Roland mit de spitzen Knee, segg mol, deit di dat nich weh, war unsere Bremer Version des Rolandliedes. Weil wir ja in Bremen einen Roland haben und schon in der Volksschule alles über diesen treuen Paladin und angeblichen Neffen von Karl dem Großen lernten. Wie er in der Schlacht von Roncevalles vergeblich in sein Horn Oliphant blies, damit Karl ihn hören könne. Und zurückkäme, um seine Nachhut zu retten. Das Bild hier zeigt Karl den Großen, wie er seinem Grafen Roland das Horn und das Schwert Durendart übergibt. Es stammt aus der Weltchronik des Rudolf von Ems, die ein Rolandslied enthält, geschrieben von einem unbekannten Autor, dem man den Namen Der Stricker gegeben hat. Die plattdeutschen Knittelverse bestehen natürlich nicht nur aus den oben zitierten Zeilen. Vollständig heißt es: Roland mit dat kruse Haar, Wat he kickt so sunnerbar! Roland mit den Wapenrock Steiht so stief as wi een Stock. Roland mit de spitzen Knee, Segg maal, deit di dat nich weh.
Und dann gibt es da noch - bevor ich zum eigentlichen Rolandslied kommen kann - das Gedicht Roland, der Ries', am Rathaus zu Bremen von Friedrich Rückert, was angeblich ein Lied gegen Napoleon ist. Die Zeilen Wollten ihm Welsche Nehmen die Wacht und Wollten ihn Welsche Werfen in Nacht sollen sich dagegen richten, dass die Franzosen den Roland zerstückeln wollten. Rückert (der auch glaubte, dass Roland an langer Lanz lehnet) muss da etwas falsch verstanden haben: es sind nicht die Franzosen, die den Roland zerlegen und mit seinen Steinen den Marktplatz pflastern wollen. Es sind die Bremer Stadtplaner gewesen. Stadtplaner und Architekten sind ja für Städte ebenso verderblich wie Krieg und Bomben. Nach der lokalen Geschichtsklitterung soll eine Eingabe des amtierenden Maire von Bremen Dr Wilhelm Ernst Wichelhausen nach Paris die Zerstückelung der Statue verhindert haben. Weil er kurzerhand Roland zu einem Heiligen machte: A l'exception d'une ancienne statue colossale sur notre marché représentant saint Roland, patron de la ville de Brème, qui est sans la moindre valeur esthetique il n'existe pas même un monument public digne d'etre mentionné. Und gegen Heilige können die Franzosen ja nichts sagen.
Geht's noch? Was sollten Napoleon irgendwelche Heilige interessieren? Die Eingabe von Wichelhausen, Sohn eines Weingroßhändlers (also aus der Aristokratie Bremens) und Professor am Gymnasium illustre, bezieht sich auf einen ganz anderen Vorgang. Eine Anfrage der Franzosen aus dem Jahre 1811 nach eventuellen Kunstschätzen, die man abtransportieren könne. Da schreibt er, dieser Roland sei ja nur sans la moindre valeur esthetique, das lohne den teuren Transport nicht. Und er hat eigentlich gar nichts gegen die neuen Pläne zur Neugestaltung des Marktplatzes, die unter anderem der Architekt Jacob Ephraim Polzin vorgelegt hat. Doch Paris stoppt den Abriss des Roland. Hat ein Bürokrat gesehen, dass da mit Karls treuestem Paladin, dem Markgrafen der bretonischen Mark, ein kleiner französischer Nationalheiliger auf dem Bremer Marktplatz steht? Der französische ingénieur en chef des Département des Bouches du Weser legt Widerspruch gegen seine eigene Regierung ein und verteidigt den geplanten Abriss des Rolands noch im Jahre 1813. Jacob Ephraim Polzin darf den Marktplatz nicht mit dem Elmkalkstein und dem Obernkirchener Sandstein (den auch Bremer Stein nennt) pflastern, aus dem der Roland besteht. Aber er darf diese Bibliothek am Domshof bauen. Und später unsere Kirche in Vegesack, eine der wenigen klassizistischen Kirchen, die nicht von Schinkel gebaut wurde.
