Mittwoch, 30. Oktober 2013

The Seafarer


Das Altenglische ist eine Sprache, die einmal auf der englischen Insel gesprochen und geschrieben wurde. Es ist eine germanische Sprache, bei der mus Maus und hus Haus heißt. Man spricht das bis 1066, bis die Normannen kommen. Da verändert sich (obgleich sich in vielen Gegenden das Altenglische noch sehr lange hielt) das Ænglisc zu dem, was wir Mittelenglisch nennen. Danach kommt das Frühneuenglische und damit sind wir in der Zeit William Shakespeares (plus minus hundert Jahre). Dann das (Neu-) Englische. Ich erspare mir hier eine sprachhistorischen Vorlesung, schauen Sie sich doch mal eben diesen wunderbaren kleinen ➱Film The History in English in Ten Minutes an. Besser geht's nicht.

Nach dem Englischen kommt dann das Pidgin English und das, was Oettinger und Westerwelle sprechen. Hat den terminus technicus BSE, was für Bad Simple English steht. Ich habe ja schon vor Tagen mit dem Post ythlaf etwas Altenglisch hier ausprobiert. Heute möchte ich ein kleines Stück englischer Literatur hier vorstellen, ein Gedicht, das The Seafarer heißt:

Mæg ic be me sylfum soðgied wrecan,
siþas secgan, hu ic geswincdagum
earfoðhwile oft þrowade,
bitre breostceare gebiden hæbbe,
gecunnad in ceole cearselda fela,
atol yþa gewealc, þær mec oft bigeat
nearo nihtwaco æt nacan stefnan,
þonne he be clifum cnossað. Calde geþrungen
wæron mine fet, forste gebunden,
caldum clommum, þær þa ceare seofedun
hat ymb heortan; hungor innan slat
merewerges mod. þæt se mon ne wat
þe him on foldan fægrost limpeð,
hu ic earmcearig iscealdne sæ
winter wunade wræccan lastum,
winemægum bidroren,
bihongen hrimgicelum; hægl scurum fleag.
þær ic ne gehyrde butan hlimman sæ,
iscaldne wæg. Hwilum ylfete song 


Ich habe dafür natürlich einen speziellen Anlass, Ezra Pound hat heute Geburtstag. Der hat dieses Gedicht nämlich im Jahre 1911 übersetzt, seine Übersetzung ist sehr berühmt geworden. Pound hat vor drei Jahren ➱hier schon einen Post gehabt (und er kommt auch in dem Post ➱Haiku vor), aber ich dachte mir, etwas mehr Ezra Pound in diesem Blog kann nicht schaden. Lassen Sie zuerst mich noch einmal auf ➱Ernest Hemingway zurückkommen, mit dem Pound lange ➱befreundet war.

Der schreibt 1943 seinem Kollegen Archibald MacLeish (der inzwischen vom Dichter zu einem Politiker geworden war und vom Ghostwriter für Franklin Delano Roosevelt bis zum Unterstaatssekretär aufstieg) einen Brief: Dear Archie:Thanks for sending the stats of Ezra's rantings. He is obviously crazy. I think you might prove he was crazy as far back as the latter Cantos. He deserves punishment and disgrace but what he really deserves most is ridicule. He should not be hanged and he should not be made a martyr of. He has a long history of generosity and unselfish aid to other artists and he is one of the greatest living poets. It is impossible to believe that anyone in his right mind could utter the vile, absolutely idiotic drivel he has broadcast. His friends who knew him and who watched the warpeing and twisting and decay of his mind and his judgement should defend him and explain him on that basis. It will be a completely unpopular but an absolutely necessary thing to do. I have had no correspondence with him for ten years and the last time I saw him was in 1933 when Joyce asked me to come to make it easier having Ezra at his house. Ezra was moderately whacky then. The broadcasts are absolutely balmy. I wish we could talk the whole damned thing over. But you can count on me for anything an honest man should do.

Da hat Hemingway zum ersten Mal von den unglückseligen ➱Radiosendungen gehört, die Pound im faschistischen Italien gehalten hat. Das Erstaunliche ist, dass Hemingway Pound nicht einfach abschreibt, er ist überzeugt, man muss ihm helfen. Und das wird er tun. Er wird sich tatkräftig bemühen, Ezra Pound aus der Irrenanstalt zu bekommen, in die ihn die Amerikaner nach seiner Festnahme 1945 in Italien gesperrt haben. Und als Pound nach zwölf Jahren staatlicher Heilanstalt freikommt, schickt Ernest Hemingway dem Muy Querido Maestro ex Lunacy einen Scheck über 1.500 Dollar. Das ist derselbe Hemingway, der gegenüber anderen Schriftstellerkollegen knickerig, kleinlich und gehässig sein kann. Und der ebenso wie Pound manchmal etwas whacky ist. Ich werde nie schlau aus ihm werden.

Ich habe kein Photo von dem Treffen mit Ezra Pound und ➱James Joyce, auf das Hemingway in seinem Brief anspielt, aber ich habe ein Photo, das im Studio von Ezra Pound gemacht wurde. James Joyce ist rechts, der Herr in der Mitte ist Ford Maddox Ford. Der stehende Herr ist kein Schriftsteller, er ist Jurist. Er ist der Rechtsberater von Joyce und Eliot, Freund von Ezra Pound und Besitzer beinahe aller Manuskripte von Thomas Hardy. Irgendwann schreibe ich noch einmal über diesen erstaunlichen John Quinn (der schon einmal in dem Post ➱Armory Show vorkam).

Ezra Pound hat nicht den ganzen Seafarer übersetzt, er lässt mehr als ein Viertel weg. Man kann das auf einen Blick sehen, im Original endet das Gedicht mit dem Wort Amen, das kommt bei Pound (wie der ganze Schluss) nicht vor.

þær is lif gelong                  that is a belonging life
in lufan Dryhtnes,               in the love of the Lord,
hyht in heofonum.               joy in the heavens.
Þæs sy þam Halgan þonc   Let there be thanks to God
þæt he usic geweorþade,    that he adored us,
wuldres Ealdor                   the Father of Glory,
ece Dryhten,                       the Eternal Lord,
in ealle tid. Amen.               for all time. Amen.

Die altenglische Elegie The Seafarer, die sich nur in dem sogenannten Exeter Book findet, ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder und wieder übersetzt worden. Keine Übersetzung ist so bekannt geworden wie die von Ezra Pound, wobei die Übersetzer es nie wie Pound wagten, den letzten Teil wegzulassen. Er hätte gewisse Gründe dafür. Denn die christliche Botschaft des letzten Teils ist vielleicht in der ursprünglich mündlichen Fassung, die ein scop zu Harfenklängen vorgetragen hat, nicht vorhanden gewesen. Die kommt vielleicht erst dazu, als ein Mönch das aufschreibt. Mönche können schreiben, der Rest der Bevölkerung nicht. Wir können Ähnliches in anderen altenglischen Literaturzeugnissen beobachten, wo sich plötzlich neben den germanischen Götterglauben eine christliche Botschaft stellt.

Natürlich kann die beschwerliche Reise des seafarer allegorisch als eine Reise durch das Leben verstanden werden, doch unter diesem Textverständnis ist ein realistischer Text, der von der Unbilden der Natur spricht. Auf dieser Ebene ist Pound geblieben, und da ist er dem nahe, was Seamus Heaney auf die Frage sagte, wie er zu seiner gefeierten Übersetzung des Beowulf gekommen sei: I didn't, in truth, have any special fondness for "Beowulf" before I started work on it. The heroic poem I knew as a student and liked better was the shorter, incomplete "Battle of Maldon". The more elegiac poems, "The Wanderer" and "The Seafarer", were the ones that gave me a feel for the language, voices shaken by the North Sea wind, as it were, voices crying under the ness. I'm still not sure whether Anglo-Saxon was a heard melody for me or an unheard one, a music I imagined for myself.

