Sonntag, 30. Juli 2023

Martin Walser ✝

Ich muss gestehen, ich mochte ihn. Er war so herrlich unangepasst. Legte sich ständig mit den Fuzzies vom Feuilleton an. Statt ihnen wie Harold Pinter zu sagen, dass Literaturkritiker wie einbeinige Weitspringer sind, die es aber immer wieder versuchen. Martin Walser hatte seine eigene Meinung, die manchmal überhaupt nicht politically correct war. Nicht so weichgespült, stromlinienförmig, teflonartig, wie neuerdings Autoren daherkommen. In seinen Tagebüchern von 1979 bis 1981 findet sich der Satz: Wenn einer schreibt, bis er stirbt, wenn er sich unmöglich benimmt, benimmt er sich richtig. Er hat sich daran gehalten, mit dem Schreiben und dem Benehmen. An das Ende eines Aufsatzes zu Robert Walser hat er einen Satz von Robert Walser gestellt, den er sicher für sich beanspruchte: Niemand ist berechtigt, sich mir gegenüber so zu benehmen, als kennte er mich. 

Dass er jemanden wie Reich-Ranicki in einen Roman hineingeschrieben hat und dort sterben lässt, fand ich ziemlich albern, auch wenn er noch so sehr unter dessen Angriffen gelitten hat, wie man in seinen Tagebüchern nachlesen kann. Der Roman Tod eines Kritikers war noch nicht auf dem Markt, da urteilte Reich-Ranicki: Walser hat noch nie so ein erbärmliches Buch geschrieben. Warum den einbeinigen Weitspringer Reich-Ranicki aufwerten? Ich habe den ja an hier schon einmal beleidigt, und ich stehe dazu. Selbst wenn mir das manche Leser persönlich übelgenommen haben. You can't win them all. Walser hatte als Autor viele gegen sich, die FAZ  und die Bild Zeitung. Wahrscheinlich hätte ihm der Satz gefallen, den Flaubert 1872 an Turgenjev schrieb: Ich habe immer versucht, in einem Elfenbeinturm zu leben; doch eine Flut von Scheiße schlägt an seine Mauern, so dass sie einzustürzen drohen.

Dass Walser einmal Ernst Jünger (von Basti Schweinsteiger ganz zu schweigen) gut fand, hat mich überrascht. Na ja, er war eben unberechenbar. Niemals everybody's darling. Was der Engländer Jeremy Clarkson für die Welt der Autos ist, ist Dr Walser für die Welt der Literatur. Und sie haben eben richtig gelesen, Martin Walser hat einen Doktortitel. Er hat seine Doktorarbeit über Franz Kafka geschrieben, die er bei der Hölderlin Koryphäe Friedrich Beißner 1951 einreichte. Dem hat er auch 1970 seine Rede Hölderlin zu entsprechen gewidmet. Im Abdruck in der Zeit findet sich noch der Satz: Meinem Lehrer, dem Hölderlin-Forscher Friedrich Beißner, gewidmet. Ich habe die Rede hier im Volltext.

Er ist nicht bei Kafka geblieben: Als ich, um meine Mutter nicht zu enttäuschen, eine Dissertation schreiben sollte, blieb mir nichts anderes übrig, als über den Autor zu schreiben, der mich während meiner Studentenjahre gehindert hatte, andere Autoren wirklich zu lesen: Franz Kafka. Aber als ich über ihn schreiben wollte, stellte sich heraus, daß ich ihn nicht verstanden hatte. Mit diesem charmanten Geständnis beginnt der sehr lesenswerte kleine Band Des Lesers Selbstverständnis: Ein Bericht und eine Behauptung. Der macht jedem Leser Mut, man kann auch ohne Kafka durchs Leben kommen. Ich hatte einmal eine schwere Kafka Phase, aber ich habe sie schnell überwunden. Sie hat mich nicht gehindert, andere Autoren wirklich zu lesenNachdem ich in Hamburg Walter H. Sokels Vorlesung über Kafka, Musil und Broch gehört hatte, habe ich meine schöne Vorlesungsmitschrift sorgfältig weggelegt, das war's. Ich habe später noch Klaus Wagenbach über Kafka gelesen, aber wenn ich eine Top Ten Liste der Literatur aufstellen sollte, Kafka wäre da nicht drauf. Aber so einfach wie ich hat Walser den unseligen Einfluss von Kafka nicht abschütteln können, noch sein erstes Werk Ein Flugzeug über dem Haus und andere Geschichten erinnerte alle Rezensenten an Kafka. Ein Kafka Schüler kämpft sich frei, schrieb Hans Egon Holthusen. Glücklicherweise für mich als Leser hat Walser dann aber irgendwann den Einfluss Kafkas abgestreift.

Martin Walser ist im Alter von sechundneunzig Jahren gestorben, das ist ein langes, erfülltes Leben. Ich habe einen Blick ins Bücherregal geworfen, wo Martin Walser friedlich und einträchtig neben Robert Walser steht. Er hat ja auch über seinen Namensvetter geschrieben und zum hundertsten Geburtstag von Robert Walser in Zürich eine Rede mit dem Titel Der Unerbittlichkeitsstil gehalten. Das weiß ich, weil ich die Schallplatte habe, die Suhrkamp 1978 herausgebracht hat. Die Rede (auch in dem Band Liebeserklärungen abgedruckt) provozierte offensichtlich keinen Skandal. Manche seiner Reden schon. Man überlegte es sich zweimal, ob man ihn einladen sollte, pflegeleicht war er ja nicht. Was war dem Stiftungsrat, der Walser 1998 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen hat, eingefallen, als man den Herrn Dr Schirrmacher für die Laudatio auswählte? Schirrmacher, der Walser, wie sein Vorgänger bei der FAZ Reich-Ranicki, immer wieder attackiert hat, hat wie Walser über Kafka promoviert. Allerdings hat sein Doktortitel einen sehr, sehr faden Beigeschmack. Die Dissertation war zuerst eine Magisterarbeit und wurde von Frank Schirrmacher in kürzester Zeit - also in der Zeit, in der Stendhal La Chartreuse de Parme geschrieben hat - zur Dissertation umgeschrieben. Und an einer anderen Uni eingereicht. Seriöse Universitäten würden dieses Verfahren nicht akzeptieren.

