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Mittwoch, 8. Mai 2024
Treptow
Sonntag, 5. Mai 2024
Chorprobe
Die schöne Buchhändlerin hatte, wie viele ihrer Freundinnen, den Chor nicht aufgegeben. Sie war nach dem Abitur dabeigeblieben, weil sie sich mit dem Chorleiter, der ihr Englischlehrer gewesen war, so gut verstand. Manche ihrer Freundinnen waren im Chor geblieben, weil der als ein Eheanbahnungsinstitut galt, aber das war ihre Sache nicht. Es war zwar etwas langweilig, jedes Jahr Weihnachten im Dom der Stadt Bachs Kantaten und das Weihnachtsoratorium singen zu müssen, aber es war natürlich auch eine Ehre, dort singen zu dürfen. Bach hatten sie immer im Repertoire. Andere Chöre waren glücklich, wenn sie Im schönsten Wiesengrunde, An der Saale hellem Strande oder Wer recht in Freuden wandern will hinkriegten. Sie alle hatten neben dem Englischen Fremdsprachen am Lyceum gehabt, manche Französisch, andere Latein. Das half ihnen natürlich auch, Texte aus fremden Sprachen anzugehen, zum Beispiel so etwas:
Dio del cielo,
Signore delle cime,
un nostro amico
hai chiesto alla montagna.
Ma ti preghiamo:
su nel Paradiso
lascialo andare
per le tue montagne.
Das Lied von Giuseppe De Marzi war gerade aus Italien nach Deutschland gekommen. Das konnten die Waldundwiesenchöre natürlich nicht. Es kam jetzt viel an internationaler Musik in das Repertoire der Chöre, in denen zu lange nur Deutsches gewesen war. Ihr Chorleiter hatte es immer gefördert, dass etwas Neues in das Repertoire des Chors kam. Der Chor war für seine Auftritte begehrt, aber der Chorleiter war der Meinung, dass man nicht allen Wünschen nachkommen sollte. Also, den Wunsch nach Seemannsliedern beim Hafenfest, den hatte er abgelehnt. Und dem Pastor hatte er gesagt, dass der Chor keinesfalls am Volkstrauertag Ich hatt' einen Kameraden singen würde. Geistliche Lieder in der Kirche: ja. Aber dies nicht.
Der Chorleiter Dr Friedrich Allmers war schon ein älterer Herr, er sollte eigentlich längst im Ruhestand sein. Aber die Schulleitung beließ ihn in dieser Stellung, weil niemand so gut mit dem Chor umgehen konnte wie er. Und weil er das Klavier besorgt hatte, das in der Aula stand. Das alte hätte kein Klavierstimmer der Welt mehr hingekriegt. Es war dann als Kriegsschaden ausgesondert worden, und das war es auch gewesen. Die amerikanischen Besatzer hatten es furchtbar misshandelt. Dr Friedrich Allmers wusste nicht nur, wie er preiswert an ein erstklassiges Klavier kam, er hatte auch gute Beziehungen zu der Musikwelt. Und sein Chor hatte einen guten Namen. Schließlich war man schon mehrfach im Radio gewesen und hatte bei einem Festival einen dritten Platz errungen. Und es liefen da Verhandlungen für eine Langspielplatte mit alten europäischen Volksliedern, aber die waren ins Stocken geraten. Geplante Titel wie Nimm sie bei der schneeweißen Hand und Lison dormait schienen dem Plattenverlag nicht unbedingt Publikumsrenner zu werden.