Es ist, wenn es auch voller Härte, Entbehrungen und Sorgen ist, doch auch ein freies, selbstgewähltes Leben, das der Erzähler des Gedichts beschreibt:

Ne biþ him to hearpan hyge      Not for him is the sound of the harp
ne to hringþege                          nor the giving of rings
ne to wife wyn                            nor pleasure in woman
ne to worulde hyht                     nor worldly glory --
ne ymbe owiht elles                    nor anything at all
nefne ymb yða gewealc;             unless the tossing of waves;
ac a hafað longunge                   but he always has a longing,
se þe on lagu fundað.                 he who strives on the waves.


Da ist sie, die Sehnsucht nach der See, die wir in der englischen Literatur immer wieder finden. Im ersten Kapitel von Melvilles Moby-Dick wie in den Romanen Joseph Conrads. John Housemans berühmtes ➱Gedicht I must go down to the seas again, to the lonely sea and the sky ist vielleicht nur eine Variation des Seafarer. Das alles, diese voices shaken by the North Sea wind, as it were, voices crying under the ness, von denen Seamus Heaney spricht, steckt in Pounds Übersetzung, die Richard Aldington unsurpassed and unsurpassable nannte:

May I for my own self song's truth reckon,
Journey's jargon, how I in harsh days
Hardship endured oft.
Bitter breast-cares have I abided,
Known on my keel many a care's hold,
And dire sea-surge, and there I oft spent
Narrow nightwatch nigh the ship's head
While she tossed close to cliffs. Coldly afflicted,
My feet were by frost benumbed.
Chill its chains are; chafing sighs
Hew my heart round and hunger begot
Mere-weary mood. Lest man know not
That he on dry land loveliest liveth,
List how I, care-wretched, on ice-cold sea,
Weathered the winter, wretched outcast


Es gibt von Pounds Nachdichtung eine deutsche Übersetzung, die natürlich von Eva Hesse stammt. Aber so versiert sie in ihren Pound Übersetzungen ist, dies ist definitiv nicht ihre Sache. Ich zitiere mal eben die ersten Zeilen:

Mög ich in meines Liedes Redlichkeit
von Reisen radebrechen; wie ich in harter Zeit
Fährnis erfuhr.
Bittere Herz-Bang hab ich verbüßt

Streckenweise ist es richtig komisch. Wenn es im Original in Zeile 22 heißt: mæw singende fore medodrince übersetzt Pound das mit: the singing gull instead of the drinking of mead. Dagegen ist nichts zu sagen. Bei Eva Hesse wird daraus Möwenlied mein Met-Trunk. Das hat nichts mehr mit dem Text des anonymen altenglischen Autors zu tun. Und mit Pound erst recht nicht, das klingt eher wie Richard Wagner im Fliegenden Holländer. Das vergessen wir jetzt schnell wieder.

Sie finden Pounds ganzen Text ➱hier, und das ➱Original mit englischer Übersetzung habe ich auch. Dazu vier andere englische ➱Übersetzungen. Sie können sich an dieser ➱Stelle die Vorlesung des Yale Professors Langdon Hammer über Pound anhören oder den Ausführungen von Professor ➱Ted Sherman von der Middle Tennessee State University über The Seafarer folgen. Die uns zeigen, dass ein Text, der über tausend Jahre alt ist, immer noch lebt. Auf jeden Fall an den Universiäten. Aber viel besser ist es, hier ➱Pound selbst zuzuhören, wie er das Gedichte mit der Emphase eines altenglischen Barden spricht.

Montag, 28. Oktober 2013

Hem


Am 28. Oktober 1954 hat Ernest Hemingway den Nobelpreis für Literatur erhalten. Im Gegensatz zu ➱William Faulkner ist er nicht zur Verleihung gekommen. Seine Dankesrede wurde später über das Radio gesendet. Es scheint ihm schwergefallen zu sein, den kurzen Text zu schreiben. So schreibt er an seinen alten Kumpel den General 'Buck' Lanham (der das Vorbild für Colonel Cantwell in Across the River and into the Trees ist): If you had to make a Nobel Prize speech what would you say? That's an easy one for you maybe. Looks impossible to me. Lanham ist auch der erste gewesen, den er anrief, als er erfahren hat, dass er that thing bekommen hat. I should have had the damn thing long ago, sagt er. Ich habe eine alte Schallplatte, auf der er seine Rede liest. So etwas macht er offensichtlich nicht oft, er liest nicht gut. Leidet er immer noch an den Folgen der beiden Flugzeugabstürze in ➱Afrika, die beinahe tödlich für ihn ausgingen? Die Nachrufe waren schon in manchen Zeitungen zu lesen gewesen. Der Erfolg von The Old Man and the Sea und die Sensation der Flugzeugabstürze mögen übrigens das Komitee in Schweden bewogen haben, ihm den Literaturnobelpreis zu verleihen. Das weiß er wohl selbst.

Nicht alle Autoren können das gut vortragen, was sie geschrieben haben. Und so ist Hemingways erster Satz, Having no facility for speech-making and no command of oratory nor any domination of rhetoric, I wish to thank the administrators of the generosity of Alfred Nobel for this Prize, auch sicher mehr als die rhetorische Floskel einer captatio benevolentiae. Ich habe mal ➱Seamus Heaney lesen gehört (und sogar mit ihm Guinness getrunken), der konnte wunderbar lesen. Als ich jung war, habe ich den von mir damals bewunderten Uwe Johnson in Bremen in der Glocke gehört, mit seiner schwarzen Lederjacke und seinem Stoppelhaarschnitt. Seine Lesung war eine Enttäuschung. Autoren brauchen ihre Werke ja nicht unbedingt vorzulesen, aber immer wieder sind Autoren auf Lesereisen. Ich gehe heute zu solchen Veranstaltungen nicht mehr hin, da kann kommen, wer will. Außer wenn ➱Uli Becker käme, den würde ich mir anhören.

Hemingway hat mich vor einem halben Jahrhundert nicht mitgerissen, den gewaltigen Eindruck, den er auf die Nachkriegsgeneration deutscher Schriftsteller machte, machte er nicht auf mich. Wenn man den frühen Siegfried Lenz liest, wie zum Beispiel Es waren Habichte in der Luft, fällt einem schon auf den ersten Seiten auf, dass das der reinste Hemingway ist. Lenz hat das nie geleugnet, wie er 1966 in seinem Essay Mein Vorbild Hemingway. Modell oder Provokation zugab. Er ist nicht der einzige, der von Hemingways Stil beeinflusst wird. Luise Rinser schreibt in ihrer Autobiographie: Dann schrieb ich drei Kurzgeschichten... kurz hintereinander, in wenigen Tagen. Der verschüttete Quell sprang auf. Wer den Felsen mit dem Zauberstab berührt hatte, das war Ernest Hemingway, den wir damals, nach der langen Zeit des Verbots ausländischer Autoren zu lesen bekamen. Wir ahmten ihn nach, wir lernten an ihm. 1946 erschien bei Rowohlt (in der Serie der Rotationsromane) In einem anderen Land. 1948 bei Fischer Wem die Stunde schlägt, von der Stunde an gehörte Ernest Hemingway der deutsche Literaturmarkt. Ich las damals andere Dinge, ich fand Hemingway furchtbar kitschig. Tue ich heute noch.

