Seiten

Sonntag, 8. August 2021

Normbrunnenflasche


Am 8. August 1969 hat die Genossenschaft Deutscher Brunnen die Einführung einer neuen Mehrwegflasche für Mineralwasser beschlossen. Das Design der sogenannten Normbrunnenflasche stammte von dem Industriedesigner Günter Kupetz. Der hatte auch die Pril Flasche und den Hähnchengrill für die Firma Wienerwald entworfen. Die Normbrunnenflasche, die wegen der 230 Perlen im Glas auch Perlenflasche genannt wird, ist mehrfach für ihr Design ausgezeichnet worden. 1999 war sie auf einer Sondermarke der Post zu sehen. Kupetz hat über seine Flasche gesagt: Ich halte den Entwurf für zeitlos und würde sagen, verbessern kann man ihn eigentlich nicht.

Die Flasche bekam 2019 den German Design Award, da war sie fünfzig Jahre im Gebrauch. Die Coca Cola Flasche ist schon länger im Gebrauch, da redet man schon von einer Design Ikone. Vor allem, wenn sie auf Bildern von Andy Warhol ist. Der Andy hat mal von Joseph Beuys eine Mineralwasserflasche geschenkt bekommen, aber das war ein Kunstwerk: Wir frühstückten mit Joseph Beuys. Er bestand darauf, dass ich in sein Haus komme und mir sein Atelier anschaue. Ich sollte sehen, wie er lebt, mit ihm Tee trinken und Kuchen essen. Es war sehr nett. Er schenkte mir ein Kunstwerk, das aus zwei Flaschen mit Sprudelwasser bestand. Sie explodierten in meinem Koffer und zerstörten alles, was ich mithatte. Ich kann den Koffer nicht aufmachen, weil ich nicht weiß, ob es sich noch um ein Kunstwerk handelt oder nur um zerbrochene Flaschen. Wenn er nach New York kommt, muss ich ihn dazu bringen, den Koffer zu signieren, denn sonst ist er zu nichts mehr zu gebrauchen. Wir können ziemlich sicher sein, dass die im Flugzeug explodierten Flaschen keine Normbrunnenflaschen waren.

Auf der Seite der Genossenschaft Deutscher Brunnen kann man lesen: Tatsächlich ist die Flasche mit dem kontinuierlichen Wachstum des Mineralwassermarktes im Laufe der Jahrzehnte von einer Verpackung zum Designklassiker avanciert. Heute wird sie in einem Atemzug mit der Le Corbusier-Liege, dem Porsche 911 und dem Eileen-Grey-Beistelltisch genannt. Zudem ist die Perlenflasche zum Markenzeichen für Mineralwasser gewordenJetzt wissen wir es, die Perlenflasche ist ein Designklassiker. Solche Begriffe hört man von Werbefuzzis ja immer wieder. In der letzten Woche konnte ich im Fersehen in einem Werbespot der Firma Braun lesen: Designed for what matters. Ich traute meinen Augen nicht. Designed for what matters ist die Sorte Englisch, in der man auch Sätze wie equal goes it loose findet. Man kann design und matter miteinander kombinieren, es gibt seit 2005 einen Podcast, der Design Matters heißt. Und Alain de Botton hat zu dem Thema Why Design Matters einiges zu sagen.

Ich fütterte meinen Computer mit Designed for what matters und landete auf einer Seite von Braun, auf der Rasierapparate angepriesen wurden. Die natürlich keine normalen Rasierapparate sind: Mit dem Premium-Rasiererportfolio präsentiert Braun erstklassige Technologie mit intuitiver Handhabbarkeit, damit Männer ganz einfach das Beste aus sich herausholen können. Braun ist der Überzeugung, dass das Geheimnis guten Designs eine Kombination aus Klarheit und Funktion bis ins kleinste Detail ist. Darum beschränken sich Braun Rasierer auf das Wesentliche und das innovative Konzept der Responsive Intelligence: Über den strukturierten On/Off-Button steuert der Nutzer erstklassige Technik und beispiellose Leistung, die sich jeder Gesichtskontur und Bartdichte automatisch anpasst – für schnelle und effektive Ergebnisse auf Knopfdruck. Für jeden Mann das perfekte Modell. Was nicht dabei steht, ist dieses böse Made in China.

Es ist schön, dass es in dem Premium Rasiererportfolio mit der Responsive Intelligence einen On/Off Button gibt. Fritz B. Busch schreibt in seinem Bericht über den Jaguar E Type (auch ein Designklassiker), den Sie in dem Post geschrubbte Flunder lesen können, ein anderes Deutsch. Und man sollte den Leuten aus der Braun Werbeabteilung, die hier Locken auf die Glatze ziehen, mal sagen, dass das Credo von Dieter Rams less is more lautete.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen