Am 28. April 1772 wurde Johann Friedrich Struensee (hier auf einem Bild von Jens Juel) vor den Toren von Kopenhagen hingerichtet, halb Kopenhagen war zu diesem Schauspiel gekommen. Dreißigtausend Menschen sollen zugeschaut haben, wie Struensee zusammen mit dem Grafen Enevold von Brandt geköpft wurde. Es ist ein blutiges Schauspiel, so wie es im Urteil steht: Es soll Johann Friedrich Struensees rechte Hand und darauf sein Kopf ihm lebendig abgehauen, sein Körper gevierteilt und aufs Rad gelegt, der Kopf mit der Hand aber auf einen Pfahl gesteckt werden. Das war das Ende des Mannes, der die Aufklärung nach Dänemark gebracht hatte. Mit seiner Hinrichtung ist man in Dänemark wieder im tiefsten Mittelalter.
Gotthold Ephraim Lessing, der Struensee 1767 in Altona kennengelernt hatte, war angeblich zu dieser Zeit in Kopenhagen und schreibt am 31. Januar an seine Verlobte Eva König: Man sieht, man hat seinen Fall dem König abgezwungen. Das steht so im Wikipedia Artikel zu Struensee, aber Lessing ist nicht in Kopenhagen, er ist in Braunschweig. Solche Fehler dürfen einem Lexikon nicht passieren. Lessing schreibt seiner Verlobten auch: Mit Struensee geht der Handel zu Ende. Ihm und Branden ist das Urtheil gesprochen, Hand und Kopf zu verlieren, und geviertheilt auf das Rad geflochten zu werden. Doch hofft man, daß es zur Vollziehung nicht kommen werde, sondern beyde wohl mit ewigem Gefängniß abkommen dürften. Der →Brief datiert vom 1. Mai 1772, da hat sich das Ereignis noch nicht bis Wolfenbüttel herumgesprochen, wo Lessing gerade Bibliothekar der Bibliotheca Augusta geworden war. Wenig später muss Lessing schreiben: Das schreckliche und grausame Urteil über Struensee und Brandt ist nunmehr doch vollzogen worden.
Die Dichter der Zeit sind zurückhaltend, man findet kaum Gedichte über das Ereignis. Auch Helfrich Peter Sturz, der als Komplize Struensees verhaftet, dann aber freigelassen wurde, hat nichts über den Tod seines Dienstherren geschrieben. Googles Künstliche Intelligenz versicherte mir, dass es eine Vielzahl von Gedichten über Struensee gäbe, eines davon sei von Goethe. Da kann man sehen, dass diese Intelligenz künstlich ist. Aber nicht intelligent. Aber etwas Gedichtetes habe ich doch gefunden, es ist der Monolog aus dem Trauerspiel in fünf Aufzügen von Michael Beer. Da hält der dem Tode Geweihte im letzten Akt eine Rede:
Heinrich Heine hat 1828 das Theaterstück besprochen und in seiner →Rezension diese Rede abgedruckt. Das Drama war damals für einen Augenblick berühmt. Wahrscheinlich weil Beers Bruder Giacomo Meyerbeer die Bühnenmusik dazu geschrieben hatte. Davon kann man bei YouTube die ✺Ouvertüre hören. Das Theaterstück ist nicht ganz verloren gegangen, glücklicherweise findet sich bei →Zeno noch der Volltext. Den Film ✺En kongelig affære von 2012 (mit Mads Mikkelsen als Struensee) hätte ich hier auch noch für Sie. Hat schöne Bilder, hat aber nichts von der sprachlichen Qualität von Enquists ✺Roman.
Jeg agtet mindre om al Verdens Lyst og Glimmer
Der Tag geht auf! demütig leg' ich ihm
Mein Leben nieder vor dem ew'gen Thron.
Verborgner Wille tritt ans Licht und glänzt,
Und Taten werden bleich, wie ird'scher Kummer.
Doch ein beglückter Lohn steigt blühend auf;
Hier, wo ich wirkte, reift manch' edle Saat.
So hab' ich nicht umsonst gelebt, so hab' ich
Mit falschen Lehren nicht das Reich geblendet!
Es kommt der Tag, die Zeiten machen's wahr,
Was ich gewollt; die Tyrannei erkennt,
Daß sich das Ende ihrer Schrecken naht.