Ich habe in dem Post ➱Hemingway wohl schon deutlich gemacht, dass er nicht mein Lieblingsschriftsteller ist. Und dennoch bin ich in dem Post und in ➱The Old Man and the Sea eigentlich sehr nett mit ihm umgegangen. Fand ich. Manche Leser nicht. Es ist wahrscheinlich ein gewisser Masochismus, der mich dazu gebracht hat, Mengen von sogenannter Sekundärliteratur über Hemingway zu lesen. In diesem Punkt ist Masochismus eine Berufskrankheit bei den Literaturwissenschaftlern, sie müssen das alles lesen. Das Schlimme bei dem Ganzen ist: man darf nicht laut sagen, welche Bücher Schrott sind, weil sie meistens von Fachkollegen sind. Sie kennen ja den schönen Satz, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt.

Doch heute bin ich Blogger, ich brauche auf akademische Befindlichkeiten keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen. Ich könnte jetzt die ganzen schlechten Bücher über Hemingway (und die schlechten Bücher von Hemingway) hier zerreißen. Habe ich dazu Lust? Der Streit der Kritiker, die das Monopol gepachtet haben, wie man Hemingway zu verstehen hat, wird nie zu Ende gehen. Wenn Sie einen kleinen Eindruck davon haben wollen, dann klicken Sie doch einmal diese ➱Seite an. Es gibt keine wirklich guten Bücher über Ernest Hemingway, in denen alles zu dem literarischen Phänomen Hemingway steht. Scott Donaldsons By Force of Will sollte man allerdings als ein interessantes Buch hervorheben. Die ersten Autoren, die über Hemingway schrieben, Carlos Baker und Philip Young, haben wirklich gute Bücher geschrieben. Und man ist mit der Biographie von Carlos Baker heute immer noch gut bedient. Da kann man sich die Lektüre so erfolgreicher Biographien von A.E. Hotchner (über den habe ich ➱hier schon böse Dinge gesagt), Kenneth S. Lynn oder Jeffrey Meyers wirklich schenken. Die einzige gute Biographie, die nach Carlos Baker noch erschienen ist, ist das mehrbändige Werk von Michael S. Reynolds.

Das ist ein schönes Gefühl, wenn man sagen kann: lesen Sie dies und jenes, vergessen Sie den Rest. Soll ich das mit dem Werk von Hemingway auch mal eben tun? Mit dem Werk von William Faulkner würde ich so etwas nicht wagen, aber bei Hemingway geht das einfach: Lesen Sie seine Short Stories und seine Briefe! Und in der schönen Zeit, die Sie sparen, sich durch seine Romane zu lesen, können Sie dann gute Literatur lesen. Wie zum Beispiel seine Zeitgenossen Fitzgerald oder Faulkner. Und wenn Sie wissen wollen, was in den Romanen steht, wofür gibt es denn Filme? Ingrid Bergman und Gary Cooper? Oder Kindlers Literatur Lexikon? Ich halte es in Bezug auf Hemingways Romane mit Saul Bellow, der im Paris Review sagte: I like Hemingway, Faulkner, and Fitzgerald. I think of Hemingway as a man who developed a significant manner as an artist, a lifestyle which is important. For his generation, his language created a lifestyle, one that pathetic old gentlemen are still found clinging to. I don't think of Hemingway as a great novelist.

Hemingway mochte es gerne, wenn die Presse über den großen Löwenjäger und Frauenhelden Hemingway schrieb. Manchmal wird ihm seine Nähe und seine bramabasierende Großspurigkeit auch zum Verhängnis. Vor allem, wenn er Lillian Ross vom New Yorker unterschätzt. Und die gibt dann süffisant alles wieder, was er so erzählt hat: Ernest Hemingway, who may well be the greatest living American novelist and short-story writer, rarely comes to New York. He spends most of his time on a farm, the Finca Vigia, nine miles outside Havana, with his wife, a domestic staff of nine, fifty-two cats, sixteen dogs, a couple of hundred pigeons, and three cows. When he does come to new York, it is only because he has to pass through it on his way somewhere else. Not long ago, on his way to Europe, he stopped in New York for a few days. I had written to him asking if I might see him when he came to town, and he had sent me a typewritten letter saying that would be fine and suggesting that I meet his plane at the airport. “I don’t want to see anybody I don’t like, nor have publicity, nor be tied up all the time,” he went on. “Want to go to the Bronx Zoo, Metropolitan Museum, Museum of Modern Art, ditto of Natural History, and see a fight. Want to see the good Breughel at the Met, the one, no two, fine Goyas and Mr. El Greco’s Toledo. Don’t want to go to Toots Shor’s. Am going to try to get into town and out without having to shoot my mouth off. I want to give the joints a miss. Not seeing news people is not a pose. It is only to have time to see your friends.” In pencil, he added, “Time is the least thing we have of.”

Das ganze profile erscheint im Mai 1950 im New Yorker. Hemingway ist entsetzt, trägt es aber (auf jeden Fall in seinen brieflichen Äußerungen) mit Fassung: Lillian Ross wrote a profile of me which I read, in proof, with some horror. But since she was a friend of mine and I knew that she was not writing in malice she had a right to make me seem that way if she wished. I did not believe that I talked like a half-breed choctaw nor that it gave a very sound impression of some one who gets up at first light and works hard at writing most of the days of his life. But I had just finished a book and when you have done that you do not really give a damn for a few weeks. So I did not mind it although I knew it was harmful to me just as the Life piece was. There was no harm intended and much received. But I am still fond of Lillian.

Er mag Lillian Ross verzeihen, mit der er seit Jahren befreundet ist, aber er kann es überhaupt nicht leiden, wenn junge Akademiker über ihn schreiben. Als Philip Youngs Buch 1952 erschien, fragte der Rezensent des Times Literary SupplementWhat will happen to Hemingway when he has read this book? Wir kennen die Anwort, Hemingway hätte beinahe den Druck des Buches, das Kritiker damals quite the best book on Hemingway nannten, verhindert. Philip Young hat die Geschichte in der Neuauflage (Ernest Hemingway: A Reconsideration) erzählt. Saul Bellow, der eines Tages auch den Nobelpreis bekommen sollte, schrieb in The Partisan Review: an excellent book . . . not in the least academic, serious but not 'square. Den Professor Carlos Baker hat Hemingway auch nicht besonders geliebt. Der hatte schon im gleichen Jahr wie Philip Young ein Buch über ihn geschrieben, Hemingway: The Writer as Artist. Hemingway hat es nicht mehr erlebt, dass Baker (mittlerweile Professor in Princeton) eine beinahe tausendseitige Biographie über ihn geschrieben hat.

1981 hat Baker die Selected Letters 1917-1961 herausgebracht (obgleich Hemingway die Veröffentlichung seiner Briefe niemals gewünscht hatte). Beinahe 600 Briefe auf tausend Seiten. Und das sind nur die Selected Letters! Forscher in den USA bereiten eine Publikation aller Hemingway Briefe vor, zwei Bände sind bisher erschienen. Doch dies hier reicht erst einmal völlig aus. Es ist eine faszinierende Lektüre, und es gehört mit zum Besten, was Hemingway geschrieben hat. Wenn man wissen will, wer der Mann hinter der Maske des Großwildjägers wirklich war, sollte man diese Briefe lesen.

I have spoken too long for a writer. A writer should write what he has to say and not speak it. Again I thank you, sagt Hemingway am Ende seiner Nobelpreisrede. Er ist ein Mann der Kürze. Ich weiß nicht, wer über ihn gesagt hat, dass sein Stil eine Mischung aus der Sprache der Bibel in der King James Version und dem Telegraphenstil von Western Union ist, aber es passt doch gut. Hemingway soll die kürzeste Kurzgeschichte, sozusagen a short short story, geschrieben haben: For sale: baby shoes. Never worn. Aber die Geschichte ist wahrscheinlich nicht von ihm. Ein bisschen länger sind seine Kurzgeschichten doch.

But man is not made for defeat, sagt Santiago in The Old Man and the Sea. A man can be destroyed but not defeated. Die Novelle ist sein Comeback nach dem Flop des Romans Across the River and into the Trees. 1954 ist Hemingways annus mirabilis, aber auch der Beginn seines Untergangs. Er trinkt jetzt mehr als zuvor, die Depressionen werden strärker. Das Ende kennen wir.

Wenn Sie Hemingways Nobelpreisrede lesen wollen, ➱hier ist sie. Und wenn Sie ihm zuhören wollen, auch das gibt es ➱hier.


Samstag, 26. Oktober 2013

Elgin Automatic


Es gibt zweifellos Automatikwerke, die schöner aussehen. Aber keine aus Amerika, weil dies Werk der Firma Elgin nämlich die einzige amerikanische Konstruktion eines Automatikwerkes ist. Natürlich hat es vor dem Automatikwerk, das Elgin Ende der fünfziger Jahre auf den Markt brachte, in Amerika schon Automatikwerke gegeben. Aber die kamen (wie zum Beispiel diese Elgin Hammerautomatik) alle aus der Schweiz. Selbstverständlich hätte es genügend Uhrmacher und Ingenieure in Amerika gegeben, die ein Automatikwerk hätten konstruieren können, aber die amerikanischen Produzenten hatten die Entwicklung verschlafen. Weil sie in den vierziger Jahren nur Uhren (und Bombenzünder) für die amerikanischen Streitkräfte bauten. Und gut daran verdienten. Und danach kamen die Anschlussaufträge des Verteidigungsministeriums, dann der Koreakrieg. Die Uhrenfirmen brauchten sich nicht mehr um Forschung und Neuentwicklung zu kümmern. Forschung und Neuentwicklung überließ man den Schweizern. Denn außer Elgin, Waltham und Hamilton bezogen ja die anderen Produzenten wie Benrus, Bulova, Gruen und Wittnauer ihre Werke schon lange aus der Schweiz.

Die Firma Hamilton zum Beispiel (die man auch einmal als Patek Philippe von Amerika bezeichnet hat) baute zwar weiterhin eigene Handaufzugwerke, kaufte ihre Automatikwerke aber in der Schweiz. Zuerst von der Firma Kurth Frères (bekannt durch ihre Marke Certina), später von der ETA (dem Werkproduzenten der Eterna), allerdings in Eterna Qualität. Und dann kauften sie die Schweizer Firma Büren und bauten das famose Büren Microrotor Werk in ihre Uhren ein. Die sie dann zum Beispiel Thin-o-Matic nannten, weil die Uhren so flach waren. Erfunden war das Büren Werk von Hans Kocher, dem Sohn des Chefs der Firma Büren.

Den man den Daniel Düsentrieb der Schweizer Uhrenindustrie nennen könnte, wenn der Titel nicht schon an den Chefkonstrukteur Heinrich Stamm bei der Eterna vergeben wäre, der die Eternamatic mit den Miniaturkugellagern (das sind die fünf kleinen Kügelchen um die Schraube in der Mitte herum) auf den Markt gebracht hatte. Es hat wenig Leute in der Schweiz von solch uhrmacherischer Kompetenz wie Hans Kocher und Heinrich Stamm gegeben. Kocher musste viel Spott von der Konkurrenz ertragen, da man in der Schweiz beinahe einhellig der Meinung war, dass ein Werk mit einem Mikrorotor gar nicht funktionieren könne. Außer bei der Firma Universal Genève, die beinahe zeitgleich mit Büren einen Mikromotor herausbrachten (und sich dann mit Büren darauf einigten, Lizenzgebühren zu zahlen, da Bürens Patente älter waren).

Hier ist einmal das Universal Genève Uhrwerk. Im Gegensatz zu den Voraussagen funktionierte das Büren Kaliber 1000 hervorragend, und wurde zur größten Geldquelle der Firma. Heute finden sich die Werke in Büren Uhren, in Hamiltons, Bulovas und in der Dugena Super. Der Dugena Boss Willi Tempel hatte in Büren einen Großauftrag plaziert. Und von wegen: Microrotoren funktionieren nicht, heute haben die feinsten Firmen so etwas im Programm. So finden sich diese kleinen Drehscheiben sowohl bei Patek Philippe und Piaget als auch bei Lange in Glashütte.

Dagegen sieht das Uhrwerk der Elgin natürlich mickrig aus. Russenuhren sehen innen so aus. Aber das Aussehen täuscht, dies ist eine völlig originelle Konstruktion mit einer Durapower Feder, die Elgin seit 1947 verwendet. Das Werk ist auch zur damaligen Zeit eins der flachsten Automatikwerke. Und es hat eine außergewöhnliche Aufzugskonstruktion. Wenn Sie technisch interessiert sind und alles darüber wissen wollen, sollten Sie auf dieser Seite den Absatz ➱The American Automatics lesen.

Das Werk hat eine sehr große Unruh (dank der Konstruktion einer indirekten Minute, das schafft Platz) und eine freischwingende Flachspirale. Es gibt also keinen Rücker (wie sonst bei Uhren üblich) der die Schwingung der Unruh beeinflussen könnte. So etwas baut man bei Patek Philippe auch. Die ungewöhnlich geformten spiralförmigen Unruhspeichen sorgen gleichzeitig für eine Federung. Und sie haben noch kleine Reglagegewichte, das besitzt das IWC Kaliber 8541 auch. Das Werk habe ich mal eben hier abgebildet, Sie sehen, auch wenn Sie nichts von Uhren verstehen, mit einem Blick, dass die Feinbearbeitung des IWC Werkes sehr viel größer ist als bei dem Elgin Werk. Der Vergleich ist natürlich gemein, weil das IWC Automatikwerk eins der besten Uhrwerke ist, die jemals in der Schweiz gebaut wurden. Wurde gleich von der englischen Firma Smiths für die einzige englische Automatikkonstruktion, die Smiths Imperial, kopiert. Wurde aber teuer für Smiths, da sie vorher nicht nach den Lizenzrechten gefragt hatte.

Elgin hat seine Unruh Durabalance getauft (auf dieser Abbildung kann man sehr schön die spiralförmigen Unruhschenkel und die rückerlose Spirale sehen), wenn es Sie interessiert, können Sie hier einen Artikel dazu lesen. Die Idee mit den spiralförmigen Unruhschenkeln hatte man von Paul Wyler übernommen, der diese Konstruktion als Stoßsicherung nutzte (dabei war die Unruhe in seinen Uhren gegen seitliche Stöße noch durch eine Art von kleinem Käfig geschützt).

Anfang der fünfziger Jahre soll Wyler ein halbes Dutzend Uhren mit der Incaflex Stoßsicherung vom Eiffeltum geworfen haben, die alle noch gingen, als sie unten waren. Zu dieser Zeit machte Max Wyler, der lieber in den USA als in der Schweiz lebte, mehr Geld mit einer seiner Erfindungen, als seine Uhrenfabrik an Gewinn abwarf. Die Erfindung hieß The Castle Key, das war die Nachbildung eines mittelalterlichen Schlüssels, der, wenn man ihn aufschraubte, einen Korkenzieher abgab. Das Teil verkaufte sich weltweit wie geschnitten Brot, wir hatten in den fünfziger Jahren auch so etwas im Wohnzimmer.