Die Rede Walsers geriet in der Presse zum Skandal, erschien als so etwas wie die Jenninger Rede oder das Gedicht Was gesagt werden muss von Günter Grass. Weil er gesagt hat: Das fällt mir ein, weil ich jetzt wieder vor Kühnheit zittere, wenn ich sage: Auschwitz eignet sich nicht dafür, Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule oder auch nur Pflichtübung. Was durch Ritualisierung zustande kommt, ist von der Qualität des Lippengebets. Aber in welchen Verdacht gerät man, wenn man sagt, die Deutschen seien jetzt ein ganz normales Volk, eine ganz gewöhnliche Gesellschaft? Am besten beschrieben hat die Rede und die nachfolgende Debatte Jan Philipp Reemtsma in der TAZ, es lohnt sich, das zu lesen. Reemtsma zitiert da auch aus einem Gespräch von Walser mit Ignatz Bubis, die Sätze: Wissen Sie, was Sie einmal gesagt haben, Sie haben gesagt, der Walser will seinen Seelenfrieden. Hätten seine Vorfahren dafür gesorgt, dass die Juden nicht umgebracht wurden, hätte er seinen. Herr Bubis, das sage ich Ihnen: Ich will meinen Seelenfrieden, verstehen Sie. Und wie ich ihn kriege, das ist in mir, das ist mein Gewissenshaushalt. Und da lasse ich mir von niemandem, auch nicht von Ihnen, dreinreden. Oder ich pfeife drauf, dann schenke ich es Ihnen

Ich habe zentimetermäßig mehr Bücher von Martin Walser als von Robert Walser, was wohl daran liegt, dass Martin Walser mehr geschrieben hat. Beängstigend viel. Da war er wie sein amerikanischer Kollege John Updike. Aber ich muss natürlich auch sagen, wo ich eben den Zollstock aus der Hand gelegt habe, dass man Robert Walser nicht nach Zentimetern messen kann. Martin Walser wahrscheinlich auch nicht, nicht alles, was er schrieb, ist wirklich gut. Robert Walser hat aber definitiv den besseren Wikipedia Artikel. Der Martin Walser Artikel zeichnet sich dadurch aus, dass er wenig über den Schriftsteller Walser sagt, aber alles über die öffentliche Person MW. Ja, wir haben schon unsere Schwierigkeiten mit einem Schriftsteller wie Walser. Statt ihn zu lesen und über sein Werk zu reden, stellen wir doch erst einmal solche Verdächtigungen in den Raum wie: DKP, Antisemit, Nazi. Wird die Rezeption eines Schriftstellers heute schon von der Bild Zeitung orchestriert? Die Literaturkritik ist hierzulande ja leider auf keinem hohen Niveau. Das Erstaunliche ist, dass Luschen wie Raddatz, Reich-Ranicki, Karasek und Schirrmacher bei uns für Koryphäen der Literaturkritik gehalten wurden. Es ist ja eine Tragödie für den Kulturteil der FAZ gewesen, dass sie einen so hervoragenden Mann wie Karl Heinz Bohrer hat gehen lassen und statt seiner Reich-Ranicki und dann Schirrmacher einstellte.

Ich besitze nicht nur viele Romane von Martin Walser (und sein Theaterstück Das Sofa), ich mag auch den Literaturkritiker Martin Walser. Weil er so vernünftig ist. Und Eigenschaften hat, die man sonst eher bei anglo-amerikanischen Kritikern findet: Sachkenntnis, common sense und Humor. Er ist einer der ganz wenigen gewesen, der schon früh die Qualität des Werks von Albert Vigoleis Thelen erkannt hat. Walsers kleine Schrift Des Lesers Selbstverständnis (auch in dem Band Zauber und Gegenzauber enthalten) kann ich uneingeschränkt zur Lektüre empfehlen, ich habe sie hier im Volltext. Walser schreibt da, dass er über seine Wirkung als Schriftsteller überrascht war: Inzwischen bin ich Adressat von Schülerpost und erfahre so, daß im Deutschunterricht Schülerinnen und Schüler darin geübt werden, die Bedeutung von Büchern zu entdecken, die ich geschrieben habe. Der Lehrer weiß offenbar die Bedeutung, darf sie aber den Schülern nicht sagen. Ich weiß, meinen die Schüler, die Bedeutung. Findige Schüler rufen mich abends an oder schreiben mir.

Ebenso zu empfehlen ist die wunderbare Beschreibung seiner Entdeckung von Hölderlin in einem zerfledderten Bändchen auf dem Dachboden, die Hölderlin auf dem Dachboden heißt (in dem Suhrkamp Band Erfahrungen und Leseerfahrungen). Er schreibt da über Holderlins Gedicht HeimkunftDas ist wahrscheinlich die Wirkung gewesen: das Gedicht als Baedeker, und dann die Entdeckung, daß die Dinge Schatten werfen, zurück in die Vergangenheit und irgendwohin, wo man lediglich mit Ahnungen tasten kann, heute weiß man, daß es die Zukunft war. Auch die drei Seiten über Leslie Fiedler (Mythen, Milch und Mut) sind nicht zu verachten, und ich wäre dankbar gewesen, wenn ich schon vor einem halben Jahrhundert Walsers Leseerfahrungen mit Marcel Proust entdeckt hätte. Wo sich solch ein Satz findet: Mir ist in einer solchen Situation einmal eingefallen, daß ich, wenn Proust ein Industrieartikel wäre, zu dem Slogan raten würde: Proust-Leser sind im Vorteil. 

Der Bodensee war seine Heimat, den hat er in die Literatur hinein geschrieben. Auf die Frage, was ihm der See bedeutete, in dem er bis ins hohe Alter schwamm, hat er geantwortet: Lebenslänglich. Wie eine Strafe, aber das Gegenteil. Aber lebenslänglich. Über seine Heimat hat er immer wieder geschrieben, Heimat, das ist sicher der schönste Name für Zurückgebliebenheit, sagt er 1968 in seinem Essay Heimatkunde. Die Journalistin und Schriftstellerin Susanne Klingenstein, die den Bodensee in ihrer Jugend kennengelernt hatte, hat Walser auf einer Lesereise begleitet. Und dann das Buch Wege mit Martin Walser: Zauber und Wirklichkeit veröffentlicht. Über die Bodenseelandschaft hat sie in einem Interview gesagt: Die Intensität, mit der man hier lebt. Wie stark die Menschen mit dem Land und der Sprache verbunden sind. Wie stark die Landschaft Literatur geworden ist. Als der Kunsthistoriker Kurt Badt, der in Bodman lebte, 1940 ins Exil ging, schrieb er aus dem Gedächtnis eine Kulturgeschichte des Bodenseeraums, um sein Heimweh zu bezwingen. So stark wirkt der See. Martin Walser hat aus einem Lebensgefühl große Literatur gemacht, wie Proust, wie Faulkner, und das hat mich völlig in Bann geschlagen. Dass sie den Kunsthistoriker Kurt Badt erwähnt, der keine Stelle an einer deutschen Universität bekam und Obstbauer am Bodensee wurde, bevor er nach London ins Exil ging, finde ich sehr interessant. Über den hätte Walser ja einmal schreiben können, denn Badts im Exil geschriebenes Buch Mir bleibt die Stelle lieb, wo ich gelebt: Erinnerungen an den Bodensee ist vielleicht die erste literarische Liebeserklärung an die Seelenlandschaft Bodensee.

Er war der letzte deutsche Großschriftsteller, mit ihm geht die literarische Welt der alten Bundesrepublik endgültig unter, sagt die Welt. Das Wort groß haben beinahe alle Nachrufe im Feuilleton benutzt, aber sie meinen damit nicht großartig, sondern die Zahl der Bücher. Das Wort Großschriftsteller besagt wenig, Karl May war ein Großschriftsteller. Und selbst Balzac war nicht immer großartig. Ich habe nicht alles von Walser gelesen, vielleicht habe ich etwas verpasst. Aber einen wirklich großen Roman suche in in meinem Bücherregal vergeblich. Also so etwas wie Die Rote von Andersch oder Ein weites Feld von Grass. Als ich Ende der sechziger Jahre Ehen in Philippsburg las, merkte ich mir den Namen des Autors, hatte aber nicht das Gefühl, dass hier eine Revolution der deutschen Literatur bevorstand. Ehebruchsromane gibt es genug, und an Flauberts Madame Bovary, Tolstois Anna Karenina und Fontanes Effi Briest kommt Walser nicht heran. Ich schätze Walsers Tagebücher, seine Essays zur Literatur, alles Autobiographische, aber über die Qualität der Romane bin ich mir nicht sicher. Obgleich ich Brandung gelungen fand. Aber ich bin eine Minderheitsmeinung, ich bin nicht Reich-Ranicki. Glücklicherweise nicht. Wenn ich mit Sprache zu tun habe, bin ich beschäftigt mit der Verwaltung des Nichts. Meine Arbeit: Etwas so schön sagen, wie es nicht ist, so hat Walser einmal sein Schreiben charakterisiert. Das lassen wir mal so stehen.

Freitag, 28. Juli 2023

Norbert Schwontkowski


Ich weiß nicht, warum der Rainer Gröschl hier noch nie im Blog aufgetaucht ist. Eine Freundin hatte uns miteinander bekannt gemacht, dann hatte ich ihn aus den Augen verloren. Viele Jahre später sprach mich jemand im Supermarkt von der Seite an und sagte: Sie sind doch Jay, der Anglist. Ich drehte mich um, es war Rainer Gröschl, mir fiel sofort die Begegnung von damals wieder ein. Wir redeten vor der Salattheke eine halbe Stunde miteinander. Dass Rainer Gröschl Maler war, das wusste ich noch, aber jetzt erfuhr ich, dass er auch eine Galerie aufgemacht hatte. Ich stehe mittlerweile bei ihm auf der Adressliste und erfahre immer, was es gerade Neues gibt. Und das Neueste war dieses hier, diese Birke ist aus der gerade laufenden Ausstellung, die Verbeugung heißt. Die Birke hat mich ungeheuer fasziniert.

Der Maler Norbert Schwontkowski hat seltsame Dinge gemalt, es ist eine gegenständliche Malerei mit seltsamen, undefinierbaren Räumen, die immer ein wenig geheimnisvoll sind. Immer ist ein wenig Surrealismus in seinen Bildern. Manchmal ähneln seine Himmel dem Himmel von Richard Oelzes Bild Erwartung. Schwontkowski war als Künstler immer anerkannt, aber jetzt zehn Jahre nach seinem Tod scheinen die Preise zu explodieren. 

Das Auktionshaus Ketterer nennt ihn den großen Poeten der zeitgenössischen figurativen Malerei, die müssen so etwas schreiben, an Poeten der Malerei kann man etwas verdienen. Dieses Bild heißt Am Meer, wahrscheinlich es die moderne Version von Caspar David Friedrichs Mönch am Meer. Norbert Schwontkowski kam aus Bremen, genauer gesagt aus Blumenthal. Den Nachbarort kenne ich, weil meine Oma da wohnte. Und Tante Tilla mit meiner Cousine Hannelore. Und mein Vater hatte da mal seine Praxis, als die Amerikaner noch in unserem Haus waren. Schwontkowski hätte ich kennen können, habe ihn aber nie gekannt. Der einzige Maler aus Blumenthal, den ich kannte, war Willi Vogel. Der hat hier schon einen vielgelesenen Post. 

Aber zwischen dem Amateurmaler Willi Vogel, den ein Kritiker mal wohlwollend als den letzten Worpsweder bezeichnet hat, und Norbert Schwontkowski liegen Welten. Schwontkowski hat an den Kunsthochschulen von Bremen und Hamburg studiert. Mein Freund Uwe, der Kunstprofessor in Bremen war, hat ihn wahrscheinlich gekannt. Die erste Einzelausstellung hatte der junge Maler 1973 in der Kunstschau Böttcherstraße im Paula Becker-Modersohn Haus. Ein Jahr später war er schon in der Kunsthalle Bremen vertreten. Wo er 2004 eine große Ausstellung mit dem Titel Kino hatte, dies hier ist das Cover des Katalogs. Das war, sagen die Kritiker, sein großer Durchbruch, jetzt nahm man ihn auch außerhalb Deutschlands wahr. Galerien wie die Berliner Contemporary Fine Arts und die New Yorker Mitchell-Innes & Nash nahmen seine Bilder in ihr Angebot. 

Die Kunsthalle Bremen widmete ihm vor drei Jahren eine Gedenkausstellung mit dem Titel Some of my Secrets. Wenn Sie diese Seite anklicken, gibt es da auch einen kurzen Film über den Künstler zu sehen. Die Bremer Ausstellung wanderte weiter zu den Brandenburgischen Kunstsammlungen in Cottbus und zu der Kunsthalle Erfurt. Dieses Bild heißt Hochwasser. Hat sich der Maler an das Hochwasser der Weser von 1962 erinnert? Das kann er in Blumenthal ja noch erlebt haben.

Schwontkowski hatte immer Sammler, einer war der Proust Experte Reiner Speck, der auch schmales Buch über den Maler verfasst hat. Der wichtigste Förderer in Schwontkowskis Heimatstadt Bremen war Udo Seinsoth, der ein Antiquariat und eine Galerie hatte. Den habe ich gekannt, der taucht in diesem Blog schon in dem Post Uli Becker auf, weil er eine Festschrift für den Dichter Rolf Dieter Brinkmann herausgegeben hat. Die Bremer Weserburg besitzt seit 2019 über zweihundert Werke von Schwontkowski aus der Sammlung Brigitte und Udo Seinsoth. Damit haben sie wahrscheinlich die größte Sammlung des Künstlers, die jetzt mit ständig wechselnden Exponaten gezeigt wird. 2019 wurde auch ein Teil der Sammlung im Worpsweder Barkenhof unter dem Titel visuel poetry gezeigt.

Ein Element seiner Bilder, das sich nicht überall findet, ist Schwontkowskis subtiler Humor. Die Süddeutsche begann ihre Besprechung der Bremer Ausstellung im Jahre 2020 mit den Worten Ein Weiser mit Humor. Ich finde diese Darstellung des Papstes, der einsam in einer eher unheimlichen Landschaft neben seinem Papamobil sitzt, unnachahmlich. Es ist ein Bild eines gläubigen Katholiken; bevor Schwontkowski zu malen behann, wollte er Pfarrer werden. Ein Gemälde von Fra Angelico hat ihn dazu gebracht, Maler zu werden: Ich habe die Bilder früher immer gesehen, aber ich habe sie nicht erkennen können. Irgendwann, da war ich ja schon älter, da hatte ich das Gefühl, es geht ein Lichtschalter an; als ich Fra Angelico gesehen habe, da dachte ich, ich kann alles, ich begreife es, jetzt weiß ich es.

Dieses Bild (Unser kosmisches Leben) zierte den Hamburger Schwontkowski Katalogs von 2013, ein farbiges Wimmelbild von Wörtern und Begriffen. Blind Man's Faith hieß die Hamburger Ausstellung. Ebenso rätselhaft war ein anderes Bild in der Ausstellung Wie die Herde zusammenhalten, wie den Tieren die Wolle nehmen, das einen scheinbar kopflosen Schäfer vor einer Herde von Schafen zeigt, die alle mit den Namen von Malern wie Bosch, Bruegel Goya, Giotto und Vermeer beschriftet sind.  Kurz nach der Ausstellung ist Schwontkowski im Alter von vierundsechzig Jahren gestorben.

Die Ausstellung von Rainer Gröschl bringt Bilder von Norbert Schwontkowski zusammen mit Bildern von seiner Schülerin Miwa Ogasawara, die viel von ihrem Lehrer gelernt hat. Die malerische Welt der in Hamburg lebenden Japanerin ist meistens grau, Schwontkowski kann auch farbig. Dieses Bild hier ist noch einmal ein Schwontkowski, es wurde bei Van Ham für 38.700 Euro verkauft, aber es gibt auch schon Bilder des Malers im sechstelligen Bereich. Die Ausstellung Verbeugung wäre am 30. Juli zuende gewesen, aber Rainer Gröschl hat sie noch eine Woche verlängert. Jetzt ist am 6. August Schluss, da gibt es um 16 Uhr als Finissage noch ein Gespräch mit Miwa Ogasawara  und dem Kunstammler Thomas Kersig, der auch der Ehrenvorsitzende des Stifterkreises der Kunsthalle Kiel ist.

Die Galerie RAINER GRÖSCHL ist in der Holtenauer Straße 59 24105 Kiel Öffnungszeiten: Fr. + Sa. 12:00 bis 20:00 Uhr Sonntag 11:00 bis 15:00 Uhr

Mittwoch, 26. Juli 2023

100.000 Kilometer

Diese Anzeige versetzt uns zurück in die fünfziger Jahre, als man noch Autos aus Bremen kaufen konnte. Die klangvolle Namen wie Isabella und Arabella hatten, die ein bisschen nach Bella Italia klangen. Da, wo einst Borgward zuhause war, sitzt heute Daimler-Benz. Borgwards kann man heute nicht mehr kaufen, die sind alle bei den Sammlern. Mein Freund Keith hat einen P 100, den er in Berlin in einer Tiefgarage fand. Stand dort seit Jahrzehnten, die Weißwandreifen waren noch intakt. Ich hatte einen Kollegen, der zwei Isabella Coupés hatte, eins war das Ersatzteillager für das andere.

Mein Vater überlegte damals, ob er den großen Borgward kaufen sollte, aber es gab schon viele Gerüchte, dass es um Borgward schlecht bestellt sei. Sie können das alles in dem Film des Norddeutschen Rundfunks Die Affäre Borgward sehen. Mein Vater blieb der Firma Opel treu und kaufte einen dunkelblauen Admiral. Er hätte sich als Bremer ja eine Borgward Uhr kaufen können, aber das hat er nie getan. Diese Borgward Uhren hat es mal gegeben, wie man oben auf der Anzeige und auf diesem Bild sehen kann. Wahrscheinlich bekam ein Kunde, der einen Kaufvertrag unterschrieb, so etwas gleich in die Hand gedrückt. War nix Dolles, kam nicht aus der Schweiz, kam von Bifora, Kienzle und Mauthe. 

Aber - es gibt immer ein aber - heute kann man wieder Borgward Uhren kaufen. Die Firma Borgward Zeitmanufaktur GmbH & Co. KG gibt es seit 2010. Eine P 100 Uhr hat man auch im Programm, das Bild zeigt dieses Modell. Das muss ich dem Keith mal erzählen. In den Uhren der neuen Borgward Uhrenfirma ist meistens das ETA 2824 oder das 2892 drin, das ist heute ja in beinahe jeder Schweizer Automatikuhr drin. Auch in der Rolex Zweitmarke Tudor. Wenn Sie alles über dieses Uhrwerk und seine Enstehung aus den Eterna Automatikwerken wissen wollen, dann klicken Sie diese interessante Seite an.

Wir müssen schon nach Italien schauen, wenn wir ein Beispiel dafür suchen, dass ein Automobilhersteller mit einem renommierten Uhrenhersteller zusammenarbeitet. Dieser Herr ist der Ferrari Präsident Luca di Montezemolo, die Dame kennen Sie vielleicht nicht. Es ist seine langjährige Lebensgefährtin Edwige Fenech, die berühmt war für kaum bekleidete Rollen in schlüpfrigen italienischen Filmen oder schrottigen Horrorfilmen

Der Ferrari Chef hatte einen Freund namens Gino Macaluso, der früher selbst Rennen gefahren war, jetzt aber Herr über die Sowind Gruppe war. Das waren Girard-Perregaux, Ulysse Nardin und JeanRichard. Die letze Firma war so gut wie tot, wurde jetzt aber wiederbelebt. Das war die große Sache der neunziger Jahre, einen einstmals berühmten Namen mit Repliken alter Modelle neu zu vermarkten. Und dieser Daniel JeanRichard war ja vielleicht der berühmteste Uhrmacher der Schweiz. Ich habe eine schöne JeanRichard aus den fünziger Jahren, als die alte Firma noch existierte. 

Montezemolo und Macaluso verabredeten, dass die Firma Girard-Perregaux Ferrari Uhren herstellen sollte. Qualitätsuhren, deren Zifferblatt das schwarze Cavallino zierte. Die konnte jeder kaufen, auch wenn er keinen Ferrari besaß. Ferraribesitzer konnten sich bei Girard-Perregaux die Chassisnummer ihres Wagens auf den Gehäuseboden gravieren lassen. Zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens von Ferrari gab es in limitierter Edition diesen goldenen Chronographen, ich weiß nicht, was der gekostet hat.

So etwas wie die Ferrari Girard-Perregaux Partnerschaft haben wir in Deutschland nicht. Zwar gibt es Porsche Uhren, aber die haben nichts mit dem Stuttgarter Autobauer zu tun. Die ersten kamen von der Firma Orfina, sie haben ein PD auf dem Zifferblatt, was für Porsche Design steht. Das ist eine Firma, die Ferdinand A. Porsche 1972 gegründet hat. Porsche blieb nicht bei Orfina, auch Eterna und die IWC stellten Porsche Design Uhren her. Ich weiß nicht, ob Porsche Fahrer die tragen. Seit dem Jahr 2014 werden die Uhren von Porsche Design in Eigenregie in Solothurn hergestellt. Für solch einen Orfina Porsche Design Chronographen wie diesen hier zahlen Sammler heute schon mehr als für eine Rolex.

Angefangen hat die Verbindung von Autos und Uhren in Deutschland 1949. Da gab es nämlich die ersten VW Uhren, die auf dem Gehäuseboden das Firmensignet zeigen und darauf hinweisen, dass der Besitzer mit seinem Käfer 100.000 Kilometer ohne Motorschäden zurückgelegt hat. Mit der Uhr kam auch eine Bedienungsanleitung der Volkswagen AG Wolfsburg: Als Anerkennung für die sorgsame Pflege, die wesentlich zur Erreichung der 100 000 km-Grenze des Ihnen anvertrauten Volkswagens beigetragen hat, wird Ihnen diese Armbanduhr überreicht. Bitte beachten Sie, daß diese trotz ihrer hohen Präzision und bei ununterbrochener Tätigkeit einige bescheidene Ansprüche stellt, deren Anerkennung Sie ihr nicht versagen sollten. 

