Samstag, 4. Februar 2023

Paco Rabanne ✝

Der spanische Modeschöpfer Paco Rabanne ist im Alter von achtundachtzig Jahren gestorben. Seine Parfüms und seine Rasierwasser kann man heute noch kaufen, sogar Online. Für die Duftwässer hat er vor Jahrzehnten einen Deal mit der Firma Puig gemacht. Die bedauert auf ihrer Seite mit profound sadness den Tod von Rabanne. Rabannes ganze Fima gehört inzwischen Puig. Über seine Aftershaves kann ich nichts sagen, mich fazinieren nur die Flaschen von Produkten wie Phantom oder Invictus. Ist das Designwille oder stehengebliebenes Space Age? Dies hier waren die ersten Bekleidungsstücke, die ihn berühmt machten. Er war der Designer für den Film Barbarella, in dem Jane Fonda viele absurde Klamottten trug.

Keine der jungen Frauen, die ich damals kannte, trug Paco Rabanne. Die trugen Marimekko, erle zf (was für zierliche Frau stand) oder nähten sich selbst was Schönes. Trugen vielleicht mal einen Minirock von Mary Quant. Miniröcke waren in Bremen keine Seltenheit, denn da gab es Evelyn Frisinger, die mit ihrer Boutique Evelyn das Swinging London nach Bremen brachte. Sie war als Au Pair Girl in London gewesen; kam mit einem gelben Minirock zurück und machte ihre Boutique auf. Und nähte wenig später die Kostüme für den Beat Club von Mike Leckebusch. Damals beschäftigte sie vierzehn Schneiderinnen. 

Uschi Nerke, die die schärfsten Miniröcke Deutschlands trug, nähte sich ihre Röcke selbst. Ich weiß nicht, ob Mary Quant das je erfahren hat, aber mit dem Erfolg des Minirocks in Deutschland wäre es ohne Uschi Nerke und Evelyn Frisinger wahrscheinlich nichts geworden. Uschis kurze Röcke beschäftigen irgendwann sogar die katholische Kirche. Und natürlich die Bild Zeitung, die sich eine Schlagzeile wie Trägt Uschi zu kurz? nicht nehmen ließ. Uschis Röcke wurden kürzer, bis sie irgendwann nur noch ein breiter Gürtel waren. 

Und eines Tages moderierte Uschi die Sendung nackt aus einer Badewanne. Wenn ich mich recht erinnere, ist damals - trotz des Aufschreis der Fernsehzuschauer, der katholischen Kirche und der Bild Zeitung - das Abendland nicht untergegangen. Evelyn Frisinger hat vor zehn Jahren ihre Boutique geschlossen, aber als Jazzsängerin tritt die Frau, deren Vater Gitarrist bei James Last war, heute noch auf. Evelyn Frisinger hat wilde Mode nach Bremen gebracht, aber die Kleider von Paco Rabanne waren nicht dabei.

Ich glaube, es gab sowieso nur eine einzige Frau auf der Welt, die Paco Rabanne tragen konnte. Und das war Audrey Hepburn hier in dem Film Two for the Road. Ob sie, die sonst nur Givenchy trug, das klappernde Blechkleid auch noch nach den Dreharbeiten getragen hat, weiß niemand. Die Firma Paco Rabanne hat das Modell aber vor drei Jahren wieder in die Kollektion genommen. Weil es a true legend ist, sozusagen ein Klassiker. Das fanden nicht alle. In ihrem Nachruf auf Thierry Mugler nannte die FAZ Paco Rabanne den Kettenhemd-Klempner.

Wir müssen allerdings bedenken, dass Rabanne damals nicht der einzige war, der futuristische Damenmode entwarf. Seine Kollegen Pierre Cardin und André Courrèges machten ja Ähnliches, häufig konnte man ihre Kreationen nicht voneinander unterscheiden. Vieles davon war schlicht absurd, war nur eine Illustration des Gedichts Sogenannte Klassefrauen von Erich Kästner. Paco Rabannes Kollektionen interessiertes uns in den Sixties nicht. Weil wir damals Exis waren. Sartre und Camus lasen, Tweedjacketts und Rollkragenpullover trugen. Und wir nie mit Frauen ausgegangen wären, die so aussahen wie dieses Paco Rabanne Modell. Mit Audrey Hepburn wären wir schon ausgegangen, aber wir hätten ihr vorher ein hübsches Kleid ohne Blech gekauft.


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