Die schöne Buchhändlerin sang gerne. Unter der Dusche und im Auto. Und natürlich im Chor. Das Schöne im Chor war das Gemeinschaftserlebnis. Sie ließ sich von der Musik treiben, war glücklich dabei zu sein. So gut sie sang, zu einer Solistin hätte es bei ihr nicht gereicht. Außer unter der Dusche oder im Auto. Das wusste sie. Es reichte ihr aber, dabei zu sein. Manche ihrer Freundinnen sangen im Chor der Oper mit, da war sie auch einmal bei der Aufführung von Bizets Carmen mit im Chor gewesen. Das Kostüm, das man ihr angedreht hatte, hatte nicht richtig gepasst, es zwickte und zwackte bei jeder Bewegung. Sie hatte es mit nach Hause nehmen und ändern wollen, sie war gut mit Nadel und Faden. Aber das durfte sie nicht. Das ist Eigentum der Oper, das geht nicht aus dem Haus, bekam sie gesagt. Sie hatte sich im Chor der Zigarettenarbeiterinnen bei den Aufführungen unwohl und unglücklich gefühlt. Vielleicht hätte sie die Zigarette, die sie nur in der Hand halten sollte, wirklich rauchen sollen. Glücklicherweise wurde die Oper nach drei Aufführungen abgesetzt, weil zwei der Solistinnen erkrankten und der Sänger des Don José einen Autounfall hatte.
Es war nicht nur die gemeinsame Chorprobe, die sie liebte. Sie gingen hinterher zusammen immer noch in den Fährkrug auf ein Glas Wein. Der Wirt hielt ihnen an den Abenden der Chorproben immer einen Tisch am Fenster frei, sodass sie auf den Fluss schauen konnten. Der Wirt mochte die Sängerinnen, weil sie ihm vor Jahren, als er das Haus gerade übernommen hatte, den ganzen Abend gerettet hatten. Da saß nämlich ein junges Brautpaar einsam im großen Saal, keiner ihrer Gäste war gekommen. Die blonde Braut heulte. Das war zu verstehen. Nach einer halben Stunde kam eine Nachricht, die das Fehlen der Hochzeitsgäste erklärte. Das Ausflugsschiff, mit dem sie kommen wollten, sei im Fluss auf eine Sandbank gelaufen. Es sei niemandem etwas passiert, aber die Hochzeitsgäste müssten noch von Bord gebracht und in einen Bus gesetzt werden. Das könne noch etwas dauern.
Nachdem der Wirt dem Brautpaar die gute Nachricht überbracht hatte, erzählte er es auch den Sängerinnen am Fenster. Und sagte dann plötzlich: Es ist alles so trist und traurig heute, könnten Sie nicht vielleicht etwas singen? Singen, dachte sich die schöne Buchhändlerin, was singt man in einem solchen Fall? Plaisir d'amour ne dure qu'un moment, Chagrin d'amour dure toute la vie? Aber da stand die rothaarige Thea auf und sagte: Mädels: Jungfernkranz. Sie standen auf, gingen durch den leeren Saal, gruppierten sich um den Tisch des Brautpaares, zählten unhörbar eins, zwei, drei und sangen:
Wir winden dir den Jungfernkranzmit veilchenblauer Seide;
wir führen dich zu Spiel und Tanz,
zu Glück und Liebesfreude!
Du auserwählter einz'ger Trost, bleib stets bei mir.
Du, du, du sollst an mich gedenken.
Hätt' ich aller Wünsch Gewalt,
von dir wollt ich nicht wenken.
Dein, dein, dein will ich immer bleiben:
Du gibst Freud und hohen Mut
und kannst mir Leid vertreiben.
Stand still and gaze, for minutes, hours and years to her give place.
All other things shall change but she remains the same.
Till heavens changed have their course and Time hath lost his name.
Cupid doth hover up and down, blinded with her fair eyes.
And Fortune captive at her feet contemned and conquered lies.
Freitag, 3. Mai 2024
Moeris
Fritz Moeri setzte von Anfang an auf die Austauschbarkeit aller Teile der Uhr. Ein Prinzip, das der Amerikaner Eli Whitney erfunden hatte, als er Gewehre für den Präsidenten Thomas Jefferson herstellte. Die amerikanische Uhrenindustrie hatte das Prinzip längst übernommen, für die Schweiz war es Neuland. Als Eduard Favre-Perret 1876 im offiziellen Auftrag der Schweizer Uhrenindustrie die Ausstellung zur 100-Jahrsfeier der Declaration of Independence in Philadelphia besuchte, konnte er die Taschenuhren der Firma Waltham nur in den höchsten Tönen loben. Die preiswerteste Uhr von Waltham sei besser als alles, was die schweizer Industrie herstelle. Fritz Moeri scheint einer der wenigen gewesen zu sein, der aus dem →Abschlussbericht von Favre-Perret eine Lehre gezogen hat.
Moeris war immer eine Manufaktur, das heißt, sie bauten sich ihre eigenen Werke. Rolex wurde erst vor wenigen Jahren zu einer Manufaktur, als sie für einige Milliarden schweizer Franken ihren Werkhersteller Aegler kauften. Es sind Firmen wie →Moeris, die viel erfunden und bewegt haben. Rolex hat nichts erfunden und nichts bewegt. Sie haben sich die Werke von Aegler bauen lassen und alle Patente zugekauft. Moeris hatte seit 1904 eine Zweitfirma namens Civitas. Die Uhren hatten auch Moeris Werke, aber in einer etwas einfacheren Ausführung. Moeris bewarb diese Uhren in Anzeigen mit notre seconde marque.
Ich habe eine Civitas aus den 1940er Jahren (zwanzig Mark auf dem Flohmarkt), die noch feste Stege und keine Stoßsicherung hat. Aber es steht antimagnetic auf dem Zifferblatt, ein Zeichen dafür, dass sie schon eine Glucydurunruhe hat. Für nicht magnetisierbare Uhren hatte Fritz Moeri schon sehr früh Patente erworben. Er experimentierte auch mit der 1896 von Charles Édouard Guillaume erfundenen Invar Legierung, für die Guillaume 1920 den Nobelpreis erhielt. Neben der Zweitlinie Civitas hatte Moeris noch eine unglaubliche Vielzahl von Markennamen angemeldet. Das Modell mit dem Markennamen The Bahadur und Tigern und Palmen auf dem Zifferblatt war wahrscheinlich nicht für den schweizer Markt bestimmt.
In den fünfziger Jahren lieferte Moeris Rohwerke an Seiko und Citizen, das war der Beginn des Aufstiegs der japanischen Hersteller. Seiko wird die Moeris Werke kopieren, das können wir an diesen beiden Werken sehen. Links ist ein Seiko Werk, rechts ein Moeris Werk. Beide haben die gleiche Bauform. Allerdings kann man auch als Nichtfachmann sehen, dass Seiko nicht annähernd an die Qualität von Moeris herankommt. Das wird sich ändern. Fünfzehn Jahre später wird Seiko mit seinen →King Seiko und Grand Seiko Modellen zu einem Konkurrenten der schweizer Qualitätsuhrenhersteller.
1970 kaufte Tisssot das, was nach der Quarzkrise von der Firma Moeris übriggeblieben war. Tissot sicherte sich den Markennamen Moeris und alle Patente, die die Firma hatte. Moeris hatte immer sehr gute Taschenuhren gebaut. Ich habe eine, die sie im Krieg an die Engländer geliefert haben. Steht die GSTP Nummer hinten drauf, innen ist ein ✺Werk mit Genfer Streifenschliff, das adjusted ist. Tissot integrierte die Taschenuhrabteilung von Moeris als Departement Moeris in das eigene Werk, Tissot ist heute eine der wenigen schweizer Firmen, die noch Taschenuhren herstellen.
Tissot brachte auch einmal ein Modell mit dem Namen Moeris Grands Prix heraus. Die Grands Prix Auszeichnung (man beachte den Plural bei Grand) hatte sich Moeris durch Goldmedaillen auf zahlreichen Ausstellungen verdient. Das Grands Prix steht auf meiner Armbanduhr auch drauf. Moeris war eine der wenigen schweizer Firmen, die eigene Chronographen und Stoppuhren baute (auf der →Seite von Hans Weil finden sich viele Abbildungen). Omega und Tissot hatten sich für Chronographen die Firma Lemania gekauft, und Rolex baute in seine Daytona Modelle Werke von Zenith ein.
