Samstag, 18. Oktober 2014

Lederjacken


Der englische General John Burgoyne (den alle Gentleman Jonny nennen) wäre wahrscheinlich lieber tot umgefallen, als so etwas anzuziehen, was der amerikanische Colonel Daniel Morgan (hier ganz in weißem Leder) trägt. Selbst wenn er in ➱Saratoga mit einer ganzen englischen Armee kapitulieren muss. Da trägt man doch immer noch stilvoll die englische rote Uniform mit weißen Hosen. Und nicht das hunting shirt des amerikanischen Lederstrumpfs. Daniel Morgan, der wenig später General sein wird, hat ➱hier schon einen Post. Und über die buckskin Mode können Sie in dem Post ➱amerikanische Dandies mehr lesen. Morgan ist der einzige amerikanische Offizier, der nicht in blauer ➱Uniform erschienen ist, er ist stolz auf seine Lederkleidung.

Der Herbst steht vor der Tür, ich habe gerade meine dicke fette Lederjacke von Gimo's aus dem Schrank geholt. Da dachte ich mir, ich schreibe mal über Lederjacken. Das wird heute allerdings etwas schwierig, denn die Lederjacke ist ein Kleidungsstück, das nicht unbedingt den Zuspruch aller Herren findet. Ich lasse jetzt einmal schwarze Lederjacken mit Nieten auf dem Rücken, die auch ihren analphabetischen Trägern Hells Angels sagen, draußen vor. Auch Imitationen von Fliegerjacken aus verschiedenen Kriegen sollen hier nicht erwähnt werden. Sie kommen schon in dem Post ➱Hartmann vor.

Hollywood hat natürlich dazu beigetragen, das Kleidungsstück berühmt zu machen. Die Jacke von The Fonz Fonzarelli ist heute im Smithsonian. Was aus Marlon Brandos Schott Perfecto Jacke geworden ist, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass in einem Übersetzungskurs ein Mädel es hingekriegt hat, The Wild One mit Die wilde Eins zu übersetzen. Das sind so Sachen, die man nie vergisst. Wenn man eine schwere Pferdelederjacke von Schott trägt, dann ist das schön und gut. Wenn man ein echter Rocker oder ein amerikanischer Streifenpolizist ist.

Da ich bei Marlon Brando bin, sollte ich vielleicht noch eine andere Lederjacke erwähnen. Nämlich die, die er (hier mit Joanne Woodward) in dem Film Orpheus Descending trägt. Die deutsche Verleihversion des Films hatte den einprägsamen Titel Der Mann in der Schlangenhaut. Wir merken uns an dieser Stelle einfach nur, dass Lederjacken aus Schlangenhäuten, Fischhäuten und allen Tieren, für die man ein CITES Zertifikat braucht, nichts für den Mann von Welt sind. Krokodillederschuhe auch nicht. Das einzige, wofür man tote Krokos gebrauchen kann, sind Armbänder für Uhren.

Manchen Leuten wollen wir es erlauben, so etwas zu tragen. Wie diesem Herren hier, der Johnny Hallyday heißt. Der hat sein Leben lang nichts anderes getragen. In den sechziger Jahren lief er mit dem blonden Schnuckelchen Sylvie Vartan im Partnerlook in Leder rum, erstaunlicherweise hat ihre Ehe fünfzehn Jahre gehalten. Das hätte ich damals nicht geglaubt. Hier ist er bei seinem Konzert in Moskau im Jahre 2012, da ist er auch schon im Rentenalter. Aber irgendwie steht ihm das Leder. Und wir gestehen alle alten Rocksängern das Tragen von schwarzen Lederjacken zu. Selbst jemanden wie Udo Lindenberg, bei dem man allerdings nicht weiß, ob der jemals auf die Bühne gehörte. Ich weiß auch nicht so ganz, wie Wolf Biermann (der natürlich eine schwarze ➱Lederjacke hat) das gemeint hat, als er Lindenberg das Fettauge in der westdeutschen Wassersuppe nannte. Ich habe den Satz schon in dem Post ➱Ingeburg Thomsen zitiert, bringe ihn aber gerne noch einmal. Weil ich dann diesen Post erwähnen kann, der bei Googles Trefferliste ganz oben steht.

Während schwarze Lederjacken an französischen Chansonniers nichts Außergewöhnliches sind, finden wir sie in einem spezifisch französischen Filmgenre kaum. Diese beiden Herren spielen in Wenn es Nacht wird in Paris Gangster. Was tragen sie? Die Produkte der Pariser Schneiderkunst (lesen Sie mehr in dem Post ➱Lino Ventura), keine Lederjacken.

