Das hier ist Captain William Locker, er war der erste Kapitän, unter dem Horatio Nelson diente. Er erkannte die Talente des jungen Midshipman und hat ihn immer gefördert. Er förderte auch junge Maler wie den Marinemaler Robert Cleveley und den Portraitmaler Lemuel Francis Abbott (der am 5. Dezember 1802 gestorben ist), der ihn hier gemalt hat. Als Nelson Admiral wurde, fragte er seinen Freund William Locker, zu welchem Maler er gehen sollte. John Hoppner hatte ihn einmal gemalt, aber das Bild fand er fürchterlich (das Bild von dem ganz jungen Horatio im Kampf mit dem Eisbären ist erst nach Nelsons Tod gemalt worden). Captain Locker, den man auch Nelsons sea daddy genannt hat, empfiehlt ihm Lemuel Francis Abbott. Locker wird übrigens auch anregen, dass die Royal Navy in Greenwich ein eigenes Kunstmuseum bekommt.
An Portraitmalern hat man im England des 18. Jahrhunderts wahrlich keinen Mangel, zu den ganz großen wie Sir Joshua Reynolds zählt Abbott nicht. Das Dictionary of British Art kennt ihn überhaupt nicht. Er hat 1788 und 1798 versucht, in die Royal Academy aufgenommen zu werden und wurde beide Male abgelehnt. Aber er durfte von 1780 bis 1798 fünfzehn Bilder in der Akademie zeigen. Er ist ein solider, ordentlicher Maler, sein Portrait von Sir William Herschel, das sich in dem Post Carl Zeiss findet, ist wahrscheinlich das beste Bild, das wir von Herrschel haben. In seinen Anecdotes of Painting schreibt Edward Edwards:
His abilities as a painter were wholly confined to portraiture, or rather to painting a head, for below that part he wanted both taste and skill sufficient to enable him to produce a good whole-length picture, and his figures were in general insipid in their action, and his back-grounds poor and tasteless in execution. Yet it must be allowed, that the heads of his male portraits were perfect in their likenesses, particularly those which he painted from the naval heroes of the present time; but he had not equal success with female heads, of which indeed he painted but few. An diesem Bild von Aubrey Beauclerk, dem sechsten Herzog St Albans, das einer der wenigen Versuche Abbotts ist, ein swagger portrait zu malen, kann man nachvollziehen, was Edwards meint. Abbotts Kollegen Benjamin West, John Singleton Copley, John Hoppner, Alan Ramsay, Henry Raeburn, Thomas Lawrence oder Joseph Wright of Derby (die hier schon beinahe alle einen Post haben) haben ein größeres Repertoire. Thomas Gainsborough und Joshua Reynolds lassen wir einmal unerwähnt.
Aber es sind immer wieder interessante Menschen, die Abbott portraitiert. Auf dem Brief, den dieser Herr in der Hand hält, stehen die Worte: I have acted the part of a fait[hful] subject. I now go resolved still to labour for peace at the same time determined in the last event to stand or fall with my country. I have the honour to be Henry Laurens. Im Hintergrund ist der Londoner Tower zu sehen, da ist dieses Bild auch gemalt worden. Der Abgeordnete des Continental Congress Henry Laurens ist der einzige Amerikaner, der jemals im Tower inhaftiert war. Er wird dort anderthalb Jahre verbringen. Und muss auch noch seine Verpflegung bezahlen.
Benjamin Franklin versucht vergeblich, ihn gegen General Burgoyne auszutauschen, aber alles kommt dann ganz anders. Denn inzwischen haben die Amerikaner und Franzosen die Briten bei Yorktown besiegt, der General Lord Cornwallis muss sich ergeben. Einer der Offiziere, die den Waffenstilltand aushandeln, ist Washingtons Adjutant, Colonel John Laurens (hier in der Mitte der drei Herren in einem Ausschnitt aus einem Bild von John Trumbull). Er ist der Sohn von Henry Laurens. Und nun geht alles ganz schnell, es bleibt sozusagen in der Familie. Henry Laurens kommt frei, und die Engländer kriegen Lord Cornwallis wieder. Der amerikanische Senat hat das Bild von Laurens im Tower 1886 gekauft, es hängt heute im Capitol. Man hat das Bild zuerst für einen Copley gehalten, aber da hatte man etwas verwechselt. Auf Copleys im selben Jahr gemalten Bild sieht Laurens viel bedeutender aus.
Abbott malt wie gesagt meistens Halbfiguren, es ist selten, dass sich bei ihm ein full-length portrait findet. Hier haben wir eins. Es ist ein Herr namens Henry Callender mit Uniform etwas steif in der Landschaft stehend, er hält einen Golfschläger in der Hand. Die Uniform, die er trägt, ist keine Uniform der englischen Armee, Callender ist Captain General of the Blackheath Golf Club. Den Club gibt es noch heute, sie tragen da bei festlichen Anlässen auch noch heute diese Uniform, aber sie waren in finanziellen Schwierigkeiten. Also verkauften sie das Bild von Callender beim Auktionshaus Bonhams. Es brachte den sagenhaften Preis von 722.500 £. Noch nie war ein Bild von Abbott zu solchem Preis verkauft worden. Ein Golfschläger aus dem Jahre 1780, wahrscheinlich derselbe, den Callender in der Hand hält, kam auch zur Versteigerung, er brachte 62.500 £.
Ich habe mit einem Kapitän angefangen, ich will auch mit einem aufhören. Das hier ist der Captain Sir George Montagu, der als Admiral einen noch höheren Dienstgrad erreichen wird als Horatio Nelson. Das Bild gefällt mir sehr, aber man weiß nicht, ob es wirklich von Abbott ist, auch der Maler Thomas Beach könnte es gemalt haben, da streiten sich die Fachleute. Dass der rechte Fuß nicht ganz auf dem Bild ist, liegt daran, dass man das Bild irgendwann mal oben und unten beschnitten hat. Wahrscheinlich hat man die Signatur des Malers dabei auch abgeschnitten.
Seine Eltern hatten den jungen Lemuel Abbott (den zweiten Vornamen Francis hat er sich später zugelegt) bei dem Maler Francis Hayman in die Lehre gegeben, da war er vierzehn. Hayman starb zwei Jahre später, das war das Ende von Abbotts Ausbildung. Für einen Autodidakten ist das, was er malen wird, nicht schlecht. Abbott heiratet mit zwanzig, aber es ist eine sehr unglückliche Ehe. Domestic disquiet, occasioned by his marriage with a woman of very absurd conduct, preyed upon his mind and brought on insanity, which at last terminated in his death in 1803, steht im Dictionary of National Biography. Das Jahr 1803 haben die meisten Lexika durch 1802 ersetzt, man weiß nicht so furchtbar viel über den fleißigen und unglücklichen Maler. Dass dieses Bild von ihm sein soll, das möchte ich bezweifeln. Abbott wird zu seinem Lebensende wahnsinnig, aber er hat das Glück, dass sich der Doktor Thomas Monro um ihn kümmert. Der ist selbst Maler, fördert junge Künstler und wird eine eigene Malschule in seinem Haus in Busshey aufmachen. Seine berühmtesten Schüler heißen William Turner und Thomas Girtin.
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