Kurz bevor die Firma Moeris unterging, brachte sie noch ein Modell auf den Markt, das einige Sammler heute suchen. Es war eine Armbanduhr auf deren Zifferblatt James Bond 007 stand. Auf dem Gehäuseboden war eine Gravur von Sean Connery mit Pistole. Steht schon mit Abbildung in dem Post 007. Das Werk da drin war kein Moeris Manufakturwerk mehr, aber darauf kam es gar nicht an. Man konnte nach dem Erfolg der ersten Filme ja alles verkaufen, wo James Bond drauf stand. Mein Bruder hatte sogar einen James Bond Anzug. Mit Geheimtaschen.
Von diesen schönen Curvex Uhren aus den 1930er Jahren habe ich zwei, sie sind beide aus Edelstahl. Nicht aus verchromten Blech, wie man es damals häufig findet. Die eine hat ein schönes Zifferblatt, die andere hat schon eine Incabloc Stoßsicherung. Beide haben eine Glucydur Unruhe. Moeris bezog diese von Reinhard Straumann erfundenen hochwertigen Unruhen von derselben Firma, von der Eterna die Unruhen bekam. Es gab Mitte der dreißiger Jahre in der Schweiz ja nicht so viele Firmen, die eine Stoßsicherung einbauten. Helvetia und Eterna verwendeten eigene Stoßsicherungen, Moeris setzte seit 1936 auf die Firma Incabloc.
Ein italienischer Händler bei ebay will für die rechteckige Moeris mit dem Formwerk 20/26T eintausendzweihundert Euro haben. Das Werk ist in keinem schönen Zustand. Es steht zwar Shock Absorber auf dem Werk, aber diese seltsame Stoßsicherung kenne ich nicht. Ich habe für meine Uhren siebzig und achtzig DM bezahlt. Sie gehen nach beinahe neunzig Jahren immer noch hervorragend. Auch wenn bei der einen das Zifferblatt so schwarz ist, dass man die Zeit raten muss. Aber ich mag sie trotzdem.
Mittwoch, 1. Mai 2024
Maifeiertag
Am ersten Mai, da hat man frei. Blogger auch. Der April bedeutete viel Arbeit. Aber auch beinahe vierzigtausend Leser. Ich mache erst einmal Pause. Bleiben Sie mir gewogen. Nach der Pause wird hier wieder mal etwas über Uhren erscheinen, ich schreibe gerade an einem Post über meine Lieblingsfirma Moeris. Und natürlich wird die schöne Buchhändlerin irgendwann auftauchen, das hatte ich ja schon versprochen.
Dienstag, 30. April 2024
Ukraine
Ukrainische nacht
Das land,
verstümmelt,
veruntreut,
verraten,
hob mich auf den rücken der Karpaten,
und im wachtraum hörte ich
die dichterin die mutter fragen,
was diese gern geworden wäre, und die mutter sagen:
eine nachtigall
Da begannen alle nachtigallen
in den hainen, die ich in mir trug, zu schlagen,
und ich hörte schüsse fallen
und den namen widerhallen:
Maidan, Maidan
Und in des namens klang
klang der name an
des dichters, dessen wort wir in uns tragen:
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland
Doch weiß man hier, der tod kam nicht
aus Deutschland nur, er kam
mit zweierlei gesicht,
und riesig ist das land, wo man
ihm blumen steckt und ruhmeskränze flicht.
Montag, 29. April 2024
Who reads poetry?
Who reads poetry? Not our intellectuals;
they want to control it. Not lovers, not the combative,
not examinees. They too skim it for bouquets
and magic trump cards. Not poor schoolkids
furtively farting as they get immunized against it.
and heard by some more they coax to the café
or the district library for a bifocal reading.
Lovers of poetry may total a million people
on the whole planet. Fewer than the players of skat.
distilled, to verse mainly, and suspended in rapt
calm on the surface of paper. The rest of poetry
to which this was once integral still rules
the continents, as it always did. But on condition now
the opposite but also the secret of the rational.
And who reads these? Ah, the lovers, the schoolkids,
debaters, generals, crime-lords, everybody reads them:
Porsche, lift-off, Gaia, Cool, patriarchy.
