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Dienstag, 31. Dezember 2019

prezzies


Der kleine Pip hat in der Tiefe des Ozeans die Füße Gottes gesehen, wie sie den Webstuhl der Welt treten. Und er hat davon erzählt, deshalb hält man ihn für verrückt: So man's sanity is heaven's sense; and wandering from all mortal reason, man comes at last to that celestial thought, which, to reason, is absurd and frantic; and weal or woe, feels then uncompromised, indifferent as his God. Melville hat seltsame Dinge aus der Bibel herausgelesen. Das hat seine wenigen zeitgenössischen Leser wahrscheinlich mehr verstört als seine komplizierte Syntax.

Das schrieb ein in der Welt der Blogosphere unerfahrener Blogger Anfang Januar 2010. Er war da gerade mal zwei Tage im Netz. Melvilles komplizierte Syntax begegnete mir gerade wieder beim Auspacken der Weihnachtsgeschenke. Eins der Geschenke war ein Buch, das schlicht Semicolon hieß und den Untertitel The Past, Present, and Future of a Misunderstood Mark hatte. Ich schlug den schmalen Band auf und landete bei einem Kapitel, das Blubber and Blather hieß, das war das Kapitel über das Semikolon bei Herman Melville. Viele Schriftsteller mögen das Semikolon, das sich im 15. Jahrhundert in die Literatur geschlichen hat, überhaupt nicht. Aber Melville, der liebte dieses Satzzeichen, allein zwei davon finden sich in dem oben zitierten Satz. Und in Moby-Dick sind es mehr als viertausend. Ich ahne schon, dass da mal ein Post über das Semikolon geschrieben werden muss. Einen Post über Ausrufezeichen, vulgo Brüllstangen, gibt es hier ja schon.

Die schönen Geschenke bringen immer Arbeit mit sich, weil sie mehr oder weniger schnell in den Blog geschrieben werden. Als ich Jens Rostecks Jeanne Moreau Biographie auspackte, wusste ich, dass ich den Post Jeanne Moreau überarbeiten musste. Und massenhaft Links einbauen musste, die zu den Filmen führen. Das hatte ich ja in Les Films de ma Vie versprochen, aber fertig ist das Ganze leider noch nicht. Zu viele Posts. Was auch leider noch nicht fertig ist, ist die Fortsetzung der Geschichte mit der schönen Buchhändlerin. Die hatte im Februar ihr Leben in dem Post Sommerurlaub gewonnen, war dann im März in Rendezvous schon wieder da und tauchte zuletzt in dem Post Autorenlesung auf. Viele Leser haben sich nach ihrem Befinden erkundigt. Ich glaube sie wird demnächst zu einem Klassenfest gehen. Wo alle, die bisher keinen Mann abgekriegt haben, sich betrinken und über das Leben nachdenken werden.

Und da ich gerade beim Thema Frauen bin, muss ich noch etwas zu Christine sagen. Nicht zu Christine Keeler, die längst einen Post hat, sondern zu der Frau, die ich in dem Post Vergessen erwähnt habe: Worüber ich eigentlich schreiben wollte, das war ein altes schwarzes Schulheft aus den sechziger Jahren, das ich beim Aufräumen fand. Christine stand vorne drauf, und in dem Heft waren Skizzen zu einer Erzählung über eine Frau, die ich Christine genannt hatte. Ich erinnere mich an sie, sie war blond und hatte kleine Strähnchen im Haar, sie legte den Kopf immer etwas schief. Sie sprach sehr leise, man musste nahe an sie heranrücken. Das alles weiß ich noch. Aber alles andere, das in diesem Heft stand, das hatte ich vergessen. Nicht vergessen habe ich, dass ich geschrieben habe: Und irgendwann schreibe ich über diese blonde Frau, die ich Christine genannt habe. Das werde ich nicht vergessen. Angefangen habe ich schon.

Man muss sich ja auch etwas für das neue Jahr aufbewahren. Der Herr hier, den der Ihnen schon bekannte Cartoonist gezeichnet hat, wird im neuen Jahr wahrscheinlich häufiger hier auftauchen. Es wird ihm bestimmt gelingen, Great Britain in Little Britain zu verwandeln. Ob das Buch über William Shakespeare, das er angeblich seit Jahren schreibt, je erscheinen wird, dass weiß ich allerdings nicht.

Ein Weihnachtsgeschenk muss ich noch erwähnen, das etwas überraschend kam. Meine Leser haben es mir gemacht, weil sie mich an den Feiertagen häufiger angeklickt haben als je zuvor. Wenn mich heute so viele lesen wie gestern, dann schaffen wir es vor Mitternacht leicht, dass da unten auf der Seite 4.400.000 Leser stehen werden.

Ich wünsche all meinen Lesern alles Gute für das neue Jahr. Und zitiere zum Ende des Fontane Jahrs noch einmal Theodor Fontane:

Ein neues Buch, ein neues Jahr
Was werden die Tage bringen?!
Wird's werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?

Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rücklässt einen leuchtenden Funken.
Und nicht vergeht, wie die Flamm' im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.


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