Seiten

Sonntag, 17. September 2023

Liebe, Ehebruch und Mord

Sieht so eine femme fatale aus? Als das Bild von dieser netten alten Dame aufgenommen wurde, erinnerte sich wahrscheinlich niemand mehr daran, dass sie einmal in  den Schlagzeilen der Zeitungen war. Das war im Mai des Jahres 1863, da war Jessie Peters fünfundzwanzig. Ihre Familie hatte sie gedrängt, ihren Cousin Dr George Peters zu heiraten. Der war fünfundzwanzig Jahre älter als sie und war schon dreimal verheiratet gewesen. Er war nie zuhause. Er war nicht nur Arzt, er vertrat auch als Senator den Staat Tennessee. Die junge Jessie langweilte sich, fühlte sich vernachlässigt. Und was nun kommt ist eine Geschichte von Liebe, Ehebruch, Eifersucht und Mord. Wir sind nicht in einem Roman, der Madame Bovary oder Effi Briest heißt, wir sind im amerikanischen Bürgerkrieg.

In den Südstaaten. Die sind anders als der Rest von Amerika. Die Ehre gilt da noch etwas. Mark Twain war in seinem Buch Life on the Mississippi der Ansicht, dass Sir Walter Scott an allem Schuld war: Sir Walter had so large a hand in making Southern character, as it existed before the war, that he is in great measure responsible for the war. It seems a little harsh toward a dead man to say that we never should have had any war but for Sir Walter; and yet something of a plausible argument might, perhaps, be made in support of that wild proposition. The Southerner of the American Revolution owned slaves; so did the Southerner of the Civil War: but the former resembles the latter as an Englishman resembles a Frenchman. The change of character can be traced rather more easily to Sir Walter’s influence than to that of any other thing or person. Es ist ein klein wenig übertrieben, aber an der Sache ist etwas dran. Es scheint heute unglaublich, aber die organisierten im Süden im 19. Jahrhundert noch Ritterturniere. Im Bürgerkrieg nehmen Südstaatenoffiziere Urlaub von der Front, weil sie zu Hause auf der plantation ein Turnier am Laufen haben. William Faulkners Großvater organisiert kurz nach Ende des Bürgerkrieges ein Turnier, um das Geld für ein Soldatendenkmal zusammen zu bekommen. Es ist kein Zufall, dass der Roman When Knighthood was in Flower zum Ende des Jahrhunderts in den Südstaaten ein Bestseller ist.  
  
Wir brauchen für die Tragödie von Ehebruch und Mord noch diesen Herrn. Das ist Earl Van Dorn (der heute vor 203 Jahren geboren wurde), er ist Generalmajor der Südstaatenarmee. Wahrscheinlich ihr fähigster Kavalleriegeneral. Er gewinnt seine Schlachten, das merkt auch Ulysses S. Grant, der Van Dorn seine einzige Niederlage verdankt. Der General Earl Van Dorn ist nicht nur ein Held auf den Schlachtfeldern, er ist auch ein großer Weiberheld. Und ein Trinker. Doch das sind im Bürgerkrieg viele Generäle, Van Dorns Gegenspieler Ulysses S. Grant ist ein notorischer Säufer. Aber da ist die Sache mit den Frauen, die sich ständig in den gut aussehenden General verlieben. Er sei the terror of ugly husbands and nervous papas, sagt man über ihn. Und das wird zu seinem Tod führen. Wenn er 1863 stirbt, dann stirbt er nicht im Kampf gegen die Nordstaaten. 

Der General wird von Jessie Peters Ehemann in seinem Hauptquartier Martin Cheairs House erschossen. Weil er die Finger nicht von der hübschen fünfundzwanzigjährigen femme fatale lassen konnte. Dr Peters wird vor Gericht gestellt, aber nicht verurteilt. Der Richter sieht keinen Grund für einen Schuldspruch, wir sind im Süden, da gilt die Ehre eines Mannes noch etwas. General Van Dorn is dead—being killed by a man whose peace he had ruined, notiert Captain John B. Jones im Hauptquartier der Konförderierten.

Jessie Peters bekommt 1864 eine Tochter namens Medora, alle vermuten, dass Van Dorn der Vater ist. Der in seiner Ehre verletzte Dr Peters lässt sich von Jessie scheiden, heiratet sie nach einigen Jahren aber wieder. Doch die Tochter darf nicht ins Haus. Später dann doch. Wenn sie erwachsen ist, heiratet sie und wird dreizehn Kinder haben. Einer ihrer Söhne wird Colonel der US Army, das wäre jetzt witzig, wenn er General wie sein Großvater geworden wäre. Wenn der Dr Peters 1889 stirbt, sitzt Jessie an seinem Bett. Sie wird dreiundachtzig Jahre alt werden. Was mich wundert ist, warum Hollywood aus dieser ganzen Geschichte noch keinen Film gemacht hat.

1 Kommentar:

  1. Das ist wohl war mit Hollywood. Aber es würde ein ziemlicher Schinken werden.
    Viele Grüße aus dem Nordosten und den Nordwesten

    AntwortenLöschen