Among the feral stanzas are many that demand your flesh
to embody themselves. Only completed art
free of obedience to its time can pirouette you
through and athwart the larger poems you are in.
Being outside all poetry is an unreachable void.
For the painless headaches, that must be tapped to strike
down along your writing arm at the accumulated moment.
For the adjustments after, aligning facets in a verb
before the trance leaves you. For working always beyond
and betray the poor to do it. For a non-devouring fame.
Little in politics resembles it: perhaps
the Australian colonists’ re-inventing of the snide
far-adopted secret ballot, in which deflation could hide
So axe-edged, so lictor-y.
Was that moral cowardice’s one shining world victory?
Breathing in dream-rhythm when awake and far from bed
evinces the gift. Being tragic with a book on your head.
keine Prüflinge. Auch sie überfliegen sie nach Sträußen
und Zaubertrumpfkarten. Nicht die armen Schulkinder,
die heimlich furzen, während sie dagegen geimpft werden.
Poesie wird von den Liebhabern der Poesie gelesen
und von einigen anderen gehört, die man ins Café lockt
oder zu einer Bifokallesung in der Bezirksbibliothek.
Liebhaber der Poesie belaufen sich wohl auf eine Million
Menschen auf der ganzen Erde. Weniger als Skatspieler.
Was diese Menschen erfreut, ist eine nie mörderische Essenz,
hauptsächlich zu Versen destilliert, die in verzückter Ruhe
auf der Oberfläche des Papiers schwebt. Der Rest der Poesie,
mit dem dies früher eine Einheit bildete, beherrscht noch heute
die Kontinente wie immer schon. Jetzt unter der Bedingung,
daß man den wahren Namen nicht nennt. Konstrukte, wilde Poesie,
das Gegenteil, aber auch das Geheimnis des Rationalen,
und wer liest sie dann? Ah, die Liebenden, die Schulkinder,
die Disputanten, Generäle, Mafiabosse, alle lesen sie:
Porsche, Rakentenstart, Gaia, Cool, Patriarchat.
Unter wilden Strophen verlangen viele nach deinem Fleisch,
um sich zu verkörpern. Nur die vollkommene Kunst,
frei vom Gehorsam gegenüber ihrer Zeit, kann dich quer
durch die größeren Gedichte tanzen lassen, in denen du lebst.
Außerhalb aller Poesie zu sein, ist unerreichbare Leere.
Warum Poesie schreiben? Für die bizarre Arbeitslosigkeit.
Für die schmerzlosen Kopfschmerzen, die man anzapfen muß,
um am Schreibarm den gesammelten Moment zu schlagen.
Für die Änderungen, wenn man Facetten eines Verbs ausrichtet,
bevor die Trance verblaßt. Um immer über die eigene Intelligenz
hinaus zu arbeiten. Dafür, sich nicht hochzuarbeiten und dabei
die Armen zu verraten. Für einen Ruhm, der nicht auffrißt.
In der Politik gleicht ihr nicht viel: womöglich
die Erfindung der australischen Kolonialisten, eine nun weit-
verbreitete geheime Wahl, in der sich Deflation verbergen kann,
um als Wohlfahrtsträger Massengrab-Revolutionen zu beschämen,
so axtschneidig, so liktorisch.
War das der einmalige, leuchtende Weltsieg moralischer Feigheit?
Traumrhythmen im Wachzustand und fern vom Bett einzuatmen zeigt
die Begabung. Tragisch sein mit einem Buch auf dem Kopf.
Sonntag, 28. April 2024
Kinostadt
Nella città, ah!
