Sonntag, 6. April 2025

Danton


Am 6. April 1793 hat der Nationalkonvent in Frankreich den Wohlfahrtsausschuss eingerichtet. Den Vorsitz erhielt Georges Danton. Als ich das im Tageblatt der Wikipedia las, fiel mir zuerst Georg Büchners  Dantons Tod ein. In seiner Komödie Besucher läßt Botho Strauß seine Hauptfigur Karl Joseph sagen: In Bremen vierundsechzig oder fünfundsechzig — ich gastierte im Danton— da hatten wir einen jungen Kollegen, der ist eines Abends, also es war schon Viertel eins. Dantons Tod, eine Viecherei, kein Bus fuhr mehr, da ist er plötzlich zur Rampe gelaufen, mitten im Text, und fragt ins Publikum hinunter, ob ihn jemand nach der Vorstellung mit nach Lesum nehmen kann. Dort hat er nämlich gewohnt

Ich nehme an, dass Botho Strauß diese Stelle extra für seinen Hauptdarsteller Will Quadflieg geschrieben hat, denn der hatte sein Landhaus im Kirchspiel Lesum. Der kleine Ort ist jetzt also in der deutschen Literatur, aber da ist er schon länger. Das wissen Sie, wenn Sie den Post Sommer in Lesmona gelesen haben. Diese kleine Geschichte fällt mir bei Dantons Tod, den ich als Jugendlicher mit begeistertem Mitempfinden las, immer wieder ein. Georg Büchner hat schon lange einen Post in diesem Blog. In dem auch steht, dass ich bei der Aufführung von  Leonce und Lena durch unsere Theatergruppe (neben meiner kleinen Rolle als Staatsrat) Regieassistent und Souffleur war. Große Teile des Textes habe ich immer noch drauf. Und da ich mal ein großer Andrzej Wajda Fan war, habe ich den Film Danton hier für Sie. Der basiert aber nicht auf Büchners Theaterstück.

Ich habe mich gefragt, ob Büchner Gedichte geschrieben hat, das wusste ich nicht. Offenbar gibt es ein paar Gedichte, wie dieses aus dem Jahre 1828, das Die Nacht heißt:

Niedersinkt des Tages goldner Wagen,
Und die Stille Nacht schwebt leis’ herauf,
Stillt mit sanfter Hand des Herzens Klagen,
Bringt uns Ruh’ im schweren Lebenslauf.

Ruhe gießt sie in das Herz des Müden,
Der ermattet auf der Pilgerbahn,
Bringt ihm wieder seinen stillen Frieden,
Den des Schicksals rauhe Hand ihm nahm.

Ruhig schlummernd liegen alle Wesen,
Feiernd schließet sich das Heiligthum,
Tiefe Stille herrscht im weiten Reiche,
Alles schweigt im öden Kreis’ herum.

Und der Mond schwebt hoch am klaren Aether,
Gießt sein sanftes Silberlicht herab;
Und die Sternlein funkeln in der Ferne,
Schau’n herab auf Leben und auf Grab.

Willkommen Mond, willkommen sanfter Bote
Der Ruhe in dem rauhen Erdenthal,
Verkündiger von Gottes Lieb’ und Gnade,
Des Schirmers in Gefahr und Mühesal.

Willkommen Sterne, seid gegrüßt ihr Zeugen
Der Allmacht Gottes, der die Welten lenkt,
Der unter allen Myriaden Wesen
Auch meiner voll von Lieb’ und Gnade denkt.

Ja heil’ger Gott, du bist der Herr der Welten,
Du hast den Sonnenball emporgethürmt,
Hast den Planeten ihre Bahn bezeichnet,
Du bist es, der das All mit Allmacht schirmt.

Unendlicher, den keine Räume fassen,
Erhabener, den Keines Geist begreift,
Allgütiger, den alle Welten preisen,
Erbarmender, der Sündern Gnade beut!

Erlöse gnädig uns von allem Uebel,
Vergieb uns liebend jede Missethat,
Laß wandeln uns auf deines Sohnes Wegen,
Und siegen über Tod und über Grab.


