Sonntag, 6. November 2011

James Jones


Der amerikanische Schriftsteller James Jones wurde heute vor neunzig Jahren geboren. Als er achtzehn war, hat er sich freiwillig zur Infantrie gemeldet, zur 25th Infantry Division. Das ist die Division, die im Zweiten Weltkrieg im Pazifik am meisten aushalten muss. James Jones hat es bis zum Sergeant gebracht (obgleich er zweimal wegen Insubordination degradiert wurde). Die Armbanduhr, die er auf diesem Photo trägt, ist auch nicht so ganz vorschriftsmäßig. Die Uhren, die die USA an die Soldaten der Army ausgab, sahen anders aus (lesen Sie ➱hier mehr dazu). Aber für solche Verstösse gegen die Bekleidungsvorschrift wird man natürlich nicht degradiert. Als James Jones in die US Army eintritt, ist noch kein Krieg, aber wenn er in den Schofield Barracks stationiert ist, hat er sozusagen einen Logenplatz auf den Angriff auf Pearl Harbor. Darüber wird er später schreiben.

Jetzt liest er erst einmal. Thomas Wolfe war der erste Autor, der ihn begeisterte, dann kamen Faulkner und Hemingway hinzu.Über den Krieg im Pazifik hat er eine Trilogie geschrieben, die ab 1951 erschien. Der erste Band war From Here to Eternity, er wurde sofort ein Bestseller. Wurde zwei Jahre später mit einem Staraufgebot verfilmt und bekam acht Academy Awards. Ich weiß bis heute nicht weshalb. War es die Szene am Strand mit Deborah Kerr und Burt Lancaster, der Höhepunkt des erotischen Films im Jahre 1953? Ich glaube, ich lasse den Film einmal beiseite.

An dem Roman From Here to Eternity hatte Jones 1946 zu schreiben begonnen, er hatte jede Seite, die er fertig hatte, an Maxwell Perkins geschickt. Und der Mann, ohne den aus der amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts wohl nichts geworden wäre und ohne den aus der Kiste voller getippten Seiten niemals Look Homeward Angel entstanden wäre, nimmt sich des jungen Veteranen an und wird der Geburtshelfer für From Here to Eternity.

Es ist nicht der erste amerikanische Bestseller über den Zweiten Weltkrieg, Norman Mailers The Naked and the Dead war schon 1948 erschienen (➱Herman Wouks The Cain Mutiny sollte 1952 auf den Markt kommen). Viele Kritiker sind heute der Meinung, dass From Here to Eternity der beste dieser Kriegsromane ist. Obgleich es eigentlich kein Kriegsroman ist sondern nur ein Roman über die Armee, der Krieg beginnt für die USA erst mit dem Romanende, mit der Bombardierung von Pearl Harbor.

Als James Jones 1977 starb und die Amerikaner seinen ersten Roman schon beinahe vergessen hatten (inzwischen hatten sie einen anderen Krieg zu verarbeiten), schrieb ➱Joan Didion in einem Essay (in The White Album): I thought about barracks rats and I thought about Prewitt and Maggio and I thought about Army hatred and it seemed to me that night in Honolulu that only the details had changed, that James Jones had known a great simple truth: the Army was nothing more or less than life itself. I wish I could tell you that on the day in May when James Jones died someone had played a taps for him at Schofield Barracks, but I think this is not the way life goes. Da ist es, so ganz nebenbei: James Jones had known a great simple truth: the Army was nothing more or less than life itself. Wie auch in dem Roman von Norman Mailer ist die Army ein Abbild der amerikanischen Gesellschaft.

Für Joan Didion sind die Schofield Barracks zu einer Art mythischem Ort geworden: certain places seem to exist mainly because someone has written about them. Dies hier ist, wenn man so will James Jones' little patch, so wie das imaginäre ➱Yoknapathawpa von William Faulkner: I have never been sure whether the extreme gravity of 'From Here to Eternity' is an exact reflection of the light at Schofield Barracks or whether I see the light as grave because I have read James Jones. "It had rained all morning and then suddenly cleared at noon, and the air, freshly washed today, was like dark crystal in the sharp clarity and somber focus it gave to every image." It was in this somber focus that James Jones rendered Schofield, and it was in this somber focus that I last saw Schofield, one Monday during that June. It had rained in the morning and the smell of eucalyptus was sharp in the air and I had again that familiar sense of having left the bright coast and entered a darker country.

Dieses Heraufbeschwören des genius loci ist natürlich amerikanischer New Journalism at its best, in jedem der neuen New Journalists steckt natürlich ein verhinderter Romanautor. Wenn Joan Didion auch bei dem Aufsuchen des Schauplatzes von einer Art Stendhal Syndrom befallen wird, ist sie sich doch als reflektierende Journalistin dessen bewusst: The impulse was nostalgia. It's not an uncommon impulse among writers. I noticed it when I was reading 'From Here to Eternity' in Honolulu just after James Jones died. I could see exactly that kind of nostalgia, that yearning for a place, overriding all narrative considerations. The incredible amount of description. When Prewitt tries to get from the part of town where he's been wounded out to Alma's house, every street is named. Every street is described. You could take that passage and draw a map of Honolulu. None of those descriptions have any narrative meaning. They're just remembering. Obsessive remembering. I could see the impulse.

An seinem zweiten Roman über seine Kriegserlebnisse auf Guadalcanal wird James Jones noch länger arbeiten als am ersten Roman, er erscheint erst 1962. Da haben die Amerikaner schon die ersten Truppen in Vietnam. Der Krieg in der Südsee hört niemals auf. Über The Thin Red Line und den Film von Terrence Malick schreibe ich ein anderes Mal, das wird sonst heute zu lang.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen