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Donnerstag, 19. September 2024

in die Nacht


Braucht man heute überhaupt noch Übersetzer? Der Computer offeriert uns Programme, die  DeepL, Google Translate, Bing Microsoft Translator und Facebook Translator heißen. DeepL ist nach Meinung von professionellen Übersetzern das beste Programm. Aber Google Translate, das es seit 2006 gibt, hat sich inzwischen zu einem respektablen Programm gemausert. Ich habe es über die Jahre getestet, und das Google Translate ist manchmal wirklich gut. Man kann heute in Germersheim studieren, um Übersetzer zu werden, aber viele Übersetzer sind das auf einem ganz anderen Wege geworden. Wie zum Beispiel Curt Meyer-Clason, der als Baumwollhändler bei seinem Onkel in Bremen anfing und eines Tages die halbe südamerikanische Literatur übersetzte. Die Uni Germersheim hat ihm eine schöne Seite spendiert. Und in diesem Blog wird er schon in dem Post Übersetzer ausführlich gewürdigt. An dem Post hängen eine Vielzahl von Links dran, die alle zu Posts führen, die mit Übersetzungen zu tun haben.

Da heute der Geburtstag von Curt Meyer-Clason ist, stelle ich einmal eine Übersetzung von ihm ein. Es ist die Übersetzung von dem Gedicht Do not go gentle into that good night des walisischen Dichters Dylan Thomas. Es ist sein berühmtestes Gedicht, beinahe jede Anthologie englischer Lyrik enthält dieses Gedicht. In diesem Buch des Hanser Verlags finden sich deutsche Übersetzungen von Gedichten von Dylan Thomas von zwölf Übersetzern, von denen Erich Fried und Curt Meyer-Clason die bekanntesten sind. Under Milkwood war schon 1954 von Erich Fried übersetzt worden, aber die meisten Gedichte sind hier sind zum ersten Mal übersetzt. Erich Fried hatte auch das Gedicht And Death Shall Have no Dominion ins Deutsche übertragen. Von Under Milkwood gibt es übrigens bei YouTube die phantastische Aufnahme mit Richard Burton, etwas Besseres gibt es nicht. Man verzeiht dem alten Saufkopp Burton ja alles, wenn man seine Stimme gehört hat. Zart, singend und ungeheuer poetisch. Seine Aufnahme der Gedichte von Thomas Hardy gehört für mich zum Schönsten der englischen Lyrik, das man auf Sprechplatten kaufen kann. Der Titel des Hanser Bandes Windabgeworfenes Licht stammt aus dem berühmten Gedicht Fern Hill, da steht es als windfall light in der letzten Zeile der ersten Strophe. Ich habe hier noch eine andere Übersetzung für Sie, in der das anders übersetzt wird. Das Gedicht Fern Hill steht auch schon in diesem Blog, denn seit zehn Jahren gibt es hier einen Dylan Thomas Post.

Ich glaube, dass Meyer-Clason der erste war, der Do not go gentle into that good night übersetzt hat, er wahrt in seiner Übersetzung die Form der Villanelle. Im Internet gibt es noch eine Version von der Theaterregisseurin Johanna Schall, die sich auch sehr gut liest. Und dann habe ich noch eine Seite mit einer Übersetzung gefunden, die man nicht verwenden sollte. Die Seite kenne ich, ich habe sie schon in dem Post Somewhere East of Suez erwähnt. Weil der Übersetzer, der sich ganz großartig vorkommt, die grottenolmschlechteste Übersetzung von Kiplings Mandalay ins Netz gestellt hatte. Man kann die leider nicht mehr lesen, der Übersetzer hat sie aus dem Netz genommen. Das lassen wir jetzt lieber weg, es findet sich viel Unsinn im Internet. Es finden sich aber auch gute Dinge. Zum Beispiel dieses  Video, wo Dylan Thomas sein Gedicht Do not go gentle into that good night liest. Iggy Pop hat es auch vorgetragen.

Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.

Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.

Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.

Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.

Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.

And you, my father, there on the sad height,
Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray.
Do not go gentle into that good night.
Rage, rage against the dying of the light.


***

Geh nicht gelassen in die gute Nacht,
Brenn, Alter, rase, wenn die Dämmerung lauert;
Im Sterbelicht sei doppelt zornentfacht.

Weil keinen Funken je ihr Wort erbracht,
Weise – gewiss, dass Dunkel rechtens dauert-,
Geh nicht gelassen in die gute Nacht.

Wer seines schwachen Tuns rühmt künftige Pracht
Im Sinken, hätt nur grünes Blühn gedauert,
Im Sterbelicht bist doppelt zornentfacht.

Wer jagt und preist der fliehenden Sonne Macht
Und lernt zu spät, dass er nur sie betrauert,
Geh nicht gelassen in die gute Nacht.

Wer todesnah erkennt im blinden Schacht,
Das Auge blind noch blitzt und froh erschauert,
Im Sterbelicht ist doppelt zornentfacht.

Und du mein Vater dort auf der Todeswacht,
Fluch segne mich, von Tränenwut vermauert.
Geh nicht gelassen in die gute Nacht.
Im Sterbelicht ist doppelt zornentfacht.

Und jetzt machen wir einmal den Test und geben das Gedicht bei Google Translate ein. Wenn man an dieser Übersetzung noch ein wenig arbeitet, dann kann man damit leben. Im Internet finden sich noch zahlreiche Übersetzungen, die meisten sind anonym, die lasse ich mal weg. Das Gedicht Do not go gentle into that good night handelt vom Tod, das ist uns klar. Es erschien 1951, war aber schon 1947 geschrieben worden. Wenige Jahre zuvor hatte Dylan Thomas ein Gedicht geschrieben, das mit Do not go gentle into that good night thematisch zusammenhängt. Es ist ein Gedicht auf ein kleines Mädchen, das bei der Bombardierung Londons umgekommen war. Die letzte Zeile des Gedichtes heißt After the first death there is no other (Nach dem ersten Tod gibt’s keinen anderen). Das Gedicht ist von Reinhard Paul Becker ins Deutsche übertragen worden, es findet sich auch in dem Band Windabgeworfenes Licht.

Der Dichter und Übersetzer Michael Hamburger hat über Dylan Thomas, den er nach dem Kriegsdienst in Oxford kennenlernte, geschrieben: Man hat es als einen Widerspruch empfunden, daß Dylan Thomas ein überaus lebensfroher und zugleich ein tragischer Dichter gewesen ist. Er fürchtete zwar den Tod, aber mehr noch fürchtete er den Tod im Leben, ein Leben ohne Leidenschaft. Äußerste Freude setzt sich jedoch auch äußerster Gefahr aus; sie wagt das bedingungslose Leben, und eben das grenzt an den Tod. Dylan Thomas kannte dieses unabwendbare Gesetz, und er hat das Risiko des frühen eigenen Todes auf sich genommen, um das Lebendige preisen zu können. Wie kein anderer Dichter unserer Zeit hat er dieses Gesetz in seinem Leben und in seiner Lyrik verwirklicht.

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