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Mittwoch, 26. August 2020
Pressefreiheit
Der Nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm ist am 26. August 1806 in Braunau am Inn (of all places) von einem französischen Peloton auf Befehl Napoleons erschossen worden. Man hat ihn einen Märtyrer der Pressefreiheit genannt. Das von ihm verbreitete Pamphlet Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung (Volltext bei Google Books) hatte Napoleon nicht gefallen.
Er hatte an den Marschall Berthier (der hier schon einen Post hat) geschrieben: Cher cousin, ich denke, dass Sie die Buchhändler von Augsburg und Nürnberg haben verhaften lassen. Es ist mein Wille, dass sie vor ein Kriegsgericht gezogen und in 24 Stunden erschossen werden. Es ist kein gewöhnliches Verbrechen, wenn man in den Orten, wo sich die französischen Armeen befinden, Schmähschriften verbreitet, um die Einwohner gegen sie aufzureizen; es ist Hochverrath... Das Urtheil soll aussprechen, dass, da es die Pflicht des Chefs einer Armee ist, überall, wo sich eine solche befindet, über ihre Sicherheit zu wachen, die Personen so und so, welche des Versuchs überwiesen sind, die Einwohner von Schwaben zur Empörung gegen die französische Armee zu reizen, zum Tod verurtheilt sind. In diesem Sinn soll das Urtheil abgefaßt werden. Sie werden das Urteil in ganz Deutschland verbreiten lassen. Napoleon.
In Frankreich gibt es eine Pressefreiheit, das steht im Artikel 11 der Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen: La libre communication des pensées et des opinions est un des droits les plus précieux de l'Homme : tout Citoyen peut donc parler, écrire, imprimer librement, sauf à répondre de l'abus de cette liberté dans les cas déterminés par la Loi. Aber das kümmert Napoleon nicht.
Johann Philipp Palm hat nie verraten, wer die Autoren des politischen Pamphlets waren. Der Schriftsteller und preußische Beamte Friedrich von Cölln, der ebenso freimütige Meinungen hat wie der unbekannte Autor des Pamphlets, schrieb nach dem Tode von Palm: Wer aber unter den Reichen in Deutschland noch Gefühl für deutsche Redlichkeit und Biedersinn hat, wird gern einen Beitrag für die Hinterlassenen geben, die der Hingerichtete seiner Rechtschaffenheit opferte. Der Aufruf interessiert den Jenaer Professor Georg Wilhelm Friedrich Hegel nicht, Napoleons Akt rechtloser Willkür interessiert ihn auch nicht.
Denn die großen Ereignisse des Jahres 1806 sind für ihn, dass er gerade seine Phänomenologie des Geistes vollendet hat. Und dass er Napoleon gesehen hat: Den Kaiser – diese Weltseele – sah ich durch die Stadt zum Rekognizieren hinausreiten; – es ist in der Tat eine wunderbare Empfindung, ein solches Individuum zu sehen, das hier auf einen Punkt konzentriert, auf einem Pferde sitzend, über die Welt übergreift und sie beherrscht. Der Kriegsrat Friedrich von Cölln reitet nach der Schlacht von Jena zu seinem König, um ihm einen Plan zur Verteidigung Preußens zu unterbreiten. Zwei Deutsche, zwei Positionen. Der eine ist glücklich, dass er die Weltseele auf einem Pferde sitzend gesehen hat, der andere will Preußen retten. Ich erwähne Hegel nur, weil er morgen seinen 250. Geburtstag hat. Dazu gibt es dann hier einen ausführlichen Post. Ich schreibe noch dran.
Lesen Sie zur Pressefreiheit auch: Water-American, John Hill, one-day-wonder
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