Man merkt, Gedichte sind nicht sein Ding. Und dennoch ist viel Dichtkunst in Büchner. Er schreibt sie eine seine Theaterstücke hinein. Wie in diesen Monolog des Leonce, das ist doch reine Poesie: Ein sonderbares Ding um die Liebe. Man liegt ein Jahr lang schlafwachend zu Bette, und an einem schönen Morgen wacht man auf, trinkt ein Glas Wasser, zieht seine Kleider an und fährt sich mit der Hand über die Stirn und besinnt sich und besinnt sich. – Mein Gott, wieviel Weiber hat man nöthig, um die Scala der Liebe auf und ab zu singen? Kaum daß Eine einen Ton ausfüllt. Warum ist der Dunst über unsrer Erde ein Prisma, das den weißen Gluthstrahl der Liebe in einen Regenbogen bricht? In welcher Bouteille steckt denn der Wein, an dem ich mich heute betrinken soll? Bringe ich es nicht einmal mehr so weit? Ich sitze wie unter einer Luftpumpe. Die Luft so scharf und dünn, daß mich friert, als sollte ich in Nankinghosen Schlittschuh laufen. – Meine Herren, meine Herren, wißt ihr auch, was Caligula und Nero waren? Ich weiß es. Komm Leonce, halte mir einen Monolog, ich will zuhören. Mein Leben gähnt mich an, wie ein großer weißer Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus. Mein Kopf ist ein leerer Tanzsaal, einige verwelkte Rosen und zerknitterte Bänder auf dem Boden, geborstene Violinen in der Ecke, die letzten Tänzer haben die Masken abgenommen und sehen mit todmüden Augen einander an. Ich stülpe mich jeden Tag vier und zwanzigmal herum, wie einen Handschuh. O ich kenne mich, ich weiß was ich in einer Viertelstunde, was ich in acht Tagen, was ich in einem Jahre denken und träumen werde. Gott, was habe ich denn verbrochen, daß du mich, wie einen Schulbuben, meine Lection so oft hersagen läßt? 


Samstag, 5. April 2025

Westwind


Ich wollte heute eigentlich nichts schreiben, aber an Edward Young, der heute vor 260 Jahren starb, komme ich nicht vorbei. Weil der mit seinen Night Thoughts ein Buch geschrieben hatte, das ganz Europa las. James Boswell hat es als a mass of the grandest and richest poetry that human genius has ever produced bezeichnet. Edward Young hatte 2011 hier schon den Post Night Thoughts, der mit den Sätzen endet: Mit Youngs Nachtgedanken und dem ganzen Komplex der Graveyard Poetry haben die Engländer schon wieder etwas Neues, das geradezu epidemisch auf ganz Europa wirkt. Melancholie und Mondschein (noch nicht Mandolinen und Mondschein), elegische Trauer, Gräber und Ruinen. Im 18. Jahrhundert kommt beinahe alles aus Großbritannien. Von den Möbeln (Sheraton, Hepplewhite, Chippendale) bis zur Philosophie (Burkes Ästhetik und die schottischen Aufklärer). Auch auf dem Kontinent kaufen sich Gentlemen eine englische Uhr und kleiden sich englisch wie Goethes Werther. Und lesen englische Romane. Und lesen natürlich den Doktor der Theologie Edward Young. We take no note of time But from its loss.

Der letzte Satz war ein Zitat aus den Night Thoughts, die in dem Post Nachtgedanken hier ein zweites Mal auftauchen. Diese elegische Dichtung will ich Ihnen an diesem sonnigen Frühlingsmorgen nicht zumuten. Stattdessen gibt es das kleine Gedicht The wind from the West, das nicht zu  the grandest and richest poetry zählt, aber irgendwie nett ist:

Blow high, blow low,
O wind from the West;
You come from the country
I love the best.

O say have the lilies
Yet lifted their heads
Above the lake-water
That ripples and spreads?

Do the little sedges
Still shake with delight,
And whisper together
All through the night?

Have the mountains the purple
I used to love,
And peace about them,
Around and above?

Ich kann zu dem Gedicht noch eine Vertonung von Peter Warlock anbieten. Und morgen gibt es hier nichts. Oder was ganz anderes.

Freitag, 4. April 2025

verständiglich und deutlich


Heute vor fünfhundert Jahren wurde Ambrosius Lobwasser im sächsichen Schneeberg geboren, ein humanistischer deutscher Schriftsteller und Übersetzer. Sein Hauptwerk aus dem Jahre 1573 ist Der Psalter des Königlichen Propheten Davids. In deutsche Reime verständiglich und deutlich gebracht. Es ist eine Übersetzung der Psalme, die nicht auf dem hebräischen Urtext oder der Übersetzung Martin Luthers basierte, sondern auf dem Genfer Psalter (Psautier de Genève) den man auch den Hugenottenpsalter nannte. Man kann den Unterschied zu Luther an einem Beispiel sehr schön sehen. Bei Luther heißt es im Psalm 130:

Ich harre des Herrn, 
meine Seele harret,
und ich hoffe auf sein Wort. 
Meine Seele wartet auf den Herrn 
von einer Morgenwache bis zur andern.

