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Sonntag, 25. November 2018
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Der Barni war am Sonntag vor einer Woche auf zwei Flohmärkten. Große Flohmärkte. Mit Armbanduhren war da nix. Plastikuhren mit Quarzwerk massenhaft, aber an mechanischen Uhren gab es nur eine alte Doxa für 150 Euro. Ich habe nichts gegen die Uhrenmarke Doxa, und es gibt hier schon einen Post, der Die Doxa von Dirk Pitt heißt, aber 150 Euro sind doch etwas zu viel. Die Flohmarkthändler haben bei der Einführung des Euro gleich eins zu eins umgerubelt, und seitdem sind die Preise selbst für die schrottigsten Uhren gestiegen. Auf den Flohmärkten ist nichts mehr, alles ist bei ebay oder den Auktionshäusern. Vor Jahrzehnten war wohl Gisbert Joseph in Mönchengladbach der erste, der Armbanduhren ins Programm nahm. Dann kam Henry's, die jetzt schon in den Luxusbereich abwandern, dahin, wo Dr Crott schon lange ist. Im letzten Henry's Katalog wurde eine Rolex Daytona für 75.000 Euro angeboten, so etwas ist schon frech.
Ich möchte heute einige Automatikuhren vorstellen, von denen viele noch erschwinglich sind. Und ich beginne mit der Frage: Warum bauten die Amerikaner keine Automatikuhren? Beinahe alles haben sie automatisiert, aber nicht die Uhren. In der Zeit, in der in der Schweiz Automatikuhren entwickelt werden, die nach 1945 auf den Markt kommen, tobt der Zweite Weltkrieg. Die Amerikaner lassen ihre Entwicklungsabteilungen ruhen, ihre Auftragsbücher sind randvoll mit Regierungsaufträgen. So baut zum Beispiel Hamilton (die man auch die Patek Philippe von Amerika nannte) diesen Marinechronometer, eine der genauesten Uhren der Zeit.
Wenn die amerikanischen Kunden Automatikuhren wünschen, wird man sich in der Schweiz bedienen. Hamiltons erstes Automatikwerk kommt von Certina, danach bevorzugt man Eterna, um dann endgültig 1966 die Firma Büren zu kaufen. Weil man für die angesagten Thin-o-Matic Modelle den schönen Büren Mikrorotor verwenden will. Man kann auf dem Werk das Wort unadjusted lesen, was eine ziemliche Frechheit ist. Steht nur drauf, um die Einfuhrsteuer zu sparen. Das revolutionäre Werk gibt es in einer noch flacheren Version, die leider sehr störanfällig ist. Ich weiß, wovon ich rede.
Es gab nach 1945 nur ganz wenige amerikanische Konstruktionen, weil die amerikanischen Uhrenfabrikanten sich genau wie Hamilton aus der Schweiz bedienen liessen. Das gilt auch für die Branchenriesen wie Bulova und Gruen, wobei Gruen die jahrzehntealten Verbindungen zur Alpina und zu Aegler (die auch die Werke für Rolex bauten) nützlich waren. Als sich die Familie Gruen aus dem Uhrengschäft zurückzog, zog Rolex in die Precision Factory in Biel ein.
Diese Elgin Automatic ist (außer der Elgin Hammerautomatik) die einzige rein amerikanische Konstruktione. Es gab die Uhr in zwei Versionen, einmal als Kaliber 760 mit 30 Steinen und 6 Adjustments (also Chronometerqualität) und einmal als Kaliber 761 mit 27 Steinen und dem Zusatz Adjusted. Reicht auch für den normalen Gebrauch. Die Uhr hat hier schon einen sehr ausführlichen Post.
Aus der Vielzahl der Nachkriegskonstruktionen sollten drei Uhrwerke hervorgehoben werden. Das erste ist Felsas Bidynator, eine Automatik, deren Rotor in beide Richtungen aufzog. Felsa wurde sofort von Rolex verklagt, die sich schon Anfang der 30er Jahre die von Aegler gebaute Rotorautomatik für ihre bubblebacks patentieren ließen. Aber Rolex musste sich von den Richtern belehren lassen, dass eine Automatik, die in zwei Richtungen aufzieht, etwas anderes ist, als eine Automatik, die nur in einer Richtung wirkt.
