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Mittwoch, 12. Juni 2019

Willliam Collins


Das Proseminar von Dr Peter Nicolaisen in dem kalten Wintersemester 1965/66 hatte die Nummer 735 im Vorlesungsverzeichnis und kostete 6 Mark Unterrichtsgeld. Unter dem spröden Titel Die Lyrik der englischen Vorromantik (damals bezeichneten Titel im Vorlesungsverzeichnis noch das, was sie meinten), hetzte uns Peter Nicolaisen durch ein ganzes Jahrhundert. Von Grongar Hill nach Windsor Forest. Von Elizabeth Manwarings Italian Landscape in 18th Century England zu Marjorie Hope Nicolsons Mountain Gloom and Mountain Glory und Newton demands the Muse.

Nicolaisen jagte uns durch Philosophie, Landschaftsgartenkunst und Landschaftsmalerei– und natürlich durch die ganze englische Literatur, von Thomas Chatterton bis James Thomson. Und das alles für 6 Mark! Am Ende des Kurses dankte uns (wir waren 13) Peter Nicolaisen. Und der ansonsten so trockene und coole Nicolaisen zeigte durchaus eine gewisse Rührung, als er uns versicherte, dass wir ein solches Seminar wohl nicht wieder erleben würden. Er hatte Recht. Der Umfang des Seminars würde heute das ganze Studium eines BAMA-Studenten ausfüllen. Das Seminar hat bei mir bleibende Spuren hinterlasse, das 18. Jahrhundert kommt in diesem Blog immer wieder vor. Dieser Herr hier war auch Gegenstand des Seminars, er starb vor 260 Jahren im Alter von nur 37 Jahren. Ein kurzes Leben, Public School, Oxford, erste Publikationen. Dann die Verschwendungssucht, die Melancholie, der Wahnsinn. Das Leben von William Collins hat ein bisschen etwas von The Rake's Progress von William Hogarth.

Das Gedicht Ode to Evening ist wohl das berühmteste Werk des Dichters, es hatte einen großen Einfluß auf die Dichter der Romantik. The 'Ode to Evening' was a touchstone poem for early romantic poets and became one of the most frequently imitated odes written in the eighteenth century, heißt es auf einer seriösen Internetseite. Und Thomas Frognall Dibdin sagte über das Gedicht: If Collins live by the reputation of one, more than of another, performance, it strikes me that his Ode to Evening will be THAT on which the voice of posterity will be more uniform in praise. It is a PEARL of the most perfect tint and shape.

Ode to Evening

If aught of Oaten Stop, or Pastoral Song,
May hope, O pensive Eve, to sooth thine Ear,
Like thy own brawling Springs,
Thy Springs, and dying Gales,
O Nymph reserv'd, while now the bright-hair'd Sun
Sits in yon western Tent, whose cloudy Skirts,
With Brede ethereal wove,
O'erhang his wavy Bed:
Now Air is hush'd, save where the weak-ey'd Bat,
With short shrill Shriek flits by on leathern Wing,
Or where the Beetle winds
His small but sullen Horn,
As oft he rises 'midst the twilight Path,
Against the Pilgrim born in heedless Hum:
Now teach me, Maid compos'd,
To breathe some soften'd Strain,
Whose Numbers stealing thro' thy darkning Vale,
May not unseemly with its Stillness suit;
As musing slow, I hail
Thy genial lov'd Return!
For when thy folding Star arising shews
His paly Circlet, at his warning Lamp
The fragrant Hours, and Elves
Who slept in Buds the Day,
And many a Nymph who wreathes her Brows with Sedge,
And sheds the fresh'ning Dew, and, lovelier still,
The Pensive Pleasures sweet,
Prepare thy shadowy Car.
Then let me rove some wild and heathy Scene,
Or find some Ruin 'midst its dreary Dells,
Whose Walls more awful nod
By thy religious Gleams.
Or if chill blustering Winds, or driving Rain,
Prevent my willing Feet, be mine the Hut,
That from the Mountain's Side
Views Wilds, and swelling Floods,
And Hamlets brown, and dim-discover'd Spires,
And hears their simple Bell, and marks o'er all
Thy Dewy Fingers draw
The gradual dusky Veil.
While Spring shall pour his Show'rs, as oft he wont,
And bathe thy breathing Tresses, meekest Eve!
While Summer loves to sport
Beneath thy ling'ring Light:
While sallow Autumn fills thy Lap with Leaves,
Or Winter yelling thro' the troublous Air,
Affrights thy shrinking Train,
And rudely rends thy Robes.
So long regardful of thy quiet Rule,
Shall Fancy, Friendship, Science, smiling Peace,
Thy gentlest Influence own,
And love thy fav'rite Name!

Eine Strophe, 52 Verse, ungereimt und das Ganze im Blankvers. Eine Ode, adressiert an den Abend (O pensive Eve), der hier feminin ist. Der Abend, die kommende Nacht, die Jahreszeiten, es ist viel Natur in der Ode. Man bezeichnet die Zeit, in der Collins schreibt, als Transitional Period, eine Übergangsepoche zwischen Neoklassizismus und Romantik. Es herrscht ein leiser Ton der Melancholie in dem Gedicht, und diese Melancholie ist typisch für die Übergangsperiode der englischen Literatur, wenn wir an Edward Young, Thomas Gray und die graveyard poetry denken. Die Erwähnung einer Ruine darf in dem Gedicht nicht fehlen, dies ist der Anfang des englischen Ruinenkults, der im Gothic Revival mündet. Die Ode to Evening, die als neoklassizistisches Gedicht daherkommt, ist der Türöffner zur Romantik.

Collins hat ein dutzend Oden geschrieben, die am 12. Dezember 1746 veröffentlicht wurden. Die meisten davon kann man vergessen. Die Kritiker interessierten sich damals auch nicht für die Oden, seine Dichterkollegen schon. Wenn ich weiter oben became one of the most frequently imitated odes written in the eighteenth century zitiert habe, so ist das nicht so einfach dahingesagt. Gehen Sie doch einmal zu dieser Seite, da finden Sie beinahe einhundert Imitationen, alle durch einen Klick auf den Bildschirm zu zaubern. Henry Kirk White (der hier einen Post hat) ist auch dabei. William Collins wird den großen Erfolg seiner Ode to Evening nicht mehr erleben, da ist er schon weit weg von der Welt.

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