Vor Jahren traf ich bei einem Herrenabend bei Hans Fander einen pensionierten Oberst, mit dem ich ins Gespräch kam, weil wir beiden die einzigen in der Runde waren, die alle deutschen Truppenübungsplätze kannten. Als er hörte, dass ich aus Vegesack sei, erzählte mir, dass seine militärische Karriere in der Kaserne von Grohn begonnen hatte (wo im Zweiten Weltkrieg Helmut Schmidt stationiert war). Da hätten ihn mal nachts auf dem Heimweg zur Kaserne am Vegesacker Hafen zwei große kräftige sailors in die Mitte genommen, ihn hochgehoben und durchschüttelt. Und gesagt: Ihr seid die teuersten Arbeitslosen der Bundesrepublik. Nicht jeder in Deutschland mochte die Soldaten, die jetzt Bürger in Uniform sein sollten. Hätte er keine dieser Uniformen getragen (dies hier auf dem Photo sind die ersten Soldaten in Grohn gewesen), wäre er nicht durchgeschüttelt worden; aber die Bundeswehr forcierte es, dass ihre Soldaten außerhalb der Kaserne Uniform trugen. Der Soldat in Uniform muß sich bewußt sein, daß er die Bundeswehr in der Öffentlichkeit sichtbar nach außen vertritt und daß seine Haltung, sein Auftreten und sein äußeres Erscheinungsbild das Ansehen der Bundeswehr mit prägen, steht in einer alten Bekleidungsvorschrift.
Eigentlich war es eine schöne Uniform, die ich hier trage. Es war meine eigene, ich hatte sie selbst bezahlt. Bekam allerdings von der Bundeswehr einen Bekleidungszuschuß von 420 Mark und dazu 40 Mark Abnutzungsentschädigung. Ein Vierteljahr vor der Beförderung zum Leutnant waren die Schneider von der Kleiderkasse der Bundeswehr bei uns gewesen und hatten unsere Maße genommen. Es gab eine Farbpalette von Grautönen, die ganz, ganz hellgrauen Uniformen, die schon silbern wirkten, durften wir nicht nehmen. Das mochte unser Kommandeur nicht. Die Schneider von der KKBw wussten genau, wie hellgrau die Jacke des Kommandeurs war. Dass eine Jacke heeresgrau zu sein hatte, war ein dehnbarer Begriff.
Es ist erstaunlich wie groß die Palette von Grautönen sein kann. Die Bundeswehr stattete ihre Soldaten mit Uniformen aus, die farblich so aussahen wie die, die der Offizier ganz rechts trägt. Ich wollte so etwas haben, wie der Herr links neben ihm (das Photo habe ich schon in dem Post Generalskrise verwendet). Wenn man schon diese häßlichen Uniformen tragen musste, dann sollte das wenigstens ein klein wenig gut aussehen. Dass die Uniformjacken heller als die Hosen waren, war eine realitv neue Entwicklung. In den ersten Tagen der Bundeswehr hatten beide Teile der Uniform dieselbe Farbe gehabt, ein dunkles Schiefergrau.
Manche Offiziere bewahrten in ihrer Kleidung dieses ganz dunkle Grau. Ich habe in dem Post über das Bremer Café Stecker einen Offizier erwähnt, der mir durch die dunkle Farbe seines Jacketts auffiel. Und ich habe später an der Heeresoffizierschule noch einen anderen getroffen, der auch solch eine Jacke trug. Mein Hörsaaloffizier war ein Oberleutnant Graf X (den Namen kann ich nicht nennen, ich kriege sonst Ärger mit seiner Familie), er war ziemlich doof. Deshalb stellte man ihm nach vier Wochen einen zweiten Oberleutnant für die Dauer des Kurses zur Seite, einen gebildeten, höflichen Mann. Und der trug wieder so eine dunkle Jacke.
Die Farben der Heeresuniformen haben immer wieder die Generalität beschäftigt. Dies Photo ist neuer als das Photo oben mit dem Verteidigungsminister von Hassel, und was sehen wir? Alle Uniformen haben verschiedene Grautöne. 1980 schrieb der Generalinspekteur des Heeres: Im Heer werden von Selbst- und Teilselbsteinkleidern Dienstanzugjacken/Skiblusen in unterschiedlichen Grautönen getragen. Bei Anlässen, zu denen Truppenteile in geschlossener Formation im Dienstanzug antreten, fällt dieses unterschiedliche Erscheinungsbild negativ auf. Es muss sichergestellt werden, daß bei geschlossenem Antreten ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild gewährleistet ist.