Ich habe eine schöne rechteckige Wyler aus den dreißiger Jahren, die ich mal auf einem Flohmarkt (im Winter in der Mensa der Uni) gekauft habe. Von einem alten Uhrmacher, der sie gerade überholt hatte und noch voll Bewunderung über die Konstruktion war. Wollte er mir gleich erklären, aber ich fiel ihm ins Wort und bewies ihm, dass ich schon alles darüber wusste. Die Uhr wurde auf der Stelle billiger, weil dem Uhrmacher jetzt klar war, dass sie bei jemandem angekommen war, der sie zu schätzen wusste. Die Uhr wäre natürlich noch schöner, wenn sie das Werk da oben hätte. Das ist nämlich Wylers Eigenkonstruktion einer ersten Automatikuhr, die man durch Bewegung des Uhrenbodens aufzog. Gut, wir wissen, das ist kein Erfolg geworden, es ist aber trotzdem ein qualitätsvolles Werk (die spezielle Wyler Unruh hat es natürlich auch schon).

So technisch raffiniert die Konstruktion der Hemmung von Elgins Automatikwerk ist, so ungewöhnlich ist das hier auf der Zifferblattseite, dieses dreieckige Teil da oben mit der dicken Schraube drin. Das nennt man eine Wippe, findet sich nur bei ganz, ganz billigen Uhren. Normalerweise ist an dieser Stelle die Winkelhebelfeder. Die hat die Funktion, an der Krone der Uhr die Aufzugstellung von der Zeigerstellung zu trennen (bei alten Taschenuhren besorgt das dieser kleine Knubbel oben neben der Krone).

So grazil diese Winkelfedern aussehen, sie haben leider die Eigenschaft, irgendwann an irgendeiner Stelle zu brechen. Und da ist es für alte Uhren heute schwer, Ersatz zu finden, weil die Uhrenfirmen offensichtlich einstmals darin wetteiferten, ständig neue Formen von Winkelhebelfedern zu verwenden. Die von Modell zu Modell verschieden waren. Die Form der Winkelhebelfedern wird in sogenannten Werksuchern (die eigentlich für den Uhrmacher gedacht waren, heute aber alle in Händen der Sammler sind) zum Identifizieren eines bestimmten Kalibers verwendet.

Denn viele Uhrwerke sehen in ihrer Konstruktion von Platine, Brücken und Kloben sehr ähnlich aus. Aber niemals in der Form ihrer Winkelhebelfedern. Man kann das in diesem alten Werksucher von Georg Jacob sehr schön sehen, wo neben dem Werk noch einmal die Winkelhebelfeder in weiß vor schwarzem Hintergrund abgebildet ist. Und wenn Sie sich diese Formen anschauen, können Sie auch leicht sehen, dass eine so einfache Wippe wie in dem Elgin Kaliber 760/761 geradezu unkaputtbar aussieht. Was sie wahrscheinlich auch ist.

Zu der Zeit, als Elgin seine erste Rotorautomatik präsentiert (übrigens ziemlich gleichzeitig mit den ersten Automatikuhren aus Japan, Russland und der DDR - im Bild der erste GUB Glashütte Automat), haben schon alle deutschen Uhrenhersteller eine Automatik im Programm. Die Schweizer Firmen wollen wir gar nicht erst erwähnen. Dort werden mit dem Eterna Centenaire Kaliber, dem IWC Kaliber 8541 und der Omega 550er Familie Automatikwerke gebaut, die technisch nie wieder übertroffen wurden. Gut, die Automatikwerke sind immer flacher geworden, aber das ist eine technische Fehlentwicklung. Albert Pellaton, der Chefkonstrukteur bei der IWC, hat seine Chefs gefragt, ob sie flache Uhren oder Uhren, die funktionieren haben wollten, als man ihm nahelegte, ein flacheres Werk zu konstruieren. Die Rolex Automatikwerke funktionieren doch nur deshalb, weil sie eine enorme Bauhöhe haben, die Rolex in den letzten sechzig Jahren wohlweislich kaum geändert hat.

Das Elgin Automatik Kaliber kommt in zwei Varianten daher. Kaliber 760 (hier in der Abbildung) hat 30 Steine (da sagen Sammler schon mal scherzhaft Geröllhalde) und sage und schreibe sechs adjustments. Das reicht für eine Chronometerqualität. Kaliber 761 ist ein wenig abgemagert, nur 27 Steine und adjusted. In wieviel Lagen es feingestellt ist, wird nicht verraten. Lesen Sie alles zu diesem Thema auf einer speziellen Elgin Seite. Man kann die beiden Werke mit einem Blick unterscheiden, da wo das Chronometerkaliber ein aufgeschraubtes Metallplättchen für zwei zusätzliche Decksteine hat, ist beim Kaliber 761 nur ein kleines Loch (das ist die Bohrung für das Decksteinplättchen).

Die Werke wurden vorzugsweise in die Lord Elgin Uhren eingebaut, wobei dieser Name vielleicht an Thomas Bruce, den siebten Earl of Elgin (das ist der mit den Elgin Marbles) erinnern sollte. Der sich allerdings /ˈɛlɡɪn/ ausspricht, wo hingegen die Uhrenfabrik bei Chicago /ˈɛlɨn/ ausgesprochen wird. Die Lord Elgin Modelle mit den Automatikwerken waren aber auch schon der Schwanengesang der Firma, hundert Jahre nach ihrer Gründung schloss die Fabrik ihre Werkstore. Da blieb den Elgin Freunden nur noch, Robert Johnsons Walkin’ Blues zu singen (Warren Zevon hat den auch aufgenommen), in dem die Zeile She’s got Elgin movements from her head down to her toes vorkommt. An die Firma erinnert heute noch das Art Deco Hochhaus, das frisch restauriert in das National Register of Historic Places aufgenommen wurde.

Zu dem interessanten Automatikwerk gehört natürlich auch eine Uhr. Nämlich diese Elgin hier, die ich gerade ersteigert habe. Nicht bei Ebay, das macht heute nicht viel Sinn mehr. Sondern bei einer Internet Auktionsseite für Uhren, die bidfun heißt. Die gehört dem Dr. ing. Roland Ranfft, der auf seinen Seiten auch das größte Archiv von Photos beinahe aller Uhrwerke, die je gebaut wurden, präsentiert. Er macht das nur so nebenbei zum Zeitvertreib, eigentlich ist er Chef einer kleinen Firma, die elektronische Geräte entwickelt. Für sein Archiv derUhrwerke sind ihm die Uhrensammler der ganzen Welt dankbar. Man hat auf der Seite auch ständigen Zugriff zu einem Archiv, das in der Vergangenheit verkaufte Uhren enthält. Was einen schönen Überblick über die Entwicklung von Uhrenpreisen gibt.

Ich kann denjenigen, die sich eine gute mechanische Uhr kaufen wollen, die bidfun Adresse unbedingt ans Herz legen, auf die Beschreibungen von Dr. Ranfft kann man sich verlassen. Auf die Beschreibungen einer Vielzahl von Händlern bei Ebay kann man sich garantiert nie verlassen. Da gilt vieles, was in dem Post Flohmarkt über merkantile Kleinkriminelle gesagt habe. Ich werde demnächst einmal über Uhrenauktionen schreiben, über Gisbert Joseph (früher Mönchengladbach, jetzt Spanien), über das Auktionshaus Henry's (ein englischer Name ist immer gut), über Dr. Crott und wie sie alle heißen.