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Qualcuno cammina sulle acque
Con un motorino rotto
Che ogni tanto fa un botto
Cambiano le carte in tavola
Con un asso nella manica
Moltiplicando i pesci e pure i fessi
Gli uni finiti in salamoia
Gli altri soffocati dalla noia
Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Con un po' d'amore di nascosto
Con tanta paura addosso
Come un cane senza osso
Con la rabbia che ti scoppia
Con la voglia di tutto
Che ti prende di brutto
Al Quadraro che è un posto amaro
Ho tramutato là per là
Un bar in un baccalà
Ma tutto è rimasto lo stesso
Come fuori adesso
Ah, Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Le macchine e gli stereo
Passano di proprietà
Con molta facilità
A Cinecittà
Fioriscono i casermoni
Come tante prigioni
L'acqua si tramuta in buchi
Troppi negozi, troppe luci
Senza soldi a Cinecittà
Senza far niente a Cinecittà
Ah, Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Nella città, ah!
Cinecittà
Non c'è niente di divertente da fare
Se non stare ad aspettare
E guardare quelli che
Al centro prendono il tè
Affermando che
"Abitare a piazza Navona
È una questione di atmosfera
Specialmente la sera, la sera, la sera"
Abitare a Cinecittà
Invece è una questione di...
Abitare a Cinecittà
Invece è una questione di...
Fedeltà
Cinecittà, ah!
Che bella città
Nella città
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città, ah!
Cinecittà
Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città, ah!
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città
Cinecittà
Oh, oh, oh, Cinecittà
Che bella città
Ne-nella città
Cinecittà
Samstag, 27. April 2024
Untertitel
Donne, vedete, s’io l’ho nel cor.
Quello ch’io provo, vi ridiro,
E per me nuovo capir nol so.
Sento un affetto pien di desir,
Ch’ora e diletto, ch’ora e martir.
Gelo e poi sento l’alma avvampar,
E in un momento torno a gelar.
Ricerco un bene fuori di me,
Non so chi il tiene, non so cos’ e.
Sospiro e gemo senza voler,
Palpito e tremo senza saper,
Non trovo pace notte ne di,
Ma pur mi piace languir cosi.
Voi, che sapete che cosa e amor
Donne, vedete, s’io l’ho nel cor
Es ist bei fremdsprachigen Opern immer schön, wenn der Text über das Video läuft. Ich habe hier eine ✺Aufnahme der Wundertütenfabrik, bei der Arie des Cherubino ein völlig sinnloser Text unterlegt wird: Ihr wolltet schon immer wissen, was Sachen heißen? Prima! Deshalb gibt es hier die echten Texte von Sachen. In dem Fall von Oper - also genauer gesagt von Wolfgang Amadeus Mozart - Voi che sapete. Der Text natürlich in Untertiteln mitgeliefert, dass ihr beim nächsten Kulturstammtisch endlich mal mitreden könnt. Den Spaß kann man sich einmal angucken. Vielleicht hätte Mozart über so etwas auch gelacht.
Freitag, 26. April 2024
The Birds of America
Early this morning
in a rumpled bed,
listening to birdsong
through the propped-open windows,
I saw on the ceiling
the figure of John J. Audubon
kneeling before
the pliant body of an expired duck.
I could see its slender, limp neck,
rich chestnut crown,
and soft grey throat,
and bright red bill,
even the strange pink legs.
And when I closed my eyes again
I could hear him whisper
in his hybrid Creole accent
I have taken your life
so that some night a man
might open a book
and run his hand over your feathers,
so that he could come close enough
to study your pale brown flecks,
your white chin patch,
and the electric green of your neck,
so that he might approach
without frightening you into the sky,
and wonder how strange
to the earth he has become,
so that he might see by his lamp light
the glistening in your eye
then take to the air
and fly alongside you.
I am going to sit down on a rock near some water
or lie supine on the grass under the trees
and under a high ceiling of white clouds
of the nineteenth century who is wandering
and I am going to imagine him stopping
to lean against an elm to mop his brow
as he listens to the songs of birds
and wonders—like me—if they sleep with open eyes
and how they regard the songs of other species.
Would it be like listening to the rapid Chinese
of men bargaining over a stall?
Or do all the birds perfectly understand each other?
Donnerstag, 25. April 2024
Odysseus
By this still hearth, among these barren crags,
Match'd with an aged wife, I mete and dole
Unequal laws unto a savage race,
That hoard, and sleep, and feed, and know not me.
