Da haben sie wieder einen erwischt, rechts auf dem Bild. Einen Mann mit einem langen Mantel und einem Schlapphut mit breiter Krempe. Lange Mäntel und breitkrempige Hüte waren die Tracht der Männer in Madrid, aber seit dem 10. März 1766 sind der sombrero redondo und die capa larga zu tragen. Die Regierung macht Mode: die Herren sollen den Dreispitz tragen und kurze Mäntel nach französischer Mode. Höchstens bis zum Po.
Der Marqués de Esquilache, ein Italiener, den der spanische König Karl III (der zuvor König von Neapel und Sizilien war) aus Italien mitgebracht hatte, soll das durchsetzen. Weil man in den langen Mänteln Waffen verstecken und unter der breiten Krempe das Gesicht verbergen könne. Wir haben seit dem Jahre 1985 ein Vermummungsverbot, im Madrid des reformerischen Karl III gibt es das schon früher. Aber die Männer in Madrid halten nichts von einer staatlich verordneten Herrenmode, dreizehn Tage nach dem Erlass vom 10. März bricht der Madrider Hutaufstand los.
Es ist ein unblutiger Aufstand. Der König flieht erst einmal sicherheitshalber nach Aranjuez und überlässt die Regierung dem Grafen Pedro Pablo Aranda. Der Marqués de Esquilache wird entlassen und verlässt das Land. Und die Jesuiten beruhigen die Bevölkerung, Goya hat das hier gemalt. Als der Graf Pedro Pablo Aranda seine Landsleute daran erinnert, dass ihre geliebte Tracht eigentlich vor vielen Jahren die Tracht der Henkersknechte gewesen sei, da ziehen die Herren plötzlich ganz schnell das kurze Mäntelchen an und setzen den Dreispitz auf.
Obgleich die Jesuiten die Sache beruhigt haben, verdächtigt man sie jetzt, dass sie hinter dem Ganzen steckten. Die Jesuiten sind im Zweifelsfall immer schuld. Oder die Juden oder die ➱Freimaurer, es ist immer gut, wenn man einen Sündenbock hat. Der Hutaufstand führt auch zur Aufhebung des Jesuitenordens in Spanien, Portugal und Frankreich. Dies hier ist der Minister Marquis von Pombal, der die Jesuiten aus Portugal vertrieben hat und jetzt mit einer Pose der grandezza auf die Schiffe zeigt, mit denen sie das Land verlassen. Ein wunderbares Bild.
Heute trägt ja kaum noch jemand einen Hut. Dabei sehen Hüte gut aus, wie man hier am Beispiel von Alain Delon sehen kann. Ich hatte immer Hüte. Zuerst kamen die aus England, aber vor fünfzehn Jahren habe ich für einen Fuffi ein halbes Dutzend Italiener gekauft. Drei Borsalino Hüte, einer von Vanzina und zwei von Panizza. Die Marke gibt es heute nicht mehr, die Fabrik in Ghiffa ist jetzt ein Hutmuseum.
Es gab in diesem Blog mit den Posts ➱Hüte und ➱Bowler Hat schon mal etwas zum Thema Hut. Vielleicht schreibe ich irgendwann noch einmal etwas mehr dazu. Und ich trage natürlich weiterhin Hüte, auch wenn alle Welt Baseball Mützen trägt. Denn wie heißt es in Der kleine Prinz: Warum sollten wir Angst vor einem Hut bekommen?
Lehrreich und überlegenswert. Ich denk mal darüber nach, mein kahles Haupt gutbürgerlich zu bedecken.
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