Ziehen Sie Ihre Uhr täglich um die gleiche Zeit auf. Denken Sie daran, daß eine wassergeschützte Uhr durch die vorhandenen Dichtungen entsprechend schwerer aufzuziehen ist als eine gewöhnliche Uhr. Nach dem Zeigerstellen drücken Sie die Krone gut hinein. Zur Kontrolle diene eine kleine Rechtsdrehung der Krone. Die Zeiger dürfen sich dann nicht mehr verstellen. Setzen Sie Ihre Uhr nicht einem zu raschen Temperaturwechsel aus. Vermeiden Sie kalte Glas- und Marmorplatten als Unterlagen. Für Störungen oder Gangungenauigkeiten ist eine Garantiezeit von 6 Monaten vorgesehen. Verzichten Sie bitte darauf, Ihre Uhr mit Werkzeugen zu öffnen, deren Verwendbarkeit im Hinblick auf dieses Präzisionsinstrument offensichtlich in Frage gestellt ist. Lassen Sie sie alle 2 Jahre vom Fachmann reinigen und ölen, sie wird es Ihnen danken. 1961 stellte VW die Vergabe von Uhren ein, eine der VW Uhren ist im Deutschen Uhrenmuseum zu sehen.

Die Uhren (immer vergoldet) kamen von Mauthe (oder deren Zweitfirma Comet), von Laco (die auch Armbanduhren für Ford machten) und von Junghans. Die VW Uhren von Junghans (die auch die Auto Union belieferten) sind eher selten. Es gab auch Uhren von der Firma Porta, die auch für Hanomag 100.000 km Uhren herstellten. Das weiß ich, denn ich habe eine, nach mehr als einem halben Jahrhundert immer noch fabrikneu, zehn Mark auf dem Flohmarkt. Zu solchen Preisen bekommt man diese Uhren nicht mehr, eine gute Mauthe VW Uhr kostet bei ebay heute schon 150 Euro. Für die hier abgebildete Uhr will der Händler 299 Euro haben. 

Die Firma Mauthe in Schwenningen gab es seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, sie stellten Wecker, Pendeluhren und Großuhren her, keine Armbanduhren. Damit haben sie erst 1946 angefangen, durch die VW Uhren kamen sie richtig ins Geschäft. Sie haben den Großauftrag von VW wahrscheinlich bekommen, weil sie die preisgünstigsten Anbieter waren. Mauthe war damals das, was Rolex nicht war, sie waren eine Manufaktur, die sich die eigenen Uhrwerke baute. Mit der Stoßsicherung Contrachoc, die es nur in Mauthe Uhren gab. In den siebziger Jahren erreichte die Quarzkrise Schwenningen, das sich einmal die größte Uhrenstadt der Welt genannt hatte. Mauthe musste schließen, eine über hundertdreißigjährige Firmengeschichte ging zuende. Nicht ganz, denn 2011 hat Bernd Mauthe wieder eine kleine Manufaktur aufgemacht, keine Armbanduhren, nur Großuhren. Schmuckstücke, die ihresgleichen suchen, steht auf der Homepage, schauen Sie sich die Kollektion einmal an.

Mein Freund Götz hat von seinem Vater eine Mauthe geerbt. Er hat sie sein halbes Leben lang getragen. Jetzt wollte er ihr ein neues Armband und eine Überholung gönnen. Wenn er zu mir gekommen wäre, hätte ich ihm ein neues Band drangemacht, ich habe noch eine Schachtel mit guten Bändern. Und die Uhr wäre zum Uhrmacher Petersen nach Flintbek gewandert. Aber nein, er musste mit seiner Mauthe in den vornehmsten Laden der Stadt gehen. Ein schnöseliger Verkäufer nahm die Uhr mit einem Ausdruck des Abscheus in die Hand und sagte: Diese Marke führen wir nicht. Das ist klar, wenn man Rolex verkauft, kennt man Mauthe nicht. Aber man kann mit einer alten Mauthe ebenso glücklich werden wie mit einer Rolex. Vielleicht glücklicher. Mauthe Uhren werden selten gefälscht und selten gestohlen.


Sonntag, 23. Juli 2023

Irina Liebmann


Die Schriftstellerin Irina Liebmann wird heute achtzig Jahre alt, dazu möchte ich ganz herzlich gratulieren. Dass ich ihre Bücher kenne, verdanke ich dem Zufall. Ich fand Letzten Sommer in Deutschland: Eine romantische Reise an einem schönen Sommertag in dem Grabbelkasten, der vor dem Antiquariat stand. Sowas gab es ja früher, auch massenhaft Grabbelkästen vor den Plattenläden. Ist alles weg, die Antiquariate und die Plattenläden. Läuft jetzt alles über ebay. Wir haben da etwas verloren. Ich hatte noch nie etwas von Irina Liebmann gehört, aber ich begann auf der Straße zu lesen. Und merkte, dass ich hier etwas ganz Besonderes in der Hand hatte. Ein sentimental journey durch Deutschland, Ost und West, wechselnd zwischen Prosa und prose poem. Von der Wasserwelt in Lebus bis zum Rhein, hoch poetisch und hoch komisch. Ein Buch, das uns unsere hässliche Wirklichkeit vergessen lassen kann - obgleich die immer auch im Buch ist.

Irina Liebmann hat als Journalistin begonnen und ist Schriftstellerin geworden. Viele Schriftsteller haben als Journalisten begonnen, Fontane und Hemingway, Rudyard Kipling, Joseph Roth und Kurt Tucholsky. Man kann die Liste beliebig verlängern. Der Journalismus kann eine gute Schreibschule sein, aus der man seinen eigenen Stil entwickelt. Und den eigenen Stil hat Irina Liebmann gefunden, eine nichtfiktionale Prosa, die immer von Poesie durchzogen ist. Da hat sie manches mit dem non-fiction novel Stil von Joan Didion gemein.

Irina Liebmann ist mit zwei Muttersprachen aufgewachsen, Deutsch und Russisch. Später hat sie noch Chinesisch gelernt. Sie wurde in Moskau geboren, weil ihr Vater Rudolf Herrnstadt nach Russland emigriert war. Er wurde nach dem Krieg Chefredakteur der Zeitung Neues Deutschland, fiel aber bald beim System in Ungnade. Forderte den Rücktritt Ulbrichts, und wurde für den Aufstand von 17. Juni 1953 mitverantwortlich gemacht. Die Revolution frisst immer ihre eigenen Kinder. Liebmann hat ein Buch über ihren Vater geschrieben, über einen Mann, der Jude, Spion und Kommunist war. Mein Vater ist verleumdet und verschwiegen worden, jeder hat ihn für seine eigenen Angelegenheiten benutzt wie einen Steinbruch – das war so, solange die Mauer stand, und nach dem Mauerfall ging es genauso weiter. Heute ein großes, freundliches Portrait eines Kandidaten des Politbüros der SED zu veröffentlichen, so was ist doch nicht so easy! hat sie in einem Interview gesagt. 

Sie musste dieses Buch Wäre es schön? Es wäre schön! Mein Vater Rudolf Herrnstadt schreiben, so wie Barbara Honigmann über ihren Vater das Buch Georg schreiben musste. Irina Liebmann hat für die Lebensgeschichte ihres Vaters 2008 den Preis der Leipziger Buchmesse erhalten. Gleichzeitig erschien das Buch in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung. Barbara Honigmann, deren Mutter einmal die Ehefrau von Kim Philby war, hat für das Buch über ihren Vater 2020 den Literaturpreis der Stadt Bremen erhalten. Vielleicht sollte man diese beiden jüdisch-deutschen Erinnerungen parallel lesen.

Hier im Café Der Hackesche Hof hat das Magazin Cicero die Autorin interviewt, vielleicht folgen Sie dem Link und lesen das Interview. Wir sind hier im Zentrum des literarischen Kosmos von Irina Liebmann. Was ist das Café Slavia gegen den / Hackeschen Hof? / Was ist die Moldau / Gegen die Spree? Und mit dem Café beginnt auch das Das Lied vom Hackeschen Markt, das erste von drei politischen Poemen. Ich habe eine kleine Leseprobe von dem Band. Hier ist die alte Mitte Berlins, die auch einmal die jüdische Mitte Berlins gewesen ist. Liebmanns Roman Die große Hamburger Straße wurde im Jahr 2020 mit dem Uwe Johnson Literaturpreis ausgezeichnet. Der Roman war der dritte Band in der Berlin Trilogie der In Berlin (1994) und Die freien Frauen (2004) vorangegangen waren. Ich habe hier auf YouTube ein sehr interessantes 80-minütiges Gespräch mit der Autorin zu ihrem Roman.

Der schriftstellerischen Erfassung des Herzens der Großstadt vorangegangen war ein Photoband der Autorin, der Stille Mitte von Berlin heißt, eine photografische Recherche auf Orwo Color rund um den Hackeschen Markt. Es war ein Projekt, das als Gedächtnisstütze gemeint war. Es wurde ein Photoessay, der zeigt, dass Straßen Geschichten erzählen und Geschichte erfahrbar machen: Nur in der Gegend zwischen nördlicher Friedrichstraße und Alexanderplatz stand damals noch ein echtes Stück von der alten Innenstadt. Es war keine Touristengegend wie heute - eher eine Rumpelkammer mit Möbelstücken der Weltstadt Berlin. Ein ganzes großes Wohnzimmer verwitterte da und verstaubte. Für uns war es der Alltag. Wir liebten die Gegend. Wir wussten, dass es ein sehr altes Stück von Berlin war und dass hier immer die arme Seite der Stadt gewesen war. Über die Häuser selber, ihre Erbauer, ihre Bewohner, wussten wir kaum etwas. Einige allerdings waren mit Gedenktafeln versehen oder sprachen für sich selber: das katholische Krankenhaus, die protestantische Sophienkirche und der älteste jüdische Friedhof Berlins. Zu dem Friedhof hatte ein Altersheim gehört, ein Denkmal erinnerte daran, dass sich hier eine Sammelstelle zum Transport jüdischer Berliner in die Vernichtungslager befunden hatte. Alles stand so da, wie es stehen geblieben war, 1945, 1950. Aber überall ragten Reste von etwas aus den Wänden - jedes Teil wie das Ende einer Wurzel, deren Pflanze man nicht kennen konnte.

Wenn ich auf der Straße vor einem Grabbelkasten zu lesen anfange, dann ist das ein Zeichen für ein gutes Buch. Und Letzten Sommer in Deutschland: Eine romantische Reise ist ein gutes, ein sehr gutes Buch. Ich ging in den Laden und legte der netten Blondine drei Euro auf den Kassentisch. Man kann die Bücher von Irina Liebmann antiquarisch preiswert bekommen. Auch Die große Hamburger Straße, für die ich noch viel Geld bezahlt habe, als das Buch erschien, ist im Preis gesunken. Wenn ich damals die Autorin nicht kannte, heißt das nicht, das sie unbekannt ist. Sie hat viele Literaturpreise bekommen. Sie könnten hier die Laudatio von Dagmar Leupold zum Literaturpreis Von Autoren für Autoren in Lübeck lesen, die sich auch auf der schönen Homepage von Irina Liebmann findet. Was in meinem Geburtstagsgruß für die Autorin steht, ist auch eine Leseempfehlung für Sie. Ein Buch möchte ich noch empfehlen, es heißt Drei Schritte nach Russland. Es ist eine liebevolle Erinnerung an ihre russische Mutter Valentina, die schöne schlanke Frau mit der Wespentaille und der Lauren Bacall Frisur. Es ist auch ein Versuch, sich in dem heutigen Russland zurechtzufinden. Ich zitiere mal die erste Seite:

Die Russen. Siebzig Jahre lang eingeschlossen, abgesperrt, vergessen. Von uns jedenfalls vergessen, ich weiß es genau, es war mir nicht angenehm, daß wir im Osten manchmal über sie sprachen, als ob es sie gar nicht mehr gibt: "Bei denen".
"Bei denen ist es natürlich noch schlechter".
Es hatte so zu sein, daß es ihnen schlechter ging als uns, daran hatten wir uns gewöhnt. Wir haben nie wirklich nach ihnen gefragt.
Wir blickten nach Westen, und jetzt?
Was Westen war, hat seine Leuchtkraft verloren.
Aber angenehm ist es im Westen noch. Ich sitze in einer großen Wohnung, seit acht Wochen ist Winter mit Schnee und Eis wie niemals zuvor, aber die Läden sind voll, die Heizung warm, nur die Zahlen auf meinem Bankkonto muß ich im Auge behalten, diese Zahlen sind der Kilometerzähler meines Lebens geworden, und nicht meines alleine, denn schon sitzen alle Regierungen Tag und Nacht zusammen und reden über nichts anderes als die Zahlen auf ihren eigenen Kilometerzählern, wir können abstürzen, rufen sie, abstürzen, ins Meer fallen, in ein Meer der wertlosen Scheine, die kein Konto wahrnehmen wird, keinen Meter wird es mehr anzeigen als zuvor, keine Zahl dafür in die Höhe treiben, wir fallen, wir fallen – und die da, die Russen? Die sehen zu.
Sollen wir zu ihnen blicken? In ihre Richtung?
Was ist denn dort? Was?
Und was waren das für Jahre, die letzten zwanzig? Was war das für ein Glanz, dem wir nachliefen? War es überhaupt Licht?

Zum Weiterlesen müssten Sie das Buch kaufen. Lohnt sich unbedingt.

Donnerstag, 20. Juli 2023

Jane Birkin ✝


Das ist die gerade verstorbene Jane Birkin in ihrem ersten Film. Ich kannte den Film, ohne ihn gesehen zu haben. Weil ich in Bremen das von Peter Zadek übersetzte Theaterstück Was ist an Tolen so sexy? gesehen hatte. Und dieses Theaterstück von Ann Jellicoe, das im Original The Knack hieß, war die Basis für Richard Lesters Film ✺The Knack. Jane Birkin hatte nur eine Nebenrolle in dem Film, die Hauptrolle hatte Rita Tushingham. Aber die machte nicht die Weltkarriere, die die schönen jungen Nebendarstellerinnen machten. 

Und damit meine ich Jacqueline Bisset, Charlotte Rampling und Jane Birkin. Und das Top of the Pops Girl Samantha Juste. Für alle vier war es ihre Filmrolle. Sie tauchen in den credits unter extras auf. Und man weiß kaum, wer wer ist. Zum einen sahen die androgynen jungen Frauen damals sowieso alle gleich aus, zum anderen sind sie hier bis zur Unkenntlichkeit geschminkt, mit viel schwarzem Kajal um die Augen, Wen Jacqueline Bisset in dem Film spielte, das weiß ich nicht mehr, aber Jane Birkin ist die auf dem Moped. Und Charlotte Rampling ist die, die Wasserski läuft.

Jane Birkin war, das versichern uns die Nachrufe in den Feuilletons, eine Stilikone. So wie sie aussah, konnte sie anziehen, was sie wollte. Wir wissen, wer Audrey Hepburn eingekleidet hat, bei Jane Birkin wissen wir es nicht, obgleich sie immer auf den Seiten von Vogue und Paris Match war. Wahrscheinlich konnte sie am Boulevard Haussmann ins Printemps marschieren und sich bei den Sonderangeboten bedienen. Sie ist einmal mit Twiggy für Modephotos aufgetreten, aber sie hatte als Model nicht die Berühmtheit, die Jean Shrimpton hatte. Die Firma Hèrmes hat eine Tasche nach ihr benannt, die heute secondhand zwischen zehntausend und hunderttausend Euro kostet. 

Das bleibt von den berühmten Schönheiten: die nach Grace Kelly benannte Kelly Bag und die Birkin Bag. Jane Birkin hatte die Firma Hèrmes verklagen wollen, nachdem sie von der Tierschutzorganisation Peta erfahren hatte, wie die Haut der Krokodile auf die Birkin Bag kommt: Ich habe Hermès aufgefordert, die 'Birkin Croco' umzubenennen, bis bessere Praktiken, die internationalen Normen entsprechen, bei der Herstellung dieser Tasche umgesetzt werden können. Man hat sich außergerichtlich geeinigt. Hèrmes ist jetzt nett zu den Krokodilen. Bei Zalando gibt es übrigens eine ganz ähnliche Tasche für neunundsiebzig Euro. Hèrmes wird sowieso überschätzt, ich habe meiner Ex mal eine Hèrmes Aktentasche geschenkt, die sich in wenigen Jahren in ihre Bestandteile zerlegt hat.

Dies Bild stammt aus einem frühen Film von Jane Birkin.: Er hat viele Frauen, aber am Ende kriegt sie ihn, und sie gehen zum Bahnhof, um Eisenbahnen zu gucken. Sie guckt gerne den Eisenbahnen nach. Das ist jetzt eine etwas kryptische Beschreibung des Films Das wilde Schaf (✺Le mouton enragé). Vielleicht spielt Romy Schneider da die Hauptrolle, aber man guckt den Film nur wegen der Nebenrollen. Wegen Jane Birkin und Florinda Bolkan. Und natürlich wegen Jean-Louis Trintignant.

Sie braucht keine großen Rollen, in vielen Filmen spielt sie nur die Nebenrolle, wie das magersüchtige Model in Blow-Up, aber sie ist immer ein eye candy. Für die anonymen Autoren des Wikipedia Artikels ist sie überhaupt keine Schauspielerin, da ist sie nur eine Sängerin von Je t’aime … moi non plus und Ähnlichem. Birkin spielte zudem in zahlreichen, oft seichten Kinofilmen, steht da im Text. Das Lied, das sie mit Serge Gainsbourg aufgenommen hatte, ist bei YouTube verschwunden. Es gibt allerdings im Netz noch die ✺Version, die Gainsbourg mit Brigitte Bardot aufgenommen hatte.

Jane Birkins Erfolg als Sängerin kam mit Serge Gainsbourg, mit dem sie viele Jahre zusammenlebte. Er ist der Svengali, der das Lolita Püppchen an seiner Seite berühmt macht. Mit ihm trat sie in einer Nebenrolle auch in diesem seltsamen Film ✺Le Roman d’un voleur de chevaux auf, in dem Gainsbourg zum erstenmal La Noyée sang. Über den Dokumentarfilm von Agnès Varda Jane B. par Agnès V. sagte Christiane Peitz in der  taz, er mache nur deutlich, dass Birkin eine schlechte Schauspielerin sei. Sie sei nur gut, wenn sie sich selbst spiele. Da ist wahrscheinlich etwas dran. Eine besonders gute Sängerin war sie auch nicht, sie war keine Juliette Gréco, keine Françoise Hardy. Aber sie machte immer weiter mit dem Singen, ihre letzte CD Oh! Pardon tu dormais… ist zwei Jahre alt. Sie wollte jetzt im Frühjahr in Deutschland auftreten, musste die Konzerte aber absagen, Kein anderer Song von Birkin wurde so berühmt wie Je t’aime … moi non plus, sie hat einmal gesagt: When I die, that'll be the tune they play, as I go out feet first.

Wenn sie sich selbst spielen kann und nicht zu singen braucht, dann kann sie wirklich gut sein. Wenn sie einen guten Regisseur hat. Wie zum Beispiel Bertrand Tavernier, der einmal als Regieassistent bei Jean-Pierre Melville angefangen hatte. Er sei ein schlechter Regieassistent gewesen, hat Tavernier gesagt, aber er wurde ein guter Regisseur. 

Tavernier war mit einer Engländerin verheiratet, die ihm die Drehbücher für seine besten Filme geschrieben hat, wie ✺Un dimanche à la campagne (Ein Sonntag auf dem Lande) oder Daddy Nostalgie (aus dem diese Photos stammen). Ich habe von diesem Film, in dem Jane Birkin neben Dirk Bogarde spielt, eine witzige ✺Kurzfassung mit der Musik von Nat King Coles These Foolish Things. Ich habe aber natürlich auch den Film ✺Daddy Nostalgie für Sie. Und ein langes Gespräch zwischen der Drehbuchautorin ✺Colo Tavernier und Jane Birkin. Wenn Sie noch fünfzig Minuten Zeit haben, dann hätte ich hier noch die arte Dokumentation ✺Jane Birkin - Muse, Sexsymbol, Ikone für Sie. Mehr gibt es heute nicht, ich war nie ein Jane Birkin Fan. Ich weiß auch nicht, ob man ihre Munkey Diaries lesen muss.

Dienstag, 18. Juli 2023

Helvetia

Helvetia ist der neulateinische Name für die Schweiz. Die Helvetier kommen schon bei Julius Ceasar in De Bello Gallico vor, der ungeliebtesten Lektüre des Lateinunterrichts. Wenn Sie den Titel von Caesars Werk anklicken, landen Sie in einer zweisprachigen Ausgabe des Textes. Falls Sie das noch einmal lesen wollen. Helvetia ist der Name einer großen Schweizer Versicherung, aber auch der Name einer Schweizer Uhrenmarke. Über die möchte ich heute ein wenig schreiben. Es gab zwar in der letzten Zeit mehrere Posts zum Thema Uhren, aber ich hatte davor sehr lange nichts über Uhren geschrieben; Leser hatten sich schon beklagt. Omega 30T2  war 2019 der letzte Post gewesen. Mit der Firma Omega hat die Firma Helvetia auch etwas zu tun, weil sie von der Familie von Louis Brandt gegründet wurde, denen eine Uhrenfabrik gehörte, die 1894 ihren Namen von Louis Brandt et Frère in Omega änderte.

