Sonntag, 31. März 2024

Ostern


Happy Holy Week! verkündete Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social. Ich weiß nicht, ob happy das richtige Wort für die Karwoche ist, aber hören wir ihm zu: As we lead into Good Friday and Easter, I encourage you to get a copy of the God Bless The USA Bible. All Americans need a Bible in their home and I have many. It's my favorite book. It's a lot of people's favorite book. Der ehemalige Präsident macht in der Karwoche Reklame für eine Bibel der God Bless the USA Bible Company. Die Bibel kostet 59.99 Dollar, und vielleicht bekommt der Donald etwas ab. Er kann ja jeden Cent gebrauchen. Man bekommt für das Geld nicht nur das Alte und das Neue Testament in der King James Version, da ist auch noch die Declaration of Independence, die US Constitution und der Text des Lieds God Bless the USA von Lee Greenwood mit dabei. Das Lied, das der Country Sänger Greenwood vor vierzig Jahren geschrieben hat, ist laut Donald Trump eine National Anthem.

Amerikanische Theologen sprechen angesichts der Vermarktungsaktion der Trump Bibel von Häresie und Sakrileg. Aber was kümmert das den Mann, dessen liebstes Buch die Bibel ist. Ein Reverend Benjamin Cremer hat auf dem Twitter Nachfolger über Trumps Aktion getwittert: It is a bankrupt Christianity that sees a demagogue co-opting our faith and even our holy scriptures for the sake of his own pursuit of power and praise him for it rather than insist that we refuse to allow our sacred faith and scriptures to become a mouthpiece for an empire. Wo er recht hat, hat er recht. 

Am Anfang Amerikas standen Glaubensflüchtlinge aus England, deren liebstes Buch auch die Bibel war. Der Prediger John Winthrop hat 1630 in seiner berühmten Predigt gesagt: For we must consider that we shall be as a city upon a hill. The eyes of all people are upon us. Der amerikanische Präsident John F. Kennedy hatte sich Winthrops Worte als Vorbild genommen: I have been guided by the standard John Winthrop set before his shipmates on the flagship Arbella three hundred and thirty-one years ago, as they, too, faced the task of building a new government on a perilous frontier. "We must always consider", he said, "that we shall be as a city upon a hill—the eyes of all people are upon us". Today the eyes of all people are truly upon us—and our governments, in every branch, at every level, national, state and local, must be as a city upon a hill—constructed and inhabited by men aware of their great trust and their great responsibilities. Donald Trump weiß wahrscheinlich nicht, wer John Winthrop war. 

Wenn man Winthrops Predigt als Vorbild nimmt, dann muss man auch sagen, dass sich die verschiedenen puritanischen Gemeinden Neuenglands oft spinnefeind sind. Jeder kann etwas aus der Bibel herauslesen, da wird sich in der Welt bis heute nichts ändern. Und die Puritaner betreiben Hexenjagd, was Ambrose Bierce zu seiner Rational Anthem herausforderte:

My country 'tis of thee,
Sweet land of felony,
Of thee I sing--
Land where my fathers fried
Young witches and applied
Whips to the Quaker's hide
And made him spring.


Der Begriff Hexenjagd ist wieder en vogue. Niemand gebraucht das Wort so häufig wie Donald Trump. Es gibt zwar keine Hexenjagd auf Donald Trump, aber es gibt eine Verbindung zu der Zeit, als in Amerika wirklich eine Hexenjagd herrschte. Und diese Verbindung heißt Roy Cohn, der Rechtsberater des faschistoiden Senators Joseph McCarthy. L'avocat du diable hat ihn der französische Journalist Philippe Corbé genannt. Und Roy Cohn hat dem jungen Donald Trump die Dinge beigebracht, die Trump für seinen Aufstieg brauchte: leugnen, lügen, angreifen, verleumden, verklagen. Niemals entschuldigen. Man wünschte sich, Amerika hätte heute wieder jemanden wie John Wise. Ein Mann, der es wagt, die angeklagten Hexen in Salem zu verteidigen; und der Jahrzehnte vor der Declaration of Independence einen Traktat schreibt, den Historiker heute die erste Declaration of Independence nennen. Dieser Text steht allerdings nicht in der Trump Bibel.

Aber lassen wir die Amerikaner die Amerikaner sein, wir haben unsere eigene Kultur. Und wir haben den Dichter Paul Gerhardt, der uns noch einmal sagt, was Ostern bedeutet. Angesichts des ganzen Kommerzes und tausenden von Werbespots im TV zum Osterfest, könnten wir das beinahe vergessen:

Auf, auf, mein Herz,
mit Freuden nimm wahr,
was heut geschieht;
wie kommt nach großem Leiden
nun ein so großes Licht!
Mein Heiland war gelegt
da, wo man uns hinträgt,
wenn von uns unser Geist
gen Himmel ist gereist.

Er war ins Grab gesenket,
der Feind trieb groß Geschrei;
eh er's vermeint und denket,
ist Christus wieder frei
und ruft "Viktoria",
schwingt fröhlich hier und da
sein Fähnlein als ein Held,
der Feld und Mut behält.

Das ist mir anzuschauen
ein rechtes Freudenspiel;
nun soll mir nicht mehr grauen
vor allem, was mir will
entnehmen meinen Mut
zusamt dem edlen Gut,
so mir durch Jesus Christ
aus Lieb erworben ist.

Die Welt ist mir ein Lachen
mit ihrem großen Zorn;
sie zürnt und kann nichts
machen, all Arbeit ist verlorn.
Die Trübsal trübt mir nicht
mein Herz und Angesicht;
das Unglück ist mein Glück,
die Nacht mein Sonnenblick.

Ich hang und bleib auch hangen
an Christus als ein Glied;
wo mein Haupt durch ist gangen,
da nimmt er mich auch mit.
Er reißet durch den Tod,
durch Welt, durch Sünd, durch Not,
er reißet durch die Höll;
ich bin stets sein Gesell.

Er dringt zum Saal der Ehren,
ich folg ihm immer nach
und darf mich gar nicht kehren
an einzig Ungemach.
Es tobe, was da kann,
mein Haupt nimmt sich mein an,
mein Heiland ist mein Schild,
der alles Toben stillt.

Er bringt mich an die Pforten,
die in den Himmel führt,
daran mit güldnen Worten
der Reim gelesen wird:
Wer dort wird mit verhöhnt,
wird hier auch mit gekrönt;
wer dort mit sterben geht,
wird hier auch mit erhöh
t.

Ich wünsche all meinen Lesern ein frohes Osterfest.

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