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Dienstag, 24. März 2020

La Malibran


Mit siebzehn sang sie in New York die Zerline in Mozarts Don Giovanni, das war eine amerikanische Erstaufführung. In London hatte sie gerade die Rosina in Der Barbier von Sevilla gesungen. María García kommt aus einer Musikerfamlie, dies ist der Beginn ihrer Karriere. In New York verliebt sie sich in den Bankier François Eugène Malibran, der ist siebenundzwanzig Jahre älter als sie. Und ist schnell pleite, sie muss ihn mit ihren Gagen durchfüttern. Die Ehe wird nicht lange halten. Aber der Name Malibran wird weltbekannt, denn inzwischen ist sie La Malibran, eine der ersten Diven der Operngeschichte.

Nur hier in Paris kann man erfahren, was Singen bedeutet. Heutzutage ist es unbestreitbar nicht die Pasta, sondern die Malibran-García, welche die erste in Europa ist – ein Wunder! schreibt Frédéric Chopin über die exotische Schönheit Maria Malibran. Mit Pasta meint er nicht das italienische Teiggericht, sondern Giuditta Pasta, die große Konkurrentin der Malibran. Und Gioachino Rossini sagt über die Malibran: Sie übertraf alle ihre Konkurrentinnen durch ihre wirklich überwältigende musikalische Begabung und alle Frauen, die mir begegnet sind, durch ihre geistige Überlegenheit, ihr breit gefächertes Wissen und ein rasantes Temperament, von dem man sich nicht die geringste Vorstellung machen kann.

Ludwig Börne wird in seinem 26. Brief aus Paris schreiben: Ehe ich die Malibran gehört, ahndete ich gar nicht, daß ein musikalischer Vortrag auch genialisch sein könne; ich dachte, der Gesang stände im Dienste der Komposition, und wie der Herr, so der Diener. Aber nein. Aus der Spielerei Rossinischer Musik machte die Malibran etwas sehr Ernstes, sehr Würdiges. Dem schönen Körper gibt sie auch eine schöne Seele. Börne erinnert sich daran, dass er in Berlin Henriette Sontag gehört hat, aber das ist nichts gegen das Erlebnis der Malibran: Ihr Gesang! Er kam aus dem Herzen des Herzens. Ich mußte mich daran erinnern, gerecht zu sein, um mich zu erinnern, daß die Sontag ebenso schön gesungen. Ich will Kenner fragen, die beide gehört. Aber das will ich verbürgen: die Sontag singt schön, weil sie gefallen will, und die Malibran gefällt, weil sie schön singt. Er ist nicht der einzige, der die Sangeskunst der Henriette Sontag kritisch sieht (es gibt hier einen Post zu der göttlichen Jette, die Goethe seine flatternde Nachtigall nannte); ich glaube, dass sie stimmlich nicht in  der gleichen Liga wie die Malibran singt. Sie sind mehrfach zusammen aufgetreten, das können wir dem italienischen Film ✺Maria Malibran entnhmen, wo Maria Cebotari die Malibran und Silvia De Bettini die Sontag verkörpern.

Die am 24. März 1808 geborene Sängerin Maria Malibran ist nicht alt geworden, sie wird 1836 in Manchester sterben. Sie hatte bei einem Reitunfall im Londoner Hyde Park schwere Verletzungen davongetragen, aber sie verweigert die ärztliche Behandlung, sie singt weiterhin die Amina in Bellinis La sonnambula. Fünfzigtausend Menschen werden die Straßenränder von Manchester säumen, als der Sarg vorbeigetragen wird. Die Gräfin Maria de las Mercedes Santa Cruz y Montalvo schrieb nach ihrem Tod: Der Tod raffte Maria Malibran frühzeitig hinweg. Aber als sie dieser Erde entschwebte, hat sie mindestens als letztes Andenken jene Eindrücke der Jugend, der Schönheit und des Talentes hinterlassen, welche wie der Duft der Blüthen durch den beseeligenden Hauch des Frühlings, sich von Jahr zu Jahr im Gedächtnisse erneuern, ohne daß die Zeit sie jemals brechen kann.

Die Malibran hat natürlich in diesem Blog mit Grande Opéra schon einen Post, und sie wird auch in den Posts Primadonna assoluta, Diven, Henriette Sontag und Nachtigallen erwähnt. Ich habe heute allerdings noch etwas Neues. Natürlich noch keine Tonaufnahme, die gab es noch nicht. Aber bewegte Bilder. Zum einen gibt es hier den Film von Werner Schroeter (der immer davon träumte, einen Film mit der Callas zu machen) ✺Der Tod der Maria Malibran (hier ein Bild aus dem Film). Und zum anderen kann ich den Dokumentarfilm ✺Cecilia Bartoli – Maria Malibran: Geschichte einer Leidenschaft von Michael Sturminger anbieten. Und ich hätte, da aller guten Dinge drei sind, auch noch den französischen Film ✺La Malibran aus dem Jahre 1944 im Programm.

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