Lederjacken sind Taxifahrern und Kleinkriminellen vorbehalten (oder einem Mörder wie Claus von Bülow hier), der französische Gangster ist (das war schon im amerikanischen Gangsterfilm der zwanziger und dreißiger Jahre so) modebewusst. In Deutschland finden wir Leder in Gangsterkreisen auch, der schwarze Ledermantel, den ➱Gustav Gründgens in dem ➱Film M – Eine Stadt sucht einen Mörder trägt, wird hier bald Mode machen. Bei der Gestapo. Aber das lassen wir jetzt mal (wie die Lederjacke der russischen Politkommissare) lieber weg.

Die Zugehörigkeit zu bestimmten Clans, die die Schotten einst durch ihre ➱Tartans dokumentierten (ein Wort übrigens, dass die selbsternannte Modefachfrau Barbara Vinken in einem TV-Interview nicht drauf hatte, sie redete ständig von Tartar), ist modisch gesehen eine problematische Sache. In München ist es wahrscheinlich O.K., Jacken von Belstaff zu tragen. Das tut die halbe Mannschaft von Bayern München. Möchte man so aussehen? Belstaff ist ja auch schon lange keine englische Firma mehr. Wenn man diese Marke schon trägt, dann sollte es möglichst eine echte englische Belstaff Modell Black Prince aus dem Jahre 1943 sein. Das trägt dieser Herr auf dem Motorrad. Ich trage auf meinem massiven alten Damenfahrrad immer eine quietsch-orange Nylon Jacke von Allegri.

Das einzige, was in diesem Bereich akzeptabel wäre, wäre eine echte alte Jacke von Easy Rider auf der Reeperbahn. Da war ich mal mit meinem Bruder, der sich dort eine braune Easy Rider Jacke gekauft hatte. Die verkauften sich da wie geschnitten Brot. Ob sie auch das Outfit für Honor Blackman in der Rolle der Pussy Galore lieferten, weiß ich nicht so genau, Leder BHs gab es da aber schon im Laden. Auf dies Bild bin ich gestoßen, als ich Easy Rider-St Pauli-Lederjacke bei der Bildersuche eingab.

Ich gelangte so auf den Post ➱Cathy Gale, der Honor Blackman gewidmet ist (und der wird leider viel zu wenig gelesen). Damals vermuteten meine Leser wohl noch nicht, dass ich auch über Bond Girls schreiben würde. Aber wir verlassen mal diesen ganzen Bereich, in dem das Leder einen Fetischcharakter hat. Allerdings nicht ohne noch eben dieses Filmbild von Alain Delon und Marianne Faithfull zu zeigen. Ist aus einem Film von 1969, der - und darauf würden Sie jetzt nicht kommen - Nackt unter Leder heißt.

Der Easy Rider Laden (der natürlich nach dem ➱Film benannt wurde, der im gleichen Jahr wie Nackt unter Leder in die Kinos kam) gehörte einem richtigen Grafen, einem Rolf Graf von Hardenberg. Der ist vor einigen Jahren gestorben, da war auch Tim Mälzer bei der Beerdigung. Weil er jahrelang im Easy Rider gejobbt hatte. Die Lederjacke meines Bruders sah am Anfang toll aus, hat aber nicht so lange gehalten, wie Lederjacken eigentlich halten sollten. Nach ein paar Jahren konnte man die schlechte Verarbeitung und die schlechte Qualität des Leders sehen. Na ja, ein easy rider ist im amerikanischen Slang ein Nuttenpreller, das ist ja weniger bekannt.

Haltbarkeit ist nun genau das, was der Träger von Lederjacken haben will. Lederjacken müssen lange halten. Meine erste Lederjacke kam aus einem Laden in Bremen, wo der Meister die Dinger noch selbst anfertigte. Es war eine Wildlederjacke, die einige Zeit brauchte, bis der feingeschliffene Lederstaub verschwand. Nordseewind und Dünensand auf Langeoog halfen dabei. Ich habe sie immer noch, sie ist inzwischen über fünfzig Jahre alt. Sie ist ein büschen lütt, sieht aber immer noch gut aus.

Wahrscheinlich habe ich mir deshalb die ultimative Wildlederjacke, die Valstar Valstarino, nicht bei Kelly's für neunhundert Euro gekauft, sondern für 22,80 € bei ebay ersteigert. Valstar ist eine Firma, die für ihre Qualität berühmt ist. Ich hatte mal einen Valstar Regenmantel, der hat länger gehalten als jeder ➱Burberry. Wildlederjacken sind ein Problem, irgendwie sind sie doch eher etwas für Leute, die einen Schlips zur Lederjacke tragen. Vor allem, wenn sie von Rupp & Taureck kommen. Deutsche Hersteller von Lederjacken sind eh mit Vorsicht zu genießen. Kapraun hat einen sehr guten Ruf, was die Qualität betrifft. Aber wie sehen die Jacken aus?

Wir wollen einmal österreichische Firmen wie Frauenschuh und Handstich von der Kritik ausnehmen, die sind im Augenblick schwer angesagt. Und dann gibt es da noch die Kölner Firma Hack, die von Manufactum angespriesen wird: Aus Rindleder regionaler Herkunft wird diese von der Motorradbekleidung der 1960er Jahre beeinflußte Jacke von Hack in Köln gefertigt. Das 1 mm starke Leder kommt aus dem Taunus, wo es traditionell nur mit pflanzlichen Gerbstoffen gegerbt wird. Die Spuren eines Tierlebens (Dornenrisse, Stiche) werden durch die Faßfärbung bewußt nicht mit Farbe zugespritzt und abgedeckt. Wer schreibt da nur diese Texte? Ich vermute ja immer, dass das gescheiterte Germanistikstudenten sind, die den Taxischein nicht geschafft haben.

Eigentlich gehen für Lederjacken nur Italiener, wie Gimo's oder LaMatta. Und natürlich Franzosen. Wenn sie Seraphin (die auch Jacken und Mäntel für Hermès machen) heißen. Die von Henri und Seraphina Zaks in Paris gegründete Firma mit dem wunderbaren Werbespruch Un ange passe, Un Séraphin est éternel verdankt ihren Aufstieg diesem Herrn hier (lesen Sie ➱hier alles dazu). Ich habe die Firma schon in den Posts ➱Waltz into Darkness und ➱Endzeit erwähnt, aber sie braucht von mir keine Reklame, sie stellen das ultimative Produkt her. Nicht immer geschmackssicher (eben sehr französisch), und die Größen stimmen nie, aber die Qualität ist traumhaft. Ich besitze einen Mantel von der Firma, antikisiertes Leder und federleicht.

Überhaupt nicht federleicht sind Jacken aus Pferdeleder. Ich habe eine von Uli Knecht, ich weiß nicht, ob ich die in diesem Leben noch weich kriege. Aber so eine fette Pferdelederjacke macht schon etwas her. Am besten mit einer ganz dunklen Sonnenbrille, it's never too dark to be cool. Als Uli Knecht, der inzwischen wie ➱Thomas Rusche von der Firma Soer auch Kunst sammelt, seinen ersten Laden aufmachte, gab es bei ihm Hemden von Guy Rover und Orian und Schuhe von Alden. Und ansonsten gab es Kiton und Caruso. Und Lederjacken. Aus dem Laden ist ein kleines Imperium geworden, und wenn es mit den Marken ein wenig nach unten gegangen ist, die Lederjacken von Uli Knecht haben einen sprichwörtlich guten Ruf.

Ein anderer Deutscher, der ein kleines Imperium hat (obwohl das ständig von der Insolvenz bedroht ist), ist Hein Gericke. Was hat der Sohn eines Berliner Chirurgen nicht schon alles gemacht? Seine Läden für Motorradfahrer gibt es überall in Deutschland, der größte Motorradhändler der Welt ist er auch einmal gewesen. Auch im Geschäft mit Luxusfahrrädern hatte er einmal sein Finger. Hier hervorzuheben ist sein leider kurzlebiges Unternehmen Hein Gericke Classics in Düsseldorf. Die hatten hervorragende Lederjacken im Angebot. Und da ich bei untergegangen Firmen bin, sollte ich noch Baldessarini erwähnen. Als die Firma (die ➱hier einen langen Post hat) noch zu Hugo Boss gehörte, machte die auch sehr gute Lederjacken.

Lederjacken sind, wie gesagt, nicht für jeden etwas. Bertolt Brecht (hier auf einem Bild von Rudolf Schlichter), der sie gerne trug, wollte mit dem Kleidungsstück wohl seine Ablehnung des bürgerlichen Establishments ausdrücken. Uwe Johnson wohl auch. Für ➱Arno Schmidt war die scheußliche grüne Lederjacke (die in seinem Werk häufiger auftaucht) wahrscheinlich nur ein praktisches Kleidungsstück. Sie ist heute in einem Museum, wie so viele andere Lederjacken von Prominenten. Heinz Rudolf Kunze, der in einem Text die schönen Zeilen hat Alle hatten sie mehr Frauen als ich. Dafür habe ich mehr Lederjacken, hat gerade eine seiner Jacken einem Museum gespendet. Auch Peter Maffay - der ohne Lederjacke nicht denkbar ist - hat schon Lederjacken für einen guten Zweck gespendet. Wo die Lederjacke geblieben ist, die Udo Lindenberg dem Erich Honecker geschenkt hat, weiß ich nicht. Aber wir kennen natürlich alle die Verse aus dem Sonderzug nach Pankow:

Honey, ich glaub', Du bist doch eigentlich auch ganz locker
Ich weiß, tief in dir drin, bist Du eigentlich auch'n Rocker
Du ziehst dir doch heimlich auch gerne mal die Lederjacke an
Und schließt Dich ein auf'm Klo und hörst West-Radio

John Harvey sagt in seinem ➱Buch Men in Black: This is not to suggest that street black, the youth sub-culture use of black, is necessarily fascistic, hell's angelic, or street-dangerous. The black leather-jacket, as the anti-uniform of rebels without causes, is associated not only with Brando but also with James Dean, in essence, or in myth, the non-violent, non-dangerous, tragic rebel soul. Ach, wie schnell kann man heute zu einem Nachfolger des Byronic Hero mit einer tragic rebel soul werden. Einfach eine schwarze Lederjacke kaufen, und schon ist man einer dieser rebels without causes. Ich lasse diese Uniform jetzt einmal weg, mehr kann man dazu in Mick Farrens The Black Leather Jacket lesen.

Die schwarze Lederjacke hat viel von ihrer Gefährlichkeit verloren. Die Welt von The Wild One und Scorpio Rising ist längst vergangen. Im Jahre 1958 schrieb die Zeit unter dem Titel LederjackenDer Bremer Wirtschaftssenator Hermann Wolters wurde letzte Woche auf dem Markt der Bonner Altstadt von drei jugendlichen Banditen niedergeschlagen und seiner Barschaft in Höhe von 800 DM beraubt. Wolters lag fast eine Stunde besinnungslos, bevor Passanten ihn fanden. Wichtiger Hinweis der Polizei: der Haupttäter trug eine Lederkombination, wie Motorradfahrer sie tragen. Also auch hier wieder: die „Lederjacken“. Die Polizeiberichte allüberall im Land sind voll von solchen gefährlichen Übergriffen jugendlicher Banditen. Ihr Radius ist durch die Motorisierung ziemlich groß. Daß sie in Rudeln auftreten, macht alles so gefährlich. Sie verteilen Anerkennung nach der „Kühnheit“ der Taten. Das ergibt den Straßenraub aus Angabe. Wir wissen, dass die Geschichte nicht wahr ist (lesen Sie ➱hier mehr dazu), der Bremer Senator war nur hackevoll aus einem Bonner Bordell auf die Straße befördert worden.

Der Artikel der Zeit suggeriert ein Übergreifen einer angeblichen amerikanischen Bewegung von der The Wild One nur die Spitze eines Eisbergs zu sein schien. Und so musste natürlich auch ein Film wie Die Halbstarken 1956 gedreht werden (in dem Horst Buchholz nicht mal eine Lederjacke trug) und die Furcht vor den Halbstarken geschürt werden. Der Soziologe Helmut Schelsky diagnostizierte in seinem Buch Die skeptische Generation 1957 hier schon so etwas wie eine nationale Hysterie: in dieses aus publizistischen Gründen aufgeblasene Schlagwort ist von der Jugendkriminalität über die Jugendverwahrlosung, von Jugendstreichen und -flegeleien bis zu dem Konsumrowdytum gelegentlicher Alkoholexzesse, von den Jazzfans und Beboptänzern bis zu den Motorradrasereien und den Krawallen und Aufläufen so ziemlich alles hineingestopft worden, was den Erwachsenen als "Notstand" oder wenigstens als unerfreulich, wenn nicht nur unverständlich an der Jugend wieder einmal auffiel.

Wenn wir nun schwarze Lederjacken, die der englische Dichter Thom Gunn ja einmal so gut fand, dass er das Gedicht Black Jacket schrieb (es gibt hier dazu auch noch ein ➱Video), beiseite lassen, was bleiben uns für andere Farben? Grün geht nicht, das haben wir an Arno Schmidt gesehen. Rot? Ich habe Anfang der sechziger Jahre mal einen Typ mit einer roten Lederjacke gesehen, der in einer Aufführung von Bizets Carmen einen Strauß roter Rosen auf die Bühne zuwarf und dann die Oper verließ (ich habe das schon ➱hier erwähnt), das war aber auch die einzige überzeugende rote Lederjacke, die ich je sah. Geht gelb? Ich weiß nicht. Schauen wir doch mal eben in Wladimir Kaminers Onkel Wanja kommt: Eine Reise durch die Nacht: „Tolle Jacke!“, sagte einer der Syrer, der direkt vor dem Imbisseingang stand, und zeigte auf meine dunkelgelbe Lederjacke. Ich nickte. „Ich habe euch Russen sofort bemerkt!“, gab der Syrer an. „Alle Russen tragen Lederjacken, Russen stehen Lederjacken gut“, setzte er philosophisch fort. „Ich komme aus Syrien, mir stehen Lederjacken überhaupt nicht. Meine Frau sagt immer: ‚Zieh die sofort aus, du bist zu groß für eine Lederjacke. Kauf dir lieber ein Sakko.‘“ 

Nein, Lederjacken müssen braun sein. Und aus Italien kommen. Ich hatte mal eine von Henry Cottons, die war wirklich toll. War keine echte Lederjacke, das Mittelteil und die Ärmel waren eine Wachsjacke. Auf den Ärmeln waren aber große Lederflecken. ➱Kelly verkaufte die damals in allen Farben, kostete über tausend Mark und war hier im Ort und auf Sylt Kult. Sie hat sehr lange gehalten (und ist auf tausend Photos), ich trauere ihr noch immer nach. Obwohl die Firma Henry Cottons gute Jacken macht, so etwas hatte sie nie wieder im Angebot. Ich habe mal einen Vertreter der Firma getroffen, ein reizender Mann, der Schüfftan sagte und mir seine Visitenkarte überreichte. Sie tragen einen berühmten Namen, sagte ich. Ja, der Golfspieler, erwiderte er. Von einem Golfspieler namens Schüfftan hatte ich noch nie gehört. Ich meinte natürlich den Filmpionier Eugen Schüfftan, der das Schüfftan Verfahren erfunden und den Filmklassiker Hafen im Nebel photographiert hat (und ➱hier schon im Blog vorkommt). Daniel Schüfftan wunderte sich, dass es jemanden gab, der  ausgerechnet diesen Verwandten kannte.

Mit der Firma Henry Cottons bin ich bei den Italienen gelandet. Heutzutage scheinen alle Qualitätsjacken (Leder und Stoff) aus Italien zu kommen. Wenn sie nicht aus Österreich kommen, neben Frauenschuh und Handstich muss natürlich Schneiders in Salzburg mit seinen Marken Schneiders, Amadeus und Habsburg genannt werden. Wir in Deutschland haben da nichts zu bieten. In den fünfziger Jahren machten Fausel (Wilhelmsdorf) und ➱Regent mal Freizeitjacken, aber die waren ziemlich spießig. Aber was italienische Firmen wie Capalbio (leider von Belstaff geschluckt), Herno, Valstar, Mabrun und Allegri (und wie sie alle heißen) herstellen, das ist schon Qualität. Von auf Leder spezialisierten Firmen wie LaMatta (hier eine Anzeige der Firma aus dem Jahre 1985) oder Gimo's ganz zu schweigen.

Und natürlich haben die renommierten italienischen Firmen meist auch qualitativ hochwertige Lederjacken im Angebot, auch wenn sie sie nicht selbst herstellen. Wenn Luciano Barbera Lederjacken anbietet, dann wird es schon Qualität sein. Ist es auch, ich habe seit Jahren eine. Ich will Ihnen lieber nicht erzählen, was ich bei ebay für eine nagelneue Luciano Barbera Jacke bezahlt habe. Aber den Kaufpreis der schwarzen gefütterten Gimo's Jacke, den will ich Ihnen nicht verschweigen. Das waren zwölf Euro achtunddreißig (plus sieben Euro Porto). Nagelneu. Ich habe ein Händchen für so etwas. Und es macht natürlich viel mehr Spaß, etwas Luxuriöses zu tragen, wofür man keine vierstellige Summe bezahlt hat. Das habe ich wohl schon in dem ➱Post preloved angedeutet. Aber für alle anderen muss ich sagen, dass eine gute Lederjacke preislich leider im vierstelligen Bereich liegt. Und die gibt man dann auch nicht wieder her. Wie die Sportfreunde Stiller sangen:

Ich schenke Dir, ich schenke Dir, schenk Dir mein ganzes Leben.
Meine Lederjacke kriegst Du nicht.
Ich schenke Dir, ich schenke Dir, schenk Dir mein ganzes Leben.
Meine Lederjacke kriegst Du nicht.

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