Das goldene Gehäuse der Elgin ist natürlich nicht aus Gold, es ist nur 10k gold-filled, im Deutschen würde man Walzgold dazu sagen. Allerdings sind amerikanische gold-filled Uhrengehäuse von einer häufig ganz erstaunlichen Qualität. Was daran liegen mag, dass es eine Vielzahl von wetteifernden Gehäusefabrikanten gab, die (bevor das wettbewerbsrechtlich verboten wurde) jahrzehntelange Garantien auf die Qualität ihrer Erzeugnisse gaben. Ich habe amerikanische gold-filled Uhren aus den dreißiger Jahren, die noch beinahe neu aussehen.

Für das Design der Uhr hat man sich bei Elgin ein wenig aus dem Baukasten des American Art Deco (oder Depression Modern) bedient. Das bei amerikanischen Armbanduhren nicht in den dreißiger Jahren aufhört, das Buch American Wristwatches: Five Decades of Style and Design von Edward Faber und Stewart Unger zeigt das sehr schön. Auf den ersten Blick wirkt die Uhr schnörkellos kühl.

Na, nicht ganz schnörkellos, dem widersprechen diese eigenwilligen Bandanstöße. Das ist wohl eher Genfer Barock. Diese tropfenförmigen Bandanstöße kommen in der Zeit von 1947 bis 1949 auf (aus der Zeit datiert auch diese IWC) und werden in ihrer extremen Form als Fuchsohren bezeichnet. Im Amerikanischen heißen sie fancy lugs. Sie halten sich aber erstaunlich lange. Ich habe eine IWC Automatik von 1962, die so bauhausmäßig cool sie ist, beinahe die gleichen fancy lugs wie dieses alte IWC hat.

Und die originale Omega Constellation (mit dem pie-pan Zifferblatt) besitzt auch sehr gewöhnungsbedürftige Bandanstöße. An der man das Modell natürlich sofort erkennt. Der kleine Türke da die Straße runter, der mich immer über den Tisch ziehen will, hat eine goldene Omega, sagte mein Uhrmacher vor zehn Jahren zu mir. Ich sagte ihm, dass mich goldene Omegas und Golduhren eigentlich überhaupt nicht interessierten. Die hat so komische Bandanstöße. Ich sollte ihm die für lau reparieren und überholen, jetzt will er sie einschmelzen, fuhr der Uhrmacher fort. Komische Bandanstöße? Schon war ich aus dem Laden raus. Kurze Zeit später besaß ich eine goldene Constellation de Luxe mit dem schweren wasserdichten 18K Goldgehäuse (und dem Zifferblatt aus Gold) zum Materialwert. Die Uhr hat auch ein ziemlich barockes Design, aber das war von Omega so gewollt, man sollte die Uhr auch an ihren Bandanstößen wieder erkennen. Leider hat Omega in den sechziger Jahren das Originaldesign aufgegeben.

Die Constellation ist aber lange nicht so cool ist wie meine Elgin. Die ein wenig von dieser coolness der fünfziger Jahre hat, also diesem Design der Lockheed Super Constellation und der Haifischflossen Straßenkreuzer. Und der Mad Men Eleganz (dazu gibt es hier einen netten Post). Diese futuristische Hamilton Ventura spiegelt den Geist der Zeit schön wider. Muss ich dazu sagen, dass Elvis so etwas besessen hat? Zu dieser Uhr muss man natürlich blue suede shoes tragen. Wenn Sie einen Eindruck von der Uhrenwerbung der damaligen Zeit haben wollen, dann klicken Sie hier, ein Spaziergang down memory lane auf einundzwanzig Seiten.

Das Design meiner Elgin ist nicht so revolutionär wie das der Hamilton Ventura. Es ist aber, wenn man genauer hinschaut, doch erstaunlich. Man kann es auf diesem Photo gut sehen: das Glas beginnt nicht über dem Zifferblatt wie sonst bei Uhren, nein, es überwölbt die breite Lünette. Breite Lünetten sind zwar Ende der fünfziger Jahre überall Mode. Doch dies ist doch ein verblüffendes Designprodukt. Und das Beste ist natürlich das American Made auf dem Zifferblatt, da, wo sonst Swiss Made steht. Wer hat schon so etwas? Meine Uhr hat inzwischen ein neues Lederband (Dank an Tim Kleinfeld) und tickt an meinem Arm, der Rotor schnurrt dank zwei Rollen-Freiläufen (so etwas hat die Girard-Perregaux Gyromatic auch) vor sich hin. Dies hier ist heute auch für den Verkäufer mit dem Namen Regulateur, bei dem ich die Uhr ersteigerte, und für Dr. Roland Ranfft geschrieben. Die beweisen, dass man auch für kleines Geld heute noch interessante Uhren finden kann.

Mehr zu amerikanischen Arbanduhren hier unter: Elgin, American Wristwatches I, American Wristwatches II. Oder Sie gehen gleich zu meinem Uhrenblog, der Tickendes Teufelsherz heißt. Ach ja, denken Sie doch bitte unbedingt daran, Ihre Uhren umzustellen. Es ist mal wieder Winterzeit, das wissen alte mechanische Uhren nicht.


Donnerstag, 24. Oktober 2013

ythlaf


Dieses Bild sah ich letztens in der Literaturbeilage der Süddeutschen, da drunter war eine Rezension zu einem neuen Buch von Louis Begley. Der Name des Malers fand ich auf den ersten Blick nicht, ich war geblendet von dem Strand. Von den Sonnenschirmen abgesehen, gibt es nur drei Farben für Strand, Meer und Himmel, alles ist beinahe durchsichtig. Von wem war das Bild? Stand vielleicht in der Rezension, wer das Bild gemalt hatte? Musste ich das lesen? Ich lese ungern Rezensionen von Werken von Autoren, die ich eh nie gelesen habe. Falls es Ihnen auch so geht - und falls Sie zufälligerweise Bücher rezensieren - hätte ich einen wunderbaren Literaturtip für Sie. Der Autor des Buches heißt Pierre Bayard. Und sein Werk heißt: Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat. Auch wenn das so klingt, als ob ich den Titel gerade erfunden habe, es gibt das Buch wirklich. Und es ist sehr witzig.

Das Strandbild ist natürlich von Edward Hopper, es ist vor Jahren bei Christies für den stolzen Preis von 993.000 Dollar verkauft worden. Für ein Aquarell, das nur 30x45 cm groß ist, ist das ganz schön happig. Aber Kunst wird nun mal nicht nach dem Preis für den Quadratzentimeter verkauft. Das Bild würde wahrscheinlich als preiswerte Reproduktion auch gut an der Wand wirken. Weißer Sand, See und Sonne wirken immer auf einem Bild. Vor allem, wenn man so malen kann wie Edward Hopper. Der hat einmal Renoir zitiert: There is something in painting which cannot be explained, and that something is essential (er sagt das am Anfang des schönen Dokumentarfilms, den Arte einmal gesendet hat, es gibt den auch auf DVD). Was ist hier das essential something? Ist es das tintenblaue Meer, der azurblaue Himmel? Oder ist es die Erinnerung an all die Strände, die wir gesehen haben? Jeder Betrachter beißt sich an irgendetwas fest. Hopper (und seine Frau, die Malerin Jo Nivison) sind nicht die ersten, die die Schönheit von Gloucester in Massachusetts entdecken. Schon seit dem 19. Jahrhundert ist das hier eine Malerkolonie, wo beinahe alle amerikanischen Maler gewesen sind. Wenn sie nicht wie William Merritt Chase Long Island für sich entdecken.

