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Mittwoch, 17. November 2021

Books Do Furnish a Room


Es gab vor vier Wochen wieder eine Buchmesse, mit richtigen Menschen, mit richtigen Büchern, mit Leuten, die über Bücher reden. Da muss ich doch einige Zeilen über Bücher schreiben. Ich habe die Melville Bücher, die ich brauchte, um den Post The Whale zu schreiben, wieder ins Regal gestellt. Eigentlich wollte ich den Post schreiben, ohne Bücher zu benutzen. Aber wenn man einmal Philologe war, dann geht man doch auf sicher und guckt ins Buch. Das Internet enthält ja mehr Müll als seriöse Infomation. Als ich mit dem Einordnen fertig war, habe ich einen Zollstock geholt und die Melville Literatur (Texte und Sekundärliteratur) ausgemessen. Es sind ein Meter und fünfundsiebzig Zentimeter, aber da ist noch was in der zweiten Reihe, das lasse ich mal weg. 

Von Nora und Sandy Marovitz, die ich in dem Post erwähnte, habe ich eine schöne E-Mail bekommen: Thank you so much for sending the English translation of your article. We're very appreciative of your remembering us so fondly. Our memory of the visit to your apartment full of CDs, jazz and books and meeting you is very vivid. Funny that you still have the Kent State University yellow pen. What fond memories! What memorable friendships! Es ist schon Jahrzehnte her, dass die beiden meine Gäste waren, aber die Wohnung full of CDs, jazz and books, die haben sie nicht vergessen. Man vergisst die auch nicht.

Meine Wohnung sieht noch nicht ganz so aus, wie auf diesem Photo hier, aber doch ziemlich ähnlich. Ich habe noch einige freie Wände, an denen Bilder hängen. Der schöne Satz Books Do Furnish a Room ist natürlich auch der Titel eines Romans (hier im Volltext) von Anthony Powell, seine Bücher nehmen auch schon viel Platz in den Regalen ein. Nicht so viel wie Proust, aber immerhin. Die Proust Abteilung hat sich in den letzten Jahren vergrößert, was daran liegt, das ich häufig über Proust geschrieben habe, und mir zahlreiche Neuerscheinungen gekauft habe. Die kleine Tolstoi Abteilung, die früher nur aus Krieg und Frieden bestand, ist auch größer geworden, da ich jetzt vier verschiedene Anna Karenina Ausgaben habe. Und die englische Übersetzung von dem Ehepaar Richard Pevear und Larissa Volokhonsky.

Ein Freund empfahl mir, das Buch Bedrohte Bücher: Eine Geschichte der Zerstörung und Bewahrung des Wissens von Richard Ovenden, dem Direktor der Bodleian Library, zu kaufen. Sie können Ovenden hier zu dem Thema in einem Video hören. Ich sparte mir den Kauf und empfahl meinem Freund den Kauf von Wolfgang Schivelbuschs Buch über die Bibliothek von Löwen. Das hat auch mit der Vernichtung von Bibliotheken zu tun, ich habe es schon in dem Post Flandern erwähnt. Ich kaufe mir das Buch von Ovenden auch deshalb nicht, weil in dem Regal, in dem nur Bücher über Bücher, Bibliotheken, Verlage und Verleger stehen, kein Platz mehr ist. Die berühmte Oxforder Bibliothek hat in diesem Blog schon den Post Bodleian Library, und in dem Post Inspector Lewis kommt sie auch vor.

Bei mir sind Bücher nicht bedroht. Die Bedrohung kommt heute von einer ganz anderen Seite. Zum Beispiel von diesem Herrn. Der heißt Jeff Bezos und ist der Gründer von Amazon. Er hält freudestrahlend ein Gerät in der Hand, das Kindle Fire heißt. Ich weiß nicht, warum das Teil Fire heißt, bei mir das Wort Feuer in Verbindung mit Büchern ganz andere Assoziationen. Lesen Sie doch einmal den Post Feuer. Jeff Bezos trägt einen schwarzen Anzug, keinen Schlips und hat eine Glatze. Wenn man heute à la mode sein will, dann trägt man einen schlecht sitzenden schwarzen Anzug, keinen Schlips und eine Glatze. Und hat ein Kindle Fire in der Hand. Dann hat man aber keine Bücher mehr zuhause. Irgendwie ist das ein schrecklicher Gedanke. Diese Kindle Computer und die Glatzköpfe mit ihrer Uniform.