Aber der Roland bleibt stehen, kurz danach sind Tettenborn Kosaken in Bremen und der Roland wird zu einem Freiheitssymbol, sozusagen zu Bremens Freiheitsstatue. Ein halbes Jahrhundert lang feiert man den 5. November als Tag der wiedererstandenen Freiheit und schmückt die Statue mit Blumen. Heute hängt man dem steinernen Weltkulturerebe zur Zeit des Freimarkts ein Lebkuchenherz um, auf dem Ischa Freimaak! steht. Ischa auch scheun. Er hat ein stilles Lächeln auf dem Gesicht, er nimmt alles ungerührt hin. Auch damals, als vor seinen Augen die Bremer Straßenbahnunruhen tobten. Und an den Tagen, an denen Werder Bremer Deutscher Meister wurde (das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen), soll er auch - Wat he kickt so sunnerbar! - sein Gesicht nicht verzogen haben.
Wir sind in Bremen nicht die einzigen, die einen Roland haben. Es gibt solche Statuen in mehreren Orten in Deutschland. Zum Beispiel in Bederkesa oder in Bad Bramstedt, der Roland dort ist wahrscheinlich der nördlichste Roland. Es ist ein weiter Weg vom Tal von Roncevalles bis nach Bad Bramstedt. Der Roland von Bad Bramstedt ist auch schon alt, seit 1693 steht er da, vorher gab es hölzerne Rolande. Die hat es in Bremen auch gegeben, bevor man 1404 den steinernen Roland meißeln ließ. In einem Rechnungsbuch von 1405 kann man lesen: do na ghodes bord weren ghaen MCCCC und IIII ja, let dr rad to Bremen buwen Rolande von stene. Die Kosten wurden mit hundert unde seventich Bremer mark beziffert. Die Statue ist, bis auf die in den Jahrhunderten wechselnde Bemalung, beinahe noch original geblieben.
Nur den echten Kopf hat er nicht mehr, das Original ist heute im Bremer Focke Museum zu besichtigen. In Bremen hält sich hartnäckig das Gerücht, dass das Landesamt für Denkmalpflege noch einen zweiten Roland in Reserve hat, aber das ist nicht wahr. Rembrandts Nachtwache hat man im Zweiten Weltkrieg zusammengerollt und in den Dünen bei Heemskerk versteckt, später unter der Erde im Sint Pietersberg bei Maastricht. Der Bremer Roland wurde nicht abgebaut. Zuerst bekam er eine Holzverschalung, die danach zusätzlich mit Klinkern umgeben wurde. So hat er den Krieg unbeschadet überstanden. Besser als der Rest von Bremen.
Auf einer Tafel am Fuße des Rolands in Bad Bramstedt ist zu lesen: Symbol der Handelsgerechtsame im Ochsenhandel. Unser Bremer Roland hat natürlich nichts mit dem Ochsenhandel zu tun, er steht für die Freiheit der Stadt. Angeblich von Karl der Stadt verliehen: vryheit do ik ju openbar / d’ karl vnd mēnich vorst vorwar / desser stede ghegheuen hat. Steht drauf, muss wahr sein. Deshalb trägt Roland auf seinem Schild auch den Reichsadler, das Recht dazu verdankt Bremen einer gefälschten mittelalterlichen Urkunde. Manchmal wird die Symbolik auch etwas verändert wie auf diesem Photo. Da ist mir allerdings das Lebkuchenherz mit Ischa Freimaak! lieber.
Oben sind die Karl und Willehad auf einem Gemälde (vermutlich von Bartholomäus Bruyn) aus dem 17. Jahrhundert zu sehen, das das Bremer Rathaus schmückt. Die Sache mit dem ersten Bischof ist etwas umstritten, die Stiftungsurkunde des Bistums von 788 ist auf jeden Fall eine Fälschung aus späterer Zeit. In Bremen, wie immer es damals ausgesehen haben mag, ist der Frankenkaiser selbst nie gewesen. Da ist er nur auf dem Gemälde im Rathaus zu sehen und wie hier (wieder mit Willehad, der einst Widukind taufte) im Bremer Dom.
Und es gibt noch ein kleines Denkmal für Karl, errichtet von dem Marschendichter Hermann Allmers hinterm Deich in Rechtenfleth. Angeblich ist Karl dort mit seinem Heer über die Weser gekommen, was wie alle Geschichten, die sich um ihn ranken, natürlich auch nicht stimmt. Und das ist das Problem mit all den schönen Geschichten, die sich um Karl den Großen und um den Grafen Roland ranken: die meisten halten der genauen Überprüfung nicht stand. Im Heimatkundeunterricht war das alles so schön eindeutig:
Als Kaiser Karl die Bremer zu Christen machen wollte, gab er ihnen auch das Recht Markt und Gericht zu halten. Zum Zeichen dafür stellten sie ein steinernes Ritterbild auf den Markplatz, Roland genannt. Roland war ein treuer Begleiter seines Kaisers. Eines Tages zog der Kaiser mit seinen Soldaten in den Krieg gegen Spanien. Auf dem Rückweg teilte er das Heer in zwei Gruppen. Roland führte die Nachhut. Im Gebirge wurden sie von den Spaniern überfallen. Roland blies in sein Horn, um den Kaiser zu Hilfe zu rufen. Aber er blies so stark, daß seine Halsschlagader platzte. Als Karl mit seinen Soldaten zurückkam, war Roland schon tot. So steht es im Heimatkundeheft des achtjährigen Jay, sorgfältig vom Verfasser mit Buntstift koloriert. Das nächste Kapitel dieses kleinen Historienbuches heißt Gräfin Emma und der Krüppel, dieser Krüppel ist angeblich zu Füßen des Rolands zu sehen. Aber das ist eine andere Geschichte. Sie ist wahrscheinlich auch nicht wahr. In der Schule hat man Wahrheiten, später hat man nur noch Zweifel.
Das Horn Oliphant (ein Wort, dass von Elephant kommt, weil es aus Elfenbein ist) kommt in der Geschichte in meinem Heimatkundeheft nicht vor. Die Sache mit der Halsschlagader findet sich nicht in allen Quellen, nach anderen Darstellungen zerstört Roland vor seinem Tod (Sie können hier von einem Blogger namens Dikigoros eine etwas schräge, aber hochinteressante Seite dazu lesen) Horn und Schwert. In einer anderen Darstellung erschlägt er im Sterben noch einen Sarazenen mit seinem Horn. Im altfranzösischen Rolandslied (hier im Volltext mit englischer Übersetzung) kommt das Wunderhorn, das man so weit hören konnte, natürlich vor:
Cumpainz Rollant l'olifan car sunez:
Si l'orrat Carles, ferat l'ost returner,
Succurrat nos li reis od tut sun barnet.»
Respont Rollant: «Ne placet Damnedeu
Que mi parent pur mei seient blasmet
Ne France dulce ja cheet en viltet!
Einz i ferrai de Durendal asez,
Ma bone espee que ai ceint al costet:
Tut en verrez le brant ensanglentet.
Felun paien mar i sunt asemblez:
Jo vos plevis, tuz sunt a mort livrez.
Wenn er jetzt das Horn blasen würde, hätte Karl ihn hören können (eine englische Übersetzung dieser Stelle finden Sie unter LXXXV. Aber das will Roland nicht, er will nicht in der Heimat als Feigling erscheinen, er will die Heiden sein Schwert Durendart kosten lassen. Heldentum und Nachruhm werden durch den Verzicht auf die Vernunft erkauft. Ritter wollen den Untergang, den dramatisch inszenierten Tod. Das können die Dichter auch besser verkaufen, vom Chanson de Roland bis zu Marion Zimmer Bradley. Bei einem Chronisten wie Einhard ist das alles nicht so spektakulär.
Da waren die Franken in das Tal hineingeritten, nichtahnend, dass die Basken (die sich Karl durch die Plünderung von Pamplona zu Feinden gemacht hatte) nur auf sie warten. Die haben das Hauptheer passieren lassen und stürzen sich jetzt auf den langsamen Tross und die Nachhut, drängen sie in die Tiefe des Tals und metzeln sie dann Mann für Mann nieder. Plündern den Tross und machen sich im Schutze der Nacht davon. Tausend Jahre später wird hier wieder eine Schlacht geschlagen, aber da sind die Gegner der Franzosen keine Sarazenen oder Basken, da sind es die Engländer unter dem Marquess of Wellington (hier im Bild).
Die Basken haben gegen Roland und sein Heer den Vorteil, dass sie die Gegend kennen und keine schweren Rüstungen tragen wie die Franken, die mit ihrer Reiterei auf diesem Grund und Boden geradezu unbeweglich sind. Des Königs Seneschall Eggihard, der Pfalzgraf Anshelm und Roland, Markgraf der Bretagne, werden mit vielen anderen fallen. Und man kann diese Schmach nicht einmal rächen, weil der Feind so schnell nach der Tat verschwunden war und es nicht den kleinsten Hinweis gab, wo sie seien: Neque hoc factum ad praesens vindicari poterat, quia hostis re perpetrata ita a dispersus est, ut ne fama quidem remaneret, ubinam gentium quaeri potuisset. So steht es bei Einhard in seiner Vita Karoli Magni, einer der Quellen für das Ereignis. Sparsam und nüchtern, alle Personen, die das Rolandslied bevölkern, fehlen hier. Lediglich eine Erwähnung des Hruodlandus Brittannici limitis praefectus. Wo ist der streitbare Bischof Turpin geblieben? Wo ist sein treuer Freund Olivier, der Roland drängte, das Horn zu blasen? Wo ist das Horn Oliphant? Das alles kommt später, wenn die Dichter die Geschichte erzählen.
Noch bevor das Chanson de Roland aufgeschrieben wurde, kann es mündliche Versionen gegeben haben. So findet sich im Roman de Rou des Wace die Erwähnung eines normannischen Barden namens Taillefer, der in der Schlacht von Hastings im Jahre 1066 ein Rolandslied singt:
Taillefer, qui mult bien chantout,
sor un cheval qui tost alout,
devant le duc alout chantant
de Karlemaigne e de Rollant,
e d'Oliver e des vassals
qui morurent en Rencesvals.
In Frankreich steht das Chanson de Roland, das im Verlaufe der Jahrhunderte zu einem Nationalepos wurde, noch auf dem Stundenplan der Schulen. Wenn man früher Romanistik studierte, musste man es auch kennen. Ich weiß noch, dass mein Freund Peter das in den Semesterferien übersetzte, das hielt mich davon ab, Romanistik zu studieren. Niemand hatte mir damals gesagt, dass man im Anglistikstudium Altenglisch (mit Willehad hätte ich mich prima unterhalten können) und Mittelenglisch lernen musste. Und Gotisch, Alt- und Mittelhochdeutsch im Germanistikstudium. Aus dem Mittelhochdeutschen stammt auch das Rolandslied des Pfaffen Konrad. Das gibt es natürlich auch in einer neuhochdeutschen Fassung, Sie können hier die Schilderung vom Tod Rolands lesen. Wenn Sie das Ganze auf Mittelhochdeutsch lesen wollen, auch das gibt es hier. Das Ganze gibt es hier auch gesungen. Und wenn Sie noch mehr Roland haben wollen, könnten Sie hier noch Ariosts Rasenden Roland lesen. Können Sie aber auch lassen, ich habe es nie zu Ende gelesen.
Wir haben in Bremen noch einen zweiten Roland, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Der wurde 1737 als Brunnenfigur in der Neustadt aufgestellt, wohin sich allerdings selten Touristen verirren. Er bekommt auch niemals ein Lebkuchenherz mit Ischa Freimaak umgehängt. Er stammt wahrscheinlich aus der im Teerhof gelegenen Werkstatt des Bremer Steinbildhauers Theophilus Wilhelm Frese. Der Rolandbrunnen wurde mit Versen von dem Sekretär des Bremer Rats Johann Hinrich Eggeling verziert:
Steh dan ruhig, Ruhland-Bild,
steh standvest und unerschüttert
unter Deines Kaysers Schild.
Las den Neid schon sein erbittert,
bleibt Dich Gott und Karol hold,
gläntst Dein Glück und Segenshold,
bis die ganse Rund zersplittert.