I cannot rest from travel: I will drink
Life to the lees: all times I have enjoyed
Greatly, have suffered greatly, both with those
That loved me, and alone; on shore, and when
Through scudding drifts the rainy Hyades
Vexed the dim sea: I am become a name;
For always roaming with a hungry heart
Much have I seen and known; cities of men
And manners, climates, councils, governments,
Myself not least, but honoured of them all;
And drunk delight of battle with my peers;
Far on the ringing plains of windy Troy.
I am a part of all that I have met;
Yet all experience is an arch wherethrough
Gleams that untravelled world, whose margin fades
For ever and for ever when I move.
How dull it is to pause, to make an end,
To rust unburnished, not to shine in use!
As though to breathe were life. Life piled on life
Were all too little, and of one to me
Little remains: but every hour is saved
From that eternal silence, something more,
A bringer of new things; and vile it were
For some three suns to store and hoard myself,
And this grey spirit yearning in desire
To follow knowledge like a sinking star,
Beyond the utmost bound of human thought.
This is my son, mine own Telemachus,
To whom I leave the sceptre and the isle -
Well-loved of me, discerning to fulfil
This labour, by slow prudence to make mild
A rugged people, and through soft degrees
Subdue them to the useful and the good.
Most blameless is he, centred in the sphere
Of common duties, decent not to fail
In offices of tenderness, and pay
Meet adoration to my household gods,
When I am gone. He works his work, I mine.
There lies the port; the vessel puffs her sail:
There gloom the dark broad seas. My mariners,
Souls that have toil'd, and wrought, and thought with me -
That ever with a frolic welcome took
The thunder and the sunshine, and opposed
Free hearts, free foreheads - you and I are old;
Old age hath yet his honour and his toil;
Death closes all: but something ere the end,
Some work of noble note, may yet be done,
Not unbecoming men that strove with Gods.
The lights begin to twinkle from the rocks:
The long day wanes: the slow moon climbs: the deep
Moans round with many voices. Come, my friends,
'Tis not too late to seek a newer world.
Push off, and sitting well in order smite
The sounding furrows; for my purpose holds
To sail beyond the sunset, and the baths
Of all the western stars, until I die.
It may be that the gulfs will wash us down:
It may be we shall touch the Happy Isles,
And see the great Achilles, whom we knew.
Tho' much is taken, much abides; and though
We are not now that strength which in old days
Moved earth and heaven; that which we are, we are;
One equal temper of heroic hearts,
Made weak by time and fate, but strong in will
To strive, to seek, to find, and not to yield.
Die letzte Strophe ist immer wieder zitiert worden. Sie ist auch in die Populäre Kultur gewandert. Der Chief Inspector Morse zitiert sie in der Folge Death is now my neighbour. Und James Bond Freunde wissen, dass Judi Dench als Geheimdienstchef M die Strophe in ✺Skyfall rezitiert.
Mittwoch, 24. April 2024
Min Modersprak
Min Modersprak, wa klingst du schön!
Wa büst du mi vertrut!
Weer ok min Hart as Stahl un Steen,
du drevst den Stolt herut.
Du bögst min stiwe Nack so licht
as Moder mit ern Arm,
du fichelst mi umt Angesicht –
un still is alle Larm.
Ik föhl mi as en lüttjet Kind,
de ganze Welt is weg.
Du pust mi as en Vaerjahrswind
de kranke Boss torecht.
Min Obbe folt mi noch de Hann'
un seggt to mi: »Nu be!«
Un »Vaderunser« fang ik an,
as ik wul fröher de.
Un föhl so deep: dat ward verstan,
so sprickt dat Hart sik ut.
Un Rau vunn Himmel weiht mi an,
un allns is wedder gut!
Min Modersprak, so slicht un recht,
du ole frame Red!
Wenn blot en Mund »min Vader« seggt,
so klingt mi't as en Bed.
So herrli klingt mi keen Musik
un singt keen Nachdigal;
mi lopt je glik in Ogenblick
de hellen Thran hendal.
