➱Bert Trautmann ✝, ➱Belfast Boy, ➱Wundliegen, ➱Schickssalspiel, ➱Farbsymbolik, ➱Stil, ➱1954, ➱Albert Camus, ➱Neo Rauch, ➱Gauland (kariert), ➱Erwin Kostedde, ➱HSV, ➱EM, ➱Endspiel, ➱Island, ➱Arkadien


1 Kommentar:

  1. Roxy und ihr Wunderteam steht in der Saison 2017/18 auf dem Spielplan vom Theater Augsburg. Das Stück wird seinen Weg mit 80 Jahren Verspätung auch in Deutschland machen.

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