Der Befehl hat sich offensichtlich nicht durchgesetzt. Die neueste Anordnung heißt: Ab 01. Januar 2019 ist nur noch die Dienstjacke, basaltgrau (RAL 7012) zu tragen. Auf dieser hübschen Zeichnung sehen wir oben rechts den Farbton RAL 7012. Das ist die Standardfarbe von blechernen Garagentoren. Meine hübsche hellgraue Uniform dürfte ich heute nicht mehr tragen. Will ich auch nicht.
Dieser Herr hätte seine hellgraue Uniform 1991 nach der Anweisung Einheitliche Tuchfarbe für die Uniform des Heeres aus dem Jahre 1980 auch nicht tragen dürfen, als er seinen vierten goldenen Generalsstern bekam und Generalinspekteur der Bundeswehr wurde. Vom Oberst bis zum General hatte er zehn Jahre gebraucht, aber dann ging alles ganz schnell: vom Brigadegeneral (1 goldener Stern) bis zum General (vier Sterne) in fünf Jahren. Da muss man schon gute Freunde in der Politik haben, sonst geht das nicht. In der Geschichte der Bundeswehr hatte es das noch nie gegeben, in anderen Armeen wohl auch nicht. Er hat auch die meisten Orden bekommen, die man irgendwo kriegen kann. Ich habe da oben nur mein Sportabzeichen an der Brust, das war nur fürs Photo, normalerweise hatte ich das in der Jackentasche. Ich hatte für die Ordensspange noch das Abzeichen der DLRG, aber ich weiß nicht, wo das geblieben ist.
Das hier ist ein seltenes Bild, alle Jacken der Soldaten haben dasselbe Grau. Gibt es aber nur beim Wachbataillon. Die werden sich aber auch umstellen müssen, denn RAL 7012 ist das nicht. Was das wieder kosten wird. Der CDU Verteidigungsexperte Henning Otte hat im letzten Jahr gesagt, dass die Bundeswehr eine neue moderne Ausgehuniform brauche, die schick und schneidig sein soll. So etwas wünschten sich Soldaten seit Gründung der Bundeswehr. Meine Uniform war schick und schneidig, aber ich habe sie mir ausgesucht, wie ich sie haben wollte. Weil ich mit dem neuen Dienstgrad Selbsteinkleider war.
Die Kleiderkasse der Bundeswehr in Koblenz, die einst geschaffen wurde, um Selbsteinkleider mit vorschriftsmäßiger Dienstbekleidung zu angemessenen Preisen und unter günstigen Zahlungsbedingungen zu versorgen, wurde privatisiert. Und marschierte in die Insolvenz. Der Bund musste sie zurückkaufen, das kostete beinahe 100 Millionen Euro. Die Firma heißt jetzt Bw Bekleidungsmanagement. Alles, was die Bundeswehr unternimmt, beginnend vom HS-30 Skandal bis zur Gorch Fock, endet in einem finanziellen Fiasko. Welches Grau die Uniformjacken aus dem schidderigen Tuch haben sollen, sind eigentlich die kleinsten Sorgen.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat eine schöne Seite für die Uniformen im Internet. Dort kann man lesen: Die Kleidung des Soldaten ist also auch immer ein Ausdruck von bestehenden Gesellschaftsformen und deren Normen. Sie spiegelt nicht nur die Garderobe einer Epoche wider, sie gibt auch Hinweise auf den Stellenwert des Soldaten, auf seine Bedeutung im Staat bzw. in der Gesellschaft. Man erkennt an den Uniformen die Überbetonung des Status der Armee in bestimmten Zeiten, aber auch eine geringere Wertschätzung in anderen Dekaden. Der Autor dieser Zeilen ist ein Mann, der das Buch Von der Affenjacke zum Tropentarnanzug: Die Geschichte der Bundeswehr im Spiegel ihrer Uniformen und Abzeichen geschrieben hat. Ob die Blondine mit dem Helm wirklich eine Soldatin ist, weiß ich nicht.
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Schöner Eintrag. Was ich gut finde, ist, dass die BwBm den Rekruten dieses helle Grau einheitlich ausgibt, was für solche einheitliche Bilder von nicht-Selbsteinkleidern führt. Das Schwimmvogel nirgends angekommen zu sein, dass das so in der Vorschrift steht. Das Schöne ist, wenn die neue Tuchjacke vorschriftskonform ist kann keiner meckern
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