Freitag, 18. November 2011

Niels Bohr


Dieses Wappen hat er sich entworfen, als er Ritter des Elefanten-Ordens geworden ist, das ist der höchste dänische Orden. Die lateinische Inschrift sagt Contraria sunt Complementa, und wahrscheinlich ist das für einen Atomphysiker ein gutes Motto. Und irgendwie auch eine Hoffnung, dass aus der Atomkraft etwas Gutes entstehen könnte und nicht nur die Atombombe. Niels Bohr, der heute vor neunundvierzig Jahren starb, hat nicht nur den Elefanten-Orden erhalten, er hat auch den Nobelpreis bekommen und war einer der berühmtesten Dänen. Im Internet gibt es eine schöne ➱Anekdote, die seine Genialität als Physiker demonstriert, aber man weiß nicht so genau, ob die wahr ist oder ob das nur eine von den vielen Urban Legends ist. Aber die kleine Niels Bohr Anekdote, mit der ich heute das Internet bereichere, die ist auf jeden Fall wahr.

Wir springen mal eben zurück in das Jahr 1960, auf den Campingplatz von Grenaa in Dänemark. Es war ein wunderschöner Sommer. In der Erinnerung sind natürlich alle Sommer wunderschön, aber dieser Sommer war es wirklich. Das war der Sommer, wo ich die hübsche blonde Gunilla Hedmark aus Stockholm kennengelernt habe. Die habe ich schon einmal in meinem Blog erwähnt; wenn man jetzt den Namen Gunilla Hedmark bei Google eingibt, komme ich auf Platz zwei der Ergebnisse. Das finde ich sehr witzig. Ich hoffe ja immer noch, dass sie sich irgendwann einmal bei mir meldet, weil wir uns irgendwann vor Jahren aus den Augen verloren haben.

Unsere Nachbarn auf dem Campingplatz waren ein Ehepaar mit drei Söhnen (und zwei Collies), die aus Odense kamen. Er war dort Organist und las im Urlaub am liebsten de Romaner mit die Mörders darinne. Sie hatten einen grünen Buckel-Saab, der neben ihrem Zelt stand. Das war das Modell 92 aus den frühen fünfziger Jahren. Damals wusste man noch nicht so viel von blonden Frauen mit Sommersprossen, kannte aber alle Automodelle Europas. Und dieser grüne Saab (der dunkler war als dieser) spielt eine Hauptrolle in meiner Niels Bohr Geschichte, die mir der Organist (der ein bisschen aussah wie Piet Klocke) erzählt hat.

Unser rothaariger Organist war mit seinem Saab in Kopenhagen gewesen. Er ist da sehr vorsichtig gefahren, weil er aus der Provinz kam und Kopenhagen eine Großstadt ist. Obgleich da in den fünfziger Jahren noch nicht so viel los war. Meine Mutter hatte mal mit unserem blauen Opel ein Rencontre mit einer Straßenbahn (die hatte natürlich schuld), hat den Schaden aber sofort ausbügeln lassen. Die Sache wäre unentdeckt geblieben, bis mein Vater fragte Seit wann haben wir eigentlich einen General Motors Sticker hinten auf der Heckscheibe? Da kam die Sache raus.

Ich schweife ab. Ich fange noch mal an. Also, unser rothaariger Organist fährt mit seinem Saab ganz vorsichtig durch Kopenhagen, als ihm aus einer Straße, aus der gar kein Auto kommen kann, weil es eine Einbahnstraße ist, ein amerikanischer Straßenkreuzer vor den Wagen schießt. Ein kleiner Crash ist unvermeidlich. Unser Organist steigt aus und ist stinkesauer. Sein Unfallgegner kommt ihm ganz zerknirscht entgegen. Er sieht ihn, erkennt ihn (weil sein Unfallgegner ebenso bekannt ist wie der dänische König) und sagt: Aber das macht doch gar nichts Herr Bohr, das ist doch nicht der Rede wert. Dann haben sich die beiden die Hände geschüttelt und sind weitergefahren. Er hat den Kotflügel nie reparieren lassen, nur einmal überlackiert. Die Beule, die Niels Bohr da reingefahren hatte, war im Sommer 1960 immer noch da. Und natürlich immer ein Anlass, diese kleine Geschichte zu erzählen.

Als die Organistenfamilie, die wir in den Jahren danach noch häufig in Odense besucht haben, abreiste, kamen Zelt und Gepäck auf das Dach vom grünen Saab. Die drei Kinder, rothaarig wie der Vater, auf den Rücksitz, die blonde Ehefrau auf den Beifahrersitz, und unser Organist setzte sich an Lenkrad. Steckte dann die Finger in den Mund und pfiff laut und schrill. Und dann hüpften die beiden Collies links und rechts durch die offenen Fenster in das Auto. Hätte ich damals eine Filmkamera gehabt, dann wäre diese Szene heute bei YouTube bestimmt ein Renner.

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