Und die Zauberformel funktioniert nicht nur in Amerika, das geht auch bei uns an der Nordsee. Ich habe in meinem Kopf Strandbilder gespeichert (allerdings sind die Frauen darauf weniger bekleidet), die sich irgendwo zwischen Langeoog und Hennestrand in die Erinnerung geschlichen haben. Dieses flirrende Weiß der Strände, bei dem der Belichtungsmesser der Kamera durchdreht. Es funktioniert natürlich auch an der Ostsee von Schilksee bis Skagen. Was mein Kopf mit blonden Schwedinnen verbindet, die Gunilla Hedmark heißen. Die sich immer noch nicht gemeldet hat, obgleich ich sie schon in den Blog geschrieben habe. Dies Bild ist 1894 irgendwo an der Küste von Mecklenburg oder Pommern gemalt worden. Das Bild ist von dem Flensburger Maler Ludwig Dettmann, einem ungeheuer begabten Maler. Aber so schön die Frauen mit Kind am Strand anzuschauen sind, ich muss bei dem Bild immer daran denken, dass der Maler vierzig Jahre später ein glühender Nationalsozialist war.

Nichts an Hoppers Bild ist wirklich neu. Wenn ich mal eben als Beweis ein Bild einfügen darf, dass einhundert Jahre älter ist als Hoppers Aquarell. Zugegeben, für das Jahr 1825 ist das Bild von Richard Parkes Bonington (zu dem es hier einen Post gibt) revolutionär und seiner Zeit weit voraus. Zu der Zeit malt bei uns Caspar David Friedrich, der malt zwar auch den Strand und das Meer, aber niemals so impressionistisch hingehaucht. Man kann ähnliche Stimmungen wie bei Bonington natürlich auch bei Eugène Boudin beobachten (zu dem es hier natürlich auch einen Post gibt, so etwas Schönes lasse ich nicht aus).

Ist es der Maler, oder ist es die Umgebung, der weiße Strand, die See und die Sonne? Wenn ich Ihnen dies als Edward Hopper verkaufen würde, würden Sie wahrscheinlich irgendwann merken, dass es kein Hopper ist. Es ist von einem amerikanischen Maler, von dem Hopper viel gelernt hat (obgleich er niemals sein Schüler war). If there is any influence it is more the vital and simple manner of Homer that one finds. Certainly Edward Hopper suggests him. He, too, believes in the authority of big simple forms over the effect attained by brilliant brush work, schrieb Helen Appleton Read (die wie Hopper bei Robert Henri studiert hatte) im Jahre 1923. Winslow Homer selbst hat auch lange gebraucht, bis er zu dieser luftigen Leichtigkeit gefunden hat. Das, was er bei der Vielzahl seiner Aufenthalte in der Karibik gemalt hat, gehört mit zum Schönsten in seinem Werk. Auch wenn auf diesem Bild mal kein Strand zu sehen ist.

Selbstverständlich habe ich auch ein Strandbild von Winslow Homer, obgleich man das auf den ersten Blick eher für einen französischen Impressionisten halten würde. Die Steilküste, die Badehäuser und der boardwalk gehören nicht nach Deauville, dies ist Long Branch, New Jersey. Kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs gemalt, sehr klein (40x70 cm), aber doch ungeheuer eindrucksvoll. Es ist mehr Farbe im Sand der Steilküste, dieses Gelb, das Hopper und Dettmann effektvoll durch ein off white ersetzt haben. Wodurch der Strand natürlich eine größere Dimension der Abstraktion erfährt.

Was Winslow Homer auch kann, wenn man sich sein Bild Prouts Neck anschaut. Mehr Abstraktion geht nicht. Vergleichen Sie dies Bild doch eben einmal mit Hoppers Railroad Sunset. In solchen Bildern liegt auch die Wurzel einer amerikanischen Malerschule, die man American Precisionism nennt (und über die ich seit Jahren mal schreiben will). Maler wie Charles Sheeler, George Ault oder Ralston Crawford. Wenn Sie einen Eindruck von der Kunst der zwanziger und dreißiger Jahre haben wollen, kann ich Ihnen nur den hervorragenden Blog Weimar ans Herz legen.

Dies Bild von Ralston Crawford ist aus dem Jahre 1950, er hat aber zehn Jahre zuvor genauso gemalt (ich habe ➱hier eine wirklich gute Seite dazu). Auf Crawfords Bild sind wie bei Homers Bild vom Sonnenuntergang in Prouts Neck keine Menschen mehr. Wenn man bei Caspar David Friedrichs ➱Mönch am Meer den Mönch weg retuschieren würde, hätte man auch ein schönes abstraktes Strandbild. Solche Bilder beweisen sicher die These, die Robert Rosenblum in Modern Painting and the Northern Romantic Tradition: Friedrich to Rothko aufgestellt hat. Dass es eine Beziehung zwischen ihm und der Moderne gibt.

Zu dem Bild Caspar David Friedrichs könnten wir eine Geschichte erfinden. Zu dem Bild Winslow Homers mit den Damen an der Steilküste von Long Branch und zu Dettmanns Damen am Strand auch. Wir können uns bei Dettmanns Ostseestrand vorstellen, das sei Effi Briest mit ihrem Kind und einer Freundin, zeitlich würde es passen. Aber was erzählen uns die Menschen auf Hoppers Bild? Es ist diese typische Vereinsamung, die wir immer wieder bei Hopper finden, die wir alle aus Nighthawks kennen. Den größten Grad der Abstraktion erreicht erreicht Hopper wahrscheinlich mit seinem Bild Rooms by the Sea (gleichzeitig gemalt mit Ralston Crawfords Bild der Brücke).

Oder mit dem Bild Sun in an Empty Room, zwölf Jahre nach Rooms by the Sea gemalt. Ich hatte jahrzehntelang eine Abbildung davon in meinem Büro in der Uni. Ich habe zwar über zehn Regalmeter Bücher an meine Studis verschenkt als ich ging, aber diese Illustration habe ich mitgenommen. Den echten Jay (auch eine abstrakte Strandszene), der an der gegenüberliegenden Wand hing, habe ich natürlich auch mitgenommen. Hängt jetzt bei mir im Wohnzimmer.

Da hängt auch ein Bild von einem Dänen aus den dreißiger Jahren, das wie ein Hopper aussieht. Ist das ein Hopper? fragen Gäste immer wieder. Der Maler heißt J.P. Sorenson, ich weiß nichts über ihn. Ich habe das Bild natürlich nur gekauft, weil es wie ein Hopper aussieht. Aus dem gleichen Grund habe ich vor Jahrzehnten eine Variante von diesem Bild von Antje Marczinowski gekauft. Nicht dies Ölbild, meins ist ein klitzekleines Aquarell, das aber eine unheimliche Hopper Wirkung entfaltet.

Bevölkern viele Maler, die um die Jahrhundertwende den Strand als Motiv entdecken, ihre Strände noch mit wirklichen Menschen, so scheint das Hopper nicht sonderlich zu interessieren. Wenn er sich mit Jo in South Truro das Haus gebaut hat, das auf die Cape Cod Bay blickt, wird er nie auf das Meer schauen. Jo blickt zur See, Edward Hopper blickt auf die Dünen und Hügel. Die Moderne verbannt mit ihrer Abstraktion die Fröhlichkeit aus den Bildern. Lustiges Strandleben sieht anders aus als da bei Edward Hopper 1924 in auf dem Strand von Gloucester. Vielleicht eher so wie bei dem amerikanischen Impressionisten Edward Henry Potthast, der den Strand von Long Island auf seinen Bildern gerne mit Kindern bevölkerte. Kinder kommen beim Publikum immer gut an, aber Hoppers Strand hat offensichtlich irgendwo ein Schild, auf dem no kids allowed steht. Auf dem Strand, den Manet (der ein großes Vorbild Hoppers war) in Boulogne malt, sind Familien mit Kindern zu sehen, auf dem Strand von Norderney, den Albert Weisgerber malt, auch. Ich habe das Gefühl, dass es auf den Bildern von Hopper wie in seinem Leben überhaupt nie Kinder gibt.

Die Reduktion der Farben, die Hopper und Dettmann vornehmen, findet sich auch auf dem 1908 gemalten Bild von Max Liebermann. Gemalt am Strand von Noordwijk. Da ist Liebermann seit 1906 gerne, er meidet das vornehmere Scheveningen. Seinen Galeristen Paul Cassirer zieht es auch nach Noordwijk, der baut sich nämlich 1906 in den Dünen von Noordwijk ein Ferienhaus. Noordwijk ist damals offensichtlich fest in deutscher Hand, wie man an den kleinen Fähnchen auf den Sandburgen sehen kann.

Vielleicht war es ja damals schön, aber vor einem halben Jahrhundert gab es da zwischen Bergen, Egmond und Katwijk keine wirklich schönen Strände. Jacob van Ruisdael wusste schon, weshalb er nur den Himmel malte, als er den Strand von Egmond aan Zee malte. Nein, ich habe nichts gegen die Holländer, ich liebe die Krimis von Nicolas Freeling und Janwillem van de Wetering. Und der Post Holländer ist mit Liebe geschrieben. Und seit ich da x-mal Urlaub gemacht habe, esse ich noch immer Honigkuchen zum Frühstück. Nur ohne Schokoladenstreusel.

Die Häufung der Strandbilder in der Zeit zwischen 1880 und 1930 ist erstaunlich. Und dabei habe ich bei meinen Beipielen die Künstlerkolonien von Ekensund und Skagen ausgelassen, wo wir natürlich noch mehr Strandbilder finden. Das kann ich tun, weil es zu Skagen und zur dänischen Kunst schon zwei Posts in diesem Blog gibt. Dieser Ostseestrand wurde von Friedrich Mißfeldt gemalt, ich habe das schöne Bild schon hier erwähnt. Es ist viel schöner als das großformatige Strandbild, das der Warleberger Hof in Kiel besitzt. Aber da ist natürlich auch eine deutsche Flagge mit drauf. Deutsche Flaggen müssen am Strand während der Kaiserzeit offenbar sein.

Seinen Aquarellen aus Gloucester verdankt Edward Hopper in den zwanziger Jahren ersten Ruhm. Mit der Hilfe von Jo Nivison (hier mit ihrem Skizzenbuch in Gloucester) gelang es ihm 1923, sechs Aquarelle in einer Ausstellung des Brooklyn Museum zu zeigen. Das Museum kaufte The Mansard Roof für 100 Dollar an. Und Helen Appleton Read schrieb: The Hopper group is one of the high spots of the exhibition. What vitality, force and directness! Observe what can be done with the homeliest subject, provided one has the seeing eye. Der Verkauf von mehreren Aquarellen bei dieser Ausstellung ist nach zehn Jahren (als er bei der Armory Show sein Bild Sailing verkaufen konnte) der erste kommerzielle Erfolg für Hopper. Jetzt denkt er daran, sich als Künstler selbständig zu machen, vorher hat er sein Geld als Illustrator von Zeitungen und Magazinen verdient.

Wenn man noch mehr solcher Strandbilder wie Gloucester Beach, Bass Rocks bei den Bildern von Hoppers Sommeraufenthalten in Gloucester zwischen 1923 und 1928 sucht, wird man enttäuscht werden. Strände interessieren ihn überhaupt nicht. Aber diese Automobile hinter den Felsen, die malt er schon. Dafür kann er sich begeistern. Für die Häuser von Gloucester auch: At Gloucester, when everybody else would be painting ships and the waterfront, I’d just go fish around looking at houses. It is a solid-looking town. The roofs are very bold, the cornices bolder. The dormers cast very positive shadows. The sea captain influence I guess — the boldness of ships.

Und Hopper hat auch gesagt: Maybe I am not very human. What I wanted to do was paint sunlight on the side of a house. So malt er denn bei den Sommeraufenthalten nicht den Strand von Gloucester, er malt Häuser wie dieses. Das macht ihn glücklich: There is a sort of elation about sunlight on the upper part of a house.

An dieser Stelle beende ich einmal unseren kunsthistorischen Strandspaziergang. Die Räume mit den vielen Bildern von Emil Nolde und Siegward Sprotte heben wir uns für ein anderes Mal auf. Sie haben sich natürlich die ganze Zeit gefragt, was das ythlaf da oben im Titel soll. Es ist ein Wort aus dem Altenglischen, das wohl schlicht Strand bedeutet. So ganz sicher ist man sich da nicht, weil das Wort nur zweimal im Altenglischen vorkommt. Das Wort ist aus zwei Wörtern zusammengesetzt, wobei das yth- Welle(n) bedeutet, das -laf so etwas wie Überrest. Damit sind wir bei einer Besonderheit der altenglischen Dichtung, dem Kenning, eine poetische Zusammenfügung von zwei Wörtern, die dann etwas Drittes bedeuten. So wird aus hwal (whale) und rade (road) die hwal-rade, nämlich das Meer (hron-rade kommt schon in der zehnten Zeile vom Beowulf vor). Und ythlaf, der Überrest der Wellen, ist natürlich der Strand. Ist doch ganz einfach.

Der Familienname Hopper kommt übrigens vom altenglischen hoppian, was tanzen bedeutet. Obgleich das Tanzen auf seinen Bildern keine Rolle spielt. Wenn überhaupt mal getanzt wird, dann lässt er Jo über die Bühne huschen. Wie auf seinem Bild Girlie Show von 1941. Sie hat sich über die Malbedingungen beklagt: Ed beginning a new canvas—a burlesque queen doing a strip tease—and I posing without a stitch on in front of the stove—nothing but high heels in a lottery dance pose. Aber was soll das Klagen, sie erlaubte ihrem Mann ja keine Nacktmodelle. Wahrscheinlich auch keine Nacktbadestrände. Aber so etwas gibt es in Amerika ja sowieso nicht.

In diesem Blog gab es schon zwei Posts zu Edward Hopper (und er wird in vielen anderen erwähnt), die Einsamkeit und Edward Hopper heißen. Der letzte ist in der letzten Woche hundert Mal angeklickt worden, ich weiß nicht weshalb. Aber vielleicht macht dies heute ja die Hopper Fans glücklich. Es beantwortet auch die Frage, die Georg (der alle englischen Kreuzworträtsel lösen kann) im Guardian Cryptic fand: A one-legged painter? Sechs Buchstaben, fängt mit H an. Das Standardwerk der vor kurzem verstorbenen Gail Levin Edward Hopper: The Art and the Artist aus dem Jahre 1980 ist immer noch preisgünstig erhältlich. Und falls Sie einen echten Hopper kaufen wollen, hier ist ein Gesamtverzeichnis seiner Werke.

Noch mehr Hopper findet sich in diesem Blog unter: Einsamkeit, Edward Hopper, Jo Hopper (und Eddie)