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Samstag, 8. Juni 2019
Ich bin nicht sentimental
Der Satz ist nicht von mir. Ich bin sentimental. Wenn Sie diesen Blog regelmäßig lesen, wissen Sie das. Spätestens seit Sie den Post Wiederholungen gelesen haben. Nein, dieses Ich bin nicht sentimental, hat Fritz Overbeck auf die Frage geantwortet, ob er nicht manchmal Lust verspüre, nach Worpswede zurückzukehren. Er hatte sich eine Villa am Ortsrand von Vegesack gekauft, mit großem Garten, den er hier gemalt hat. Fast ist es mir unheimlich, und fast demütig muß ich denken, womit ich denn das alles verdient habe, schrieb er nach dem Umzug.
Er war der Sohn eines Direktors des Norddeutschen Lloyds, war auf dem Alten Gymnasium in Bremen gewesen und hatte danach in Düsseldorf studiert. Otto Modersohn hatte ihn nach Worpswede gelockt, aber seine Wohnung in Bremen hatte Overbeck erst einmal behalten. Nach dem Umzug nach Vegesack hatte er 1908 an Modersohn geschrieben: Wir Worpsweder haben in den letzten Jahren, abgesehen von deiner Frau, im Grunde doch nichts hervorgebracht, das uns stolz machen könnte - nimm mir das nicht übel - und und ich halte nichts für verfehlter und schädlicher, als als vorurteilsvoll seine Augen gegenüber den Leistungen anderer zu verschließen.
Overbeck hat seine Villa und seinen Garten nicht lange genießen können, heute vor 110 Jahren ist er gestorben, er war noch keine vierzig Jahre alt. Als Sterbeort wird Bröcken bei Vegesack angegeben, das suggeriert, dass es einen Ort mit dem Namen Bröcken gegeben hätte. Hat es nie, das ist nur eine Flurbezeichnung: Es muß noch etwas gesagt werden zu der in der Literatur und auch in dieser Darstellung verwendeten Ortsbezeichnung „Brocken bei Vegesack". „Auf dem Brocken" hieß es damals. „Brocken", „Krümpel" oder „Rahland", das waren die Namen von kleinen Erhebungen beiderseits des Schönebecker Auetals, die damals von heckenumsäumten Äckern und Waldstücken überzogen waren, heißt es 1989 im Jahrbuch der Wittheit zu Bremen.
Heute heißt dort in Schönebeck noch eine ganz kleine Straße Bröcken. Die Straße Auf dem Krümpel gibt es auf der anderen Seite der Schönebecker Aue auch. Wir nannten allerdings die riesige Wiese daneben auch den Krümpel. Wenn die im Winter überflutet und mit Eis bedeckt war, war es eine wunderbare Fläche zum Schlittschuhlaufen. Overbecks Frau Hermine, die auch Malerin war, hat von dem Haus (das sie hier gemalt hat) in den ersten Jahren wenig gehabt, da sie lange wegen ihrer Tuberkulose in Davos war. Overbeck hat sie dort besucht und viele Schneebilder gemalt. Eins davon besitze ich, dieser pappige Schnee ist furchtbar langweilig.
Mein Opa hatte Overbeck gekannt, meine Mutter kannte Overbecks Tochter, die für uns nur das Fräulein Overbeck war. Sie hockte einsam und verarmt in der Villa, auf die ihr Vater so stolz gewesen war. Bei mir an den Wänden hängen zwei Overbecks, der eine ist das Schneebild, der andere eine Dünenlandschaft, die Overbeck 1904 auf Sylt gemalt hat. Die ist auch furchtbar langweilig. Mein Bruder hat auch zwei Overbecks, einen Torfkahn auf der Wümme und eine Sylter Düne. Das Bild mit dem Torfkahn habe ich auch, ist aber eine Fälschung, liebevoll von meiner Mutter kopiert. Im Kopieren von Worpswedern war sie gut. Worpsweder sind leicht zu kopieren. Wenn man sich die Bilder anschaut, die zur selben Zeit in der Malerkolonie in Skagen gemalt werden, dann wird man Overbecks Satz Wir Worpsweder haben in den letzten Jahren, abgesehen von deiner Frau, im Grunde doch nichts hervorgebracht, das uns stolz machen könnte zustimmen.
Für den Maler Fritz Overbeck gab es vor Jahren schon den Post Fritz Overbeck. Und in dem Post Worpswede steht auch einiges über ihn. Sie könnten auch noch lesen: Heinrich Vogeler, Anna Feldhusen, Otto Ubbelohde, Niedersachsenstein und Fritz Mackensen. Dann wissen Sie alles über Worpswede.
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