Nicht diejenigen haben die Bücher recht lieb, welche sie unberührt in ihren Schränken aufheben, sondern sie Tag und Nacht in den Händen haben, hat Erasmus gesagt. Man kann zu viele Bücher haben. Wie dieser Herr, er soll in verschiedenen seiner Pariser Wohnungen dreihundertausend Bücher gehortet haben. Bücher seien eine Droge ohne die Gefahr einer Überdosis, er sei ein glückliches Opfer dieser Droge, hat er gesagt. Er hat auch behauptet, dass er die dreihundertausend Bücher alle gelesen hat. Gibt es irgendwo auf der Welt jemanden, der das glaubt? Mir sind Leute, die so etwas behaupten genauso unheimlich wie die Glatzköpfe in schwarzen Anzügen ohne Schlips. Wenn der Mann mit der schwarzen Sonnenbrille einen Blaumann anhätte, könnten wir ihn für einen Lageristen von Amazon halten. 

Hermann Hesse hat gesagt: Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken. Der Satz Books Do Furnish a Room stimmt schon. Dank Estelle Ellis und Caroline Seebohm, die das Buch Mit Büchern leben: Buchliebhaber und ihre Bibliotheken veröffentlicht haben, bekommen wir einen Einblick in die Bibliotheken von Büchersammlern. Es ist eher ein Buch für Innenarchitekten als für Menschen, die wirklich Bücher lesen. Es könnte auch von der Zeitschrift Schöner Wohnen herausgegeben sein.

Meine ersten Regale habe ich selbst gebaut, kleine Kisten mit Rückendeckel, weiß angestrichen. Das System habe ich von meinem Freund Ahab kopiert. Der heißt nicht wirklich Ahab, wir nannten ihn nur so, weil er seine Doktorarbeit über den Kapitän der Pequod schrieb. Man ließ sich das Material zuschneiden, leimte und nagelte, strich die Kästen weiß an und stapelte sie dann auf- und nebeneinander. Das Baukastensystem Ahab (50 mal 50, 20 tief) könnte den Systemen Ivar (Lundia) und Billy (Ikea) Konkurrenz machen. Als ich mein erstes Geld verdiente, kaufte ich mir bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft ein Regal aus richtigem Holz, 2,20 x 2,10 m, da passte die ganze deutsche Literatur auf fünfzehn Metern Regal hinein. Und Kindlers Literatur Lexikon passte noch oben drauf. Ich bekam Rabatt, weil ich ein WBG Autor war. Die WBG hat das Regal nicht mehr im Programm, aber bei ebay habe ich einige davon gesehen, sehr nostalgisch. Den Rest der Wohnung füllte mir Peter Andersen Munch von der Firma Scan-Miljø mit Lundia Regalen, Ikea wollte ich nicht.

Die Größe einer Bibliothek sagt nichts über ihre Qualität, das hat Karl Lagerfeld nicht begriffen. Es reicht bei ihm nicht mal für den Eintrag im Guinness Book of Records, da steht nämlich, dass ein gewisser John Q. Benham in Avoca, Indiana mit anderhalb Millionen Büchern die größte Privatbibliothek der Welt hat. Das ist schon ein Drittel der E-Books, die Amazon anbietet. Montaigne hatte in seiner Turmbibliothek wahrschenlich tausend Bücher, das war damals sehr viel. Die Bibliothek von Sir Robert Bruce Cotton war acht mal zwei Meter groß, das reichte ihm zum Aufbewahren der Handschriften, die er sammelte. Und er hatte zwei Handschriften, die niemand außer ihm besaß: das Manuskript von Beowulf und das von Sir Gawain and the Greene Knighte.

In dem Roman Books Do Furnish a Room von Anthony Powell gibt es eine Romanfigur namens Lindsay Bagshaw, der diese Phrase als Spitznamen hat. Man weiß nicht so ganz, wie er an den Namen gekommen ist: There were two main elucidations. One asserted that, the worse for drink, trying to abstract a copy of The Golden Treasury from a large glass-fronted bookcase in order to verify a quotation required for a radio programme, Bagshaw overturned on himself this massive piece of furniture. As volume after volume descended on him, it was asserted he made the comment: ‘Books do furnish a room.’
       Others had a different story. They would have it that Bagshaw, stark naked, had spoken the words conversationally as he approached the sofa on which lay, presumably in the same state, the wife of a well-known dramatic critic (on duty at the theatre that night appraising the First Night of The Apple Cart), a clandestine meeting having reached emotional climax in her husband’s book-lined study. Bagshaw was alleged to have spoken the words, scarcely more than muttered them – a revolutionary’s tribute to bourgeois values – as he rapidly advanced towards his prey: ‘ Books do furnish a room.’
       The lady, it could have been none other, was believed later to have complained to a third party of lack of sensibility on Bagshaw’s part in making such an observation at such a juncture. Whichever story were true – probably neither, the second had all the flavour of having been worked over, if not invented, by Moreland – the nickname stuck.



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