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Dienstag, 1. Oktober 2019

Merrie England's Favourite Pipe


Philosophen rauchen Pfeife, egal ob sie Sartre oder Lord John Russell heißen, schon Thomas Hobbes tat das. Ich weiß nicht, ob Thomas Carlyle Pfeife geraucht hat, aber er hat schöne Dinge über das Rauchen gesagt: Tobacco smoke is the one element in which, by our European manners, men can sit silent together without embarrassment, and where no man is bound to speak one word more than he has actually and veritably got to say. Nay, rather every man is admonished and enjoined by the laws of honor, and even of personal ease, to stop short of that point; and at all events to hold his peace and take to his pipe again the instant he has spoken his meaning, if he chance to have any.

Auch in seiner Philosophie der Kleidung (Sartor Resartus) hat Carlyle das Rauchen erwähnt. Heute raucht niemand mehr, niemand lässt sich mehr mit einer Pfeife oder Zigarre photographieren. Bei dem berühmten Photo, das Gisèle Freund von Malraux gemacht hat, hat man für die Version der Briefmarke die Zigarette wegretuschiert. Die Zeiten, in denen sich Helmut Kohl mit einer Pfeife im Mund photographieren ließ, die sind vorbei. Von Lord Russell gibt es viele Photos mit einer Pfeife, smoking saved my life, hat er nach einem Flugzeugunglück gesagt, bei dem alle Passagiere in der Nichtrauacherzose des Flugzeugs umkamen.

Der Schotte Thomas Carlyle schrieb nicht nur über den Tabakrauch, er hatte auch, was vielleicht nicht so bekannt ist, Einfluss auf die englische Pfeifenindustrie. Er war mit der Familie des aus Deutschland eingewanderten Adolph Frankau befreundet. Der hat eine Firma, die Meerschaumpfeifen importiert und fancy goods verkauft. Als Frankau überraschend früh im Jahre 1856 stirbt, will seine Witwe Rosetta die Firma verkaufen. Doch Carlyle überredet sie, die Firma dem 18-jährigen Louis Blumfeld anzuvertrauen, der seit vier Jahren für die Frankaus arbeitet. Einen derart jungen Firmenchef hatte es in der viktorianischen Gesellschaft noch nicht gegeben. Ein Philosoph gibt einen Rat, man hört auf ihn und alles wird gut. Man sollte häufiger auf die Philosophen hören

Denn was nun kommt, ist eine Erfolgsgeschichte. Louis Blumfeld gibt den Import von Meerschaumpfeifen langsam auf, er setzt auf Pfeifen aus Bruyere. Und er lässt als erster in der englischen Pfeifenindustrie einen Markennamen registrieren: BBB. Das stand für Blumfeld's Best Briars, aber das Publikum verstand den Namen bald als Britain's Best Briars. Die Pfeifen werden mit so schönen Texten beworben wie: Merrie England's Favourite Pipe. England, you know, is a pipe-smoking country. Every Englishman loves his pipe. He has inherited the idea — and proved it by his own experience — that a cheaply made pipe can't deliver a real, good, old-fashioned smoke. And so most Englishman smoke - and have smoked for years - the BBB Briar Pipe.

Da haben wir alle Klischees über den Engländer zusammen, wenn er Merrie England's Favorite Pipe raucht. Wir wissen nicht, welche Pfeifen dieser Premierminister geraucht hat (aber wir wissen, welchen Tabak er bevorzugte), aber so stellen wir uns einen englischen Premierminister vor. Er war dreimal englischer Premierminister und wurde geadelt, als er aus dem Amt schied. Das wird Boris Johnson nicht passieren, er wird nicht dreimal Premier werden. Und adeln wird ihn die Königin, die er schamlos belogen hat, auch nicht. Boris Johnson raucht natürlich auch keine Pfeife.

Als ich diesen Post schrieb, habe ich natürlich eine BBB Pfeife geraucht. Ich habe nur eine, es ist eine Christmas Special Edition für das Jahr 1975, durch deren dunkelblaues Mundstück jetzt das Licht scheint, während sie auf dem Schreibtisch liegt. Ich habe die vor Jahrzehnten für 20 Mark auf dem Flohmarkt gekauft, neu und nicht beraucht. Hätte Dunhill draufgestanden, wäre sie teurer gewesen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die BBB Pfeifen wahrscheinlich besser als die von Dunhill, die sich Pfeifen bei Charatan kaufen mussten, um ihr Niveau zu wahren. Eine meiner Dunhill Pfeifen ist gerade bei Tabac Trennt zur Reparatur, wenn es gelingt, die wieder zu reparieren, schreibe ich mal über Dunhill.

Über das Kieler Fachgeschäft Tabac Trennt habe ich natürlich schon geschrieben. Noch mehr Nikotinhaltiges findet sich in den Posts Blauer DunstUnsere Marine, Tabak, Zigarren, Frauen und Zigarren.

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