Wenn Sie die Posts Arthur Schnitzler, die richtigen Männer und Radetzkymarsch gelesen haben, dann wissen Sie, dass ich Arthur Schnitzler mag. Und deshalb muss ich heute mal eben kurz erwähnen, dass am 27. August der Film Der Reigen von Max Ophüls nach dem →Theaterstück von Arthur Schnitzler bei der Biennale in Venedig seine internationale Uraufführung hatte. Schnitzler hatte die erste Fassung des Stücks 1897 fertiggestellt. Die erste Aufführung fand 1912 in Budapest statt, in ungarischer Sprache. Die erste vollständige Aufführung mit der Zustimmung des Autors gab es Weihnachten 1920 am Kleinen Schauspielhaus in Berlin. Es wurde einer der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts.
Der Kritiker Alfred Kerr schrieb: Darf man Stücke verbieten? – Nicht mal, wenn sie schlecht geschrieben sind und schlecht gespielt werden. Hier aber ist ein reizendes Werk, – und es wird annehmbar gespielt. Der Erfolg war gut; die Hörerschaft wurde nicht schlechter davon. Und die Welt ist, zum Donnerwetter, kein Kindergarten. […] Einen Augenblick Rast und Besinnung! Es wird auf die Dauer zu fad, von allen wichtigsten Begleitumständen der menschlichen Fortpflanzung sich tot zu stellen; sich dumm zu stellen. Eine langdauernde Hypnose. Die Einteilung ‚Altertum‘, ‚Mittelalter‘, ‚Neuzeit‘ ist im Grunde verfrüht. Reigen heißt hier Liebesreigen. Und Liebe heißt hier nicht platonische, sondern… Also: angewandte Liebe. Sie wird angewandt ohne Gröbliches, Lüsternes, Schmieriges zwischen zehn Menschenpaaren. Und zwischen allen Gesellschaftsklassen. Stets das Hinübergreifen von einer Schicht zur andren. Voltaire hat im „Candide“ Ähnliches vorgemacht. Die Reihenfolge bei ihm ist: Stubenmädel; Franziskaner; alte Gräfin; Rittmeister; Marquise; Page; Jesuit; Matrose des Columbus… Auch hier ist also von der so oft erstrebten Überbrückung der Klassenunterschiede wenigstens einiges durchgeführt. Die seelische Tragikomik des körperlichen Begebnisses hat ja auch der himmlische Hogarth in zwei Bildern unsterblich festgelegt: „Vorher“ und „Nachher“ benannt. Die Welt steht immer noch. Nicht Schmutzereien: sondern Lebensaspekte. Auch das Vergängliche des Taumels; das Komisch-Trübe des Schwinden des Trugs. Alles umhaucht von leisem, witzigem Reiz.
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