Das zweite Werk von Bedeutung ist das Uhrwerk der Eternamatic, das 1948 auf den Markt kam. Der Rotor lief hier auf fünf winzigen Kugellagern, die so klein waren, dass 30.000 in einen Fingerhut passten. Entworfen von Heinrich Stamm (firmenintern Daniel Düsentrieb genannt) und immer wieder verbessert (zum Beispiel durch das 1428, das in der Centenaire steckte), wird das Werk heute noch gebaut. Heißt jetzt ETA (einstmals eine Tochterfirma der Eterna) und steckt in über 90% der in der Schweiz gebauten Automatikuhren. Aber der Riese ETA beliefert längst nicht mehr jeden, eine Chance für Firmen wie Sellita. Die ETA nutzt ihr Monopol rigoros aus, Uhrmacher, die früher noch mit ETA Ersatzteilen beliefert wurden, bekommen heute nichts mehr. Das war zu den Zeiten von Rudolf Schild-Comtesse noch anders. Ich erwähne den Dr Schild-Comtesse, weil er Thor Heyerdahl unberechnet ein halbes Dutzend wasserdichter Uhren für das KonTiki Abenteuer überließ. Damals waren die meisten Schweizer Uhrenfabriken noch in Familienbesitz, man ging höflich miteinander um. Seit den Tagen von Nicolas Hayek ist da nur noch Hauen und Stechen.
Eine der interessantesten Konstruktionen der 40er Jahre war der Aufzug von Albert Pellaton, der ab 1950 in den Automatikuhren der IWC steckte. Unter dem hier abgenommenen Rotor war eine Kurvenscheibe (ganz rechts), die eine Gabel nach links und rechts bewegte. An dieser Gabel waren zwei Exzenter (gelb), von denen jeweils der eine das Zahnrad aufzog, das für die Kraftübertragung auf das Federhaus. Die IWC Konstruktion wurde von der englischen Firma Smiths kopiert, kostete die Firma dann aber riesige Strafzahlungen für die Patentrechte, was das Ende der Smiths Imperial Automatic bedeutete.
Die erste deutsche Automatik kam 1950 von der Firma Bidlingmeier (Bifora) und war sehr, sehr einfach konstruiert. Macht ein schnurrendes Geräusch wie eine Nähmaschine, ist aber wahrscheinlich unkaputtbar. Man sollte dazusagen, dass es die erste westdeutsche Automatik war, DDR Bürger mussten noch ein Jahrzehnt auf das Erscheinen der Spezimatic warten. Von 1964 bis 1980 wurden von der GUB über 3,7 Millionen Exemplare davon hergestellt. Die wenigsten wanderten in die DDR, die meisten wurden von Neckermann und Quelle unter ihren Firmennamen verkauft.
Eine der originellsten Konstruktionen, und damit komme ich zum Schluss meiner kleinen Uhrenrevue, kam von Otero (Uhrenrohwerke Otto Epple, Königsbach). Die Firma bewarb ihre Konstruktion 1955 so: Muß das Einfache primitiv sein? Wir von OTERO sagen NEIN! Warum wir das behaupten können? Die genial einfache Konstruktion unserer Kaliber 79 und 792 K (mit Kalender) erfordert nur wenige Teile. Die Kraftübertragung: Rotor, Schaltklinkenträger, Klinkenrad: 3 Teile. Muss man mehr sagen? Dies ist Pellatons Exzenterkonstruktion, aber ganz, ganz einfach. Wenn man der Uhr statt der billigen Nickelunruhe eine gute Glucydurunruhe spendiert hätte, wäre dies ein perfektes Werk. Die Konstruktion wird weiterleben, fünf Jahre später offeriert sie Seiko als Magic Lever.
Ich habe diesen Post mit einer alten Dugena am Arm geschrieben. Die hat mich vor dreißig Jahren mal zehn Mark gekostet. Fand ich für eine Dugena ziemlich teuer, aber der Händler sagte, es sei ein ganz besonderes Werk drin. Ist Dugena 1042 signiert, und ist nichts anderes als das gute alte Otero 48. Geht immer noch.
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