Ich seh' ein Blustgerüst sich nach dem andern
Erbaun, ein rasend Volk entfesselt sich,
Trifft seinen König in verruchter Wut,
Und dann sich selbst mit immer neuen Schlägen.
Geschäftig mäht das Beil die Leben nieder,
Wie ems'ge Schnitter ihre Ernte – plötzlich
Hemmt eine starke Hand die ehrne Wut.
Der Henker ruht, doch die gewalt'ge Hand
Kommt nicht zu segnen mit dem Zweig des Friedens.
Mit ihrem Schwert vergeudet sie die Völker,
Bis auch der Kampf erlischt, ein brausend Meer
Schlägt an ein einsam Grab, und alles ruht.
Und hellre Tage kommen, und die Völker
Und Könige schließen einen ew'gen Bund.
Notwendig ist die Zeit, sie muß erscheinen,
Sie ist gewiß, wie die allmächt'ge Weisheit.
Nur durch die Kön'ge sind die Völker mächtig,
Nur durch die Völker sind die Kön'ge groß.
Verborgner Wille tritt ans Licht und glänzt,
Und Taten werden bleich, wie ird'scher Kummer.
Doch ein beglückter Lohn steigt blühend auf;
Hier, wo ich wirkte, reift manch' edle Saat.
So hab' ich nicht umsonst gelebt, so hab' ich
Mit falschen Lehren nicht das Reich geblendet!
Es kommt der Tag, die Zeiten machen's wahr,
Was ich gewollt; die Tyrannei erkennt,
Daß sich das Ende ihrer Schrecken naht.
Ich seh' ein Blustgerüst sich nach dem andern
Erbaun, ein rasend Volk entfesselt sich,
Trifft seinen König in verruchter Wut,
Und dann sich selbst mit immer neuen Schlägen.
Geschäftig mäht das Beil die Leben nieder,
Wie ems'ge Schnitter ihre Ernte – plötzlich
Hemmt eine starke Hand die ehrne Wut.
Der Henker ruht, doch die gewalt'ge Hand
Kommt nicht zu segnen mit dem Zweig des Friedens.
Mit ihrem Schwert vergeudet sie die Völker,
Bis auch der Kampf erlischt, ein brausend Meer
Schlägt an ein einsam Grab, und alles ruht.
Und hellre Tage kommen, und die Völker
Und Könige schließen einen ew'gen Bund.
Notwendig ist die Zeit, sie muß erscheinen,
Sie ist gewiß, wie die allmächt'ge Weisheit.
Nur durch die Kön'ge sind die Völker mächtig,
Nur durch die Völker sind die Kön'ge groß.
Und dann hätte ich noch einen Smædevers auf einem Flugblatt, der den Titel Nu vender Lykken sig, Grev Struense For dig:
Jeg agtet mindre om al Verdens Lyst og Glimmer
End den Fornøyelse at elske Fruentimmer.
Min Lykke, tænkte jeg, at faae ved dette Kiøn,
Og saae den blomstrede, fornøyelig og skiøn.
Vil man mig skildre ret, da bør al Verden vide,
Vil man mig skildre ret, da bør al Verden vide,
Et Fruentimmer jeg skal have ved min Side.
Derved udtrykker man min rette Caracteer,
Som af en Kunstners Haand den er udtrykket her.
Skiønt min Opførsel saa i Kongens Huus har været,
Skiønt min Opførsel saa i Kongens Huus har været,
At jeg har hverken Gud ey heller Dyden æret,
Og altsaa værdig er at fængsles og at døe:
Vil Fruentimrets Roes dog Blomster paa mig strøe.
Endskiønt de Dydige det ikke ville giøre;
Endskiønt de Dydige det ikke ville giøre;
Man af de andre dog skal Roes nok om mig høre.
For Fruentimrets Skyld jeg da med Glæde døer;
Man alle Pjoskers Ven mig altid kalde bør.
Noch mehr Schmähverse auf Flugblättern dieser Zeit finden sich auf der Seite von →Danmarks Nationalleksikon. Und noch mehr zu dem Arzt aus Altona in den Posts: Struensee, Vaterlandsstolz, die Königin Caroline Mathilde, Hannover
Noch mehr Schmähverse auf Flugblättern dieser Zeit finden sich auf der Seite von →Danmarks Nationalleksikon. Und noch mehr zu dem Arzt aus Altona in den Posts: Struensee, Vaterlandsstolz, die Königin Caroline Mathilde, Hannover
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