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Mittwoch, 24. Mai 2023

Seewölfe


Das sieht man selten, dass Taucheruhren mit ein wenig Ironie beworben werden. Normalerweise sieht man die ja nicht in der Dusche, sondern tief unter Wasser. Mit Haifischen drumrum. Aber diese Zodiac Sea Wolf hier war wirklich eine Taucheruhr. World's finest Underwater Watch Guaranteed waterproof to a depth of 660 feet, stand 1960 in amerikanischen Anzeigen. Auf dem Stahlboden steht 20 ATM  Especially Water Tested. Das weiß ich, weil ich  nämlich diese Uhr mit diesem Edelstahlband besitze. Aber ich habe sie noch nie zum Duschen getragen. 

Als Ariste Calame 1882 seine Werkstatt für Spezialuhren gründete, da hatte er keine Idee davon, dass die Zodiac Sea Wolf das berühmteste Produkt des Hauses werden würde. Meine Sea Wolf ist vom  Ende der sechziger Jahre, das sagt die Modellnummer 702-916. Sie ist ungeheuer flach, halb so flach wie die Doxa 300 SUB (die hier schon einen Post hat). Die Uhr war nicht gerade billig, mein Uhrmacher, der mir sonst viele Uhren schenkte, wollte sechshundert Euro haben. Aber dafür kam sie mit dem Originalband, war generalüberholt und hatte eine neu verchromte Lünette. Und sie kam in dieser Box, für die heute Sammler schon viel Geld bezahlen.

Sie hat ein Automatikwerk, dessen Basis von der Firma Adolf Schild kam. Aber Zodiac und einige andere Firmen, die in der Communauté Horlogere de Precision (CHP) zusammengeschlossen waren (wie zum Beispiel Favre-Leuba, denen damals Jaeger-LeCoultre gehörte), haben da eine eigene Automatik Mechanik draufgebaut. Ohne Rückerzeiger, mit einer Feinregulierung, das Werk sollte etwas Besseres sein. Hier kann man die Feinregulierung sehen; mein Werk hat allerdings die noch luxuriösere Triovis Feinregulierung, die mein Uhrmacher immer verflucht hat. Die Firma Zodiac brachte ihre Sea Wolf in allen möglichen Varianten auf den Markt. Es gab welche mit einer babyblauen Lünette und mit einer Datumsanzeige (braucht man die unter Wasser?); irgendwann gab es eine Super Sea Wolf und eine Sea Dragon. Wenn Sie alles darüber wissen wollen, dann habe ich hier eine schöne Seite, wo ein Sammler beinahe alles zusammengetragen hat, was es über die Sea Wolf gibt.

Die Firma Zodiac gibt es nicht mehr, der Name ist vor zwanzig Jahren an die Firma Fossil verkauft worden, die ja nicht unbedingt als Uhrenhersteller berühmt sind. Die bringen jetzt die alten Modelle neu heraus, aber das ist nichts für Sammler. Meine Zodiac ist ziemlich einzigartig, weil sie einen roten Minutenzeiger hat. Den gibt es bei der Super Sea Wolf, aber an einer Sea Wolf habe ich den noch nie gesehen. Als ich noch an der Uni war, habe ich die Sea Wolf immer getragen, wenn ich Prüfungen hatte. Man brauchte nicht wirklich auf die Uhr zu gucken, um zu wissen, wann die Prüfung vorbei war. Der rote Zeiger, der halb so groß wie das Zifferblatt ist, war nie zu übersehen. Auch wenn man nicht hinguckte.

Die Sea Wolf war nicht nur die bekannteste Taucheruhr der sechziger Jahre, sie machte noch eine ganz andere Karriere. Und die heißt Vietnam. Die Uhr wurde zu der beliebtesten Armbanduhr der amerikanischen Soldaten, die nicht mit dem zufrieden waren, womit die Army sie ausstattete. 1970 wurde die Sea Wolf die offizielle Uhr der US Navy Seals. Die amerikanische Uhrenproduktion war in den sechziger Jahren zusammengebrochen. Die Firma Hamilton, die man zu Recht einmal als Patek Philippe von Amerika bezeichnete, war ein Schattten ihrer selbst. Wurde nur noch einmal durch die Elvis Uhr berühmt. Die Ausschreibung für die Militäruhren für den Vietnamkrieg (MIL-W-3818B) gewannen eine Schweizer Firma namens Benrus und die japanische Seiko mit ihrem Modell 6105-8000/8009. Eine Sea Wolf kostete in Amerika damals einhundert Dollar (was in den sechziger Jahren viel Geld war, eine Eterna KonTiki kostete damals 130 Dollar), in den PX Läden bekamen die Soldaten die unverwüstliche und zuverlässige Uhr für beinahe die Hälfte. Bei ebay schreiben die Händler heute bei den Sea Wolf Uhren ganz häufig Vietnam dazu, das treibt die Preise hoch.

Heute scheint es nur noch riesengroße Taucheruhren zu geben, die alle wie eine geklonte Rolex aussehen. Bei ebay liegen mehr als 12.000 Stück herum. Als die Sea Wolf 1955 Jahren auf den Markt kam, gab es auf dem Markt nur zwei Taucheruhren mit beweglicher Lünette. Das waren die Blancpain Fifty Fathoms (1953) und die Rolex Submariner (1954). Für eine alte Blancpain zahlen Sammler heute fünfstellige Summen. Hoffentlich schraubt niemand von denen den Boden auf. Weil man dann sieht, dass da ein ganz billiges AS Werk drin ist, das man zur gleichen Zeit auch in einer Dugena finden kann. Über die Firma Rolex sage ich nichts, lesen Sie doch einfach den Post Rolex

Unter dem Strich war die Zodiac Sea Wolf die beste Uhr von den drei Uhren. Sie war preiswerter, kleiner (35 Millimeter) und flacher als die Konkurrenten und sie hatte ein besseres Uhrwerk, das sogar einen Sekundenstopp hatte. Auf dem Werk steht unadjusted, das bedeutet, dass die Uhr für den Export vorgesehen war. Eigentlich würde hier five adjustments stehen, es war ein Chronometerwerk. Aber würde man zugeben, dass die Uhr feinreguliert war, müsste man höhere Zollgebüren bezahlen. Und dann war the world's finest underwater watch auch noch bis zu 200 Metern wasserdicht. Blancpain und Rolex brachten es nur auf hundert Meter. Aber die haben die besseren Werbeabteilungen, deshalb hält man ihre Uhren für besser.

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