Das klingt in Lobwassers Übersetzung etwas anders:

Mein Hoffnung ich tu stellen auf Gott, den höchsten Hort. 
Ich hoff von ganzer Seelen auf sein göttliches Wort. 
Mein Seel auf Gott vertrauet, auf ihn stets wart und sicht,
gleich wie ein Wächter schauet, ob schier der Tag anbricht.

Alles ist gereimt und singbar, dafür war Lobwassers verständigliche und deutliche Übersetzung des Hugenottenpsalters da. Sein Buch hatte hundert Auflagen und hielt sich bis ins 18. Jahrhundert. Auch im reformierten Bremen, aber dann fand es der Senat nicht mehr modern genug. Und die neue Übersetzung von Matthias Jorissen setzte sich durch. Der Eintrag zu Lobwasser in der Deutschen Biographie hat Erich Trunz geschrieben, der schon 1928 über Lobwasser im Euphorion schrieb und 1932 seine Doktorarbeit über Lobwasser einreichte. Dazu zitiere ich einmal aus dem Post so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten einige Sätze: Die deutsche Barockforschung begann für die Germanistik mit dem berühmten Seminar von Julius Petersen im Wintersemester 1927/1928, aus dem eine ganze Generation von Germanisten hervorgegangen ist. Leute wie Wolfgang Kayser, Hans Pyritz, Richard Alewyn, Benno von Wiese und Erich Trunz. Mein erstes Barockseminar war in den sechziger Jahren das Proseminar Das europäische Drama und Theater des Barock bei dem Hamburger Theaterwissenschaftler Dr Diedrich Diederichsen. Der war auch der Leiter der 1940 gegründeten Theatersammlung, die zu dem Lehrstuhl für Germanistik in Hamburg gehörte. Es hatten sich in dem Sommer nur wenige Studenten (es waren höchstens zwanzig) in sein Seminar verirrt, was sicher ein Fehler war, denn es war ein hervorragendes Seminar.

Falls Ihnen der Sinn nach lange vergangener deutscher Dichtung stehen sollte, dann lesen Sie doch den schönen Post Hugo von Montfort, Der adlige Minnesänger ist heute vor 602 Jahren gestorben. Aber seine Lyrik ist immer noch lebendig. 

Donnerstag, 3. April 2025

Goethe übt noch

Heute vor 212 Jahren starb Friederike Elisabeth Brion, die in ihrer Jugend eine Liebschaft mit dem jungen Goethe gehabt hat. Diese vielleicht heftige, aber doch wohl platonische und kurze Affäre ist in die Literatur gewandert. Sie können dazu mehr, oder beinahe alles, in dem Post Friederike lesen. Die erste Begegnung mit der Pfarrerstochter, die er nach kurzer Zeit schnöde verlassen wird, hat er in Dichtung und Wahrheit beschrieben:

In diesem Augenblick trat sie wirklich in die Türe; und da ging fürwahr an diesem ländlichen Himmel ein allerliebster Stern auf. Ein kurzes weißes rundes Röckchen, nicht länger als dass die nettesten Füßchen bis an die Knöchel sichtbar blieben; ein knappes Mieder und eine schwarze Schürze – so stand sie auf der Grenze zwischen Bäuerin und Städterin. Schlank und leicht, als wenn sie nichts an sich zu tragen hätte, schritt sie und beinahe schien für die gewaltigen blonde Zöpfe des niedlichen Köpfchens der Hals zu zart. Aus heiteren blauen Augen blickte sie sehr deutlich umher, und das artige Stumpfnäschen forschte so frei in die Luft, als wenn es in der Welt keine Sorge geben könnte; der Strohhut hing ihr am Arm, und so hatte ich das Vergnügen, sie beim ersten Blick auf einmal in ihrer ganzen Anmut und Lieblichkeit zu sehen und zu erkennen.

Vielleicht war es so, auf jeden Fall schreibt er ihr Briefe: Liebe neue Freundin, ich zweifle nicht, Sie so zu nennen. Denn wenn ich mich anders nur ein klein wenig auf die Augen verstehe, so fand mein Aug’ im ersten Blick die Hoffnung zu dieser Freundschaft in Ihrem, und für unsere Herzen wollt’ ich schwören. Sie, zärtlich und gut, wie ich sie kenne – sollten Sie mir, da ich sie so lieb habe, nicht wieder ein bisschen günstig sein? Nach den Briefen geht er zu Gedichten über. Nicht alles, das er für die blonde Friedrike schreibt, ist großartig. Dies hier ist wahrlich keine Erlebnislyrik, das ist einfach nur konventionell:

Kleine Blumen, kleine Blätter
Streuen mir mit leichter Hand
Gute junge Frühlingsgötter
Tandlend auf ein luftig Band.