Die Brandts hatten die Helvetia gegründet, damit diese Fabrik preiswerte Stiftankeruhren herstellte. Aber schon bald gaben sie die Firma auf, die dann den Namen La Générale bekam und alles andere als Billigwerke herstellte. Ihre Werke waren in den besten Uhren von G & M Lane in London und Andreas Huber in München zu finden. La Générale wurde eine Manufaktur, die ihre eigenen Uhrwerke herstellte. Eigene Werke herzustellen, ist in der Schweizer Uhrenwelt die Definition einer Manufaktur. 

Wenn man fremde Werke einkauft und einbaut, dann ist man ein etablisseur. Wie zum Beispiel Rolex, die das ganze 20. Jahrhundert keine Manufaktur waren, und nur zur Manufaktur wurden, weil sie ihren Werkhersteller Aegler für einige Milliarden Franken gekauft haben. Aegler belieferte nicht nur Rolex mit Uhrwerken, ein viel größerer Kunde war die amerikanische Firma Gruen. Hier ist ein Aegler Werk, das für Rolex (links) und für Gruen (rechts) geliefert wurde. Es ist das gleiche Werk. Mit ein wenig Glück können Sie das Werk auch noch in einer deutschen Alpina finden.

Die Manufaktur Helvetia, die dann La Générale hieß (oder für den englischen Markt General Watch Co.), hat sehr interessante Uhrwerke gebaut, die die Uhrensammler heute noch immer begeistern. Dies hier ist ein Werk aus der Kaliberfamilie 80 aus den 1940er Jahren. Es sieht aus wie viele Werke anderer Hersteller, aber es hat seine Besonderheit. Auf dem Sperrrad steht neben dem Firmennamen noch 3 Adjusts, die Uhr ist also in drei Lagen feingestellt, das sind nicht so viele Uhren. Was so aussieht wie ein kleiner Mercedes Stern auf der Unruhe, ist eine Stoßsicherung. Früher als der Rest der Schweiz haben Helvetia Uhren eine Stoßsicherung. Bis zum Anfang der 1950er Jahre verwendet die Firma diese hauseigene Stoßsicherung, dann baut sie Incabloc Stoßsicherungen ein, wie der Rest der Schweiz.

Das hier ist ein Automatikwerk von Helvetia aus den sechziger Jahren, der Rotor sitzt nicht in der Mitte des Werkes, das ist ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist auch die gesamte Konstruktion. Normalerweise ist ein Automatikwerk in einer Art Sandwich Bauweise konstruiert. Die unterste Schicht ist ein Handaufzugswerk, darüber kommt die Aufzugsmechanik mit ihrem Räderwerk. Und obendrauf der Rotor. Hier ist die Aufzugsmechanik in das Werk hineingebaut, das war damals die flachste Automatikuhr der Schweiz. Ich habe eine davon, ich weiß nicht, wo ich meine Schublehre gelassen habe, um nachzumessen; aber die Uhr ist wirklich sehr, sehr flach.

Im Zweiten Weltkrieg hat die Helvetia Deutschland beliefert, das sind Uhren, die auf dem Gehäuseboden DH (für Dienstuhr Heer) gestempelt sind. Manche Sammler sind ganz verrückt nach diesen Uhren, ich habe zu dem Thema schon einiges in dem Post Miltäruhren gesagt. Die Helvetia, die auch schon in den frühen dreißiger Jahren Pilotenuhren im Programm hatte, hat aber auch die Engländer mit Taschenuhren beliefert. Die Familie von Louis Brandt, die die Helvetia einst gründete, hat keine einzige Uhr nach Deutschland geliefert. Ihre Kriegsproduktion, das war mit 110.000 Uhren die Hälfte der gesamten Schweizer Uhrenproduktion, ging nach England. Nach dem Krieg warb die englische Omega Vertretung in einer Anzeige damit, dass die Hälfte der Uhren der Royal Air Force von Omega kam.

Der englische Feldmarschall Montgomery besuchte 1947 die Omega Fabriken in Biel, er wollte der Firma danken, die der zuverlässigste Uhrenlieferant für die Engländer im Zweiten Weltkrieg gewesen war. Monty hatte den ganzen Krieg über eine Omega getragen, jetzt bekam er eine Omega Hammerautomatik geschenkt. Zwei Jahre später kam der Feldmarschall noch einmal nach Biel. Hier unterhält er sich gerade mit dem 81-jährigen Uhrmacher Léon Gogniat, der seit 60 Jahren bei Omega war.

Auch auf dem Gebiet der wasserdichten Uhren war die Helvetia ein Pionier. Sie hatten 1929 ein Patent für wasserdichte Gehäuse bekommen, verbauten aber auch Borgel Werke. Von Borgel hatte auch Rolex sein Patent für wasserdichte Uhren gekauft. Auf dieser Uhr aus dem Jahre 1931 steht nicht der Firmenname Helvetia, hier steht nur Waterproof und Shock Absorber. Eine englische Fachzeitschrift schrieb 1934: The 'Helvetia' makers differentiate between their 'shockproof' and 'unbreakable' models, where, perhaps, others confuse the two terms and consequently confuse the trade and their wearers ... The firm hold important patents on each type. The Helvetia waterproof is a very sound job and has stood up against tests that have sent many another watch to a watery grave.

Das hier ist der Schwanengesang der Firma Hevetia, bevor die Firma in der Quarzkrise unterging, eine Helvetia GS aus den siebziger Jahren. Der Händler, der sie mir im letzten Jahr verkaufte, beschrieb sie als groß und schwer. Die meisten Uhren in dieser Zeit sehen so ähnlich aus, in beinahe allen tickt das ETA Werk 2783 oder das 2784. Manufakturwerke gibt es bei der Helvetia nicht mehr. Was man an eigenen Werken noch besaß, hat man an Firmen wie Dugena verkauft, die die schönen rotvergoldeten Werke in ihre Dugena Precision Uhren einbaute.

Ich besitze eine Taschenuhr von Helvetia, die qualitativ wohl besser ist als das, was Helvetia an die englische Armee lieferte. Also diese Uhren, die mit GS/TP und dem broad arrow gestempelt sind. Sie hat zwar Zeiger, aber leider kein Zifferblatt; ich benutze sie immer, um Gästen zu zeigen, wie eine Winkelhebelfeder funktioniert. Das hier ist eine Neuerwerbung, die mir der nette Silvio bei kleinanzeigen.de verkauft hat. Es ist auch eine Helvetia GS, aber ich weiß nicht, was das GS bedeutet. Grand Sport? Groß ist die Uhr ja, und sportlich auch. Es ist eine schöne Uhr, leider war da dieses scheußliche Fixoflex Band dran, das ich nicht von der Uhr herunter bekam. Aber der Barnie hatte das nach fünf Minuten runter, ich weiß nicht, was ich ohne ihn machen würde. Jetzt ist da ein braunes Horween Pferdelederband an der Uhr. Sieht toll aus.

In den siebziger Jahren, the decade that style forgot, wurden die Uhren immer größer und klotziger, wie diese Helvetia Beatmaster mit dem ETA 2874 hier. Also, das käme nicht an meinen Arm, obgleich ich ein Faible für die siebziger Jahre Monster habe. Ich habe da auch eine kleine Schachtel mit diesen Uhren in der Schublade, die statt eines 18 Millimeter Armbands ein 24 Millimeter Band brauchen. Manchmal hole ich eine Uhr daraus, dann kommen die siebziger Jahre wieder, das Gefühl vom Swinging London und all solchen Sachen.