Das Rolandslied des Pfaffen Konrad, das des Strickers und die Verse Friedrich Rückerts sind nicht die einzigen Zeugnisse des Weiterlebens des bretonischen Grafen in der deutschen Literatur. Er taucht noch einmal an einer Stelle auf, die den Bremern meistens bekannt ist, nämlich in Hauffs Phantasien im Bremer Ratskeller: Das steinerne Auge des Ritters bekam Leben und Glanz, als er dies hörte, die gemeißelten Züge verschönerte ein sanftes Lächeln, und vergnüglich schaute er in den Becher. »Engelheim! du süßer, trauter Name!« sprach er, »Du edle Burg meines ritterlichen Kaisers; so nennt man also noch in dieser Zeit deinen Namen und die Reben blühen noch, die Karl einst pflanzte in seinem Engelheim? Weiß man denn auch von Roland noch etwas auf der Welt, und von dem großen Karolus, seinem Meister?« »Das müßt Ihr den Menschen dort fragen«, erwiderte Judas, »wir geben uns mit der Erde nicht mehr ab. Er nennt sich Doktor und Magister, und muß Euch Bescheid geben können über sein Geschlecht.« Der Riese richtete sein Auge fragend auf mich und ich antwortete: »Edler Paladin! Zwar ist die Menschheit in dieser Zeit lau und schlecht geworden, ist mit dem hohlen Schädel an die Gegenwart genagelt und blickt nicht vor-, nicht rückwärts, aber so elend sind wir doch nicht geworden, daß wir nicht der großen, herrlichen Gestalten gedächten, die einst über unsere Vatererde gingen und ihren Schatten werfen noch bis zu uns. Noch gibt es Herzen, die sich hinüberretten in die Vergangenheit, wenn die Gegenwart zu schal und trübe wird, die höher schlagen bei dem Klang großer Namen und mit Achtung durch die Ruinen wandlen, wo einst der große Kaiser saß in seiner Zelle, wo seine Ritter um ihn standen, wo Eginhard bedeutungsvolle Worte sprach und die traute Emma dem treusten seiner Paladine den Becher kredenzte. Wo man den Namen Eures großen Kaisers ausspricht, da ist auch Roland unvergessen, und wie Ihr ihm nahestandet im Leben, so enge seid Ihr mit ihm verbunden in Lied und Sage und in den Bildern der Erinnerung. Der letzte Ton Eures Hifthorns tönt noch immer aus dem Tal von Ronceval durch die Erde und wird tönen, bis er sich in die Klänge der letzten Posaune mischt.« »So haben wir nicht vergebens gelebt, alter Karl!« sprach der Ritter, »die Nachwelt feiert unsere Namen.«
Karl der Große ist heute vor 1.200 Jahren in Aachen, wo man schon das Karlsjahr eingeläutet hat (und Herman Van Rompuy den Karlspreis verleiht) gestorben. Nicht auf dem Schlachtfeld wie Roland, sondern im Bett. Wie man damals stirbt, wenn man ein Herrscher ist, hat uns der französische Historiker Georges Duby in Guillaume le Marechal oder der beste aller Ritter eindrucksvoll vor Augen geführt. Eindrucksvoller und lebendiger ist selten das Mittelalter zugänglich geworden, schrieb damals der Rezensent der FAZ. Ich zitiere mal eben ein Häppchen aus Dubys Buch: Die schönen Tode in jener Zeit sind Feste; sie entfalten sich wie auf einer Bühne vor einer Vielzahl von Zuschauern, die jede Geste, jedes Wort aufmerksam verfolgen, die vom Sterbenden erwarten, daß er zeigt, was er gilt, daß er seinem Rang gemäß spricht und handelt. Wir, die wir nicht mehr wissen, was der prunkvolle Tod ist, die wir den Tod verstecken, ihn wie eine peinliche Angelegenheit hinter uns bringen, verfolgen wir Schritt für Schritt, in den Einzelheiten seines Ablaufs, das althergebrachte Ritual des Todes, der kein verstohlener Abgang war, sondern eine langsame, geregelte, geordnete Annäherung, Vorspiel, feierlicher Übertritt von einem Zustand in einen anderen, ebenso majestätisch wie der Einzug der Könige in ihre guten Städte.
Die Stadt Bremen trägt zu der Feier von Karls zwölfhundertsten Todestag mit einem etwas kläglichen Spektakel bei: vor zwei Tagen ist die Hansekogge Roland von Bremen in der Weser gesunken.