Zephyr, nimm's auf deine Flügel,
Schling's um meiner Liebsten Kleid;
Und dann tritt sie für den Spiegel
Mit zufriedener Munterkeit.

Sieht mit Rosen sich umgeben,
Sie wie eine Rose jung.
Einen Kuß, geliebtes Leben!
Und ich bin belohnt genu(n)g.

Schicksal, segne diese Triebe,
Laß mich ihr und laß sie mein,
Laß das Leben unsrer Liebe
Doch kein Rosenleben sein!

Mädchen, das wie ich empfindet,
Reich mir deine liebe Hand!
Und das Band, das uns verbindet,
Sei kein schwaches Rosenband!

Der große Goethe ist nicht immer groß. Es ist ein sehr schwaches Rosenband, das da geknüpft wurde, es hält gerade mal ein Jahr. Es waren peinliche Tage, als ich ihr die Hand noch vom Pferde reichte, standen ihr die Tränen in den Augen, und mir war sehr übel zu Mute, können wir in Dichtung und Wahrheit lesen. Er schreibt ihr aus Frankfurt einen Abschiedsbrief. Vier Jahre später verlobt er sich in Frankfurt mit der Bankierstochter Lili Schönemann, aber das ist auch nach einem Jahr zu Ende. Doch an seinem Lebensende wird er seinem Freund Friedrich Soret sagen: Lili war die erste, die ich tief und wahrhaft liebte, und vielleicht war sie auch die letzte. Da ist keine Rede mehr von der armen Friedrike.


Am 3. April gab es hier im Blog schon mehrere Dichter, die da einen Geburtstag oder Todestag hatten. Das waren Bodo von Hodenberg, der sich in dem Post Fruchtbringende Gesellschaft findet, George Herbert und Otto Graf von Loeben. Das sind Posts, die vielleicht lesenswerter sind als das heutige Goethe Gedicht.

Mittwoch, 2. April 2025

Comment te dire adieu


Serge Gainsbourg, der heute Geburtstag hat, war schon vor zwei Jahren am zweiten April mit einem Chanson in dem Post l'océan de l'oubli. Das schöne Lied wurde auch schon in dem Post Verzierungen zitiert. Und Gainsbourg selbst ist natürlich auch schon in dem Blog, zum Beispiele ind den Posts souvenirs et regrets und Jane Birkin ✝. Mein Chanson heute heißt Je suis venu te dire que je m'en vais, es handelt von der Liebe und vom Ende der Liebe. So etwas können die Franzosen ja ganz wunderbar:

Je suis venu te dire que je m'en vais
Et tes larmes n'y pourront rien changer 
Comme dit si bien Verlaine au vent mauvais
Je suis venu te dire que je m'en vais
Tu t'souviens des jours anciens et tu pleures
Tu suffoques, tu blêmis à présent qu'a sonné l'heure
Des adieux à jamais
Je suis au regret
De te dire que je m'en vais
Oui, je t'aimais, oui, mais

Je suis venu te dire que je m'en vais
Tes sanglots longs n'y pourront rien changer
Comme dit si bien Verlaine au vent mauvais
Je suis venu te dire que je m'en vais
Tu t'souviens des jours heureux et tu pleures
Tu sanglotes, tu gémis à présent qu'a sonné l'heure
Des adieux à jamais
Oui, je suis au regret
De te dire que je m'en vais
Car tu m'en as trop fait
Je suis venu te dire que je m'en vais

Je suis venu te dir'que je m'en vais
et tes larmes n'y pourront rien changer
comm'dit si bien Verlaine "au vent mauvais"
je suis venu te dir'que je m'en vais

Tu t'souviens des jours anciens et tu pleures
tu suffoques, tu blémis à présent qu'a sonné l'heure
des adieux à jamais
oui je suis au regret
de te dir'que je m'en vais
oui je t'aimais, oui, mais
je suis venu te dir'que je m'en vais
tes sanglots longs n'y pourront rien changer
comm'dit si bien Verlaine "au vent mauvais"
je suis venu d'te dir'que je m'en vais

Tu t'souviens des jours heureux et tu pleures
tu sanglotes, tu gémis à présent qu'a sonné l'heure
des adieux à jamais
oui je suis au regret
de te dir'que je m'en vais
car tu m'en as trop fait

Je suis venu te dir'que je m'en vais
et tes larmes n'y pourront rien changer
comm'dit si bien Verlaine "au vent mauvais"
je suis venu d'te dir'que je m'en vais

Tu t'souviens des jours anciens et tu pleures
tu suffoques, tu blémis à présent qu'a sonné l'heure
des adieux à jamais
oui je suis au regret
de te dir'que je m'en vais
oui je t'aimais, oui, mais

Je suis venu te dir'que je m'en vais
tes sanglots longs n'y pourront rien changer
comm'dit si bien Verlaine "au vent mauvais"
je suis venu d'te dir'que je m'en vais

Tu t'souviens des jours heureux et tu pleures
tu sanglotes, tu gémis à présent qu'a sonné l'heure
des adieux à jamais
oui je suis au regret
de te dir'que je m'en vais
car tu m'en as trop fait...


Gainsbourg zitiert Paul Verlaine in seinem Chanson. Der vent mauvais findet sich in Verlaines Chanson d’automne. Einem Gedicht, bei dem sich auch Jacques Prévert bedient hat, denn manches von Verlaine findet sich in Les feuilles mortes wieder. Gainsbourg, der mit Jane Birkin zusammenlebte, als er diesen Text schrieb, hat ihn wahrscheinlich für seine zweite Frau Françoise-Antoinette Pancrazzi geschrieben, mit der er zwei Kinder hatte. Die schöne Frau hat erstaunlicherweise keinen Eintrag bei Wikipedia. Aber sie wird immer in diesem Lied sein, auch wenn da steht: tu m'en as trop fait... Immer tun die Frauen den Männern etwas an. Bei Charles Aznavour steht in seinem Chanson Sur ma vie als letzte Zeile auch so etwas: tout le mal que tu m'as faitSerge Gainsbourg hat das Chanson, das 1973 als 45er Single erschien, immer wieder gesungen (und das Comment te dire adieu des heutigen Post-Titels, das Françoise Hardy singt, das hat er auch geschrieben).✺Jane Birkin hat Je suis venu te dire que je m'en vais ein Jahr nach Gainsbourgs Tod sehr schön mit ihrem Sprechgesang vorgetragen. Das Internet ist voll von Cover Versionen. ✺Marianne Faithfull sollte man nicht anklicken, diese ✺Fernsehshow auch nicht.

Aber interessant fand ich Alliye, die laut Spotify vier Alben auf dem Markt hat und man dort erfährt: Multilingual music artist, singer, songwriter and music producer from the state of Maranhão (northeast of Brazil), Alliye began her artistic activities in Paris, France in 2006. Currently residing in the capital of São Paulo, Alliye faces the challenges of producing her musical projects autonomously, making use of streaming services to launch her songs, and also creating French versions of Brazilian hits. Bei ihr bekommt Je suis venu te dire que je m'en vais einen südamerikanischen Touch. Ist noch nicht ganz A beleza que não é só minha, aber doch schon ein bisschen.


Dienstag, 1. April 2025

April


Da ist er, der Monat April. Sie kennen das schon, wenn Sie diesen Blog lesen, es gibt den ganzen Monat Gedichte. Das erste kommt von der amerikanischen Dichterin Edna St. Vincent Millay. Thomas Hardy hat über sie gesagt, dass Amerika zwei Attraktionen hätte. Das eine seien die Wolkenkratzer, das andere die Gedichte von Edna St. Vincent Millay. Das Gedicht Spring, das heute hier steht, ist nicht unbedingt repräsentativ für ihre Dichtkunst. Aber es ist sehr witzig, und der Monat April kommt auch drin vor.

To what purpose, April, do you return again?
Beauty is not enough.
You can no longer quiet me with redness
Of little leaves opening stickily.
I know what I know. (5)
The sun is hot on my neck as I observe
The spikes of the crocus.
The smell of the earth is good.
It is apparent that there is no death.
But what does that signify? (10)
Not only under ground are the brains of men
Eaten by maggots.
Life in itself
Is nothing,
An empty cup, a flight of uncarpeted stairs. (15)
It is not enough that yearly, down this hill,
April
Comes like an idiot babbling and strewing flowers.

Auf der Seite von Hans-Peter Kraus findet sich eine deutsche Übersetzung, aber die werden Sie nicht brauchen.