Meine Muttersprache, wie klingst du schön!
wie bist du mir vertraut!
Wär´ auch mein Herz aus Stahl und Stein,
du triebst den Stolz heraus.
Du beugst meinen starren Nacken so leicht,
wie Mutter mit ihrem Arm,
du kosest mir ums Angesicht
und still ist aller Lärm.
Ich fühle mich wie ein kleines Kind,
Die ganze Welt ist fort.
Du hauchst mir wie ein Frühlingswind
Die kranke Brust gesund.
Mein Opa faltet mir noch die Hände
Und sagt zu mir: Nun bete!
Und 'Vaterunser' fang ich an
Wie ichs wohl früher tat.
Und fühle tief: Das wird verstanden.
So spricht das Herz sich aus,
Und Ruhe vom Himmel weht mich an,
Und alles ist wieder gut.
Dienstag, 23. April 2024
Robert Desnos
Une fourmi de dix-huit mètres
avec un chapeau sur la tête
ça n'existe pas, ça n'existe pas.
Une fourmi traînant un char
plein de pingouins et de canards
ça n'existe pas, ça n'existe pas.
Une fourmi parlant français
parlant latin et javanais
ça n'existe pas, ça n'existe pas.
eh ! et pourquoi pas !
Juliette Gréco hat das gesungen, sogar auf ✺deutsch. Das war auf der Platte, die der Twen 1965 herausgebracht hatte. Die habe ich immer noch. Robert Desnos, dessen geistige Väter Baudelaire und Rimbaud waren, kann auch andere Dinge als die Sache mit der Ameise und die vielen wortspielerschen Kindergedichte.
J’ai vécu dans ces temps et depuis mille années
Je suis mort. Je vivais, non déchu mais traqué.
Toute noblesse humaine étant emprisonnée
J’étais libre parmi les esclaves masqués.
J’ai vécu dans ces temps et pourtant j’étais libre.
Je regardais le fleuve et la terre et le ciel
Tourner autour de moi, garder leur équilibre
Et les saisons fournir leurs oiseaux et leur miel.
Vous qui vivez qu’avez-vous fait de ces fortunes?
Regrettez-vous les temps où je me débattais?
Avez-vous cultivé pour des moissons communes?
Avez-vous enrichi la ville où j’habitais?
Vivants, ne craignez rien de moi, car je suis mort.
Rien ne survit de mon esprit ni de mon corps.
Paul Celan hat das Gedicht ins Deutsche übersetzt:
Ich bin der Tote, der durch jene Zeiten schritt.
Vor tausend Jahren. Aufrecht und gejagt.
Das Menschliche, von Mauern war’s umrangt.
Vermummte Sklaven rings – ich lebte mit.
In jenen Zeiten lebt ich – lebt ich frei.
Mein Auge sah die Erde, es sah zum Himmel auf,
Ich sah, wie alles kreischte, ich sah den Wasserlauf.
Die Blüte gab den Honig, der Vogel zog vorbei.
Mit alledem, ihr Menschen, was fingt ihr damit an?
Die Zeit, in der ich’s schwer hatt’, tragt ihr sie noch im Sinn?
Sät ihr die Saat gemeinsam und erntet jedermann?
Ist sie durch euch jetzt schöner, die Stadt, aus der ich bin?
Ihr Lebenden, ich leb nicht, ihr braucht nicht bang zu sein.
Mein Leib, er lebt nicht weiter, mein Geist nicht, nichts, was mein.
Ich weiß nicht, warum ich immer, wenn ich so etwas lese, an Björn Höcke denken muss.
Montag, 22. April 2024
Washington-on-the-Brazos
To Arms
Boys, rub your steels and pick your flints,
That we from Texas shall be driven-
Our lands to Spanish soldiers given.
Then Santa Anna soon shall know
It shall not in the Sabine flow.
Nor line the banks of the Colorado.
To arms, to arms, to arms!
Instead of that he shall take his stand
Beyond the banks of the Rio Grande;
His martial law we will put down
Huzza, huzza, huzza