Wenn ein Blogger bei der Google Suche auf Platz Eins der Ergebnisse landet, dann ist er ein klein wenig stolz. Wenn ein Blogger etwas Substantielles geschrieben hat, das nur einmal, und zwar bei ihm, im Netz steht, dann ist er auch ein wenig stolz. Ich kann heute ein Gedicht anbieten, dessen Text Sie im Internet nur bei mir finden. Nirgendwo sonst. Es heißt Die rabenfeder mit dem schmetterlingsflügel und wurde im August 1819 von Casimir Ulrich Boehlendorff mit der etwas seltsamen Orthographie geschrieben, die sich der Dichter im Spätwerk angewöhnt hatte. Der Dichter war einmal ein Freund Hölderlins gewesen. Heute vor zweihundert Jahren hat er mit der Pistole seinem Leben ein Ende gesetzt. Sein Freund Hölderlin hielt ihn schon lange für tot. Im Februar 1814 schrieb Ernst Zimmer an Johanna Christiana Gock: Er sagte zu mir, der Mann hat mir viele wohltaten in meiner Jugend erzeigt. Auch das Kleine Büchle von Böhlendorf hat ihn Sehr gefreudt. Er sagte, ach der gute ist früh gestorben, es war ein Kurländer, Ich habe Ihn in Homburg gekandt es war ein rechter guter Freund von mir. Wenn ich etwas von Boehlendorffs Gedicht bei Google eingebe, bekomme ich das Ergebnis: Diese Zeilen gehören zum Gedicht Wandrers Nachtlied von Johann Wolfgang von Goethe. Das hat die Künstliche Intelligenz von Google herausgefunden. Womit man wieder sehen kann, wie doof die KI ist. Mit Rabenfedern und Schmetterlingsflügeln kann sie nichts anfangen:
Die rabenfeder mit dem
schmetterlingsflügel
an das todkranke söhnchen eines kurischen freundes
Aug. 1819
Siehe! was sendet der freund dem kranken Adonis, ein
briefchen,
Eine rabenfeder dazu mit dem schmetterlingsflügel:
'Psyche! entfliehe mir nicht! Zum Pfande sey mir des Sylfen
Bunter flügel, zum sinn'gen gedächtniss die feder des raben
Von dem dichter gesendet; er selber taucht in den honig
Diesen pfeil; von dem hauch entfaltete Psyche die Flügel.'
Boehlendorff war lange vergessen, bis ihn Johannes Bobrowski mit einer Erzählung (die es auch als Hörspiel gibt) aus der Versenkung geholt hat. Die Erzählung beginnt mit: Was weiß man von Boehlendorff? Und sie endet mit den Sätzen: Guter Mensch, dieser Herr Hofmeister da. Das sagen die Leute, die um das Grab stehn. Guter Mensch. Was noch? Das ist, womöglich, schon etwas, und, womöglich, ist es unnötig, mehr über Boehlendorff zu wissen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen