Sonntag, 10. April 2022

Nu wahr di Bur, de Garr de kum


Der Gottorfer Herzog Friedrich I, der 10. April 1533 starb, war zehn Jahre lang König von Dänemark und Norwegen. Vor ihm war sein älterer Bruder Johannes, den man allgemein Hans nannte, König von Dänemark und Norwegen. Und auch noch König von Schweden. Christian, der Vater der beiden, war der erste Herzog von Schleswig-Holstein. Er kam aus Oldenburg, die Dänen hatten den Grafen von Oldenburg und Delmenhorst zum König gewählt. Das dänische Königshaus hatte seitdem Oldenburg und Delmenhorst im Wappen, erst die Königin Margrethe hat darauf verzichtet, eine Gräfin von Delmenhorst zu sein. Das steht schon in dem Post Delmenhorst, da steht auch, dass ich das Kaff, aus dem als Berühmtheit Sarah Connor kommt, gut kenne, weil ich da mehrere Jahre als Soldat stationiert war.

Christian I. wurde mit dem Vertrag von Ribe Herr von Schleswig und Holstein, wobei beide Teile zum dänischen Reich gehörten. Dass se bliwen tosamende up ewig ungedelt, stand in der Urkunde. Dem Christian fehlt noch ein bisschen zu seinem Glück, und das ist das hier gelb gezeichnete Nordfriesland. Die Dithmarscher Bauern wollen sich aber nicht unterordnen. Sie gehören zum Erzbistum Bremen und haben eine päpstliche Bulle, die ihnen das bestätigt, Hamburg und Bremen unterstützen sie. Christian lässt das Ganze erstmal wie es ist. Aber seine Söhne, die den Rest des Landes unter sich aufgeteilt haben, die wollen auch diesen gelben Fleck:

De König wol to dem Hertogen sprak: 
»Ach Broder, harteleve Broder,
Ach Broder, hartleveste Broder min,
Wo wille wi dat nu beginnen,
Dat wi dat frie, rike Ditmarschen Lant
Ane unsen Schaden mögen gwinnen?


So klingt es in einem alten plattdeutschen Lied. Der König Hans fordert die Dithmarscher auf, sich unterzuordnen, aber die denken nicht daran:

Und von den Bauern Wolf Isebrand der sprach: Er mag nur kommen;
Wir haben aus keines Königs Hand dies Land zu Lehen genommen. 
Wir sind zudem vom Aufrechtgehn versteift in unsren Hälsen;
Und wer seine Schlösser auf Marschgrund baut, der baut sie nicht auf Felsen.
Dies Land ist unser, wir haben‘s im Kampf der Sturmflut abgerungen,
Wir bangen vor keines Königs Zorn, wir, die wir das Meer bezwungen.

So heißt es bei Theodor Fontane. Was nun kommt, ist die Schlacht von Hemmingstedt, der Untergang des dänischen und holsteinischen Adels am Dreiseelentag des Jahres 1500. Der König Johann hatte Meldorf erobert, seine Söldner sollen viele Menschen umgebracht und die Stadt geplündert haben. Johann war schon dabei, mit seinen mehr als zehntausend Mann abzuziehen. Im Schneetreiben. Auf einer sehr schmalen Straße, links und rechts umgeben von tiefen Gräben und dem Moor. Da können sich die gepanzerte Reiterei und seine angeworbenen Söldner, die Schwarze Garde, nicht bewegen. An der von Wulf Isebrand nachts aufgeworfenen Schanze vor Hemmingstedt kommt das Heer zum Stehen. Als einer der ersten fällt der Bannerträger Hans von Ahlefeldt, elf weitere Ahlefeldts werden sterben. Es sterben auch zwei Grafen von Oldenburg, die Neffen von König Johannes. Viele der Ritter sterben nicht durch das Schwert, sie ertrinken mit ihren schweren Rüstungen im Moor neben der Straße, die Dithmarscher haben die Deiche durchstochen. 

Der dänische Historiker Anders Sørensen Vedel kommentiert 1591 in seinem Hundertliederbuch das Lied Koning Hans drager ind i Dytmersk oc mister it stort antal Krigsfolck mit folgendem Text: Dieses Gedicht handelt von dem Krieg, den König Hans mit seinem Bruder, dem Herzog Friedrich von Holstein, gegen die Dithmarscher führte im Jahr des Herrn 1500. Was ihnen unglücklich erging wegen solcher Ursache, dass sie es zu der unbequemsten Zeit des Jahres angingen und sich zu sehr auf ihre eigene Stärke und große Kriegsmacht verließen und darüber hinaus ihre Feinde verachteten, welche den Vorteil  bekommen hatten und sie einzwängten auf einigen engen Deichen, die deshalb wegen Wasser und Wetter nicht dazukamen, ihre Schlachtordnung aufzustellen und damit nieder zu kämpfen. Diese Schlacht geschah am 17. Tag des Februar im genannten Jahr in der Nähe von Hemmingstedt in Dithmarschen. Und es wurden erschlagen und ertranken in den Kanälen und kamen im Unwetter um an die 4.000 Männer und darüber hinaus vornehme Adelspersonen sowohl aus dem Reich als aus den Herzogtümern mit den beiden Grafen Otto und Adolf von Oldenburg. Ein jämmerliches Schauspiel und bemerkenswertes Beispiel, dass niemand seine Feinde verachten soll, besonders nicht an den Stellen, wo ungleiche Vorteile bestehen.

Die Schlacht ist in unzählige Lieder, Gedichte und Geschichten gewandert. Ob es die Jungfrau Telse von Hochwöhrden, die die friesische Fahne getragen hat, gegeben hat, das weiß man nicht. Der Titel des Posts heutigen Posts Nu wahr di Bur, de Garr de kum ist die erste Zeile eines Gedichts von Klaus Groth, das 1853 in der zweiten Auflage von Quickborn gedruckt wurde. Mein Vater konnte das Gedicht auswendig, er kam aus der Gegend. Das habe ich schon in dem Post Theodor Storm gesagt. Das Gedicht kommt aus einer anderen Zeit, aber vielleicht ist es heute wieder aktuell:

»Nu wahr di Bur, de Garr de kumt«, vun Möldorp jagt se her,
De Helm un Panzers schint as Gold, as Sülwer schint de Per.
Kong Hans un all wat Adel kumt mit groten Larm un Schall,
De Wulf de lurt mit wücke Burn bi Braken achtern Wall.
Vun Möldorp trock dat swart hendal, wul dörtig dusent Mann:
Vun Wörden il en lütten Tropp, en Mäden gung væran.
»So hölp uns Herr, du hest dat Rik in Himmel un op Eer!«
Wulf Isebrand störtt ut de Schanz, twee Hunnert achterher.
Un op de Panzers fulln de Släg', un Rüters in den Sand,
Un vun de Geest dar kaamn de Burn, un de Floth keem æwert Land.
Un dal vun Heben full de Snee, op Per un Minsch de Släg',
Blank war dat Moor un witt de Geest, un blödi warn de Steg'.
De Buern schregen: stekt de Per un schont de Rüterknechts!
Un sprungn barfot mit Kluwerstöck un slogen links un rechts.
Un reten inne Gröben dal un störtten se in Slamm,
Bet Minsch un Veh sik drängn un drungn all langs den smallen Damm.
»Nu wahr die Garr, de Bur de kumt!« he kumt mit Gott den Herrn,
Vun Heben fallt de Snee heraf, de Floth de stiggt vun nerrn.
Un wit ut alle Dörpen her kumt Hölp un frischen Moth:
»Nu schont de Per – de ridt wi noch – un slat de Rüters dot!«
In Slick un Slamm sack menni Herr, de sunst op Siden leeg,
Int Swinmoor liggt nu menni Een, de harr en golden Weeg.
Keen Nam so grot int Holstenland un nich in Dännemark,
Dar ligt se nu ahn Krüz un Steen, dar ligt se ahn en Sark.
De Garr de full mit Junker Slenz, so grot un stolt he weer,
De lange Reimer Wimersted de keem un steek em dær.
Mit nauer Noth, in Angst un Sorg keem König Hans dervan;
In Möldorp leet he Beer un Win un Bradens inne Pann.
Dat gev en Smaus na Noth un Dod, un Friheit weer dat Arf.
Dat mak de Düwels Isebrand un de Dusenddüwelswarf!

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